Wendelin Weis, Christian Kölling und Thomas Schäff
Kronennutzung aus nährstoffkundlicher Sicht - LWF-aktuell 108

Die Nutzung von Kronenbiomasse im Wald ist heute weit verbreitet. Die daraus erzeugten Waldhackschnitzel sind ein günstiger und begehrter Brennstoff für Biomasseheizkraftwerke und private Haushalte. Allerdings sind die zusätzlichen Erlöse, die der Waldbesitzer durch die Kronenernte im Vergleich zur Stammholznutzung erzielen kann, vergleichsweise gering. Äste, Zweige und Nadeln der Baumkronen enthalten jedoch überproportional viele Nährelemente. Daher kann bei intensiver Nutzung der Kronenbiomasse langfristig die Fruchtbarkeit des Standorts herabgesetzt werden.

Harvester bewegt einen BaumstammZoombild vorhanden

Abbildung 1: Harvestereinsatz in einem Fichtenbestand. Foto: W. Weis

Jährlich wird im bayerischen Staatswald etwa eine Million Schüttraummeter Waldhackgut erzeugt (Bayerische Staatsforsten 2012). Gemessen an der Gesamtproduktion von Hackschnitzeln in Bayern sind das allerdings nur etwas mehr als 20%, 65% kommen aus den Privatwäldern, der Rest aus den Körperschaftswäldern (Gaggermeier et al. 2014). Neben Stammresten bilden Wipfel mit einem Durchmesser größer 12cm am stärkeren Ende (= Zopf) das Hauptsortiment zur Hackschnitzelgewinnung (vgl. Merkblatt der Bayerischen Staatsforsten »Grundsätze zur Bereitstellung von Energieholz«).

Die vollmechanisierte Holzernte mit Harvester und Forwarder ist geradezu prädestiniert für eine effektive Ernte von Kronenmaterial. Wipfelstücke können vom Harvester direkt an der Rückegasse abgelegt und leicht vom Forwarder aufgenommen und abtransportiert werden. An der Forststraße oder an zentralen Sammelstellen werden die Nadelholzwipfel zu Waldhackschnitzel verarbeitet.
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Baumkronen als Nährstoffquelle

Liniendiagramm: Erlös und Nährelemententzug im Vergleich zur genutzten Biomasse.Zoombild vorhanden

Abbildung 2: Erntekostenfreier Erlös und Nährelemententzug im Vergleich zur genutzten Biomasse. Rothenkirchen, Fichte.

Bei dem Export von Wipfelstücken und Ernterückständen aus den Beständen wird häufig vergessen, dass es sich hier um sehr nährstoffreiches Material handelt. Waldrestholz ist damit kein Abfallprodukt, sondern gleicht beim Belassen im Wald einer organischen Düngung. Damit tragen die Ernterückstände zum Humusaufbau bei und verbessern die Wasser- und Nährstoffversorgung. Die Standortsqualität bleibt so erhalten und wird unter Umständen sogar erhöht.

Während der erntekostenfreie Erlös des zu Hackschnitzeln verarbeiteten Kronenmaterials vergleichsweise gering ist, führt die Kronennutzung zu mindestens einer Verdopplung des Nährelementexports. Besonders kritisch ist die Entnahme von Ästen, Zweigen und Nadeln zu beurteilen. Hier ist das Missverhältnis zwischen dem finanziellen Gewinn und dem Nährstoffexport am größten. Zusätzlich steigt die Qualität der Hackschnitzel und die damit erzielbaren Erlöse bei geringeren Anteilen von benadeltem bzw. belaubtem Feinreisig (Mergler et al. 2012).


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Standortsverschlechterung durch Kronennutzung?

Liniendiagramm: Vergleich Magnesium-Export mit und ohne KronennutzungZoombild vorhanden

Abbildung 4: Vergleich Magnesium-Export mit und ohne Kronennutzung

Besonders auf nährstoffarmen Standorten kann der hohe Nährstoffentzug bei intensiver Biomassenutzung langfristig zu einem Verlust der Standortsqualität führen und sich mindernd auf die Wuchsleistung auswirken. Der geringe Mehrgewinn durch Nutzung des Kronenmaterials kann so durch zukünftige Verluste bei der Stammholzproduktion mehr als wettgemacht werden.

Die in der Literatur berichteten längerfristigen Zuwachseinbußen in Folge von Vollbaumnutzung erreichen Werte bis etwa 20% (Thiffault et al. 2011). Eine Übertragung der Ergebnisse auf die bayerischen Wälder ist schwierig, da viele der Untersuchungen in Regionen mit geringen Stickstoffeinträgen stattfanden. Dagegen liegt die Stickstoffdeposition in den Wäldern Mitteleuropas seit den letzten 50 Jahren teilweise deutlich über dem Bedarf der Bäume. Stickstoffmangel spielt daher in Bayerns Wäldern nur auf wenigen Sonderstandorten eine Rolle. Trotzdem zeigen auch Untersuchungen aus unserem Nachbarland Österreich in jungen Fichtenbeständen deutliche Zuwachsrückgänge nach Vollbaumnutzung (Sterba 2003).

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Kronennutzung auf besonders anfälligen Standorten

Der Verzicht auf die Entnahme von Ästen, Zweigen und Nadeln bei der Holzernte fördert generell die Wasser- und Nährstoffversorgung im Bestand. Einige Standorte sind aber besonders anfällig gegenüber hohen Exporten von Biomasse und Nährelementen. Dabei spielt das Kronenmaterial sowohl als Humusbildner als auch als Nährstoffquelle eine Rolle.

Humus ist vor allem auf Mineralböden mit geringer Mächtigkeit oder hohem Steingehalt wichtig. An solchen Standorten ist der Wurzelraum der Bäume häufig eingeschränkt, Wasser und Nährstoffe werden zu großen Teilen aus der organischen Auflage gewonnen. Humusaufbau schafft hier direkt ein Mehr an Wurzelraum. Zusätzlich wird beim Verzicht auf Kronennutzung das Nährstoffangebot erhöht, ein Aspekt, der auch für Böden von entscheidender Bedeutung ist, die zwar tiefgründig und gut durchwurzelbar sind, wo aber bereits das Ausgangsmaterial nur wenige Nährstoffe enthält.
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Autoren

  • Dr. Wendelin Weis
  • Dr. Christian Kölling
  • Thomas Schäff