Wendelin Weis, Christian Kölling und Thomas Schäff
Kronennutzung aus nährstoffkundlicher Sicht - LWF-aktuell 108
Die Nutzung von Kronenbiomasse im Wald ist heute weit verbreitet. Die daraus erzeugten Waldhackschnitzel sind ein günstiger und begehrter Brennstoff für Biomasseheizkraftwerke und private Haushalte. Allerdings sind die zusätzlichen Erlöse, die der Waldbesitzer durch die Kronenernte im Vergleich zur Stammholznutzung erzielen kann, vergleichsweise gering. Äste, Zweige und Nadeln der Baumkronen enthalten jedoch überproportional viele Nährelemente. Daher kann bei intensiver Nutzung der Kronenbiomasse langfristig die Fruchtbarkeit des Standorts herabgesetzt werden.

Abbildung 1: Harvestereinsatz in einem Fichtenbestand. Foto: W. Weis
Die vollmechanisierte Holzernte mit Harvester und Forwarder ist geradezu prädestiniert für eine effektive Ernte von Kronenmaterial. Wipfelstücke können vom Harvester direkt an der Rückegasse abgelegt und leicht vom Forwarder aufgenommen und abtransportiert werden. An der Forststraße oder an zentralen Sammelstellen werden die Nadelholzwipfel zu Waldhackschnitzel verarbeitet.
Baumkronen als Nährstoffquelle

Abbildung 2: Erntekostenfreier Erlös und Nährelemententzug im Vergleich zur genutzten Biomasse. Rothenkirchen, Fichte.
Während der erntekostenfreie Erlös des zu Hackschnitzeln verarbeiteten Kronenmaterials vergleichsweise gering ist, führt die Kronennutzung zu mindestens einer Verdopplung des Nährelementexports. Besonders kritisch ist die Entnahme von Ästen, Zweigen und Nadeln zu beurteilen. Hier ist das Missverhältnis zwischen dem finanziellen Gewinn und dem Nährstoffexport am größten. Zusätzlich steigt die Qualität der Hackschnitzel und die damit erzielbaren Erlöse bei geringeren Anteilen von benadeltem bzw. belaubtem Feinreisig (Mergler et al. 2012).
Standortsverschlechterung durch Kronennutzung?

Abbildung 4: Vergleich Magnesium-Export mit und ohne Kronennutzung
Die in der Literatur berichteten längerfristigen Zuwachseinbußen in Folge von Vollbaumnutzung erreichen Werte bis etwa 20% (Thiffault et al. 2011). Eine Übertragung der Ergebnisse auf die bayerischen Wälder ist schwierig, da viele der Untersuchungen in Regionen mit geringen Stickstoffeinträgen stattfanden. Dagegen liegt die Stickstoffdeposition in den Wäldern Mitteleuropas seit den letzten 50 Jahren teilweise deutlich über dem Bedarf der Bäume. Stickstoffmangel spielt daher in Bayerns Wäldern nur auf wenigen Sonderstandorten eine Rolle. Trotzdem zeigen auch Untersuchungen aus unserem Nachbarland Österreich in jungen Fichtenbeständen deutliche Zuwachsrückgänge nach Vollbaumnutzung (Sterba 2003).
Kronennutzung auf besonders anfälligen Standorten
Humus ist vor allem auf Mineralböden mit geringer Mächtigkeit oder hohem Steingehalt wichtig. An solchen Standorten ist der Wurzelraum der Bäume häufig eingeschränkt, Wasser und Nährstoffe werden zu großen Teilen aus der organischen Auflage gewonnen. Humusaufbau schafft hier direkt ein Mehr an Wurzelraum. Zusätzlich wird beim Verzicht auf Kronennutzung das Nährstoffangebot erhöht, ein Aspekt, der auch für Böden von entscheidender Bedeutung ist, die zwar tiefgründig und gut durchwurzelbar sind, wo aber bereits das Ausgangsmaterial nur wenige Nährstoffe enthält.
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Autoren
- Dr. Wendelin Weis
- Dr. Christian Kölling
- Thomas Schäff