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Wolfgang Falk, Eric Andreas Thurm, Tobias Mette, Oliver Schuster und Hans-Joachim Klemmt
Anbaurisiko-Karten für nichtheimische Baumarten – LWF aktuell 123

Modelle zur Unterstützung der Baumartenwahl im Klimawandel

Hitzesommer, Schädlingskalamitäten, absterbende Bäume – das Jahr 2018 mit seiner Rekordhitze und Trockenheit in weiten Teilen Bayerns haben noch alle in Erinnerung. Die sich daraus ergebenden Folgen für die Wälder werden immer augenfälliger. Wenn unsere heimischen Waldbäume unter Druck geraten, können die Wälder dann mit nichtheimischen, wärme- und trockentoleranten Baumarten angereichert und stabilisiert werden?

Die Frage ist nicht neu, stellt sich aber im Zeichen immer extremerer Witterungsbedingungen umso dringender. Schnell verfügbare Antworten, welche Baumarten eine sinnvolle Ergänzung wären, liefern derzeit vor allem Auswertungen (inter-)nationaler Inventurdatensätze. Durch diese Analysen liegen der Bayerischen Forstverwaltung ab diesem Sommer für neun nichtheimische Arten Anbaurisiko-Karten für die forstliche Beratung vor.

Karte von Bayern; rot, grün und gelbe Einfärbungen an bestimmten geopraphischen BesonderheitenZoombild vorhanden

Abb. 1: Anbaurisiko-Karte für Kiefer. (Grafik: LWF)

Anders als in anderen Disziplinen standen bei der Einbringung nichtheimischer Baumarten im forstlichen Bereich immer sehr konkrete Nutzungsansprüche im Vordergrund. So waren entweder bestimmte Holzeigenschaften oder auch die Steigerung der Leistung wichtige Gründe für den Anbau.

Schon die Römer haben die Edelkastanie nördlich der Alpen angebaut, da sie neben Kastanien unter anderem ihr verwitterungsbeständiges Holz als Rebstecken und Pfähle für den Weinbau nutzten (Lang 2007).

Die Anbauten von Douglasien und Roteichen im 19. Jahrhundert erfolgten in erster Linie aufgrund der erwarteten hohen Massenleistung.

Suche nach klimatoleranten Baumarten

Im Zuge des Klimawandels stehen für Bayern bei der Suche nach geeigneten nichtheimischen Baumarten drei Aspekte im Vordergrund:
  • Alternativen für Nadelbaumarten
  • Alternativen für die Esche
  • Alternativen für Baumarten für die allerwärmsten und trockensten Standorte in Nordwest-Bayern.
Im letzten Fall geht es nicht mehr primär um Holzproduktion oder Leistung, sondern teils um Walderhalt und die Sicherstellung der Waldfunktionen.

»Schnelle« Antworten nötig und durchaus möglich

Kiefern gegen den blauen HimmelZoombild vorhanden

Abb. 2: Geschädigte und abgestorbene Kiefern als Folge der Extremjahre 2015 und 2018. (Foto: S. Taeger)

Waldbauliche Handlungsempfehlungen für nichtheimische Arten an einem Standort zu geben, ist keinesfalls trivial. Wie komplex das Thema ist, kann zum Beispiel anhand der Geschichte des Douglasien- Anbaus gezeigt werden: Seit der ersten Einbringung um 1830 über die ersten Anbauversuche Ende des 19. Jahrhunderts hin zu Herkunftsversuchen ab der Mitte des 20. Jahrhunderts, gefolgt von Durchforstungsversuchen ab ca. 1980 bis zu aktuelleren Mischbestandsversuchen sind fast 200 Jahre vergangen (Abbildung 3). Diese Zeit steht uns in einem sich rasch vollziehenden Klimawandel nicht zur Verfügung.

Zeitnahe Aussagen werden benötigt, die Fehlversuche minimieren und Grundlagen für weitere klassische Versuche liefern und diese optimieren. Thurm et al. (2017) haben ein Konzept vorgestellt, wie Modellierungen genutzt werden können, um die Zeit für Aussagen zur Anbauwürdigkeit zu verringern. Artverbreitungsmodelle sind ein wichtiger Baustein davon.
Mit ihrer Hilfe lassen sich relativ schnell Aussagen zur klimatischen Anbaueignung aus Verbreitungs- bzw. Inventurdaten ableiten.

Neue Methode – Artverbreitungsmodelle

Zeitstrahl auf gelbem HintergrundZoombild vorhanden

Abb. 3: Zeitstrahl zum Anbau der Douglasie in Deutschland.(Quelle: verändert nach Thurm & Falk 2018, Grafik: LWF)

Artverbreitungsmodelle beschreiben den Zusammenhang von Artvorkommen und Umweltgrößen – meist Klima – am Standort als statistisches Modell. Dieser Zusammenhang kann dann genutzt werden, um Auswirkungen von Temperaturerhöhung oder veränderter Niederschlagsverteilung auf die Vorkommenswahrscheinlichkeit darzustellen. Somit können Vorhersagen für Klimaszenarien gemacht werden.

Erste Arbeiten zur Verbreitung von Baumarten mit Hilfe von Artverbreitungsmodellen gibt es aus den 1980er Jahren. Mittlerweile machen steigende Rechenkapazitäten und die zunehmende Offenheit, Inventurdaten auch international zu teilen, diesen Ansatz zunehmend attraktiver. Die Methode ist heute in der Wissenschaft fest etabliert.

In der Bayerischen Forstverwaltung wurde bereits im Zeitraum von 2009 bis 2012 in einem Projekt das Anbaurisiko für 21 Baumarten bestimmt und für die Beratung zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel als bayernweite Karten aufbereitet. Damals wurde lediglich die Douglasie als nichtheimische Baumart bearbeitet. Bei einer erneuten Nischenmodellierung nichtheimischer und seltener heimischer Baumarten (Projekt B76) im Zeitraum 2016–2018 wurden weitere Baumarten für das Bayerische Standortsinformationssystem BaSIS bearbeitet und als Anbaurisiko-Karten bereitgestellt.

In Summe liegen derzeit für 32 Baumarten Karten für die forstliche Beratung vor (Abbildungen 4 und 5), darunter – je nach Definition von heimisch – neun nichtheimische Baumarten (Douglasie, Japanische Lärche, Küstentanne, Schwarzkiefer, Edelkastanie, Robinie, Flaumeiche, Roteiche, Zerreiche). Zur Baumhasel wurde im Rahmen des genannten Projekts zusammen mit dem Bayerischen Amt für Waldgenetik eine Einschätzung auf einer wissenschaftlichen Tagung veröffentlicht (Šeho et al. 2018).

EU-weit einmaliger Datensatz

Nichtheimische Baumarten sind in Bayern selten und daher schwer zu modellieren. Um ihr Vorkommen zu analysieren, benötigt es einen ausreichend großen Datensatz, welcher den klimatischen Gradienten einer Baumart möglichst umfassend abdeckt. Landesinventuren oder gar Forsteinrichtungsdaten aus Deutschland und europäischen Nachbarländern sind hierfür als Datensatz geeignet, wodurch die Arten eine gewisse Häufigkeit erreichen.

Wichtig dabei ist, dass Vorkommen in Regionen zu finden sind, deren Klima grob mit den zukünftig erwarteten Bedingungen für Bayern übereinstimmen (sogenannte Analogklimate). Genau das ist im schon erwähnten Projekt zur Nischenmodellierung seltener heimischer und nichtheimischer Baumarten erfolgt: Inventur- und Forsteinrichtungsdaten wurden aus elf europäischen Nachbarländern zusammengetragen. Auch aus der Türkei wurden Daten bereitgestellt. Dieser Datensatz wurde um Daten aus einer Veröffentlichung zu europäischen Inventurdaten (Mauri et al. 2017) ergänzt, so dass der wohl vollständigste Datensatz zu den im Projekt bearbeiteten Arten entstanden ist, der derzeit europaweit verfügbar ist.

Berücksichtigung des Bodens

Da punktgenaue Bodendaten auf europäischer Ebene aktuell nicht verfügbar sind, konnten die Ansprüche an den Boden nicht allein aus den Vorkommensdaten einer Baumart abgeleitet werden. Sie wurden von Experten bewertet und die Meinungen dann zu einem Konsens zusammengeführt (Thurm & Falk 2019) und mit vorhandener Literatur abgeglichen. Diese Bewertungstabelle wurde dann bei der Erstellung der Anbaurisiko- Karten verwendet, um das klimatische Anbaurisiko zu überprägen, wenn das Anbaurisiko aufgrund von besonderen Bodenverhältnissen als höher bewertet wird (»Boden sticht Klima«). Eine Verbesserung durch den Boden gibt es nicht – der Faktor, der am stärksten limitiert, gibt den Ausschlag.

Ergebnisse für Bayern

Bayernkarte mit roten, gelben und grünen TeilenZoombild vorhanden

Abb. 4: Exemplarische Darstellung des Anbaurisikos (ABR) der Roteiche (Quercus rubra) für die zwei Zeiträume 1971–2000 (links) und 2071–2100 (rechts). (Grafik: LWF)

Baumarten, die derzeit bayernweit ein sehr geringes Anbaurisiko haben, sind Douglasie, Küstentanne, Robinie und Roteiche (Abbildung 4). Für die letzten beiden sind auch die Zukunftsaussichten bis zzum Ende des Jahrhunderts bei einer angenommenen Erwärmung von circa 1,5 °C gegenüber der mittleren Jahrestemperatur von 1971–2000 sehr gut.

Douglasie und Küstentanne weisen zukünftig ein differenziertes Anbaurisiko auf: Sommerwarme Niederungen haben ein erhöhtes Anbaurisiko (Untermainebene, Fränkische Platte, Keuperabdachung, Oberpfälzer Jurarand und Donauniederung). Das Anbaurisiko sinkt dort, wo es bisher eine klimatisch bedingte Höhengrenze gab, da sich diese kältelimitierte Grenze nach oben verschiebt.
Das klimatische Anbaurisiko der Schwarzkiefer hingegen wird in Gebieten mit höheren Temperaturen (tiefere Lagen) mit geringem Risiko bewertet. Deutlich sind die sehr hohen Risiken in den Höhenlagen aller Mittelgebirge und der Alpen. Bei einer moderaten Erwärmung bis 2100 entspricht das künftige Klima der derzeitigen Schwarzkiefernverbreitung, wodurch das Anbaurisiko flächig als gering bis sehr gering eingestuft wird.

Die Japanische Lärche wird nach den Modellen derzeit vor allem in den Wuchsgebieten Spessart-Odenwald, Rhön (außer Hochlagen), höhere Lagen der Fränkischen Platte, Frankenalb, Oberpfälzer Jura, dem Mittelschwäbischen und Oberbayerischen Tertiärhügelland sowie dem Vorallgäu mit geringem Anbaurisiko bewertet. Bei einer Temperaturerhöhung würden sämtliche warmen Niederungen (Untermain, Fränkische Platte, Keuper, Donauniederungen) negativ, die übrigen Regionen Bayerns als positiv bewertet. Die Flaumeiche zeigt in der Gegenwart fast das umgekehrte Muster zur Karte der Japanischen Lärche in der Zukunft: Alle warmen Niederungen haben ein relativ geringes Anbaurisiko, ansonsten sind die Temperaturen für diese Art noch zu niedrig und ganz Bayern sieht »rot« aus. Lediglich das sehr kleine Wuchsgebiet Untermainebene ist jetzt schon für die Flaumeiche geeignet. Künftig verbessert sich die Anbaueignung für diese Art deutlich. Nur noch kühle Hochlagen bleiben ungeeignet.

Besser als die Flaumeiche wird die Zerreiche bewertet. Sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft sehen die Modelle deutlich geringere Anbaurisiken in Bayern. Für 1971–2000 ist in den sommerwarmen Niederungen über ganz Bayern ein geringes Anbaurisiko modelliert, für die Periode 2071–2100 sind nur noch die Hochlagen des Frankenwaldes, des Fichtelgebirges, des Bayerischen Waldes und der Alpen risikobehaftet.

Das Anbaurisiko für die Edelkastanie zeigt gegenwärtig für Bayern ein differenziertes Bild: Neben einem gewissen Temperatur- und Niederschlagsanspruch Niederschlagslimitiert die Edelkastanie vor allem die Ausschlussregel »Freier Kalk im Oberboden«. Gebiete mit geringem Anbaurisiko sind auch bei der Edelkastanie die wärmegetönten Tieflagen (Untermainebene etc.). Die Einschätzung für eine wärmere Zukunft sieht allerdings sehr positiv für Bayern aus: Flächendeckend geringes Anbaurisiko mit Ausnahme der Standorte, die Kalk im Oberboden haben (Jurabogen, Schotterebene und Kalkalpen). Hochlagen der Rhön, des Fichtelgebirges, des Bayerischen Waldes und der Alpen bleiben weiterhin klimatisch ausgeschlossen.

Grenzen der Aussagen

Im Vergleich zu vielen derzeitig in BaSIS abgebildeten heimischen Baumarten (z. B. Fichte, Kiefer, Lärche) zeigen die meisten im Projekt »Nischenmodellierung« untersuchten Baumarten zukünftig ein relativ niedriges Anbaurisiko. Das liegt vor allem daran, dass die Baumarten ihren Verbreitungsschwerpunkt in südlicheren Ländern haben und im Zuge des Klimawandels zunehmend auch in Bayern günstige Anbaubedingungen vorfinden (Thurm et al. 2018).

Spätfrost und Kontinentalität

Dennoch wird der Klimawandel keine einfache Verschiebung von Süd nach Nord sein. Auch wenn in Zukunft die Spätfrostgefahr wahrscheinlich abnehmen wird, wird es sie weiterhin geben (KLIWA 2006). Eingeführte Baumarten müssen mit diesem Risiko ebenfalls zurechtkommen bzw. daran angepasst sein. Es besteht daher die Frage, inwieweit die verwendeten Klimaszenarien (im Fall von BaSIS eine geringe Erwärmung) und die angewandten Artverbreitungsmodelle diese Zusammenhänge berücksichtigen können. Wir haben versucht, der auch weiterhin vorhandenen Spätfrostgefahr dahingehend Rechnung zu tragen, dass wir die Klimavariable »Kontinentalität « verwendet haben. Die Spätfrostresistenz von Baumarten ist mit dieser Variable hoch korreliert (Muffler et al. 2016). Des Weiteren ist die Kontinentalität im Gegensatz zu anderen Klimavariablen im Klimawandel verhältnismäßig konstant. Dadurch sind die Anbaurisiko-Karten von einer Größe beeinflusst, die die Spätfrostresistenz abbildet.

Klima und Boden und – »Herkunft«

Tabelle mit bunten FeldernZoombild vorhanden

Abb. 5: Exemplarischer »Durchstich« aus dem Bayerischen Standortinformationssystem (Grafik: LWF)

Das Anbaurisiko beantwortet die Frage nach der standörtlichen Anbaueignung bayernweit und standortsensitiv. Es berücksichtigt sowohl das Klima, meist in Form von drei bis vier Variablen wie Wintertemperatur, Sommertemperatur und Sommerniederschläge sowie Kontinentalität, als auch den Boden und damit besondere Standortfaktoren in Form von Ausschlussregeln. Janßen et al. (2019) kategorisieren nichtheimische Baumarten bezüglich Anbaumöglichkeiten in Bayern unter anderem danach, ob Aussagen zur standörtlichen Eignung ableitbar sind.

Sind Anbaurisiko-Karten vorhanden, ist das klar zu bejahen. Darüber hinaus sind aber noch zahlreiche weitere Aspekte in die Kategorisierung eingeflossen, die über die Aussagen der Anbaurisiko-Karten hinausgehen. Unter anderem kann die Frage nach der richtigen Herkunft und dem waldbaulichen Umgang mit nichtheimischen Arten in Mischung mit unseren heimischen Arten nur bedingt von Artverbreitungsmodellen beantwortet werden. Diesen Fragen widmen sich zahlreiche Forschungsprojekte, insbesondere Anbau- und Herkunftsversuche.

Für die in BaSIS als Anbaurisiko-Karten enthaltenen nichtheimischen Arten gilt bezüglich Herkunftsempfehlungen: Mit Ausnahme von Flaum- und Zerreiche sind Herkunftsgebiete für Bayern definiert. Allerdings wurde bisher nur für die Douglasie eine Differenzierung für Bayern vorgenommen. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) hat im Sommer 2019 eine Praxishilfe herausgegeben, die die Ökologie, Natur- und Waldschutzaspekte, Leistung, Holzeigenschaften und waldbauliche Informationen in Form von Steckbriefen für 16 der 32 Baumarten in BaSIS beschreibt. In einem aktuellen Folgeprojekt werden die noch ausstehenden 16 Baumarten (inklusive der nichtheimischen) ergänzt. Die erweiterte Praxishilfe »Klima – Boden – Baumartenwahl« wird in der zweiten Jahreshälfte 2020 den Forstpraktikern zur Verfügung stehen.

Die Aussagen bezüglich der Intensität des Klimawandels sind derzeit auch dadurch begrenzt, dass wir aus Gründen der Darstellbarkeit nur eine mögliche klimatische Zukunft nutzen, die eher am politischen Zwei-Grad-Ziel orientiert ist. Die Bandbreite der möglichen künftigen Temperaturen und Niederschlagsänderungen, insbesondere die wesentlich wärmeren Szenarien, werden in wissenschaftlichen Veröffentlichungen (Falk & Hempelmann 2013; Mellert et al. 2015; Thurm et al. 2018) abgebildet, derzeit aber nicht im Beratungssystem. Eine technische und inhaltliche Weiterentwicklung des Bayerischen Standortinformationssystems BaSIS soll diese Restriktion grundlegend beheben.

Für die Privatwaldberatung gilt: Die Einschätzung des Anbaurisikos nichtheimischer Baumarten soll die konkrete Einschätzung der Situation vor Ort durch den Beratungsförster unter Berücksichtigung und Kombination aller vorliegenden Einflussfaktoren (Wild, Waldbesitzer, Waldbau) unterstützen – keineswegs ersetzen.

Chancen und Risiken

Weiß-grünes BuchcoverZoombild vorhanden

Abb. 6: Die 2019 von der LWF herausgegebene Broschüre »Klima-Boden-Baumartenwahl« beschreibt für 16 Baumarten die wichtigsten Punkte für die richtige Baumartenwahl. (Grafik: LWF)

Die behutsame Einbringung der Douglasie in heimische Wälder hat sich aus heutiger Sicht als Glücksgriff herausgestellt. Selbst diese Baumart hatte aber mit Rückschlägen zu kämpfen (z. B. Douglasienschütte an den Inlandsherkünften). Die Hoffnung besteht, dass sich im Portfolio der als Anbaurisiko-Karten neu implementieren Baumarten ähnliche Kandidaten befinden. Dennoch muss betont werden, dass jeder Baumart nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung stehen. Diese Ressourcen werden beispielsweise vermehrt in die Konkurrenzfähigkeit um Licht (Höhenwachstum) oder in Resistenz von Trockenstress (z. B. Ausbildung kleiner, ledriger Blätter) investiert. Insofern kann nicht von einem »Super-Baum« ausgegangen werden, der alle Wünsche erfüllt. Ein tendenziell günstiges Verhältnis aus Leistung und künftiger Anbaufläche in Europa – und damit niedrigem klimatischen Anbaurisiko – zeigen die nichtheimischen Baumarten Robinie, Rot- und Zerreiche, gefolgt von Schwarzkiefer und Edelkastanie (Thurm et al. 2018).

Neben den Chancen auf gute Zuwächse (erfolgreiche Holzproduktion) können nichtheimische Arten zu einer Stabilisierung von Beständen und damit des Ökosystems Wald führen und die Biodiversität in unseren Wäldern erhöhen. Auch das stärkt die ökonomische und ökologische Seite der Forstwirtschaft. Der Anbau nichtheimischer Arten wird besonders dort wichtig sein, wo bedingt durch Klimawandel oder Waldschutzprobleme heimische Arten im größeren Stil ausfallen.

Es bleibt aber immer auch ein ökologisches »Restrisiko« zum Beispiel in Form von Waldschutzproblemen (Stroben-Blasenrost, Douglasienschütte, Diplodia-Triebsterben bei der Schwarzkiefer) oder nicht absehbaren Invasivitätsentwicklungen. Und selbst bei »alten Bekannten« sind wir nicht vor Überraschungen gefeit: Die Douglasie hat auf machen Standorten Probleme mit einer schwachen Wurzelausbildung im Unter- bzw. Voranbau bei hohen Pflanzdichten oder hohem Überschirmungsgrad (Briggs et al. 2012; Kuehne et al. 2015). Auf speziellen Standorten zeigt sich ein Phänomen, das als Mangan- Toxizität beschrieben wird (Block et al. 2016; bei Untersuchungen in Rheinland- Pfalz: manganreiche Lösslehme, Schichtlehme, eutrophe Tonschiefer und Standorte des Rotliegenden). Diesem Restrisiko kann nur dadurch begegnet werden, dass nichtheimische Baumarten immer nur in Mischung mit heimischen Arten angebaut werden sollten. Waldbauliche Praktiken und Herkunftsgebiete können – sofern es noch keine besseren Untersuchungen gibt – aus klimatisch analogen Gebieten abgeleitet werden (vgl. Thurm et al. 2017).

Es gilt beim Anbau nichtheimischer Arten Chancen und Risiken abzuwägen, auf Erfahrungen aufzubauen, aber auch eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. Schnelle und umsetzbare Aussagen lassen sich derzeit vor allem mit den hier vorgestellten oder vergleichbaren Methoden ableiten. Gleichzeitig müssen klassische Anbauversuche angelegt oder neu ausgewertet (Chakraborty et al. 2015; Fréjaville et al. 2019) und mit weiteren Modellierungen begleitet werden, um Aussagen an den Klimawandel anzupassen und mit dem hohen Tempo der Erwärmung Schritt halten zu können.

Zusammenfassung

Im Bayerischen Standortsinformationssystem BaSIS liegen Anbaurisiko-Karten zu 32 Baumarten vor. Darunter sind neun nichtheimische Arten. Die Karten beruhen auf der Beziehung von Vorkommen und Standort, insbesondere Klima. Der Boden wird in Form von starren Bewertungsregeln mit eingebunden. Die Methode erlaubt einen vorsichtigen Blick in eine wärmere Zukunft und ist daher ein schon derzeit vorliegender Baustein für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Karten liegen für die nichtheimischen Baumarten Douglasie, Edelkastanie, Flaumeiche, Japanische Lärche, Küstentanne, Robinie, Roteiche, Schwarzkiefer und Zerreiche vor.

Die Einschätzungen für die Zukunft sind tendenziell positiv. Ein günstiges Verhältnis im Hinblick auf Leistung und Anbaurisiko zeigen die Arten Robinie, Rot- und Zerreiche, gefolgt von Schwarzkiefer und Edelkastanie. Die Methode hat Grenzen unter anderem in Bezug auf Aussagen zu Herkünften. Beim Anbau von nichtheimischen Arten müssen Chancen und Risiken abgewogen werden. Risiken können durch Anbau in Mischung mit heimischen Arten reduziert werden. Die Anbaurisiko- Karten unterstützen die konkrete Einschätzung der Situation vor Ort durch den Beratungsförster unter Berücksichtigung und Kombination aller vorliegender Einflussfaktoren (Wild, Waldbesitzer, Waldbau).

Projekt

Das Projekt B 76 »Nischenmodelle – Seltene heimische Baumarten und nichtheimische Baumarten im Klimawandel« wurde vom 1.9.2016 bis 30.11.2018 an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft unter der Leitung von Wolfgang Falk und der Bearbeitung durch Dr. Eric Thurm durchgeführt. Das Projekt wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanziert.

www.lwf.bayern.de/boden-klima/baumartenwahl/144538/index.php

Literatur

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Literatur (Fortsetzung)
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  • de Wall, K.; Dreher, G.; Spellmann, H.; Pretzsch, H. (1998): Struktur und Dynamik von Buchen-Douglasien-Mischbeständen. Forstarchiv 69 (5), S. 179–191

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