LWF Wissen 86
Die Besonderheiten der Buche beim Klimaschutz
von Christoph Schulz und Markus Blaschke

Die Buche in Deutschland trägt aktuell zum Klimaschutz bei, indem Kohlenstoff in Biomasse, Waldböden und Totholz zusätzlich gespeichert wird und indem Kohlendioxidemissionen durch die Verwendung von Buchenholz als Brennstoff vermieden werden. Die zusätzliche Einlagerung von Kohlenstoff in Holzprodukten und die Materialsubstitution spielen, anders als bei Nadelholz, bei der Buche aufgrund ihrer aktuellen Verwertungssituation eine geringere Rolle. Die Frage, ob und wie eine zukünftige Optimierung des Klimaschutzbeitrages mit der Buche erreicht werden kann, ist umstritten und hängt von den jeweiligen Annahmen ab. Dass ein Nutzungsverzicht in Buchenwäldern grundsätzlich die dauerhaft beste Option für den Klimaschutz ist, erscheint bei den aktuellen Erkenntnissen wissenschaftlich wenig belastbar.

Um die gesamte Klimaschutzleistung der Buchenwäl­der darzustellen, müssen vier Aspekte berücksichtigt werden:

  • die Kohlenstoffspeicherung im Wald, d. h. in der lebenden, ober-­ und unterirdischen Biomasse, im Totholz sowie in der Humusauflage und im Mine­ralboden;
  • die Kohlenstoffspeicherung in Holzprodukten;
  • die Vermeidung von Treibhausgas­-Emissionen durch die Verwendung von Holz statt anderer, fossiler Energieträger (Energiesubstitution);
  • die Vermeidung von Treibhausgas­-Emissionen durch die Verwendung von Holz statt anderer funktionsgleicher, energieintensiverer Materialien (Materialsubstitution);
Im Folgenden werden diese Bereiche gesondert be­schrieben, wobei die Besonderheiten der Buche auch über Vergleiche mit anderen Baumarten, aufgrund der Datenlage z. T. auch über den Vergleich als Laubbaum gegenüber Nadelbäumen, herausgearbeitet werden. Danach erfolgt eine zusammenfassende Betrachtung, die auch die unterschiedlichen Klimaschutzeffekte von bewirtschafteten und unbewirtschafteten Buchenwäl­dern erfasst.

Kohlenstoffspeicher Wald

Lebende Biomasse
Der Motor der Kohlenstoffbindung im Wald sind die Bäume, welche über die Fotosynthese Kohlendioxid (CO2) aufnehmen und in verschiedenen Kohlenstoffverbindungen in der lebenden, verholzten Biomasse einlagern. Wieviel Kohlenstoff (C) gebunden wird, bestimmt neben dem gebräuchlichen forstlichen Volumenmaß besonders die Holzdichte. Diese ist bei der Buche mit 554 kg/fm (Raumdichte nach Knigge und Schulz 1966), wie bei allen einheimischen Hartlaubhölzern, vergleichsweise hoch. Das führt dazu, dass bei gleichem Brusthöhendurchmesser (BHD) und gleicher Höhe, eine einzelne Buche deutlich mehr Biomasse gebildet und damit mehr Kohlenstoff gespeichert hat als z. B. eine Fichte (Abb. 1; eigene Berechnungen mit Biomassefunktionen nach Vonderach 2018 und Wurzelbiomasse nach UBA 2021). Da aber nicht die Klimaschutzleistung einzelner Bäume, sondern des Waldes bilanziert wird, muss die Flächenleistung der Baumarten betrachtet werden. Dann zeigt sich mit Daten der Bundeswaldinventur, dass die Buche besonders in den höheren Altersklassen zwar vergleichsweise hohe Kohlenstoffvorräte aufweist (Abb. 1), die Fichte ihre geringere Raumdichte aber durch eine höhere Baumzahl pro Hektar ausgleicht und somit ähnliche Flächenwerte wie die Buche erreicht (Abb. 2). Dabei ist auch zu beachten, dass die Fichte ein höheres Nutzungsprozent hat und insgesamt eine höhere Gesamtsleistung erreicht (Thünen-Institut 2022).

Balkendiagramm zeigt wo Bäume Kohlenstoff speichern

Abb. 1: Kohlenstoffmengen in den verschiedenen Kompartimenten eines Baumes mit 50 cm BHD und 30 m Höhe. Quelle: berechnet nach Vonderach 2018, unterirdische Biomasse nach UBA 2021

Liniendiagramm zeigt die Kohlenstoffanreicherung in Bäumen auf einer zeitlichen Skala.

Abb. 2: durchschnittliche Kohlenstoffvorräte je Hektar und Altersklasse in Deutschland. Quelle: Thünen-Institut 2022

Der eigentliche Klimaschutzbeitrag der Biomasse ei­nes Waldes ist dessen Nettoveränderung je Flächeneinheit, für die eine Gegenüberstellung des Zugangs in Form des Biomassezuwachses und der Abgänge durch Holznutzungen und Mortalität erfolgen muss. Zwischen 2012 und 2017 wurde deutschlandweit netto 12,4 Mio. t C pro Jahr in der Biomasse gebunden, Laubholz hatte dabei mit 6,8 Mio. t C/a einen größeren An­teil als Nadelholz mit 5,6 Mio. t C/a (Riedel et al. 2019).
Totholz
Auch der Totholzspeicher eines Waldes bindet zusätz­lichen Kohlenstoff, solange die Zufuhr durch Mortalität (abgestorbene Bäume bzw. Baumteile, Kronenabbrü­che usw.) und nicht exportierte Baumteile nach Nut­zung (Stöcke, nicht verwertbares Holz, Kronenmateri­al usw.) größer ist als der Abgang durch Zersetzung. Während die Zufuhr über das forstliche Management gesteuert werden kann, ist der Abgang, also der Tot­holzabbau, nicht steuerbar und von einer Vielzahl von Faktoren wie Holzeigenschaften, Dimension, Feuchte und Temperatur, Position (z. B. stehend oder liegend), Bodenkontakt usw. abhängig (Meyer et al. 2009). Die Buche zeigt die Besonderheit, dass ihre Zersetzungs­rate höher ist als bei den anderen Hauptbaumarten (Meyer et al. 2009; Herrmann et al. 2015). So wurde zum Beispiel bei einer Untersuchung einzelner baye­rischer Wirtschaftswaldbestände und angrenzender Naturwaldreservate kein über 30 Jahre altes Buchen­totholz gefunden, während bei Eiche und Fichte auch seit über 50 Jahren abgestorbenes Totholz zu finden war (Krueger et al. 2016). Das bedeutet im Umkehr­schluss, dass für den dauerhaften Aufbau eines Tot­holzspeichers bei der Buche mehr Totholz zugeführt werden muss als bei anderen Baumarten. Verglichen mit der lebenden Biomasse ist der durchschnittliche Totholzspeicher je Hektar in Deutschland mit 3,1 t C (davon 1,7 t C Nadelholz, 1,1 t C Laubbäume ohne Ei­che, 0,3 t C Eiche; Thünen-Institut 2022) sehr gering , so dass dessen Erhöhung nur einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. In unbewirtschafteten Wäldern er­höht sich der Totholzspeicher nach der Stilllegung der Flächen zunächst markant (z. B. Krueger et al. 2016), verlangt dann aber auch eine stete, hohe Zufuhr, um die Senkenfunktion aufrechtzuerhalten.
Streuauflage und Mineralboden
Der Waldboden setzt sich aus der labileren, organi­schen Auflage mit einer durchschnittlichen Größe von 12 t C /ha in Bayerns Wäldern und dem deutlich grö­ßeren, stabileren Kohlenstoffspeicher im Mineralbo­den mit durchschnittlich 114 t C /ha zusammen (Klein und Schulz 2012). Auch hier gilt wieder, dass Auflage und Boden dann eine Kohlenstoffsenke sind, wenn die Zufuhr über die Humusbildung (aus Pflanzen-­ und Wurzelstreuresten, Exsudaten, Umwandlungen durch Bodenfauna und Mikroorganismen usw.) größer ist als der Verlust durch Zersetzung, Veratmung, Auswa­schung oder Erosion (Mayer et al. 2020). Die Bedeu­tung der Baumart für den jeweiligen Kohlenstoffspei­cher im Boden ist schwer zu bestimmen, da auch Klima, chemische, physikalische und biologische Bo­deneigenschaften, Topografie, Störungen, Waldbewirt­schaftung und Waldgeschichte einen starken Einfluss haben (Mayer et al. 2020). Eine Auswertung bayeri­scher Waldböden zeigt bei Nadel­, Laub-­ und Misch­beständen ähnliche Gesamtspeicher des organischen Kohlenstoffs, allerdings hat die labilere organische Auflage bei Nadelbäumen einen wesentlich höheren Anteil, während Laub­- und Mischbestände, in denen die Buche ja einen maßgeblichen Anteil hat, den Koh­lenstoff hauptsächlich im Mineralboden binden (Wiesmeier et al. 2013b). Dass in wärmeren Lagen Bayerns die gespeicherten Kohlenstoffmengen in der Auflage stärker abnehmen als im Mineralboden, weist auf eine geringere Empfindlichkeit der Bodenkohlenstoffspei­cher von Laub-­ und Mischwäldern auf steigende Tem­peraturen hin (Wiesmeier et al. 2013b).
Für den Wald Deutschlands wird im Nationalen Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar eine jährliche Gesamtsenke im Boden von 4,4 Mio. t C gemeldet, die nicht weiter nach Baumarten differen­ziert ist (UBA 2021). Auswertungen der Bodenzustand­serhebungen von 1992 und 2008 zeigen einen durch­schnittlichen, jährlichen Anstieg von 0,41 t C je Hektar, der wesentlich auf einer Kohlenstoffzunahme im obe­ren Mineralboden beruht (Grüneberg et al. 2014). Un­terschiede in der Aufnahmerate zwischen Laub­- und Nadelwäldern konnten nicht nachgewiesen werden, der steigende Anteil des Laubholzes und die damit ver­bundene Verlagerung der Kohlenstoffspeicherung von der organischen Auflage in den Mineralboden wird aber als günstig für die Kohlenstoffbindung angesehen (Grüneberg et al. 2014). Die Kohlenstoffaufnahme im Boden kann über die Waldbewirtschaftung, insbeson­dere die Baumartenwahl, beeinflusst werden (Mayer et al. 2020). Eine europäische Metastudie zum Vergleich von Buchenreinbeständen mit nahe gelegenen ande­ren Reinbeständen sowie Mischbeständen zeigt, dass insbesondere durch Nadelholzbeimischung zur Buche die Kohlenstoffspeicherung im Boden erhöht werden kann (Rehschuh et al. 2021). Im Vergleich zu anderen Landnutzungsarten deutet sich für Bayern an, dass die Potenziale zur gesteuerten Erhöhung der Kohlenstoff­senke in Waldböden geringer sind als beispielsweise in Ackerböden (Wiesmeier et al. 2013a).

Kohlenstoffspeicher Holzprodukte

Durch die Ernte von Bäumen wird ein Teil des in der Biomasse gebundenen Kohlenstoffs in verschiede­ne Holzprodukte überführt und bleibt dort weiterhin gespeichert. Diesem Zufluss in den Holzprodukte­speicher steht der Abfluss gegenüber, der durch Ver­weilzeiten bzw. Lebensdauer der in früheren Zeiten zugeführten Holzprodukte bestimmt wird (Klein und Schulz 2012). Buchenholz hat vielfältige Verwendungen, die von Furnieren, Span-­ und Faserplatten, Schichtholz, über Paletten, Möbeln, Parkett, Papier, Verpackungen und Spielzeug bis zu Brennholz reichen (z. B. Niemz 2007; Beitrag Torno, S. 141 bis 149 in diesem Band). Be­züglich der Größenordnung der dabei erzielten Koh­lenstoffspeicherung ist allerdings zu beachten: Zwei Drittel des eingeschlagen Buchenholzes in Bayern werden direkt energetisch genutzt (Knauf et al. 2016), d. h. der Kohlenstoff bleibt nur für die kurze Zeit der Trocknung und Lagerung weiterhin gespeichert. Auch von dem verbliebenen Drittel des Stamm-­ und Indust­rieholzes wird – wie auch beim Nadelholz – im weite­ren Produktionsprozess ein nennenswerter Teil ener­getisch verwendet, so dass geschätzt weniger als 20 % des Kohlenstoffs vom eingeschlagenen Buchenholz in fertigen Holzprodukten gespeichert bleibt (Knauf und Frühwald 2020). Die Produkte aus Buchenholz sind zudem eher kurz­- und mittellebig (Klein und Schulz 2012) und unterscheiden sich damit deutlich vom Na­delholz, welches dominierend in langlebigen Produk­ten, v. a. im Baubereich, eingesetzt wird (Mantau et al. 2013). Da das Bauwesen maßgeblich für eine Steige­rung der Holzverwendung ist (Mantau et al. 2013), be­deutet dies, dass die Produkte aus Buchenholz lange nicht so effektiv wie Nadelholz zu einer Erhöhung der Senke beitragen können, solange sich die aktuell be­grenzte Verwendung in langlebigen Produkten (Knauf und Frühwald 2020) nicht deutlich verbessert.
Der Holzproduktespeicher Deutschlands ist ohne wei­tere Unterscheidung nach Baumartengruppen zur Zeit eine Senke von jährlich insgesamt 1,3 Mio. t C (Stand 2019; UBA 2021). Aufgrund der geringeren Holzein­schlagsmenge, der beschränkten stofflichen Verwer­tung und den eher kurz-­ und mittellebigen Holzpro­dukten ist der Anteil der Buche an dieser Senke eher gering einzuschätzen. Angesichts eines Holzeinschla­ges in Deutschland von knapp 80 Mio. fm (Stand 2019; Jochem et al. 2020), was überschlägig ca. 20 Mio. t C entspricht, wird deutlich, dass große Teile des Kohlen­stoffs gar nicht erst in den Holzproduktespeicher ge­langen bzw. zur Kompensation des jährlichen Abflus­ses aus dem Holzproduktespeicher benötigt werden.

Energiesubstitution

Die CO2­-Neutralität der Holzverbrennung wird je nach Prämissen und verwendeter Methodik sehr unter­schiedlich bewertet (Bentsen 2017). Es sollte jedoch nachvollziehbar sein, dass bei dauerhaft gleichblei­bendem bzw. leicht steigendem Biomassespeicher wie in Deutschland (siehe Kap. 1) die entnommenen Holzmengen bei der Verbrennung nur das CO2 wieder freisetzen, welches zeitnah der Atmosphäre entzo­gen wurde und dadurch keine zusätzliche Belastung der Atmosphäre stattfindet. Wenn Buchenholz fossile Brennstoffe ersetzt (substituiert), kann deshalb die Freisetzung von Kohlenstoff aus ganz anderen Erdzeit­altern vermieden werden. Wie hoch diese potenzielle Energiesubstitution ist, hängt von den Ökobilanzen der verschiedenen Energieträger ab, mit denen die Um­weltwirkungen bei Gewinnung, Aufbereitung, Trans­port und Verbrennung für die gleiche funktionale Ein­heit, z. B. ein Megajoule Wärme, erfasst werden (z. B. Klein et al. 2016). Natürlich entstehen auch bei der Be­reitstellung der gängigen Holzbrennstoffe Scheitholz, Hackschnitzel oder Pellets durch den Einsatz von Motorsäge, Forwarder usw. Treibhausgas-­Emissionen, die je nach Intensität der Aufbereitung, der Transport­entfernung und dem genutztem Heizsystem zwischen 8 g CO2­Äquiv/Megajoule bei Scheitholz und 25 g CO2-­Äquiv/Megajoule bei Pellets schwanken (Klein et al. 2016). Gegenüber Erdgas, Öl oder Kohle können gleichwohl mit einem Festmeter Holz CO2­-Emissionen zwischen 0,3 und über 1 Tonne vermieden werden (Wolf et al. 2015).
Wie in Abschnitt »Holzprodukte« gezeigt, werden zwei Drittel des Buchenholzaufkommens direkt energetisch genutzt. Das Holz stammt in Bayern hauptsächlich aus dem Privatwald und wird zu einem hohen Anteil für den Eigengebrauch verwendet (Gößwein et al. 2020). Da die Pelletindustrie vor allem von großen (Nadelholz-­)Säge­werken beliefert wird und auch bei Hackschnitzeln das Nadelholz weit dominiert (Knauf et al. 2016), wird die Buche vor allem als Scheitholz verbrannt (Gößwein et al. 2020). Durch die günstige Ökobilanz von Scheitholz ist die Treibhausgasvermeidung der Buche gegenüber Erdgas, Öl oder Kohle deshalb vergleichsweise hoch. 2019 wurden in Deutschland ca. 14 Mio. m3 Laubholz energetisch genutzt (Jochem et al. 2020). Bei einem geschätzten Anteil der Buche von 80 % und einer mitt­leren Substitution von 0,675 t CO2 pro m3 Holz (Klein und Schulz 2012) ergibt sich überschlägig eine jährliche Vermeidung von 7,5 Millionen Tonnen CO2 durch die energetische Verwendung der Buche.

Materialsubstitution

Bei funktionsgleichen Produkten werden mit dem Rohstoff Holz bei Herstellung, Gebrauch und Entsor­gung fast immer deutlich weniger Treibhausgase emit­tiert als bei alternativen Materialien wie Stahl, Beton, Aluminium usw. Das Ausmaß der Treibhausgasver­meidung kann über Ökobilanzen hergeleitet werden und hängt von dem betrachteten Produkt und den jeweiligen Materialien ab (Leskinen et al. 2018). Ein Faktor für die gute Ökobilanz von Holzprodukten ist, dass im Produktionsprozess auch das Sägerestholz für die Energiegewinnung genutzt werden kann (z. B. zur Trocknung). Dieser Effekt darf allerdings nicht zusätz­lich bei der Energiesubstitution erfasst werden, da es eine Doppelanrechnung bedeuten würde (Rüter et al. 2016). Die Voraussetzung für die Anwendung der posi­tiven Klimawirkung von Holz ist, dass nur solche Holz­produkte herangezogen werden, die tatsächlich ande­re Materialien ersetzen können. Nach Rüter et al. (2016) können dies Elemente des Hausbaus wie Wände, Decken, Dämmmaterial, Fenster oder Verkleidungen, Verpackungsmaterial und Paletten, Möbel, chemische Grundstoffe und Kunstfasern für Textilien sein. Papier oder Dachstühle sind Beispiele für Holzprodukte, die seltener durch andere Materialen ersetzt werden können und deshalb auch nicht zur Treibhausgasver­meidung beitragen. Gemäß der europäischen Studie von Rüter et al. (2016) haben nur 30 % der eingesetzten Holzhalbwaren ein realistisches Potenzial, andere Ma­terialien zu ersetzen.
Wegen des geringen Anteils des stofflich genutzten Holzes (Abschnitt »Holzprodukte«) kann die Buche grundsätzlich nur einen verminderten Klimaschutzef­fekt durch Materialsubstitution erreichen. Um die po­tenzielle Materialsubstitution genau herzuleiten, müss­ten die Stoffströme des Buchenholzes, die Marktanteile und Ökobilanzen der verschiedenen Holzprodukte und ersetzbarer Alternativprodukte bekannt sein. Auch wenn die Substitutionsfaktoren bei stofflicher Nutzung deutlich über 1 und damit höher als bei der energetischen Nutzung liegen (Leskinen et al. 2018), wird der gesamte Klimaschutzeffekt der potenzielle Materialsubstitution bei der Buche weit unter dem Wert der Energiesubstitution (Abschnitt »Energiesub­stitution«) liegen.

Auswirkung eines Nutzungsverzichts

Die vorherigen Kapitel dieses Beitrags zeigen, dass die Buche aktuell in allen Bereichen einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, entweder indem Kohlenstoff im Wald und in Holzprodukten gespeichert wird, oder indem CO2-­Emissionen durch die energetische und stoffliche Verwendung vermieden werden. Ein deutli­cher Mangel der Buche ist die geringe stoffliche Ver­wendung, die dazu führt, dass weniger Kohlenstoff in Holzprodukten weiterhin gespeichert bleibt und dass damit weniger Emissionen durch Materialsubstitution vermieden werden.
Im Zuge der Diskussionen in der Klimaschutzpolitik tritt die bisher beschriebene bloße Erfassung des ak­tuellen Klimaschutzbeitrages in den Hintergrund. Statt­dessen wird sehr kontrovers über den Klimaschutzbei­trag verschiedener Waldbewirtschaftungssysteme und Holzverwendungen diskutiert (z. B. Luick et al. 2022; Schulze et al. 2021). Dies geschieht über Szenarien oder Analogien, die einer »was wäre, wenn«­-Logik fol­gen (Bentsen 2017) und je nach berücksichtigten Kli­maschutzeffekten, räumlichen und zeitlichen Skalen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (Schulz und Weber-Blaschke 2021). Bei Buchenwäldern wird dabei weniger um Strategien zur besseren Holzverwendung diskutiert, sondern fast ausschließlich um Vor-­ oder Nachteile eines Nutzungsverzichts, der spätestens mit der besonderen Verantwortung Deutschlands für die Buchenwälder und der Nationalen Biodiversitätsstrate­gie (BMU 2007) zum Thema wurde.
Nachfolgend werden die Auswirkungen eines Nut­zungsverzichts in Buchenwäldern lose entlang der obi­gen Gliederung diskutiert. Da die lebende Biomasse das dynamischste Element ist, wird sie mit Daten der bayerischen Naturwaldreservate etwas ausführlicher beschrieben.
Biomasse und Totholz
Bei einem Verzicht auf Holznutzungen steht dem Bio­massezuwachs nur noch der natürliche Abgang durch Mortalität gegenüber, wodurch ein höherer Biomas­seaufbau und damit eine höhere Kohlenstoffsenke erreicht wird. Bezüglich des Vergleichs mit genutzten Wäldern stellt sich v. a. eine Frage: Wie lange findet dieser Biomasseaufbau bei Nutzungsverzicht statt, d. h. wann wird sich der Kohlenstoffspeicher aufgrund verringerten Wachstums und/oder erhöhter Mortalität nicht mehr erhöhen oder sogar verringern? Mit den nachfolgenden Daten aus bayerischen Naturwaldreser­vaten wird die zeitliche Entwicklung illustriert.
Seit der Ausweisung der ersten Naturwaldreserva­te (NWR) in Bayern 1978 werden spezifische Flächen von in der Mehrzahl rund einem Hektar Größe, die sogenannten Repräsentationsflächen, waldkundlich untersucht. Dabei handelte es sich in der Regel bereits bei der Ausweisung um ältere naturnahe Waldbestän­de, die allerdings auch kurz zuvor noch bewirtschaftet worden waren. Zunächst bezogen sich die Messun­gen auf den lebenden, stehenden Bestand. Seit den 1990er Jahren wird auch das stehende und liegen­de Totholz auf einem Teil der Flächen miterfasst. Die dabei gewonnen Daten wurden erstmals von Klein et al. (2013) im Hinblick auf die Kohlenstoffspeicherung von ungenutzten Buchenwäldern analysiert. Nach zahlreichen weiteren Wiederholungsaufnahmen bietet sich nun die Möglichkeit die Kohlenstoffspeicherung von Buchenwäldern nach rund fünf Jahrzehnten Nut­zungsverzicht zu betrachten und sich der Frage nach einem potenziellen Maximum der Speicherkapazität in Buchenwäldern in Bayern anzunähern.
Für die Analysen standen 168 Datensätze aus 58 Na­turwaldrepräsentationsflächen mit führender Buche zur Verfügung. Dabei wurden ausschließlich Natur­waldreservate herangezogen, die seit 1978 ungenutzt sind. Damit liegen im Schnitt je Fläche neben der Erst­aufnahme fast überall zwei Wiederholungsaufnahmen vor. Für die Totholzentwicklung liegen 91 Datensätze aus 44 NWR vor. Die Kohlenstoffvorräte des lebenden Bestandes wurden auf der Grundlage von Umrech­nungsfaktoren von Vordernach (2018) ermittelt. Zur Ermittlung eines Trends der Kohlenstoffspeicherung über alle Bestände wurde ein statistisches Modell (GAM) erstellt (Wood 2017).
Für den lebenden Bestand zeigte sich seit der Aus­weisung der Reservate 1978 bis heute ein Anstieg der Biomassen. Im Durchschnitt ergibt sich dabei ein An­stieg von etwa 170 t C/ha auf eine Größenordnung von 230 t C/ha. Davon entfallen auf das Derbholz etwa 200 t C/ha und auf das Nichtderbholz ca. 28 t C/ha. Das an­gewendete GAM­-Modell zeigt in der Tendenz über alle Flächen eine Abflachung der Kurve. Dies deutet dar­auf hin, dass auf diesem mittleren Niveau über alle Be­stände ein Gleichgewichtszustand erreicht wird, auch wenn einzelne Buchenbestände wie im NWR Knittel­schlag bei Kelheim mit über 1000 Vfm/ha (Blaschke et al., S. 102 bis 107 in diesem Band) sogar auf über 325 t C/ha Speicherleistung kommen. Nimmt man die unterirdische Biomasse entsprechend den Maßgaben der nationalen Inventuranweisung (UBA 2021) hinzu, summieren sich die durchschnittlichen Werte für die letzten Jahre auf rund 250 t C/ha. Daraus ergibt sich eine jährliche Speicherung in der lebenden Biomasse in den Buchen-­NWR von ca. 1,6 t C/(a*ha).
Die hier angegebenen Mittelwerte werden durch die unterschiedlichen Entwicklungen in den Buchen-­Na­turwaldreservaten geprägt. So wachsen zwar einzelne Bestände weit über diesen Mittelwert hinaus, andere verlieren aber auch massiv an Holzvorräten durch Schadereignisse, die bei der Buche oft mit Windwurf und/oder Sonnenbrand einhergehen (Blaschke et al. , S. 102 bis 107 in diesem Band).
Beim Totholz, dessen Kohlenstoffwerte ebenfalls nach den Vorgaben des UBA (2021) berechnet wurden, lie­gen regelmäßige Aufnahmen erst seit den 1990iger Jahren vor. Dabei deutet sich ein durchschnittlicher Anstieg in den untersuchten NWR­-Flächen von etwa 9 t C/ha auf etwa 16 t C/ha an (Abb. 4). Dies entspricht einem Anstieg des im Totholz gespeicherten Kohlen­stoffs von ca. 0,2 t C /(a*ha). Dabei zeigt die Kurve allerdings bislang noch keine Sättigung, sodass die Kurve in den kommenden Jahren noch etwas weiter ansteigen dürfte. Kohlenstoffspeicherung im Totholz der Buchen­-NWR findet statt, allerdings wird dieser durch die bei der Buche rasch einsetzenden Abbau­prozesse wiederum reduziert.

durchscnittlich wird der Kohlenstoffgehalt mit fortschreitender Zeit höher

Abb. 3: Entwicklung der in 58 Repräsentationsflächen von bayerischen Buchen-Naturwaldreservaten gespeicherten Kohlenstoffmengen der oberirdischen und unterirdischen Masse des lebenden Bestandes (grüne Linien). (Violette Linie: durchschnittliche Entwicklung auf der Grundlage eines GAM-Modells mit grauem Vertrauensbereich) (© LWF)

durchscnittlich wird der Kohlenstoffgehalt mit fortschreitender Zeit höher hier im Totholz

Abb. 4: Entwicklung der in 47 Repräsentationsflächen von bayerischen Buchen-Naturwaldreservaten gespeicherten Kohlenstoffmengen des Totholzes (grüne Linien). (Violette Linie: durchschnittliche Entwicklung auf der Grundlage eines GAM-Modells mit grauem Vertrauensbereich) (© LWF)

Bodenkohlenstoff
Wegen des fehlenden Biomassexports steht in unbe­wirtschafteten Wäldern mehr abgestorbene Biomasse, v. a. als Totholz, und damit potenziell mehr Kohlenstoff zur Anreicherung des Bodens zur Verfügung. Der größte Teil des Totholzes wird jedoch wieder veratmet, so dass nur ein Bruchteil dazu beiträgt, die Speicher der Humusauflage und des Mineralbodens zu erhöhen (Krueger et al. 2016). Eine Untersuchung zum Boden­kohlenstoff in nebeneinanderliegenden Buchen-­Wirt­schafts­ und -Primärwäldern in Slowenien zeigt, dass erstere durchschnittlich 15 Prozent (bzw., 18 t C/ha) weniger Kohlenstoff, besonders in den tieferen Boden­schichten, gespeichert haben (Leuschner et al. 2022). Da fast alle Buchenwälder in Deutschland genutzt werden bzw. wurden, stellt sich in Umkehrung dieser Information die Frage, wie schnell solche Verluste des Bodenkohlenstoffs nach Nutzungsverzicht wieder aus­geglichen werden können. Verschiedene Untersuchun­gen zeigen, dass die jährliche Kohlenstoffaufnahme in den Böden von Laub-­Naturwäldern dauerhaft weit unter 0,1 t C /ha liegen dürfte (Gleixner et al. 2009). Bei so einer Rate würde es mindestens zwei Jahrhunderte dauern, bis die oben genannten Verluste gegenüber den Primärwäldern wieder ausgeglichen werden. Verglichen mit der Kohlenstoffbindung in der leben­den Biomasse von durchschnittlich 1,6 Tonnen C /ha in den bayrischen Naturwaldreservaten (s. o.) ist der Boden in unbewirtschafteten Wäldern demnach eine eher kleine und wenig dynamische Senke, die jedoch mit zunehmender Abflachung der Senke der Biomasse (siehe Abb. 3) bedeutsamer wird.
Mehr Biomasse und Totholz statt Holzproduktespeicher und Substitution
In Wäldern mit natürlicher Entwicklung finden keine Holzentnahmen statt, was zunächst zu einem Mehr­zuwachs der lebenden Biomasse und einem erhöh­ten Totholzspeicher im Vergleich zu einem genutz­ten Wald führt. Dafür gibt es keine C­-Speicherung in Holzprodukten und auch keine Vermeidung von Treibhausgasemissionen durch Material­ und Energie­substitution.
Die Nettoerhöhung des Holzproduktespeichers und die Materialsubstitution sind bei Buche generell eher gering, solange nicht eine deutlich erhöhte Ver­wendung von Buchenholz in Holzprodukten erreicht wird (s. o.). Deshalb ist es bei der Buche zurzeit vor allem die energetische Substitution, die dem Mehrzu­wachs der Biomasse bei Nutzungsverzicht gegenüber­gestellt werden muss. Da die energetischen Substituti­onsfaktoren unter 1 liegen (s. o.), d. h. für eine Tonne CO2 des verbrannten Holzes weniger als eine Tonne CO2­-Emissionen aus fossilen Brennstoffen vermieden werden, ist bei einer reinen energetischen Nutzung der Buche die Klimabilanz schlechter als bei Nutzungsver­zicht. Mit jedem Festmeter Buchenholz, der stofflich genutzt wird, verbessert sich dieses Verhältnis jedoch zugunsten des bewirtschafteten Waldes. Zudem ist der durchschnittliche, jährliche Gesamtzuwachs in bewirt­schafteten Buchenwäldern gleichbleibend bzw. sogar erhöht (Krug 2019), während bei Nutzungsverzicht über kurz oder lang der Vorratsaufbau zurückgeht (siehe Abb. 3) und sich irgendwann gleichbleibende C­-Vorräte einstellen (Nord-Larsen et al. 2019). Selbst bei rein energetischer Verwendung des Buchenholzes können sich dann bessere Klimaschutzbilanzen als bei Nutzungsverzicht ergeben.
Ein Effekt der Holznutzung, der in vergleichenden Klimabilanzen nicht unmittelbar quantifizierbar wer­den kann, ist der Beitrag zur Bioökonomie (Beitrag Torno, S. 141 bis 149 in diesem Band). Nur bei Nut­zung kann Buchenholz als nachwachsender Rohstoff in neuen Anwendungen, z. B. Bioraffinerien, zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen, die die erdölbasierte Wirtschaftsweise ablöst.

Resümee

Wie dargestellt, trägt die Buche generell zum Klima­schutz bei: Der Waldspeicher mit Biomasse, Totholz und Waldboden ist eine deutliche Kohlenstoffsenke und durch Energiesubstitution werden nennenswerte CO2­-Emissionen vermieden. Die Nettoerhöhung des Holzproduktespeichers und die Materialsubstitution sind bei der Buche zwar positiv, aber im Vergleich zum Nadelholz wegen des verhältnismäßigen hohen Energieholzanteils bisher eher gering.
Wenn es um die zukünftige Optimierung der Klima­schutzleistung geht, müssen alle genannten Aspekte für verschiedene Szenarien gemeinsam bilanziert werden. Es gibt solche vergleichende Studien für die Buche (Klein et al. 2013; Mund et al. 2015; Wördehoff et al. 2017), die eine höhere Klimaschutzleistung des Wirtschaftswaldes gegenüber einem Nutzungsver­zicht nachweisen.
Man kann über solche Studien wissenschaftlich strei­ten. Das betrifft die Datenquellen, die von Großraumin­venturen bis zu regionalen, nationalen oder internatio­nalen Einzelstudien reichen und eher generelle oder eher spezifische Aussagen erlauben. Zudem wird es je nach Kombination dieser Daten mit Annahmen zu Aus­gangssituation, Holznutzung und -­verwendung, Substi­tutionsfaktoren und den betrachteten Zeiträumen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen (Schulz und Weber-Blaschke 2021). Uns sind jedoch keine umfas­senden, vergleichenden Klimaschutzbilanzen bekannt, die einen eindeutigen, dauerhaften und generellen Kli­maschutzvorteil unbewirtschafteter (Buchen­)Wälder belegen. Daraus leiten wir ab, dass der Klimaschutz nicht als primärer Grund für einen Nutzungsverzicht angeführt werden kann. Umgekehrt darf Klimaschutz aber auch nicht als Argument gegen eine natürliche Entwicklung in Buchenwäldern benutzt werden, wenn dies naturschutzfachlich erforderlich ist.

Summary
Beech forests in Germany contribute to climate change mitigation by carbon sequestration in living biomass, forest soils and dead wood. Additionally fossil fuel emissions are avoided by prevalent Beech fuelwood use. Beech contributes less to climate change mitigation by prolonged carbon sequestration in wood products and concomitant material substitution effects. Optimal climate change mitigation strategies for Beech forests are controversial and depend on basic assumptions. Given the actual state of scientific knowledge there is little evidence for unmanaged forests to be the best permanent climate change mitigation option.

Literatur

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