Alois Zollner, Stefan Müller-Kroehling und Thomas Kudernatsch
Wälder und ihre Biodiversität – LWF aktuell 122
Wie die Vielfalt unserer Wälder langfristig erhalten werden kann
Biodiversität ist eines der großen Megathemen in der gegenwärtigen gesellschafts- und umweltpolitischen Diskussion. Der Begriff ist zwar schon lange bekannt, hat aber aufgrund aktueller Erkenntnisse und Entwicklungen insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem Rückgang der Biomasse bei vielen Insektenarten wieder an öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen. Denn der Verlust an Artenvielfalt und Veränderungen in der Artenzusammensetzung können unsere Ökosysteme ordentlich ins Wanken bringen. Der Schutz der Biodiversität hat daher hohe Priorität. Das gilt auch und vor allem im Wald: Denn im Waldland Bayern spielt das »Grüne Drittel« eine bedeutende Rolle für die Artenvielfalt.
Unsere natürlichen Lebensgrundlagen verändern sich gegenwärtig spürbar und offensichtlich mit hoher Geschwindigkeit. Die Stabilität und Funktionstüchtigkeit unserer Ökosysteme, ganz gleich, ob es sich dabei um Flüsse, Seen, Äcker, Wiesen, Wälder oder Moore handelt, hängt ganz eng mit deren biologischer Vielfalt zusammen.
Gehen bestimmte Teile eines ökologischen Systems verloren, gerät dessen ausgeklügeltes Gleichgewicht durcheinander und wird anfällig gegenüber Störungen wie Wetterextremen oder Schadinsekten. Bei der Nutzung unserer natürlichen Lebensgrundlagen kommt es also ganz besonders auf die Erhaltung der Biodiversität an. Dies gilt insbesondere auch für die Bewirtschaftung unserer Wälder, stellen diese doch die flächenmäßig bedeutsamsten naturnahen Elemente unserer Kulturlandschaft dar.
Waldbewirtschafter, Förster, Naturschützer und Waldbesucher tragen daher besondere Verantwortung für den Erhalt bzw. für die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt. Nur miteinander können wir langfristig unsere natürlichen Lebensgrundlagen am besten erhalten und für unsere nachfolgenden Generationen sichern.
Waldland Mitteleuropa und seine Biodiversität
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Abb. 1: Ohne Einwirken des Menschen wäre Mitteleuropa ein »Buchenland«. (Foto: J. Böhm)
Mitteleuropa wäre von Natur aus ein Waldland, unterbrochen lediglich von offenen Bereichen der wilden Fluß- und Bachauen, der Sumpf- und Moorlandschaften und von standörtlichen Extrembereichen, die keinen geschlossenen Baumbewuchs tragen. Solche natürlicherweise offenen Bereiche nahmen in der Summe vermutlich nur wenige Prozent der Landschaft ein, je nach Naturraum.
Auch durch Stürme und andere Ereignisse geschaffene Lichtungen werden eine Rolle für die Frage »Wald oder Offenland« gespielt haben, ebenso wie der Einfluss großer Pflanzenfresser. Zwar ist sehr umstritten, ob diese im Sinne einer »Megaherbivoren-Theorie« die Landschaft zu einer halboffenen Parklandschaft umgestaltet haben, denn hierfür gibt es keine Belege aus der Pollenanalyse, doch spricht auch nichts dagegen, dass Arten wie Wisent, Auerochse oder Elch Lichtungen länger offen gehalten haben mögen, und auch Bäume durch Fraß und Schälen zum Absterben bringen konnten. Welche Rolle spielt aber nun der Wald für unsere Biodiversität? Vereinfacht gesprochen kann man die heimische Landfauna und -flora in drei Gruppen einteilen:
- Arten, die streng an Wälder gebunden sind,
- Arten, die in verschiedenen Lebensräumen des Waldes und des Offenlandes gleichermaßen leben können, und schließlich
- Arten der offenen Landschaft.
Manche dieser Arten hatten ursprünglich Lebensräume in den natürlichen Lichtungen und auf Sonderstandorten, andere sind aber erst aus den Steppen des Ostens nach Mitteleuropa eingewandert, als der Mensch anfing, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben.
Im Vergleich mit anderen Regionen Europas können unsere Wälder auf eine nur relativ kurze Vegetationsgeschichte zurückblicken, die erst vor ungefähr 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit begann. Speziell Buchenwälder gibt es erst seit wenigen tausend Jahren wieder in Mitteleuropa, und entsprechend arm sind diese Wälder bei uns an Endemiten und Spezialisten, die ausschließlich diesen Waldtyp benötigen. In anderen Teilen Europas, in denen Buchenwälder die Eiszeiten überdauern konnten, sieht dies ganz anders aus, und so leben dort oft auch endemische Buchenwaldspezialisten.
Land der Wälder und Sümpfe
Ohne Einwirken des Menschen wäre Mitteleuropa nicht nur ein Waldland, sondern auf erheblichen Flächen ein Land der Buche. Buchenwälder galten lange als artenarm, doch weiß man heute, dass sehr viele Arten zumindest »auch« in Buchenwäldern leben können, selbst wenn darunter aus den genannten Gründen in den hiesigen Breiten kaum Buchenwald- Spezialisten sind.
Für sehr viele Arten sind Buchenwälder aber andererseits nicht eben der Vorzugslebensraum. Denn Buchenwälder weisen einen besonders ausgeprägten Bestandsschatten und somit ein kühl-schattiges Innenklima auf, ihre Laubstreu zersetzt sich schlecht und das an den Buchenstämmen ablaufende Wasser hat einen niedrigen, sauren pH-Wert: für viele lichtliebende und basenliebende Arten eher ungünstige bis ungeeignete Bedingungen. Auch haben Mischbaumarten neben der Buche wenig Platz, denn mit ihren zweilagigen Schattenblättern, die ihr ein Wachstum im Halbschatten ermöglichen, und ihrer sehr plastischen Krone, die jede Kronenlücke rasch wieder schließt, kann in den hiesigen Breiten auf mittleren Standorten keine andere Baumart mithalten, von Tanne und Eibe einmal abgesehen.
Indes war dies auf den extremeren Standorten eine völlig andere Situation, und diese Standorte gab es in der ursprünglichen Landschaft in viel größerem Maße, als wir uns das heute auch nur vorstellen können (s. Beitrag Müller-Kroehling in diesem Heft). Man muss sich die Urlandschaft als von Auen- und Sümpfen durchzogene Landschaft vorstellen, in denen viele tausend Jahre Wälder aus Edellaubbäumen wie Eschen, Ulmen, Linden und Eichen überdauerten. Erst die Trockenlegung der Feuchtgebiete, die Regulierung der Fluss- und Bachauen und die Entsteinung felsiger Landschaften haben vielfach zu den Waldstandorten geführt, die wir heute kennen, und die weniger nass oder felsig sind als sie es sonst oft waren.
Die Rolle der Buche
Buchenwälder haben in den letzten 20 Jahren einen völligen Wechsel in der Wahrnehmung erfahren. Galten sie lange Jahre im Naturschutz als sehr artenarm und wegen ihrer weiten Verbreitung wenig relevant für Naturschutzbemühungen, hat sich zunehmend eine Sichtweise etabliert, wonach Buchenwälder artenreich sind und eine hohe Schutzwürdigkeit in Mitteleuropa haben.
Buchenwälder sind bei vielen Artengruppen zwar nicht artenarm, aber arm an Arten, die auf Buchenwälder als Waldtyp spezialisiert sind. Anders gesagt: Alle Arten, die hierzulande in Buchenwäldern leben, können auch mindestens einen anderen Laubwaldtyp nutzen. Andernfalls hätten sie erst in den letzten zwei oder dreitausend Jahren zu uns einwandern müssen. In diesem Zeitraum hatte aber bereits der Mensch in erheblichem Umfang angefangen, die ursprünglichen Wälder zu roden und zu verändern. Für ausbreitungsschwache Buchenwaldspezialisten, wie es sie in jenen Teilen Europas gibt, wo Buchenwälder die Eiszeiten überdauert haben, bestand gar keine Möglichkeit, nach Mitteleuropa zu kommen.
Buchen sind zwar von ihrer Holzbeschaffenheit her nicht besonders prädestiniert für das Entstehen von Urwaldstrukturen, denn ihr totes Holz zersetzt sich viel rascher als das von Eichen und sie sterben meist nach dem Eindringen holzzersetzender Pilze relativ rasch ab oder brechen in einigen Metern Höhe durch Weißfäule ab. Eichen mit ihrer sehr viel höheren Lebensdauer und ihrem viel langlebigeren Holz bilden daher in weit größerem Umfang dauerhafte und sich langsam entwickelnde Strukturelemente aus. Aber dennoch können in vielen Regionen Buchenwälder wichtige Refugien für ausbreitungsschwache Arten sein. Mit ihrem dauerhaft kühl-schattigen Bestandsklima und einem lange Jahre eher wenig begehrten Holz können hier gerade in von Nadelbäumen geprägten Regionen die Vorkommen seltener gewordener Laubwaldbewohner zu finden sein.
Tabelle 1: Übersicht zur Artenvielfalt in Buchenwäldern
Tabelle 1: Übersicht zur Artenvielfalt in Buchenwäldern
Artengruppe | Artenzahl | | Beziehung zu Totholz |
---|
| BRD | BY | |
Pilze | 5000 | | 2500 |
Flechten | 448 | | 148 |
Moose | 500 | | 110 |
Mollusken | 170 | | 130 |
Schwebfliegen | 380 | | 77 |
Käfer | 4620 | | 1377 |
Wanzen | 340 | | ca. 20 |
Vögel | | 133 | 44 |
Säuger | 60 | | 28 |
Nachtschmetterlinge | | 1945 | 139 |
Die Mischung machts!
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Abb. 2: Durch eine gezielte Förderung von Mischbaumarten kann die Biodivesität unserer Wälder begünstigt werden. (Foto: P. Dimke)
Durch seine forstliche Tätigkeit hat der Mensch in den Wäldern die Vielfalt nicht nur verringert, sondern in vielen Fällen auch erhöht. Zwar gibt es auf großen Flächen Nadelbaum-geprägte Forstbestände, in denen viele unserer »Laubwaldarten« keine günstigen Lebensbedingungen vorfinden, sondern andere heimische Arten den Ton angeben. Dass die forstlichen Tätigkeiten auf nennenswerten Flächen aber auch jene Laubbäume begünstigt haben, die auf »Normalstandorten« der Buche unterlegen wären, hat durchaus in erheblichem Umfang zur Steigerung der Biodiversität beigetragen.
Jede dieser Baumarten hat eine große Zahl von Arten im Gepäck, die nur auf dieser Baumart oder ihrer Gattung vorkommen, oder aber den speziell von ihr geprägten Waldtyp präferieren, wie z. B. lichte Wälder oder Wälder mit einer günstig ausgeprägten, milden Laubstreu. Beides – lichte Wälder und günstige Waldhumusformen – hat die Buche insbesondere auf bodensauren Standorten nicht im Repertoire. In gemischten Beständen können daher mehr Arten eine Lebensgrundlage finden als in reinen Buchenwäldern.
Eine Wirtschaftsform, die speziell Eichen und konkurrenzschwache Baumarten gegenüber der Buche stark begünstigte und früher sehr weit verbreitet war, ist die Mittelwaldwirtschaft. Dieser »intensiven « Wirtschaftsform mit ihren etwa alle 20 Jahren wiederkehrenden Eingriffen in das Unterholz verdanken wir zum größten Teil die heute existierenden etwa 100.000 Hektar Eichen-Hainbuchenwald in Bayern. Da aber nur noch etwa 4.000 Hektar Wald heute in dieser »historischen «, sehr arbeitsintensiven Art und Weise bewirtschaftet werden, stellt sich die Frage, ob auf dem Rest der Fläche wirklich ein »möglichst naturnaher«, kleinflächiger Waldbau oder gar eine Einstellung der Bewirtschaftung der richtige Weg ist? Diese Frage muss klar mit einem »Nein« beantwortet werden, wenn man die Eichen und die damit assoziierten Arten nicht verlieren will.
Mischung und Vielfalt sind aber vor allem auch wichtig auf Landschaftsebene. In einer reinen Laubwald-Landschaft kann tatsächlich ein hagerer Nadelforst aus Kiefern sehr selten und insofern die Heimat spezialisierter Arten aus der Gruppe der säureliebenden Arten und Nährstoffflüchter sein, die sonst in dieser Region fehlen oder eben aussterben würden. Und umgekehrt kann der letzte Buchenwald-Rest in einer Nadelforst-geprägten Region die unersetzbar wertvolle Heimat ausbreitungsschwacher Laubwald- Arten darstellen.
Aktuelle Herausforderungen für die Biodiversität
Wie eingangs schon erwähnt, befinden wir uns, was unser Klima betrifft, in einem nicht mehr umkehrbaren Prozess. Wir, der Wald und die darin lebenden Arten müssen mit einer nicht zu unterschätzenden anthropogen bedingten Klimaerwärmung zurechtkommen, und die bereits jetzt feststellbaren Auswirkungen lassen keinen Zweifel daran, dass der Klimawandel die Artenzusammensetzungen verändert (Fischer et al. 2014; Müller- Kroehling & Jantsch 2015).
Eine weitere Herausforderung stellen die veränderten und gestiegenen Nährstoffund Schadstoffeinträge aus Landwirtschaft, Industrie, Verkehr und privaten Haushalten dar. Und drittens birgt die zunehmende Globalisierung von Handel und Verkehr mit der Einführung fremder, häufig auch problematischer Arten Risiken, die bislang kaum abzuschätzen sind.
Das Klima ändert sich!
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Abb. 4: Für viele Totholzbewohnerist der Landschafts-Kontext viel wichtiger ist als bloße Menge und Dimensionen des Totholzes. (Foto: S. Müller-Kroehling)
Wälder unterlagen in Mitteleuropa schon immer einem Wandel! Auch einen Klimawandel hat es immer gegeben, mit Warmund Kaltzeiten, und durchaus recht stark von den heutigen Bedingungen abweichenden Verhältnissen. Und dennoch ist der jetzige, durch Treibhausgas-Emissionen vom Menschen verursachte Klimawandel für die Artenvielfalt aus verschiedenen Gründen deutlich schwerwiegender. Denn er trifft auf eine Landschaft, in der natürliche und naturnahe Lebensräume aufgrund der intensiven Landnutzung vielfach nur noch auf kleinen Restflächen vorhanden sind, die durch Randeffekte gestört und stark verinselt sind. Die noch vorhandenen, spezialisierten Arten können hier vielfach nicht auf Dauer überleben, sofern sie nicht die Möglichkeit haben, im Klimawandel auch ihre Areale in Bereiche zu verlagern, die das von ihnen benötigte Waldklima aufweisen.
Während häufige und ausbreitungsstarke Arten hierzu »spielend« in der Lage sind, etwa weil sie gut fliegen können und individuenreich auftreten, sieht die Situation für nicht-mobile Arten deutlich ungünstiger aus. Es wird daher zwar wohl im Klimawandel nicht unbedingt zu einem Artenverlust kommen müssen, da die wegfallenden Arten zumindest durch ausbreitungsstarke, wärmeliebendere ersetzt werden.
Für die Biodiversität insgesamt ist dies jedoch keineswegs ein »Nullsummenspiel«, sondern bedeutet einen zunehmenden regionalen Rückgang und ultimativ auch Verlust der an eher gemäßigt-kühle Bedingungen gebundenen, ausbreitungsschwachen Arten. Als besonders gefährdet gegenüber den Folgen des Klimawandels gelten Wald-Ökosysteme, die gegenüber Hitzeperioden und Wassermangel besonders empfindlich sind, wie beispielsweise Moorwälder, Bruch- und Sumpfwälder, montane bis subalpine Nadelwälder oder Teile der Schlucht- und Blockwälder.
Ein weiterer Faktor, der den Wäldern und ihrer Biodiversität zusetzt, sind die mit dem Klimawandel einhergehenden zunehmenden Extremereignisse. Je nachdem, um welchen Waldlebensraum es sich handelt, können diese Ereignisse unterschiedliche Auswirkungen haben. Dürre und Wassermangel können Quellen zum Versiegen bringen, Starkregenereignisse spülen Bachschluchten aus und Baumarten geraten zunehmend unter Stress.
Nicht alles Gute kommt von oben
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Abb. 5: Die N-Einträge in Bayerns Wälder liegen seit Jahrzehnten auf einem zu hohen Niveau. (Grafik: LWF)
Eine weitere anthropogene Bedrohung für die Artenvielfalt sind Nährstoff- und Schadstoffeinträge, wobei die zunehmende Überdüngung unserer Wälder mit Stickstoff die größte Rolle spielt. Nachweislich hat sich in den Wäldern Mitteleuropas in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung des Stickstoffs als Nährelement stark geändert.
Während bis vor wenigen Jahrzehnten Stickstoff noch Mangelfaktor für das Wachstum von Bäumen oder der Waldbodenvegetation war, ist er heute in den allermeisten Fällen im Überschuss vorhanden. Gründe für das steigende Stickstoff-Angebot sind einerseits hohe Einträge aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr, andererseits auch geänderte Bewirtschaftungsformen, wie zum Beispiel die Aufgabe von Streunutzung oder Waldweide.
Selbst die jahrhundertelang durch intensive Nutzungen eher ausgehagerten Waldstandorte sind heute zunehmend an der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit. Diese Sättigung der Ökosysteme mit Stickstoff wirkt sich bereits massiv auf die Artenzusammensetzung unserer Wälder aus und wird als der mit Abstand wichtigste Biodiversitäts-beeinflussende Faktor in den Wäldern der gemäßigten Breiten angesehen (Bernhardt- Römermann et al. 2017; Sala et al. 2000). Artenverluste und Homogenisierungseffekte sind bereits vielfach zu beobachten.
Invasive Arten, die großen kleinen Unbekannten
Zunehmende Witterungsextreme und Stickstoffeinträge machen unsere Wälder anfälliger für alle möglichen heimischen Schadinsekten und Schadpilze, vor allem aber auch für die zunehmende Zahl eingeschleppter, nichtheimischer Schädlinge. Mittlerweile sind fast alle der heimischen Baumarten von mindestens einer solchen eingeschleppten Krankheit bzw. Art betroffen, wie zum Beispiel der Schwarzerlen- Phytophthora, dem Ulmensterben, dem Eichen-Mehltau, dem Eschentrieb- sterben oder der Ahorn-Rußrindenkrankheit.
Diese sich zum Teil invasiv ausbreitenden Arten schränken die Handlungsoptionen des Waldbesitzers ganz erheblich ein. Sowohl ökonomisch als auch ökologisch sind die betroffenen Wälder und Waldbesitzer die Leidtragenden dieser Entwicklung.
Klimawandel, Nährstoffungleichgewichte und Schädlinge hängen zusammen, und sie alle »nagen« sowohl an den Wirtschaftswäldern als auch an den Naturwäldern bzw. den natürlichen Waldgesellschaften.
Handlungsfelder zum Erhalt der Lebensvielfalt
Angesichts dieser Herausforderungen zeichnen sich einige bedeutende Handlungsfelder ab, denen sich die Forstverwaltung bereits angenommen hat und die es weiterhin zu bearbeiten und zu verstetigen gilt. Das ist zum einen das Leitbild der »Integrativen Waldbewirtschaftung« mit seinem klaren Bekenntnis »Schützen und nutzen«.
Ein Schutzkonzept, das genau diesen integrativen Ansatz aufgreift und seit nunmehr 20 Jahren engagiert umgesetzt wird, ist das EU-weite Natura 2000-Schutzgebietsnetz. Beide Ansätze sind eng verknüpft mit intensiven Forschungs- und Monitoringaufgaben, die zahlreiche staatliche und wissenschaftliche Einrichtungen bearbeiten. Die Erkenntnisse daraus gilt es schließlich an die richtigen »Schalthebel« wie Forstleute, Waldbesitzer oder Politiker weiterzuleiten und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, um das Bewusstsein für Wald, Forstwirtschaft und Biodiversität zu schärfen und zu erhalten.
Der »Bayerische Weg« setzt vor allem auf integrative Waldbewirtschaftung
Zwei grundsätzliche Ansätze zum Schutz der heimischen Waldartenvielfalt stehen sich gegenüber: integrativer und segregativer Waldnaturschutz. Ersterer versucht, Naturschutzziele auf der Gesamtfläche beziehungsweise einem möglichst großen Teil davon umzusetzen, während letzterer den Schutz von Waldflächen vor jeglichen Eingriffen in den Mittelpunkt stellt.
Bayern verfolgt bei der Waldbewirtschaftung klar den Grundsatz: »Integration statt Segregation« oder anders ausgedrückt »Schützen und Nutzen« auf gleicher Fläche. Zu den wesentlichen Merkmalen eines integrativen Waldnaturschutzes gehören neben der Begründung und Pflege naturnaher und stabiler Mischwälder zum Beispiel durch flächenhaft praktizierten Waldumbau vor allem auch die Erhaltung wichtiger Strukturelemente wie zum Beispiel ausreichend Totholz und Biotopbäume im Wirtschaftswald, insbesondere auch beim aktiven Umbau der Wälder.
Seit Totholz und Altbäume als ein entscheidender (Mangel-) Faktor für den ökologischen Wert von Wäldern identifiziert wurden (Albrecht 1991; Ammer 1991; Geiser 1994), hat eine beachtliche Zunahme dieser Strukturelemente in unseren Wäldern stattgefunden. Auch dass die Vielfalt an Totholzformen und -arten gemeinsam mit den Faktoren Habitattradition und Licht und Wärme (Geiser 1994) die entscheidenden Schlüsselfaktoren sind, wurde bereits früh erkannt. Aktuell fokussiert sich die im öffentlichen Raum hierzu geführte Diskussion vielfach an unrealistisch hohen, aus reifen Urwaldbeständen entlehnten Totholzvorräten (Kroiher & Oehmichen 2010).
Dabei wird zu wenig zwischen Totholz und Biotopbäumen (die bei den Totholzinventuren als noch lebende Bäume gar nicht erfasst werden, obwohl sie besonders wertvolle Altwaldstrukturen tragen können) differenziert. In Bezug auf die verwendeten Schwellenwerte vergleicht man häufig »Äpfel mit Birnen« (Müller-Kroehling 2009) und überbetont den Starkholzaspekt, obwohl es praktisch keine Arten gibt, die ausschließlich daran gebunden sind (Schulze et al. 2018).
Bei der Umsetzung der integrativen Waldbewirtschaftung verfolgt Bayern einen kooperativen Weg auf freiwilliger Basis. Dabei sollen die Waldbesitzer vor allem durch Information und Überzeugung (siehe auch unten), aber auch durch Bereitstellung staatlicher Fördermittel für den Waldnaturschutz motiviert und gewonnen werden.
Naturelemente integrativ berücksichtigen
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Abb. 6: Naturwaldreservate stellen wichtige Trittsteine im Waldnaturschutz dar. (Foto: C. Schwab)
Der integrative Naturschutz bedient sich im Prinzip der genau gleichen Strukturelemente wie der segregative und versucht, jene Strukturen zu vermehren und zu erhalten, die in Wirtschaftswäldern nicht von Haus aus vorkommen oder entstehen, wie etwa Uraltbäume, Biotopbäume oder bestimmte Qualitäten von Totholz. Und zwar erfolgt dies hier durch Belassen entsprechender Einzelbäume oder von Gruppen derselben.
Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass diese Gruppen sehr gezielt ausgewählt werden können, und dass sie bei konsequenter Anwendung auf der gesamten Fläche eine viel flächenhaftere Wirkung entfalten können als einzelne, relativ isolierte »Totalreservate«. Da dieses Konzept aber auch genutzt werden kann, um die etwas größeren Elemente, wie die Naturwaldreservate, oder die wenigen größeren, wie die Nationalparke, miteinander zu vernetzen, kann das Ganze als »Trittsteinkonzept « bezeichnet werden (vgl. Mergner 2018).
Speziell der Erhalt von Wäldern aus langlebigen Lichtbaumarten ist eine Stärke des integrativen Naturschutzes, denn bei »Prozessschutz«-Regime gehen diese Arten meist mehr oder weniger rasch zurück, während Schattbaumarten sehr stark profitieren. Vor allem durch Nutzung und Pflege kommt Licht in den Wald und Konkurrenz- und Mischungsverhältnisse können gezielt gesteuert werden. Die große Zahl lichtliebender xylobionter Arten kann gezielt gefördert, »Methusalem«-Bäume von Lichtbaumarten und solche mit extrem seltenen und langsam sich entwickelnden Strukturen wie Mulmhöhlen können vor dem Absterben und dadurch vor dem Totalverlust bewahrt werden.
Unstrittig ist, dass sich ein Prozessschutzorientierter Ansatz eigentlich nur für Wälder eignet, die der natürlichen Vegetation weitestgehend entsprechen und sich in einem Zustand befinden, der nicht anthropogen stark verändert ist. Ist dies nicht der Fall und liegt zum Beispiel ein reiner Nadelforst oder Nadelbaum-dominierter Mischwald vor, oder handelt es sich um einen anderen labilen Zustand wie einen durch anthropogene Einflüsse geschwächten Wald, so wird das Einstellen menschlicher Pflegeeingriffe in aller Regel rasch zu massiven Schäden und Absterbeerscheinungen bis hin zum Zusammenbruch führen (Müller-Kroehling et al. 2009).
Das gleiche gilt, wenn naturnahe Kulturwaldformen wie Eichen- Hainbuchenwälder, die auf den allermeisten Standorten Ersatzgesellschaften von Buchenwäldern und trockengelegten Feuchtwäldern darstellen, aus der Nutzung genommen werden. Hier kommt es meist nicht zum Zusammenbruch, aber zu einer schleichenden Veränderung des ursprünglichen Waldcharakters hin zu schattigeren Waldtypen mit am Ende völligem oder weitgehendem Verlust der Eichen (vgl. hierzu auch Artikel über die Walddynamik im Naturwaldreservat Echinger Lohe, Kudernatsch et al., S. 28 in diesem Heft).
Das kann nicht nur für die Artenvielfalt schmerzlich sein, sondern auch für ganz spezielle Waldnaturschutzziele wie den Erhalt der ausbreitungsschwachen Arten sehr alter Wälder, der so genannten »Urwaldreliktarten«. So sind beispielsweise im Spessart zahlreiche dieser Arten an Eichen gebunden, die aber von Natur aus nur in sehr geringen Anteilen vorkommen würden, während in den natürlicherweise domiWaldbewirtnierenden Buchen nur wenige der Arten dieser Gruppe ebenfalls vorkommen können (Bußler & Walentowski 2010). Verschwinden langfristig die Eichen durch Konkurrenzunterlegenheit, verschwinden also auch diese an sie gebundenen, spezialisierten Arten.
Dort, wo die Voraussetzungen stimmen, nämlich in Wäldern, in denen die Ausgangsbestockung vom Typus her der erwünschten zukünftigen entspricht, kann und sollte der Mensch aber auch mal »die Finger aus dem Spiel lassen«. Besonders wertvoll sind solche Entscheidungen immer dann, wenn dies in Wäldern geschieht, die über eine entsprechend lange Habitattradition verfügen, mit zahlreichen Altwaldspezialisten und Arten, die an Urwaldstrukturen gebunden sind (Urwaldstrukturzeiger, oft etwas irreführend beziehungsweise zu pauschal als Urwaldreliktarten bezeichnet). Auch integrativer Waldnaturschutz kann und sollte somit flächenhaftere segregative Elemente enthalten, wie zum Beispiel die Naturwaldreservate oder weitere Flächen ohne jedwede Eingriffe.
Vernetzung sichert die Vielfalt – Natura 2000
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Abb. 7: Zum integrativen Waldnaturschutzes gehört die Förderung von Totholz oder Biotopbäumen. (Foto: M. Blaschke)
Ein Schutzkonzept, das einen integrativen Ansatz verfolgt, ist seit 2004 in Umsetzung. Es handelt sich dabei um Natura 2000, ein weltweit einzigartiges Biodiversitätsprojekt, das aufgrund der global beobachteten Arten- und Lebensraumverluste bereits 1992 zur Sicherung der Biodiversität beschlossen wurde. Bei Natura 2000 geht es ganz konkret darum, ein europäisches Biotop-Verbund-Netzwerk zu schaffen, das einen Austausch der biologischer Vielfalt über die einzelnen Gebiete und Mitgliedsstaaten hinaus ermöglicht, um so einer Isolierung von Teilpopulationen und damit Biodiversitätsverlusten vorzubeugen.
In Bayern sind gut elf Prozent der Landesfläche als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen. Dabei nehmen Waldflächen einen sehr hohen Anteil ein. Das unterstreicht auch die Bedeutung der Wälder beim Erhalt der Biodiversität. In diesen Schutzgebieten werden Lebensraumtypen und Arten erhalten und gezielt gefördert. Dabei geht es um den sogenannten »günstigen Erhaltungszustand« für das jeweilige Schutzgut. Dieser ist entweder zu erhalten oder gegebenenfalls wiederherzustellen. Ebenso sind Handlungen verboten, die zu einer Verschlechterung der Erhaltungszustände führen. Die Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes steht dabei nicht im Widerspruch zu einer regulären Waldbewirtschaftung, da der günstige Erhaltungszustand in der Regel durch die konkrete Nutzung während der letzten Jahrzehnte entstanden ist.
Um die Entwicklung des günstigen Erhaltungszustandes beurteilen zu können, wurde ein bundesweit einheitliches, fortlaufendes Monitoring-Programm eingerichtet. Im Turnus von sechs Jahren wird EU-weit im sogenannten FFH-Bericht zur Lage der Natur berichtet. Natura 2000 gibt somit regelmäßig Auskunft über Veränderungen bei den einzelnen Erhaltungszuständen und ermöglicht es, auf negative Entwicklungen rechtzeitig mit Erhaltungsmaßnahmen zu reagieren.
Forschung und Monitoring
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Abb. 8: Die Forschung in Natruwaldreservaten liefert wertvolle Erkenntnisse zur Entwicklung der Biodiversität in unseren Wäldern. (Foto: M. Blaschke)
Um die Wirkungen und die Leistungen einer integrativen Waldbewirtschaftung – insbesondere auch im Hinblick auf den Erhalt der Biodiversität – umfassend beurteilen zu können, ist eine praxisnahe und interdisziplinäre Forschung unabdingbar. Nur durch die Bereitstellung wissenschaftlicher Kenntnisse und Fakten können die zum Teil emotional geführten Diskussionen um den Schutz der Artenvielfalt im Wald versachlicht und evidenzbasierte Empfehlungen und Maßnahmen für eine integrative Waldbewirtschaftung abgeleitet bzw. bislang praktizierte Maßnahmen/Konzepte auf ihre Wirksamkeit (bzw. Wirkungen) überprüft werden.
Die hohe aktuelle Bedeutung der Thematik spiegelt sich auch in dem Beschluss des Bayerischen Landtags vom 25.04.2017 »Waldforschung zum ›Bayerischen Weg‹ intensivieren« wider. Darin wird die Staatsregierung aufgefordert, die Forschung über die vielfältigen Leistungen der integrativen Waldbewirtschaftung, insbesondere die Naturschutzleistungen, in verschiedenen Naturräumen (…) weiterzuentwickeln und zu intensivieren, wobei neben den ökologischen auch ökonomische und soziale Aspekte zu analysieren sind.
Während der letzten Jahre wurden bereits zahlreiche Forschungsprojekte zu den Einflüssen der integrativen Waldbewirtschaftung auf die Biodiversität durchgeführt. Wertvolle Erkenntnisse zu einem »Trittsteinkonzept« von Naturwald- elementen in Wirtschaftswäldern lieferten beispielsweise Forschungsarbeiten innerhalb von Buchenwäldern der Region Steigerwald oder die bayerische Naturwaldreservatsforschung.
Viele waldökologische Erkenntnisse stammen aus unbewirtschafteten Wäldern. Weitere Forschungsarbeiten vor allem in Wirtschaftswäldern sind notwendig, um den Bayerischen Weg »Schützen und Nutzen« wissenschaftlich zu begleiten. So sollte die Biodiversitätsforschung künftig in verstärktem Umfang Aussagen und Handlungsempfehlungen zur Biodiversität für die gesamte Waldfläche, insbesondere auch zu bisher wenig erforschten Waldlebensräumen, liefern. An der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft wird derzeit unter anderem ein Forschungsvorhaben durchgeführt, das die Auswirkungen von Waldumbaumaßnahmen in Fichtenreinbeständen auf die Biodiversität näher »unter die Lupe nimmt«.
Angesichts des rasanten Wandels unserer Umwelt und des dadurch drohenden Verlusts ökosystemarer Leistungen sind aussagekräftige Daten zum Zustand und zur Entwicklung der Biodiversität im Wald von großer Bedeutung (Biodiversitätsmonitoring). Nur so kann den wachsenden Anforderungen und dem Informationsbedürfnis von Politik und Öffentlichkeit Rechnung getragen und negativen Entwicklungen rechtzeitig vorgebeugt werden. Darüber hinaus formuliert eine ganze Reihe rechtlicher Quellen (beispielsweise Artikel 7 der Biodiversitätskonvention, Artikel 11 und 17 der FFHRichtlinie, §38 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes) den klaren Auftrag, die Biodiversität in Bezug auf ihre Entwicklung zu beobachten und die Zusammenhänge zu erforschen.
Gemeinsam den richtigen Weg finden
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Abb. 9: Wissenstransfer ist Grundlage für einen engagierten Waldnaturschutz. (Foto: M. Mößnang)
Aktuell wird Waldnaturschutz oft mit Totalreservaten in Verbindung gebracht. Viele unserer Erkenntnisse zum Waldnaturschutz stammen aus solchen Flächen wie den Naturwaldreservaten und Nationalparken, und das ist auch gut so, denn wir wollen ja von der Natur lernen, und der Erhalt der natürlichen Vielfalt ist auch der Maßstab, an dem wir unsere Bemühungen ausrichten, aber auch messen lassen müssen.
Es ist wichtig, dass Waldbesitzer und Praktiker (Forst/ Naturschutz), Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger, aber auch die breite Öffentlichkeit ausgewogene Informationen über aktuelle Forschungsergebnisse erhalten. Dies beinhaltet neutrale, nicht »zweckorientierte« Information über den Wert einzelner Waldtypen und einen wissenschaftlich fundierten Vergleich ungenutzter und genutzter Wälder (z. B. Detsch 1999; Ammer et al. 2017). Belege für die ökologischen Vorteile integrativer Waldbewirtschaftung müssen besser zugänglich gemacht werden, sowohl für Waldbesitzer als auch für die »NGOs«. Auch ihre Umsetzung bedarf noch weiterer Anstrengungen.
Waldnaturschutz braucht sich trotz der erzielten und belegbaren Erfolge in Bezug auf die Vermehrung der Schlüsselelemente Totholz und Biotopbäume und auf die Naturnähe der Baumartenzusammensetzung, die sich hin zu mehr Naturnähe und vor allem Laubbäumen entwickelt hat, nicht auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Er sollte aber auch nicht allen populären Forderungen nachgeben, wenn sie waldökologisch nicht gut begründet sind. Hier hilft nur ein offener Diskurs auf der Basis von Fakten und verlässlicher Information.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Waldlandschaften Bayerns sind durch eine große standörtliche und nutzungsgeschichtliche Vielfalt geprägt. Aufgrund dieser Gegebenheit weisen die Wälder auch eine entsprechend hohe Diversität an Lebensräumen, Strukturen und Arten auf. Um diese natürliche bzw. kulturhistorische Vielfalt zu erhalten, verfolgt Bayern seit Jahrzehnten den Weg einer integrativen und naturnahen Waldbewirtschaftung auf ganzer Fläche.
Einen besonderen Schwerpunkt insbesondere in Zeiten sich dramatisch ändernder Umweltbedingungen stellt dabei der Umbau nicht standortgemäßer Nadelbaumbestände in klimatolerante und naturnähere Mischbestände dar. Neben der Einbringung von Mischbaumarten trägt auch die Anreicherung von Strukturelementen wie z. B. Biotopbäume und Totholz oder das Älterwerden der Wälder ganz entscheidend zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität bei.
Um künftig die Vernetzung der verschiedenen Lebensräume und Populationen sicherzustellen, werden Biotopverbundsysteme wie Natura 2000 oder Trittsteinkonzepte auf nationaler und internationaler Ebene immer mehr an Bedeutung gewinnen. Bayern ist hier auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel angekommen.
Angesichts des rasanten Wandels unserer Umwelt und des dadurch drohenden Verlusts ökosystemarer Leistungen sind angewandte Forschungsprojekte und ein Monitoring zum Zustand und zur Entwicklung der Biodiversität im Wald von großer Bedeutung. Nur wenn eine Vielzahl integrativer Maßnahmen, eine praxisnahe und interdisziplinäre Forschung sowie eine zielgerichtete Wissensvermittlung Hand in Hand gehen, kann der Erhalt der biologischen Vielfalt in unseren Wäldern langfristig sichergestellt werden.
Literatur
- Albrecht, L. (1991): Die Bedeutung des toten Holzes im Wald. Forstwiss. Centralbl. 110: S. 106–113
- Ammer, U.; Utschick, H. (2004): Folgerungen aus waldökologischen Untersuchungen auf hochproduktiven, nadelholzreichen Standorten für eine an Naturschutzzielen orientierte Waldwirtschaft. Forst und Holz 59(3): S. 119–128
- Ammer, U. (1991): Konsequenzen aus den Ergebnissen der Totholzforschung für die forstliche Praxis. Forstwiss. Centralbl. 110: S. 149–157
- Ammer, U. (1998): Historische Entwicklung des Naturschutzes in Deutschland und sein Bezug zum Wald und zum Forstwesen. Ber. ANL 22: S. 59–64
- Ammer, U. (2001): Vergleichende waldökologische Untersuchungen in Naturwaldreservaten und Wirtschaftswäldern unterschiedlicher Naturnähe in Mittelschwaben. Schlußfolgerungen für die forstliche Praxis. LWF-Bericht 33: S. 50–58
Literatur (Fortsetzung)
- Ammer, C. & Schall, P. & Gossner, M. & Heinrichs, S. & Boch, S. & Prati, D. & Jung, K. & Baumgartner, V. & Blaser, S. & Böhm, S. & Buscot, F. & Daniel, R. & Goldmann, K. & Kaiser, K. & Kahl, T. & Lange, M. & Müller, J. & Overmann, J. & Renner, S. & Fischer, M. (2017): Waldbewirtschaftung und Biodiversität: Vielfalt ist gefragt. AFZ-DerWald 17, S. 20–25
- Ammer, U.; Schubert, H. (1999): Arten-, Prozeß- und Ressourcenschutz vor dem Hintergrund faunistischer Untersuchungen im Kronenraum des Waldes. Forstwiss. Centralbl. 118: S. 70–87
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