LWF Wissen 87
Fremdländische Birken
von Mirko Liesebach
Bei den Arten der Gattung Betula handelt es sich um sommergrüne Bäume und Sträucher, die auf der Nordhalbkugel von der gemäßigten bis in die arktische Zone vorkommen. Die Angaben zur Artenanzahl der Gattung Betula variieren zwischen 30 und 150 (de Jong 1993). Fachleute wie Willis (1973), Krüssmann (1976) sowie Ashburner und Walters (1989) gehen von 60 Arten aus. Furlow (1990) nennt 35 Arten und de Jong (1987) schätzte die Zahl auf 30 – 35 Arten, die sich in fünf Untergattungen einteilen (Tabelle 1). Schmidt und Hecker (2020) sowie Schütt et al. (1992) nennen 40 bzw. 45 Arten. Vier Arten kommen in Deutschland vor: Betula pendula (Sandbirke, Baum des Jahres 2000) und B. pubescens (Moorbirke, Baum des Jahres 2023) sowie die beiden Strauchbirken B. nana (Zwergbirke) und B. humilis (Europäische Strauchbirke).
Nur wenige Arten der Gattung Betula sind in Deutschland von forstlichem Interesse. Im Folgenden werden je fünf nordamerikanische und asiatische Birkenarten vorgestellt und auf ihre Bedeutung in der Forstwirtschaft sowie in der Landschaft und Stadt eingegangen.
Nordamerikanische Arten
Gelbbirke – Betula alleghaniensis Britton (B. lutea)
Im Gegensatz zu den meisten Birkenarten ist die Gelbbirke kein Pioniergehölz. Sie ist eine langsam wachsende, langlebige Baumart die als charakteristische Mischbaumart in Schlusswaldgesellschaften vor- kommt. Im Gegensatz zu vielen anderen Birken verträgt sie Halbschatten und kann ein Alter von bis zu 300 Jahren erreichen.
In Nordamerika ist sie die forst- und holzwirtschaftlich bedeutendste Birkenart. Ihr wertvolles Holz ist vielseitig einsetzbar. So wird ein großer Teil zu Furnieren verarbeitet oder geht als Massivholz in die Möbelherstellung und den Innenausbau (z. B. als Fußboden). Es wird auch als Imitationsholz für Mahagoni und Kirsche verwendet. Von den Indianern wird die Verwendung der Rinde als Medizin berichtet. Die Rinde enthält Salicylsäure-Methylester (Wintergrünöl), der in Nordamerika u. a. in Kaugummis der Geschmacksrichtung Wintergreen eingesetzt wird (Erdmann 1990).
Die Gelbbirke ist der Nationalbaum der kanadischen Provinz Québec, wo sie üblicherweise merisier (franz. Süßkirsche) genannt wird.
Als Zierbaum wird die Gelbbirke wegen ihrer Stammrinde und ihres lebhaft gelben Herbstlaubs geschätzt. In Europa ist die Art seit vor 1767 in Kultur und derzeit eine Sorte im Handel (Tabelle 7).
Papierbirke – Betula papyrifera Marshall
Die Papierbirke (Abbildung 1) ist eine der höchsten und stärksten Birkenarten, die Höhen von bis zu 40 m Höhe erreicht. Sie wächst in der Regel einstämmig. Ihre Lebenserwartung wird mit maximal 140 Jahren angegeben (Saffort et al. 1990). Die Stammrinde ist blendend weiß, blättert später in feinen papierartigen Querstreifen ab.
Das Holz ist vielseitig verwendbar als Furnier, Bau- und Papierholz und Drechselholz. Die Ureinwohner nutzten frische Rinde zum Bau von Kanus. Die Papierbirke wird auch in ihrer Heimat als Landschaftsgehölz eingesetzt.
Als Ziergehölz kam sie 1750 nach Europa. Sie ist eine der schönsten weißrindigen Bäume, die mit Einschränkungen auch als Straßenbaum geeignet ist. Sie wird jedoch als nicht stadtklimafest eingestuft und soll nicht in befestigten Flächen gepflanzt werden (GALK 2012).
Mit der Papierbirke wurden zwischen 1954 und 1982 einige forstliche Versuche angelegt (Tabelle 3). Die Prüfglieder zeigten eine große Variation in der Merkmalsausprägung. Die Papierbirke schnitt im Wachstum dabei im Mittel besser ab als die Gelbbirke. Die wüchsigsten Nachkommenschaften konnten mit den heimischen Birken konkurrieren (Weisgerber und Rau 1989).
Abb. 1: Papierbirke: einstämmig in gelber Herbstfärbung. (© M. Liesebach)
Zuckerbirke – Betula lenta L.
Das Holz der Zuckerbirke ähnelt dem der Gelbbirke. Im Handel wird nicht zwischen den beiden Arten unterschieden. Das aus Rinde und dem Holz junger Bäume gewonnene »Birkenöl« wurde früher für Parfüms verwendet. Aus dem Blutungssaft kann Birkenbier gebraut werden (Moser 2005).
Die Birke wurde 1759 nach Europa (England) eingeführt. Ihre ungewöhnliche Borkenbildung und das goldgelbe Herbstlaub machen sie als Zierbaum interessant.
Schwarzbirke – Betula nigra L.
Abb. 2: Schwarzbirke: Stammborke. (© M. Liesebach)
Die Stammrinde ist anfangs weißlich bis gelb- oder rotbraun und rollt sich kraus auf. Mit zunehmendem Alter geht sie in eine grobe, dunkelbraun bis schwarze Borke über (Abbildung 2). Das Holz ist leichter als das der meisten anderen Birkenarten und geht daher überwiegend in die Papierindustrie oder wird zum Drechseln verwendet (Grelen 1990).
Es ist die erste nordamerikanische Birkenart, die bereits 1736 nach Europa eingeführt wurde. Ihre Stammrinde macht sie als Ziergehölz besonders dekorativ. Mehrere Sorten sind ausgelesen und werden in Europa vermarktet (Tabelle 7). Aufgrund ihrer Standortansprüche ist die Art nur selten im urbanen Bereich anzutreffen.
Forstliche Versuchsanbauten in Deutschland sind nicht bekannt.
Pappelblatt- oder Graubirke – Betula populifolia Marshall
Die Graubirke ist seit 1750 in Kultur (Schmidt und Hecker 2020). Sie hat eine schöne gelbe Herbstfärbung. Aus Mecklenburg berichtet von Döring (1927), dass die Birke in Wuchsleistung und Holzgüte hinter den heimischen Birken zurückbleibt. Weitere forstliche Versuche waren vorgesehen, wurden aber nicht realisiert (Stern 1963).
Asiatische Arten
Ermans oder Goldbirke – Betula ermanii Cham.
Die Art ist in morphologischer und ökologischer Sicht B. utilis recht ähnlich.
Das blass gelbbraune Holz wird für Furniere, Möbel und die Papierherstellung genutzt.
Die Ermans Birke wurde 1880 in Russland in Kultur genommen. Beliebt sind mehrstämmige, sich durch runde Stämme mit rosa-cremeweißer, sich dünn abrollender Rinde auszeichnende Auslesen (Tabelle 7; Schmidt und Hecker 2020).
In forstlichen Versuchen (Tabelle 4) erwies sich die Ermans Birke nach anfangs gutem Wachstum als matt- wüchsig oder zeigte hohe Ausfälle. Zwischen zehn geografischen Regionen, in die sich 64 Herkünfte aus Japan gruppieren lassen, sind keine Unterschiede im Jugendwachstum aufgetreten.
Lindenblättrige oder Maximowicz-Birke – Betula maximowicziana Regel
Abb. 3: Maximowicz-Birke: 60-jähriger Versuch. (© M. Liesebach)
Das Holz findet in Japan vielseitige Verwendung. So werden daraus Furniere, Möbel, Spindeln, Streichholzschachten und Papier hergestellt. Aufgrund der guten Schaftform und der weitgehend astfreien Stämme hat die Maximowicz-Birke einen hohen Furnierholzanteil. Das hellfarbige Holz wird auch als Fußbodenbelag in japanischen Landgasthäusern genutzt. Die Rinde wurde für Fackeln verwendet (JFTA 1964).
Von den asiatischen Birken wurden mit der Maximowicz-Birke wegen ihrer frühen und guten Astreinigung und der geraden, walzenförmigen Schäfte zahlreiche forstliche Versuche (Tabelle 5) angelegt. Auf den Versuchsflächen zeichnete sich die Birke durch hohe Überlebensprozente auf mittleren und besseren Standorten aus (Liesebach et al. 1997). Auf armen Standorten fiel sie aus, und auf schweren Tonböden kümmert sie (Stephan und Liesebach 2000). Im Vergleich zu den nordamerikanischen Arten (Gelb- und Papierbirke) hatte die Maximowicz-Birke trotz Trockenheit einen problemlosen Start in der Kulturphase. Zwischen den Herkünften bestehen deutliche Unterschiede: Herkünfte aus dem südlichen Teil des natürlichen Verbreitungsgebiets der Region Nagano im mittleren Bereich von Hondo zeigen ein überdurchschnittliches Wachstum (Liesebach et al. 1997). Es ist die einzige fremdländische Birkenart, die die Bayerischen Staatsforsten in ihrem Waldbauhand- buch in der Kategorie 3 (bedingte Anbauempfehlung, nur unter wissenschaftlicher Begleitung) empfehlen (BaySF 2020).
Japanische oder Mandschurische Birke – Betula platyphylla Sukaczev (B. pendula subsp. mandshurica, B. mandshurica, B. japonica)
Abb. 4: Mandschurische Birke: 60-jähriger Versuch. (© M. Liesebach)
Verwendung findet die Mandschurische Birke überwiegend als Konstruktionsholz im Hausbau, als Eisenbahnschwelle und Brennmaterial. Knospen und Rinde haben eine volksmedizinische Bedeutung. Der Blutungssaft enthält im zeitigen Frühjahr Inhaltsstoffe, die zur Herstellung von Getränken verwendet werden (Puhua 2003).
Wegen ihres ansprechenden Erscheinungsbildes, der weißen, papierartige Ringelborke und der gelben Herbstfärbung eignet sich die Birke als Landschaftselement und als Ziergehölz.
Die Art wird heute als Unterart der Sandbirke zugeordnet (Schmidt und Hecker 2020).
Schnee- oder Himalaja-Birke – Betula utilis D. Don (B. jacquemontii)
Die lichtbedürftige Himalaja-Birke ist äußerst variabel in der unterschiedliche Rindenfarbe, die von weiß bis schwarzmarmoriert reicht. Ihre Wurzeln breiten sich flach aus. Die Herbstfärbung ist goldgelb.
Das harte und dichte aber eher spröde Holz stellt im Ursprungsgebiet der Art ein wertvolles Nutzholz da, wird aber hauptsächlich als Brennholz genutzt. Die Borke findet gelegentlich zur Dacheindeckung sowie als Papierersatz Verwendung. In Kaschmir wurden Manuskripte bis ins 18. Jahrhundert auf Birkenrinde erstellt. Das Laub dient als Viehfutter.
Die Art ist seit 1849 in Kultur und mit zahlreichen Sorten im Handel (Tabelle 7). Eine der bekanntesten ist die Sorte ›Doorenbos‹. Als Straßenbaum ist die Birke mit Einschränkungen geeignet (GALK 2021).
Schmidts oder Eisenbirke – Betula schmidtii Regel
Abb. 5: Eisenbirke am Naturstandort in der Region Primorje (Russland): Stammborke. (© M. Liesebach)
Das Holz ist sehr schwer und übersteigt selbst trocken das spezifische Gewicht von 1 g/cm³. Es gilt als das festeste Holz aller fernöstlichen Arten und ist vergleichbar mit Eisenholz. Aus dem Holz der Eisenbirke, das sich ausgezeichnet polieren lässt, werden in Japan Kämme (Orokugushi mit dem Siegel »offizielles kunsthandwerkliches Erzeugnis«) hergestellt.
Die Art ist in Europa nur selten in Arboreten und Botanischen Gärten anzutreffen.
Untergattung | Zugehörige Arten |
---|---|
Betulenta | B. alleghaniensis, B. austrosiensis, B. corylifolia, B. globispica, B. grossa, B. insignis, B. lenta |
Betulaster | B. alnoidees, B. maximowicziana |
Neurobetula | B. albosinensis, B. chinensis, B. chichibuensis, B. costata, B. davurica, B. delavayi, B. ermannii, B. fargesii, B. nigra, B. raddeana, B. schmidtii |
Betula | B. cordifolia, B. occidentalis, B. papyridera, B. pendula, B. platyphylla, B. populifolia, B. pubescens, B. resinifera |
Chamaebetula | B. frutucosa, B. humilis, B. mricrophylla, B. middendorffii, B. nana, B. pumila |
Versuchsort | Anlagejahr | Prüfglieder | Quelle |
---|---|---|---|
Emsland (NI), 3 Flächen | 1958 – 1959 | 10 Nachkommenschaften | König 1984 |
Weinheim (BW) | 1964 | 1 Herkunft | Noe und Wilhelm 1997 |
Fritzlar (HE) | 1980 | 142 Nachkommenschaften von 36 Herkünften | Rau et al. 1988 |
Friedrichsruh (SH), Danndorf (NI), Neu Isenburg (HE), Reinhardshagen (HE) | 1981/82 | 11 Nachkommenschaften von 4 Herkünften | Weigerber und Rau 1989, Rau 1991 |
Versuchsort | Anlagejahr | Prüfglieder | Quelle |
---|---|---|---|
Wächtersbach (HE) | 1954 | 3 Nachkommenschaften | Stern 1963 |
Rantzau (SH) | 1954 | 4 Nachkommenschaften | Stern 1963, König 1984 |
Emsland (NI), 4 Flächen | 1958 – 1964 | 12 Nachkommenschaften | König 1984 |
Weinheim (BW) | 1964 | 1 Herkunft | Noe und Wilhelm 1997 |
Friedrichsruh (SH), Danndorf (NI), Neu Isenburg (HE), Reinhardshagen (HE) | 1981/82 | 19 Nachkommenschaften von 6 Herkünften | Weisgerber und Rau 1989, Rau 1991 |
Versuchsort | Anlagejahr | Prüfglieder | Quelle |
---|---|---|---|
Wächtersbach (HE) | 1954 | 2 Nachkommenschaften | Stern 1963 |
Rantzau (SH) | 1954 | 2 Nachkommenschaften | Stern 1963, König 1984 |
Emsland (NI), 4 Flächen | 1959 – 1962 | 64 Nachkommenschaften von 24 Herkünften | Stern 1963, König 1984 |
Malente (SH) | 1961 | 64 Nachkomemnschaften von 24 Herkünften | Liesebach 2000 |
Escherode (NI) | 1964 | 1 Herkunft | Kleinschmit und Svolba 1982 |
Versuchsort | Anlagejahr | Prüfglieder | Quelle |
---|---|---|---|
Wächtersbach (HE) | 1954 | 2 Nachkommenschaften | Stern 1963 |
Rantzau (SH) | 1954 | 1 Nachkommenschaft | König 1984 |
Lingen (NI) | 1958 | 1 Nachkommenschaft | König 1984 |
Großhansdorf (SH) | 1960 | 110 Nachkommenschaften von 21 Herkünften | Stern 1963, Liesebach et al. 1997 |
Lingen (NI) | 1961 | 88 Nachkommenschaften | Liesebach et al. 1997 |
Malente (SH), Trittau (SH) | 1961 | 110 Nachkommenschaften von 21 Herkünften | Liesebach et al. 1997 |
Trittau (SH) | 1961 | 109 Nachkommenschaften von 21 Herkünften | Liesebach et al. 1997 |
Romrod/Alsfeld (HE) | 1961 | 107 Nachkommenschaften von 21 Herkünften | Liesebach et al. 1997 |
Escherode (NI) | 1964 | 1 Herkunft | Kleinschmit und Svolba 1982 |
Weinheim (BW) | 1979 | 1 Herkunft | Noe und Wilhelm 1997 |
Burgholz (NW) | 1974/75 | Hogrebe 1981 | |
Mariensee (NI), Trenthorst (SH), Wächtersbach (HE) | 1991 | 20 Nachkommenschaften | Liesebach et al. 1997 |
Wildeshausen (NI) | 1991 | 18 Nachkommenschaften | Liesebach et al. 1997 |
Freilassing (BY), Tännesberg (BY) | 2006 | 1 Herkunft | Faust et al. 2020 |
Versuchsort | Anlagejahr | Prüfglieder | Quelle |
---|---|---|---|
Grafrath (BY) | ca. 1960 | 10 Herkünfte | Schilder et al. 1995 |
Großhansdorf (SH), Föhr (SH) | 1960 | 132 Nachkommenschaften von 30 Herkünften | Stern 1963, Liesebach et al. 2007 |
Klausheide (NI) | 1961 | 121 Nachkommenschaften von 26 Herkünften | Liesebach et al. 2000 |
Weinheim (BW) | 1979 | 1 Herkunft | Noe und Wilhelm 1997 |
Birkenart | Sorten |
---|---|
Gelbbirke | › Goblin ‹ |
Schwarzbirke | ›Black Star‹, ›BNMTF‹, ›Fox Valley‹, ›Heritage‹, ›Shiloh Splash‹, ›Summer Cascade‹, ›Tecumseh Compact‹ |
Graubirke | ›Whitespire‹ |
Papierbirke | ›Saint George‹, ›Vancouver‹ |
Ermans Birke | ›Blush‹, ›Grayswood Hill‹, ›Hakkoda Orange‹, ›Holland‹, ›Mount Apo‹, ›Mount Zao‹, ›Mount Zao Purple‹, ›Polar Bear‹, ›WVO2F2‹ |
Mandschurische Birke | ›Obelisk‹ |
Himalaja-Birke | ›C1‹, ›China Ruby‹, ›Doorenbos‹, ›Fascinatio‹, ›Forrest’s Bush‹, ›Grayswood Ghost‹, ›Hergest‹, ›Jermyns‹, ›Kenneth Ashburner‹, ›Knightshayes‹, ›Marble Stem‹, ›Moonbeam‹, ›Nepalese Orange‹, ›Ness‹, ›Pink Champagne‹, ›Schilling‹, ›Silver Shadow‹, ›Szechuan Red‹, ›Trinity College‹, ›Werrington‹, ›White Satin‹, ›WVO3‹ |
Literatur
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