LWF Wissen 86
Die Rotbuche und deren Bewirtschaftung im bayerischen Staatswald

Zusammenfassung: Die Rotbuche, oft auch als die »Mutter des Waldes« bezeichnet, spielt in Europa und damit auch bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) eine zentrale Rolle im Rahmen des Waldumbaus hin zu klimaresilienten Wäldern. Seit Gründung der BaySF im Jahr 2005 nimmt der Anteil der Buchen und damit der Buchenwälder zu, sie werden älter, erreichen stärkere Dimensionen und werden vorratsreicher. Des Weiteren lässt sich auf Basis der regelmäßigen Forsteinrichtung feststellen, dass der Totholzanteil im Staatswald kontinuierlich zunimmt. Das bewusste Belassen und auch aktive Schaffen von Totholz dienen der Mehrung an Lebensraum für Pilze, Tiere und Pflanzen und damit der Steigerung der Biodiversität.

Vorkommen und Bedeutung der Rotbuche im bayerischen Staatswald

Mit einem Flächenanteil von knapp 19 % bzw. rd. 135.300 Hektar und einem Vorratsanteil von knapp 19 % bzw. rd. 38,1 Mio. Erntefestmeter ohne Rinde (Efm) ist die Rotbuche die bedeutendste Laubbaumart in den Wäldern der Bayerischen Staatsforsten (BaySF). Sie kommt dabei in fast allen Naturräumen Bayerns vor (Abb. 1). Schwerpunkte ihrer Verbreitung sind die Wuchsgebiete Spessart, Steigerwald und Rhön, sowie große Teile des Juras. Auch im Gebirge und Voralpenland ist sie häufig am Bestandsaufbau der Wälder beteiligt.

Bayernkarte den Buchenanteil am Staatsforst in Prozent

Abb. 1: Vorkommen der Rotbuche bei den Bayerischen Staatsforsten in der Oberschicht (Prozentual je Distrikt mit Stand 2021) (© Dr. K. Müller, BaySF)

Sowohl in Bezug auf die Fläche als auch auf den Vorrat hat die Buche im bayerischen Staatswald in den letzten zehn Jahren stetig zugenommen. Die Fläche stieg von rd. 123.000 Hektar auf rd. 135.000 Hektar an, der Vorrat hat sich in der Zeitspanne von 2011 bis 2021 um ca. 3,4 Mio. Efm erhöht (Abb. 2). Einen wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hat der konsequente Waldumbau in den bayerischen Staatswäldern, sowie die naturschutzfachliche Berücksichtigung der Buche bei der naturnahen Waldbewirtschaftung. Der Vorratsanstieg ist v. a. in den stärkeren Durchmesserklassen zu beobachten (s. u., Abb. 7).

Diagramm zeigt einen Zuwachstrend der Buche im Staatsforst in den letzten 10 Jahren

Abb. 2: Entwicklung von Vorrat und Fläche der Buche von 2011 bis 2021 (© LWF)

Bewirtschaftung von Buchen- und Buchenmischbeständen im bayerischen Staatswald

Auch in der Verjüngung spielt die Buche eine wichtige Rolle. Es werden jährlich rund 7.000 bis 8.000 Hektar nadelholzgeprägte Bestände durch Pflanzung, Saat oder Naturverjüngung, in gemischte, stabile Zukunftswälder umgebaut. Hier hat die Buche einen bedeuten Anteil. Allein in den Endnutzungsbeständen ist im letzten Jahrzehnt die Fläche mit Buchenverjüngung unter dem Schirm des Altholzes von rund 30.000 Hek­tar auf rund 39.000 Hektar angestiegen.
Mischwälder, wichtiger denn je
In Anbetracht des immer rascher voranschreitenden Klimawandels ist das zentrale Leitbild der Erhaltung und Schaffung standortgemäßer, stabiler, gemischter und klimaangepasster Wälder wichtiger denn je. Vor dem Hintergrund der Konkurrenzkraft der Buche auf sehr vielen Standorten in Bayern gilt es, den richtigen Weg zu finden, um Mischung und Struktur zu erhalten bzw. zu etablieren. Nicht zum Ziel führen gleichmäßige Auflichtungen – z. B. im Rahmen eines Schirmschlags – über die ganze Bestandesfläche hinweg und dar­aus resultierende flächige, einschichtige Buchenver­jüngungen. Vielmehr sollen mischbaumartenreiche, strukturierte und ungleichaltrige Wälder über lange Verjüngungsphasen entstehen, die optimalerweise in dauerwaldartige Waldaufbauformen münden. Die Be­wirtschaftung der Buchenbestände soll ihrer hohen na­turschutzfachlichen Bedeutung Rechnung tragen, den Ansprüchen der Gesellschaft (z. B. Erholung) gerecht werden und der Erzeugung des wertgeschätzten erneuerbaren Rohstoffs Holz dienen.
Grundsätze zur Bewirtschaftung von Buchen- und Buchenmischbeständen
Die aktuell gültigen Grundsätze zur Bewirtschaftung von Buchen­ und Buchenmischbeständen wurden 2011 bei den Bayerischen Staatsforsten etabliert und werden mittlerweile seit 10 Jahren auf der Fläche umgesetzt.

Das Behandlungskonzept ist so angelegt, dass es sowohl auf Rein­ als auch auf Mischbestände ange­wendet werden kann. Dabei erfolgt eine Differenzie­rung in bessere und ertragsschwächere Standorte. Die nachfolgenden Kennwerte beziehen sich auf das Grundkonzept, welches das Wachstum der Buche auf besseren Standorten abbildet.

Die bestehenden Waldbestände, oftmals aus al­tersklassenweiser Bewirtschaftung entstanden, lassen sich in folgende Maßnahmenkategorien (Nutzungsar­ten) unterteilen (vgl. Übersicht in Abb. 3)

Tabellarische Darstellung der Buchenbehandlungsgrundsätze im Buchenwald

Abb. 3: Übersichtsschema der Pflege- und Verjüngungsgrundsätze bei Buche auf besseren Standorten (© LWF)

Jungbestandspflege (Oberhöhenbereich bis ca. 12 m):
Mögliche Maßnahmen:
• Mischwuchsregulierung
• Prüfung und ggf. Sicherung der Kandidaten
• Ggf. Astung von Mischbaumarten

In dieser Phase gilt der Grundsatz »Dickung muss Di­ckung bleiben«. Oberste Priorität hat die Sicherung von Mischbaumarten. Eine systematische Negativauslese findet nicht statt. Nur in Ausnahmefällen werden stark vorwüchsige Grobformen entnommen, wenn diese die weitere Entwicklung von Kandidaten gefährden.

Ziel in der Jungbestandspflege: Am Ende der Jung­bestandspflege ist eine ausreichende Anzahl (ca. 150 Bäume/ha) an gut geformten, wipfelschäftigen und gesunden Kandidaten in entsprechender räumlicher Verteilung vorhanden. Erwünschte Mischbaumarten sind ausreichend beteiligt und der Dickungsschluss ist gewahrt. Zu frühe und zu starke Pflegeeingriffe, die zur Unterbrechung des Kronenschlusses führen, sind zu unterlassen.

Qualitativ hochwertige Mischbaumarten, wie Douglasie, Lärche oder Kirsche werden ggf. geastet.

Jungdurchforstung Oberhöhenbereich ca. 12 – 17 m):
Maßnahmen:
• Auslesedurchforstung
• Förderung von Mischbaumarten
• Anlage der Feinerschließung

Ziel in der Jungdurchforstung: Bis zum Erreichen einer Oberhöhe von ca. 17 m sind bei rd. 100 (120) qualita­tiv hochwertigen und stabilen Elitebaumanwärtern (je Hektar) astfreie Schaftlängen von 7 bis 8 m erreicht. Mischbaumarten sind im Auslesekollektiv ausreichend integriert, der Zwischen­ und Unterstand ist gesichert.

Augenmerk liegt hier auf der Auslese in Form einer Hochdurchforstung und Förderung von Mischbaumar­ten. Dazu werden ca. 100 (bis 120) Elitebaumanwärter/ha ausgewählt und wo notwendig gefördert. Geeigne­te Mischbaumarten zählen dabei zum Kollektiv der Elitebaumanwärter. Eine gleichmäßige Verteilung ist zwar gewünscht, jedoch nicht unbedingt notwendig. Elitebaumanwärter sollen grundsätzlich gut geformt (wipfelschäftig, gerade), vital und gesund sein und möglichst keine Wasserreiser, starke Beulen, große Ast narben und Steiläste oder Zwiesel in V-­Form aufwei­sen. In der Regel genügt ein Eingriff im Jahrzehnt (max. bis 30 Efm/ha, inkl. Feinerschießung 45 Efm/ha). Die Eingriffsstärke ist so bemessen, dass eine leichte Kro­nenspannung erhalten bleibt, um die natürliche Astrei­nigung zu erhalten. Die Kronen der Elitebaumanwärter sollen sich zur Vorbereitung auf die Lichtwuchsphase ausreichend stabilisieren, gleichzeitig soll der Unter­ und Zwischenstand genügend Lichtgenuss erhalten.

Altdurchforstung (Oberhöhenbereich ca. 17 – 30 m):
Maßnahmen AD 1:
• Lichtwuchsdurchforstung an 100 Elitebäumen/ha
• Förderung von Mischbaumarten

Maßnahmen AD 2:
• Lichtwuchsdurchforstung an 50 Elitebäumen/ha
• Förderung von Mischbaumarten
• Vorhandene Biotopbäume erhalten

Die Altdurchforstung (AD) wird in zwei Phasen un­terschieden, wobei in beiden Phasen die Lichtwuchs­durchforstung und somit die Durchmesserförderung und der Kronenausbau gezielt ausgewählter Elite­bäume im Vordergrund steht. Auch Mischbaumarten werden immer als Element des Elitebaumkollektivs baumartenspezifisch gefördert. Je nach standörtlicher Wuchskraft wird am Ende der AD­Phase ein durch­schnittlicher Vorrat von ca. 350 Efm/ha angestrebt.

In der AD 1 (Oberhöhenbereich ca. 17 – 25 m, Alter 40 – 60 Jahre) erfolgt dies an ca. 100 Elitebäumen/ha. Die Maßnahmen konzentrieren sich ausschließlich auf diese. Es finden keine Entnahmen in den Zwischen­feldern oder vom schlechteren Ende her statt. Die Eli­tebäume werden schrittweise in mehreren Eingriffen durch die Entnahme von 1 – 2 Bedrängern in der Kro­ne umlichtet. Die maximale Entnahmemenge je Ein­griff liegt bei ca. 60 Efm/ha.

In der AD 2 (Oberhöhenbereich ca. 25 – 30 m, Alter 60 – 80 Jahre) werden je Hektar ca. 50 dieser Elitebäu­me weiterhin gefördert. Damit wird der Kronenausbau weiter forciert und das Absterben grüner Äste soweit möglich vermieden. Darüber hinaus dienen die re­gelmäßigen Eingriffe der Erhaltung des Unter­ und Zwischenstandes. Maßnahmen finden wiederum aus­schließlich an den Elitebäumen statt. Die Umlichtung erfolgt in einem mäßigen Eingriff mit der Entnahme von durchschnittlich 1 Bedränger je Elitebaum, maxi­mal werden im Jahrzehnt 80 Efm/ha entnommen.

Die Reduzierung auf 50 Elitebäume/ha ist erforder­lich, da ansonsten der Raum für den Kronenausbau der Elitebäume nicht mehr ausreicht. Auch eine Ho­mogenisierung der Bestandesstruktur wird dadurch verhindert und eine größere Anzahl von Bäumen an­derer sozialer Klassen bleibt in den Zwischenräumen erhalten. Die in der AD 2 nicht mehr geförderten, ehe­maligen Elitebäume profitieren aus der Umlichtung in der AD 1: Sie können bis zum Ende der AD­Phase einen BHD von ca. 45 cm und damit Stammholzdimen­sionen erreichen. Die in der AD 2 weiter geförderten Elitebäume sollen weiter ausreifen und einen Ziel­durchmesser von mind. 65 cm erreichen.

Biotopbäume werden in der AD 2 erhalten und mar­kiert.

Verjüngungsnutzung (Oberhöhenbereich ab ca. 30 m):
Maßnahmen:
• Femelartige Einleitung der Verjüngung unter Belassen von Dunkelfeldern
• Punktuell weitere Umlichtung von Mischbaumarten
• Zielstärkennutzung
• Erhalt von Biotopbäumen, Totholzanreicherung

Die Verjüngung von Buchen­ und Buchenmischbestän­den setzt frühzeitig ein und erstreckt sich über sehr lange Verjüngungsphasen (50 Jahre und länger). Ziel ist die Erzeugung von trupp­, gruppen­ bis horstwei­se strukturierten, ungleichaltrigen und mischbaum­artenreichen Beständen. Die Elitebäume sollen eine Zielstärke von mind. 65 cm BHD erreichen. Mit Errei­chen des Zielvorrats von ca. 350 Efm/ha (auf besseren Standorten auch leicht darüber, auf ertragsschwäche­ren Standorten darunter) wird durch die Maßnahmen der laufende Zuwachs abgeschöpft; es erfolgt kein weiterer Vorratsaufbau. Nur mit einer Vorratsbegren­zung und femelartigem Vorgehen zur Schaffung unter­schiedlichster lichtökologischer Verhältnisse kann si­chergestellt werden, dass langfristig Strukturreichtum geschaffen und erhalten wird.

Die Verjüngung wird im Alter von 80 (90) Jahren durch betont femelartige Eingriffe und unter Belassen von Dunkelfeldern eingeleitet. So können erste Ansätze für Ungleichaltrigkeit und Struktur geschaffen werden. In der Verjüngung bereits vorhandene Mischbaum­arten werden gefördert bzw. gezielt eingebracht. Punktuell können die in der AD 2 ausgewählten Eli­tebäume auch in der Verjüngungsphase im Rahmen der Ausformung von Gruppenschirmstellungen bzw. von Nachlichtungen weiter gefördert werden. In Dun­kelfeldern stehende Elitebäume werden nicht begüns­tigt.

Im weiteren Verjüngungsgang wird über Voranbau­ten bzw. Naturverjüngungskernen weiter femelartig, gemäß dem Lichtbedürfnis der Voraussverjüngung, nachgelichtet. Nach und nach können weitere Natur­verjüngungspartien unregelmäßig über die Fläche ver­teilt femelartig begünstigt werden. Ab dem Alter 100 bis 110 Jahren können dabei die ersten Elitebäume mit einer Zielstärke von 65 cm BHD verjüngungsorientiert geerntet werden. Bereiche der Dunkelfelder bleiben zunächst von der Zielstärkennutzung unberührt.

Im fortschreitenden Verjüngungsgang verlagern sich die Maßnahmen in Form von differenzierten Ziel­stärkennutzungen mehr und mehr in die Dunkelfelder, die vorher geschaffenen Lichtstellungen sind nun aus­geformt, sie werden nicht weiter vergrößert. In dem entstehenden Bestandsgefüge gehen die Grenzen zwischen geschlossenen und lichten Partien langsam und ungleichmäßig fließend ineinander über. Zur Ge­währleistung einer möglichst langen Verjüngungspha­se dürfen maximal 10 – 15 Elitebäume pro Jahrzehnt geerntet werden.

Über den gesamten Verjüngungsgang hinweg wer­den vorhandene Biotopbäume erhalten und markiert. Darüber hinaus wird auf gesamter Fläche auf Totholz­anreicherung gemäß dem Naturschutzkonzept der BaySF geachtet.

Die Buche im Klimawandel

Jungbestand vor bzw. in einem AltbestandZoombild vorhanden

Abb. 5: Vorausverjüngung
(© N. Remler, BaySF)

Das Risiko für Buchenanbau im bayerischen Staats­wald bleibt auch in Zukunft überwiegend sehr gering bis gering (Abb. 4), wobei dies standortsdifferenziert betrachtet werden muss (Wechselfeuchte bzw. wech­seltrockene Standorte können trotz geringem Kli­marisiko ungeeignet sein). Darüber hinaus geht der allgegenwärtige Klimawandel auch an unserer konkur­renzstärksten Laubbaumart nicht ohne Spuren vorbei. In einigen Regionen wird die Buche aufgrund des fort­schreitenden Klimawandels an Vitalität und Konkur­renzkraft verlieren. Insbesondere wird dies in Mittel­, Unter­ und Teilen von Oberfranken der Fall sein. Diese Entwicklung war in den genannten Regionen in den Trockenjahren 2018 bis 2020 deutlich erkennbar. Der Trockenstress verursachte vor allem Absterbeerschei­nungen in der Oberkrone der Bäume, schüttere Be­laubung, Kleinblättrigkeit und vorzeitigen Laubfall bis hin zum vollständigen Absterben der Bäume (Abb. 5).

Auch Schleimfluss am Stamm oder das Aufreißen und Aufplatzen der Rinde an Stamm und Ästen wurde vermehrt beobachtet. In der Folge sind auch weitere Schädlinge wie beispielsweise der Buchenborkenkä­fer aufgetreten.

Bayernkarte zeigt das Anbaurisiko der Buche im Staatsforst

Abbildung 4: Klimarisiko für den Buchenanbau im Jahr 2100 im bayerischen Staatswald Dr. K. Müller, BaySF © LWF

Reaktionen auf Trockenphasen bei der Bewirtschaftung

In der akuten Phase solcher Dürre­ -und Absterbe­erscheinungen gilt es, wie so oft in der nachhaltigen und naturnahen Waldbewirtschaftung, eine sorgsame Abwägung verschiedener Aspekte vorzunehmen. Ein Teil der absterbenden Bäume – insbesondere in Be­reichen mit weit fortgeschrittenen Absterbeerschei­nungen – soll zur Förderung der Biodiversität als stehendes Totholz (möglichst gruppenweise) im Be­stand verbleiben. Grenzen hat dies, wo die Bäume aus Verkehrssicherungsgründen zum Schutz von Waldbe­suchern, aber auch im Wald beschäftigten Personen, entnommen werden müssen. Auch soll ein Teil der Bäume zu einem Zeitpunkt, an dem noch eine gute Verwertbarkeit gegeben ist, anstelle von gesunden Bäumen geerntet werden und der Bereitstellung des klimafreundlichen und von der Gesellschaft nachge­fragten Rohstoffs Holz dienen. Bei diesen Entnahmen werden Vorgaben des Artenschutzes, bestehende Schutzgebietsverordnungen sowie Erhaltungsziele und ­maßnahmen in Natura-2000­-Gebieten berücksichtigt.
In akuten Trockenperioden, insbesondere in den Ver­jüngungsphasen, geben die Absterbeerscheinungen dem Wirtschafter oft vor, welche Bäume im Rahmen waldbaulich sinnvoller Maßnahmen entnommen wer­den sollten. Es stellt sich aber die Frage, ob die all­gemeinen Bewirtschaftungsgrundsätze für Buche im Hinblick auf ein präventives Vorbereiten der Bestände auf Trockenperioden grundsätzlich überdacht werden müssen. Mit der Frage der geeigneten Bewirtschaf­tung der Buche für eine möglichst hohe Toleranz in Trockenphasen beschäftigen sich derzeit bereits vie­le Forschungseinrichtungen – u. a. auch am Campus Weihenstephan (Professur für Wald­ und Agroforstsys­teme).

Dazu einige grundsätzliche Überlegungen:
Bewirtschaftung – ja oder nein?
Ein Einstellen der Bewirtschaftung auf größerer Fläche ist aus verschiedenen Gründen nicht zielführend. Zum einen zeigte es sich, dass in den Trockenphasen auch in seit langem unbewirtschafteten Beständen deutli­che Schäden aufgetreten sind. Zum anderen ist es rat­sam, in den Beständen die Struktur und vor allem die Baumartenmischung aktiv zu erhöhen, um das Risiko späterer großflächiger Ausfälle zu verringern. Dies geschieht über gezielte waldbauliche Eingriffe. Des Weiteren liefern die Buchenbestände den wertvollen Rohstoff Holz, der insbesondere bei einer geschickten Kaskadennutzung einen großen Beitrag zum Klima­hutz leistet.

Eine Vergleichsstudie von Meyer et al. (2022) in hessischen Naturwaldreservaten ohne Holzeinschlag und in benachbarten Wirtschaftswäldern zeigte weder ein dramatisches Absterben von Buchenwäldern noch einen negativen Einfluss der Waldbewirtschaftung auf die Sterblichkeitsrate. Allerdings konnte nachgewie­sen werden, dass die Bewirtschaftung in Dürrejahren die Verteilung der Sterblichkeit innerhalb des Buchen­waldes verändert.
vereinzelt absterbende BuchenZoombild vorhanden

Abb. 6: Absterbeerscheinungen (© S. Keilholz, FB Forchheim)

Passen die Grundsätze zur Verjüngung der Bestände?
Die Erfahrungen in den Trockenjahren haben deutlich gezeigt, dass ein schirmschlagartiges Vorgehen bei der Verjüngung der Bestände kontraproduktiv ist und die deutlichsten Schäden nach sich zieht. Die Abster­beerscheinungen waren in derartig bewirtschafteten Beständen grundsätzlich am stärksten. Die Forstleute wurden für solche Waldbilder wiederholt kritisiert, aber dabei wurde oft übersehen, dass diese Bestan­dessituationen vor vielen Jahren, teilweise Jahrzehn­ten entstanden sind und die waldbauliche Strategie seit geraumer Zeit eine völlig andere ist. In den Grund­sätzen der Bewirtschaftung von Buchenbeständen im bayerischen Staatswald steht bereits seit über zehn Jahren unter den »möglichen Fehlern« zu lesen: »Zu rasches Vorgehen, schirmschlagartige Auflichtung«. Beides soll also unbedingt vermieden werden.

Das betont femelartige Verjüngen erscheint dagegen auch im Hinblick auf Dürrephasen als die grundsätz­lich richtige waldbauliche Strategie. Die punktuellen Auflichtungen bieten die Möglichkeit, Mischbaumar­ten zur Risikostreuung zu etablieren und Strukturen zu schaffen. Dazwischen verbleiben Dunkelfelder mit einem kühleren, gemäßigten Innenklima (Abb. 6).

Passen die Grundsätze zur Durchforstung der Bestände?

Das derzeitige Vorgehen bei der Durchforstung gemäß der Behandlungsgrundsätze ist eher ein zurückhalten­des mit häufigeren und dafür bemessenen Eingriffen. Ob diese vorsichtige Strategie im Hinblick auf Trocken­phasen die richtige ist, lässt sich derzeit noch nicht wissenschaftlich eindeutig beantworten, insbesonde­re da es Anzeichen gibt, dass Bäume in jüngerem Al­ter eine höhere Resistenz gegenüber Trockenperioden haben als in höherem Alter (Sohn et al. 2016). Zurück­haltung oder Verzicht auf Durchforstungen führt i. d. R. zu dichten Beständen mit relativ geschlossenem Kro­nendach und vergleichsweise kühlem und feuchtem Bestandesinnenklima. Durchforstung lockert den Kro­nenschluss.

Das könnte zu der Annahme führen, dass Durchforstungen im Klimawandel für die Bäume eher ungünstig sind. Dem steht jedoch entgegen, dass mit der Durchforstung auch positive Effekte verbunden sind, die sogar überwiegen dürften: Die Vitalität der verbleibenden Bäume steigt nach Durchforstung, da die Ressourcenverfügbarkeit mit steigendem Wuchs­raum zunimmt. Aufgrund von geringerer Verdunstung und geringerer Interzeption ergibt sich eine höhere Bodenwasserverfügbarkeit. Geförderte Bäume bilden ein ausgedehnteres Wurzelwerk aus, was dazu führt, dass die Kapazitäten zur Aufnahme von Bodenwasser steigen (Sohn et al. 2016, Kohnle 2019). Einer Studie von Wilhelm et al. (2021) im Saarland zur Folge wie­sen Versuchsbäume, die im Rahmen der QD­-Strategie seit dem Jahr 2000 im Alter von ca. 45 Jahren massiv freigestellt worden waren, auch in den Hitze­ und Dürrejahren 2018 – 2020 überdurchschnittliche Zuwachs­werte auf.

Hieraus kann man folgern, dass in jüngeren Bestandesphasen kräftigere Eingriffe zur Vorbereitung der Bäume auf Trockenphasen zielführend sein kön­nen. Direkt während akuter Trockenphasen ist es al­lerdings wohl sinnvoll, Durchforstungseingriffe schwä­cher auszuführen bzw. auf kritischen Standorten ganz zu unterlassen. Generell sind weitere wissenschaft­liche Studien wünschenswert, um noch fundiertere Erkenntnisse zur geeigneten Behandlung von Buchen­beständen im Hinblick auf die zunehmende Häufigkeit von Trockenjahren zu erhalten.

Naturschutzbedeutung der Rotbuche

Die Buche hat im bayerischen Staatswald eine äußerst große naturschutzfachliche Bedeutung. Dies ist v. a. auf ihre Flächenpräsenz im Zentrum des natürlichen Ver­breitungsgebiets und die daran gebundenen Lebens­gemeinschaften zurückzuführen. Viele Buchenwälder befinden sich als geschützte Lebensraumtypen gemäß Anhang I der FFH-­Richtlinie und aufgrund ihrer Aus­stattung an Tier­ und Pflanzenarten in Natura­-2000-­Ge­bieten. Buchenwälder beherbergen unzählige Totholz­bewohner, waldtypische Vögel und bieten nicht zuletzt Lebensraum für viele Säugetiere wie beispielsweise seltene Fledermausarten, Bilche oder Wildkatzen.
Wichtige Strukturen in Buchenwäldern sind Bio­topbäume, insbesondere Horst­ und Höhlenbäume. Totholz in stehender und liegender Form ist ein ent­scheidender Lebensraum und Nahrungsquelle für waldtypische Tier­,- Pflanzen-­ und Pilzarten.
Mit der Einführung des Naturschutzkonzeptes im Jahr 2009 wurde die Erhaltung und Schaffung dieser Ele­mente explizit als Integration des Naturschutzes im Wirtschaften der BaySF verankert. Auch in die Grund­sätze der Bewirtschaftung von Buchenwäldern 2011 fand dieses Prinzip Eingang. Ergänzt wurde der integ­rative Naturschutz mit einer Vielzahl von kleineren und größeren Flächen, die in Hiebsruhe gestellt wurden. Im Jahr 2021 wurden diese Flächen als Naturwälder in das sogenannte grüne Netzwerk übernommen und durch weitere große Naturwälder ergänzt. Bei der Aus­wahl derselben wurde gezielt auf die Beteiligung von Buchenwäldern geachtet, die nun ohne weitere Be­wirtschaftung langfristig in Zerfalls­- und Altersphasen übergehen.
Ausgewählte Ergebnisse der Waldinventurdaten von BaySF veranschaulichen, dass all diese Maßnahmen in den vergangenen zehn Jahren einen deutlichen positiven Einfluss auf die Ausstattung mit älteren und stärkeren Buchen sowie Totholz und Biotopbäumen und damit auf den naturschutzfachlichen Wert unserer Buchenwälder hatten. Der Vorrat an starken Buchen ab 60 cm BHD ist von ca. 3 Mio. Efm im Jahr 2011 auf rund 4,7 Efm im Jahr 2021 angestiegen. Die nächste darunterliegende Klasse hat eine mengenmäßige Stei­gerung von ca. 6,2 Mio. Efm auf rund 7,8 Mio. Efm er­fahren (Abb. 7).
Neben der Zunahme der Vorräte an stärkerem Bu­chenholz stieg ebenso die Fläche an Buchenbestän­den ab 100 – 160 Jahren und älter als 160 Jahre an. Der Anteil an Buchenbeständen im Alter von 101 – 160 Jahre nahm von ca. 35.000 ha auf rund 40.000 ha zu. Die Buchenbestände ab 160 Jahre verzeichneten eine Flächenzunahme um 16 % von ca. 16.800 ha auf rund 17.200 ha (Abb. 8).
Im Rahmen der Forsteinrichtungs­Inventur werden seit 2011 Bäume mit Biotopmerkmalen (Höhlen­, Kon­solenbäume, Bäume mit freiliegenden Holzkörpern größer einer Handfläche) aufgenommen. Bis zum Jahr 2021 liegt somit für jeden Forstbetrieb eine Erstaufnah­me vor. Die Auswertungen aus dem Jahr 2021 zeigen, dass in den führenden Buchenbeständen ab einem Alter 100 bereits eine Biotopbaumzahl von 8,1 Stück je Hektar erreicht wurde. In Naturwäldern mit führen­der Buche liegt die Anzahl an Biotopbäumen bei 12,4 Stück/ha (Abb. 9).
Der Vorrat an Totholz in den führenden Buchenbestän­den der Wuchsgebiete 1 bis 14 hat sich im Zeitraum von 2011 bis 2021 insgesamt von 6,6 auf 10,7 Kubik­meter je Hektar deutlich erhöht (Abb. 10). Hierbei handelt es sich um die Totholzmenge, die gemäß In­venturanleitung der BaySF gemessen wurde. Die tat­sächliche Totholzmenge ist deutlich höher, da Stöcke, schwaches Totholz < 20 cm, etc. bei der Inventur nicht erfasst werden.
Balkendiagramm zeigt Buchenvorrat für 2011, 2016 und 2021

Abb. 7 (© A. Schnell, BaySF)

Balkendiagramm zeigt Altersstruktur der Buche für 2011, 2016 und 2021

Abb. 8 (© A. Schnell, BaySF)

Balkendiagramm zeigt die Flächen an Biotopbäumen im Staatsforst

Abb. 9 (© A. Schnell, BaySF)

Balkendiagramm zeigt Totholzentwicklung von Buchenwäldern im Staatsforst

Abb. 10 (© A. Schnell, BaySF)

Umfassende Bedeutung der Buche

Die verschiedenen Auswertungen unterstreichen die eingangs erwähnte Bedeutung der Buche im baye­rischen Staatswald. Zum einen spielt sie beim Wald­umbau zur Schaffung von möglichst klimaresilienten Wäldern auf vielen Standorten eine entscheidende Rolle. Zum anderen ist sie eine tragende Säule der Biodiversität unserer Waldökosysteme. Im Rahmen ih­rer integrativen und naturnahen Waldbewirtschaftung tragen die Bayerischen Staatsforsten diesen Aspekten konsequent Rechnung. Der Erfolg dieser waldbauli­chen Strategie lässt sich umfassend an den positiven Entwicklungen bei Fläche, Vorrat, Altersstruktur, Vo­rausverjüngung, Totholz und Biotopbäumen ablesen.

Summary:
The red beech, which is also known as the "mother of the forest", plays an important role in Europe and thus also at the Bavarian State Forests (BaySF) in the context of forest conversion to climate-stable forests. Since the foundation of BaySF in 2005, the proportion of beech and thus beech forests has been increasing, they are getting older, reaching stronger dimensions and becoming more stocked. Furthermore, it can be determined on the basis of regular forest management that the proportion of deadwood in the state forest is continuously increasing. The deliberate leaving and also active creation of deadwood serve to increase the habitat for fungi, animals and plants.

Literatur

  • Bayerische Staatsforsten (BaySF) (2007): Waldbauhandbuch Bayerische Staatsforsten. Grundsätze für die Bewirtschaftung von Buchen – und Buchenmischbeständen im bayerischen Staatswald, 100S.
  • Kohnle, U. (2019): Durchforsten im Klimawandel: Risiko oder Prävention?., Der Waldwirt, 6/2019, 12-14
  • Meyer P., Spînu A. P., Mölder A., Bauhus J. (2022): Management alters drought-induced mortality patterns in European beech (Fagus sylvatica L.) forests, Plant Biology, https://doi.org/10.1111/plb.13396
  • Sohn, J.; Somidh, S.; Bauhus J. (2016): Potential of forest thinning to mitigate drought stress: A meta-analysis, Forest Ecology and Management. 380, 261-273
  • Wilhelm, G.; Schlicker, T.; Matheis, U. (2021): 20-jährige Messreihe an Buchenauslesebäumen., AFZ – Der Wald 18/2021, 42-45 und AFZ – Der Wald 22/2021, 17-19

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autoren

  • Dr. Sebastian Höllerl
  • Walter Faltl
  • Sonja Jensen
  • Alexander Schnell
  • Markus Neufanger
  • Sabrina Wunderl
  • Markus Kölbel