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Schwarzwild

Wildschweine führen, weil in den Dämmerungs- und Nachtstunden unterwegs, ein eher heimliches Leben. Dennoch sind sie in den vergangenen Jahren massiv ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt.

Schwarzwildrotte (Foto: zolastro/fotolia.com)

Foto: zolastro/fotolia.com

Ihr großes Dilemma: Sie sind sehr lern- und anpassungsfähig, vermehren sich unter den gegebenen Bedingungen hervorragend und finden sich in unterschiedliche Lebensräume zurecht. Das Zusammenleben mit den Menschen in der bayerischen Kulturlandschaft wird dadurch nicht einfacher.

Viele Ursachen sind für diesen Populations-Boom der borstigen Allesfresser in Bayern verantwortlich. Eine wichtige Daueraufgabe besteht darin, die Schwarzwildpopulation nachhaltig auf ein akzeptables Niveau zu regulieren. Alle Verantwortlichen sind sich einig: Ein konfliktfreies Zusammenleben ist angenehmer.

Wildschweine sind faszinierende, lern- und anpassungsfähige Wildtiere.

Unter günstigen Lebensbedingungen können sich Wildschweine rasant vermehren.

Fraß- und Wühlschäden machen der Land- und Forstwirtschaft zu schaffen.

Das Risiko des Ausbruchs von Tierseuchen (ASP, KSP, AK) ist derzeit hoch.

Verkehrsunfälle mit Wildschweinbeteiligung gefährden Leib und Leben.

Wildschweine im Siedlungsraum des Menschen verbreiten Angst und Schrecken.

Hohe Schwarzwildbestände können Naturschutzziele massiv beeinträchtigen.

  • Wissenschaftlicher Name: Sus scrofa
  • Gewicht: Selten über 120kg
  • Größe: Schulterhöhe bis 60-95cm
  • Kopf-Rumpf-Länge: 90-140cm
  • Alter: Individuum bis zu 20 Jahre, Durchschnittsalter in bejagten Populationen selten über 2,5 Jahre
  • Geschlechterunterschied: Bei erwachsenen Tieren Bachen kleiner als Keiler
  • Anzahl der Jungen: Je nach Alter des Muttertieres 1-10

Keiler im Schnee (Foto: Wolfgang Kruck/fotolia.com)

Foto: Wolfgang Kruck/fotolia.com

Von der Seite wirken Wildschweine massig, von vorne betrachtet eher schmal. Auffällig ist der keilförmige, gedrungene Körper auf kurzen Beinen, der sich hervorragend zum Durchdringen dichten Buschwerks eignet. Bemerkenswert sind auch der Rüssel mit der beweglichen und mit Tasthaaren ausgestatteten Nasenscheibe. Er ist ein leistungsfähiges Such- und Wühlwerkzeug. Die Augen sind klein und sitzen tief.

Wenngleich Wildschweine plump wirken, sind sie doch auf kurze Strecken schnell. Sie können ausdauernd laufen, sogar Hindernisse überspringen und durch Gewässer schwimmen. Während das Haarkleid im Sommer nur kurze Borsten aufweist, werden diese im Winter gut 10-20cm lang. Eine dichte Unterwolle schützt vor Kälte.

Die Fellfarbe variiert von graubraun bis fast schwarz. Jungtiere tragen in den ersten drei bis vier Monaten nach der Geburt ein typisch gelbbraun längsgestreiftes Jugendkleid, das eine optimale Tarnung darstellt. Das im Verlauf des ersten Lebensjahres rötlichbraune Haarkleid wird allmählich durch das Erwachsenhaarkleid ersetzt.

Für das Schwarzwild werden unter den Jägern unter anderem folgende Begriffe verwendet:

  • Teller: Ohren
  • Gebrech: Maul
  • Gebräch: aufgewühlter Boden
  • Malbaum: Baum an dem sich Wildschweine nach einem Schlammbad scheuern
  • Frischen: Gebären der Jungen (Frischlinge)
  • Federn: Borsten entlang der Rückenlinie im Winterhaarkleid
  • Sauen: Wildschweine
  • Rotte: mehrere Wildschweine
  • Schwarte: Fell/Haut
  • Rauschzeit: Paarungszeit der Tiere
  • Wurfkessel: Nestartiges Gebilde, in dem die Frischlinge geboren werden
  • Gewehre: Eckzähne des Keilers im Unterkiefer
  • Haderer: Eckzähne des Keilers im Oberkiefer

Mehr als nur Grunzen

Schwarzwildrotte im Schnee

Foto: byrdyak/fotolia.com

"Wer reden kann, muss auch zuhören können." Wildschweine können sehr gut hören, sich aber auch akustisch gut bemerkbar machen. Die gut entwickelte akustische Kommunikation ist für ein Säugetier, das vorwiegend in der Dämmerung und Nacht aktiv ist, nicht ungewöhnlich.
Die Sprache der Wildschweine enthält viele Laute mit ganz unterschiedlicher Bedeutung.
Hören Sie unter dem folgenden Link, wie sich Wildschweine innerhalb eines Familienverbandes, einer Rotte, unterhalten:

Schwarzwildlaute (Autor: Tembrock, Günter / Tierstimmenarchiv Berlin) 389 KB

Waldbewohner mit Vorlieben für Feldfrüchte

Schwarzwildrotte (Foto: byrdyak/fotolia.com)Zoombild vorhanden

Foto: byrdyak/fotolia.com

Grundsätzlich gelten Wildschweine als ausgesprochene Waldbewohner, sie nutzen besonders aber während der Vegetationszeit (Frühjahr-Herbst) das üppige Nahrungsangebot in der Feldflur. Getreide, insbesondere Mais, aber auch Rapsäcker, Wiesen und Weiden werden gerne besucht. Dort gibt es attraktive Nahrung und Deckung.

Schwarzwild allerorten

Wildschwein (Foto: natureimmortal/fotolia.com)Zoombild vorhanden

Foto: natureimmortal/fotolia.com

Das Vorkommen der Wildschweine reicht von Portugal über das nördliche Afrika, Zentral- und Osteuropa, Indien und Japan bis nach Südostasien. Ursprünglich nicht in Nord- und Südamerika verbreitet, haben sich aber auch dort durch gezielte Aussetzung oder die Verwilderung von Hausschweinen Bestände begründet.

Die weltumspannende Erfolgsgeschichte hat viele Ursachen. Maßgebliche Voraussetzungen sind die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Lebensräume und Nahrungsbedingungen, das große Fortpflanzungspotential und die soziale Lebensweise, die den Wildschweinen viele Vorteile bieten.

Kein "Start-up"-Unternehmen, aber schon lange erfolgreich

Die Erfolgsgeschichte reicht bis mindestens ins Oligozän, eine erdgeschichtliche Epoche vor 25 Millionen Jahre zurück. Seit Urzeiten gehören Wildschweine auch zur Fauna in Bayern. In vielen Gebieten und entwicklungsgeschichtlichen Zeiträumen kamen Menschen und Wildschweine gemeinsam vor. Die gemeinsame Geschichte von Mensch und Wildschwein ist sehr wechselvoll.

Menschen und Wildschweine - eine wechselvolle Beziehung

Wildschweine waren für den steinzeitlichen Jäger Jagdbeute. Vor rund 10.000 Jahren wurden Wildschweine als eines der ersten Wildtiere domestiziert. Ackerbauern hielten sie in Gefangenschaft. Die Ausbreitung des Ackerbaus und die Abholzungen der Wälder in der Neuzeit dürften das Zusammenleben zwischen Mensch und Wildschwein schwieriger gemacht haben.

Schwarzwild wurde wegen seiner Vorliebe für die angebauten Feldfrüchte massiv verfolgt. Im 18. und 19. Jahrhundert waren viele Regionen in Mitteleuropa wildschweinfrei, mit Ausnahme der "Sauparke" und "Thiergärten" der Adligen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts beginnt die Rückkehr des Schwarzwildes.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich die Wildschweine in ganz Europa wieder erholt. In der jüngsten Vergangenheit wird aber immer öfter sogar von einer "Sauenexplosion" gesprochen, um deutlich zu machen, wie stark sich die Bestände vermehrt haben.

Vielfältiger Speiseplan

Zwei brechende Wildschweine (Foto: simank/fotolia.com)Zoombild vorhanden

simank/fotolia.com

Wer so unterschiedliche Lebensräume wie das Wildschwein besiedeln kann, darf bei der Ernährung nicht sehr wählerisch sein. Sauen sind die einzigen Allesfresser unter den in Bayern heimischen Schalenwildarten. Ihr Speiseplan ist sehr vielfältig.

Sie fressen nahezu alles, was ihnen vor den Rüssel kommt: Eicheln, Bucheckern, Kastanien, Obst, Pilze, Gras, Knollen, Wurzeln, Feldfrüchte auf landwirtschaftlichen Flächen und natürlich tierisches wie Regenwürmer, Insekten, Schnecken, Mäuse, Amphibien, Vogelgelege und Aas. Nahrungsanalysen zeigen, dass sich Schwarzwild überwiegend vegetarisch ernährt.

Nahrungssuche und Fraß hinterlassen Spuren

Ihre wühlende Suche nach Nahrung im Boden von landwirtschaftlichen genutzten Acker- und Wiesenflächen verursacht teilweise erhebliche Schäden. Wenn Wildschweine so zahlreich vorkommen wie derzeit, entstehen Schäden auch im Wald, zum Beispiel wenn Buchen oder Eichenpflanzungen ausgegraben oder abgebissen, Eichelsaaten aufgefressen oder Kulturzäune zerstört werden. Aus Sicht des Naturschutzes ist die Bewertung des Schwarzwildwühlens nicht ganz einfach. Einerseits fördert die Bodenverwundung bestimmte Tier und Pflanzenarten, andererseits können Naturschutzziele durch das wiederkehrende Wühlen und das oft auch selektive Fressen bestimmter Arten gefährdet werden.

Mais nicht nur direkt von den Feldern

Um Wildschweine anzulocken und sie leichter erlegen zu können, bringen Jäger geringe Futtermengen (meist Mais) an sogenannten "Kirrungen" aus. Auch wenn es in einem Jahr mal wenig Eicheln und Bucheckern gibt, dürfte der Tisch für die Wildschweine vielerorts reich gedeckt sein. Außerdem wird mancherorts versucht, Wildschweine durch Futtergaben im Wald von schadensgefährdeten landwirtschaftlichen Flächen abzuhalten. An solchen Ablenkfütterungen darf dann aber nicht gleichzeitig gejagt werden. Über die Auswirkungen dieser Futtergaben auf die Bestandsentwicklung und die Raumnutzung der Wildschweine wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert.

Gutes Futter gibt’s auch in Städten

Grundsätzlich begünstigen die Klimaerwärmung und die allerorten für Wildschweine leicht verfügbare Nahrung die Entwicklung der Bestände. Dies gilt auch für die Nahrung, die Wildschweine im Siedlungsraum der Städte finden. Wenn sie dann noch merken, dass es ihnen in den befriedeten Flächen der Städte nicht an die Schwarte geht, weil dort nicht gejagt werden darf, bleiben sie mitunter sogar im Siedlungsraum. Dies geht dann aber bei einem so großen Wildtier wie dem Wildschwein meistens nicht ohne größere Konflikte
Frischlinge (Foto: Photohunter/fotolia.com)Zoombild vorhanden

Foto: Photohunter/fotolia.com

Schwarzwild kann sich zu jeder Jahreszeit fortpflanzen.
Dies ist nicht erst ein Phänomen der Neuzeit. Über diese Anpassungsfähigkeit an sich wechselnde Umweltbedingungen verfügt das Wildschwein schon immer. Daher ist es schwierig exakte Paarungs-, Trag-, Setz- und Säugezeiträume zu nennen.

Die Paarungszeit liegt überwiegend in den Monaten Oktober bis Dezember. Nach einer Tragzeit von durchschnittlich 115 Tagen fallen die meisten Geburten in die Monate Februar, März, April und Mai. Die Säugezeit dauert beim Wildschwein ca. drei bis vier Monate.

Aus dem Fortpflanzungsgeschehen ergibt sich eine besonders günstige Bejagungszeit in den Monaten Oktober bis Februar. In diesen Herbst- und Wintermonaten kann durch die Bejagung aller Altersklassen eine nachhaltige Regulation der Schwarzwildbestände am besten erfolgen. Dies auch deshalb, weil in der Zeit die Bachen gut bejagt werden können, da die Frischlinge in der Regel abgesäugt sind.

Regulierung des Schwarzwildes als Daueraufgabe

Wildwechsel in Jungbestand (Foto: Christof Janko)Zoombild vorhanden

Wechsel - eine Straße fürs Wild
(Foto: Christof Janko)

Schwarzwild hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark vermehrt und bayernweit ausgebreitet. Vermutlich ist diese Entwicklung noch nicht beendet. Daher wird die Schwarzwildregulation eine Daueraufgabe bleiben.

Verkehrsunfälle, Tierseuchen wie die Schweinpest oder die Schäden in der Kulturlandschaft sowie das Vordringen in die Städte sind Probleme, die uns alle betreffen, nicht nur den Jäger in seinem Revier oder die Landwirte und Waldbesitzer. Der Blick über den Tellerrand ist für alle Beteiligten wichtig.

Entscheidend ist aber der Wille, bestehende Probleme gemeinsam lösen zu wollen. Dabei ist die Bejagung der Schlüssel zu einer erfolgreichen Regulation. Die Anpassungsfähigkeit und die Nachtaktivität der Wildschweine sind nur zwei Beispiele, die verdeutlichen, warum die Schwarzwildbejagung gar nicht so einfach ist.

Expertenwissen rund um die Wildschweine

Keiler auf Wiese (Foto: natureimmortal/fotolia.com)
Es ist nicht möglich alles Wissen über das Schwarzwild auf dieser Homepage zusammenzustellen. Umfangreiche Fachliteratur ist zu der Wildart vorhanden. Dennoch sind nachfolgend wichtige Teilaspekte für die Fachleute aufbereitet. Vielleicht ist auch ein Themenfeld dabei, in dem Sie ihr Fachwissen erweitern können.

Foto: natureimmortal/fotolia.com