Forschungs- und Innovationsprojekt
Auswirkungen natürlicher Waldentwicklung auf Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität (Projekt C 046 - natWald100)

Plastefalle hängt an einem toten, umgefallenen und bemoosten Baum.

Das Projekt natWald100 ist ein Forschungsvorhaben des Waldklimafonds (Förderkennzeichen 2218WK31A4) der Bundesregierung und wird in Kooperation der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) federführend durchgeführt.

Dabei bearbeitet die NW-FVA das Teilprojekt 1 (Koordination, Waldstruktur und Kohlenstoffspeicherung) und die LWF das Teilprojekt 2 (Biodiversität von Vegetation und Arthropoden). In den einzelnen Bundeländern werden die Untersuchungen durch die örtlich zuständigen Forschungsanstalten der Bundesländer unter-stützt und begleitet.

Logo mit verschiedenen stilisierten grünen Bäumen und worten Stilisierter Baum mit verschiedenfarbiger Wortmarke Logo. Logo der Bundesministerien.

Kurzbeschreibung

BuchenverjüngungZoombild vorhanden

Naturwaldreservat im Frankenwald (Foto: M. Blaschke)

Ziel des Vorhabens ist es, zu untersuchen, wie sich die Einstellung der Waldbewirtschaftung auf die Kohlenstoffspeicherung, Waldstruktur und Biodiversität von Wäldern auswirken. Ferner soll ein Monitoringverfahren entwickelt werden, mit dessen Hilfe erfasst werden kann, wie bewirtschaftete und unbewirtschaftete Wälder auf den Klimawandel reagieren.

Hinsichtlich der Auswirkungen einer natürlichen Waldentwicklung werden die Veränderungen der Bio- und Nekromasse und damit des Kohlenstoffspeichers des Gehölzbestandes, des Kohlenstoffvorrats des Bodens, der Vielfalt der Waldstruktur und der Artenvielfalt in Abhängigkeit von der Bestandesgeschichte (Nutzungen, Baumalter), dem Standort, dem Naturraum und dem Waldtyp untersucht.

Mit dem Vorhaben sollen für die verschiedenen Naturräume und die wichtigsten natürlichen Waldgesellschaften Deutschlands empirisch fundierte und repräsentative Aussagen für einen Zeitraum von 40 - 50 Jahren gemacht werden. Einen Schwerpunkt stellen damit die für Deutschland wichtigen Buchenwaldgesellschaften unterschiedlicher Nährstoffgüte dar. Mit der Entwicklung eines einheitlichen Monitoringsystems in bewirtschafteten und dauerhaft unbewirtschafteten Wäldern sollen zudem Anpassungsprozesse und Reaktionen von Waldökosystemen auf den Klimawandel einschließlich genetischer Aspekte erforscht werden.

Durch den Einsatz eines aktuellen genetischen Verfahren, dem „Next-Generation-Sequencing“ (NGS), sollen erstmals in einem deutschlandweiten Einsatz in Wäldern Arthropoden untersucht werden.

In dem Projekt werden erstmals in Deutschland - nach einem einheitlichen Schema innerhalb eines kurzen Zeitraums bzw. innerhalb derselben Vegetationsperiode - Parameter über ungenutzte Wälder erfasst. Die Ergebnisse sollen als fachliche Grundlage den derzeitig in der naturwissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskussion stehenden Themen (Kohlenstoffvorräte und ihre Entwicklung, Biodiversität insbesondere im Rahmen des Insektensterbens) dienen.

Als Grundlage der 100 auszuwählenden Untersuchungsgebiete dienen die Naturwaldreservate Deutschlands (NWR), von denen es derzeit 730 gibt (www.naturwaelder.de). Während viele dieser Gebiete bereits in den 1960er und 1970er Jahren ausgewiesen wurden, sind andere NWR in jüngerer Zeit eingerichtet worden.

Für die älteren NWR liegen häufig Daten vor, die Aussagen über die Entwicklung des Derbholzbestandes, des Totholzes und der pflanzlichen Biodiversität über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten erlauben. Dies bietet eine günstige Ausgangslage, um die Effekte der Dauer des nutzungsfreien Zeitraumes (= Dauer der natürlichen Waldentwicklung) auf den Kohlenstoffspeicher, die Waldstruktur und die Biodiversität zu untersuchen. Ein großer Vorteil der zahlreichen Naturwaldreservate ist, dass sie sich auf praktisch alle Naturräume, Standorte und Waldgesellschaften in Deutschland verteilen.

Naturwaldreservate Deutschlands (NWR) Externer Link

Vegetationsaufnahmen

Lauwald mit unterschiedlich alten Bäumen.Zoombild vorhanden

Probefläche auf der Insel Vilm in der Ostsee, einem seid rund 400 Jahren unbewirtschafteten Waldgebiet. (Foto: Katrin Ketterer; LWF)

In den 100 ausgewählten Naturwaldreservaten (NWR) werden unter anderem auch vegetationskundliche Erhebungen durchgeführt, welche vergleichbare und reproduzierbare Daten liefern. Dies stellt eine Kartieranleitung mit Aufnahmeformular für Vegetationsaufnahmen mit einem modifizierten Verfahren nach Braun-Blanquet dar.

Dazu erfolgen pro Naturwaldreservat insgesamt neun pflanzensoziologische Vegetationsaufnahmen auf einer Fläche von je 200 m². Das Probequadrat ist jeweils 14,1 m x 14,1 m groß. Mittelpunkt der Fläche ist der jeweilige dauerhaft markierte Einzelplot-Mittelpunkt.

Für jede der neun Teilflächen des Naturwaldreservates wird ein standardisierter Vegetationsaufnahmebogen mit Kopfdaten (Angaben zum Ort und Bestand) und einer Artenliste nach Schichten (Obere Baumschicht BS1, Untere Baumschicht BS2, Strauchschicht SS, Krautschicht KS, Moosschicht MS) getrennt mit Mächtigkeitsangaben der erweiterten Braun-Blanquet Skala ausgefüllt. Alle Gefäßpflanzen-Arten und epigäischen Moose werden bestimmt, gegebenenfalls schwierige Arten herbarisiert und anschließend nachbestimmt. Funde von Rote Listen-Arten oder besonders geschützten Arten nach Bundesartenschutzverordnung werden zudem nochmals extra protokolliert.

Erfassung der Arthropodenfauna

Zeichnung eines Hauses mit einer runden Falle am Trauf.Zoombild vorhanden

Schema Malaisefalle (Grafik: LWF)

Im Rahmen des Projekts natWald100 soll auch die Arthropodenfauna der ausgewählten 100 Naturwaldreservate untersucht werden. Dazu wurde ein entsprechendes Monitoringkonzept entwickelt, welches pro Naturwaldreservat einen zentralen Standort vorsieht. Dort wird dann jeweils eine Kombination aus vier Fallen installiert.

Mit einer sogenannten Malaisefalle, benannt nach dem schwedischen Entomologen Rene Malaise, werden vor Allem Dipteren (Fliegen und Mücken), sowie Hymenopteren (Hautflügler, wie etwa Wespen) erfasst. Links und rechts dieser Malaisefalle werden zwei Becherfallen in den Boden eingegraben. Diese dienen dazu die Arthropoden der Bodenfauna zu erfassen. Laufkäfer und Asseln werden hier häufig gefangen.
Zuletzt wird dann noch eine Flugfensterfalle an einem Baum in der Nähe installiert. Diese Falle fängt mit ihren gekreuzten Prallflächen aus Plexiglas fliegende Insekten, wie Käfer.
Mischwald mit zwei verschiedenen Insektenfallen.

Malaisefalle im Vordergrund, Flugfensterfalle im Hintergrund (Foto: LWF)

Waldboden mit Trichterfalle und Abdeckung derselben.

Boden- oder Barberfalle mit Dach gegen Regen (Foto: LWF)

Drei Plastebecher mit Wasser und Inhalt stehen nebeneinander auf Waldboden.

Proberöhrchen mit der Arthropoden-Ausbeute (Foto: LWF)

Alte Eiche im Wald mit einer Falle davor.

Mächtige Eiche und Malaisefalle im Bannwald Eisenbachhain (Foto: LWF)

Falle steht vor umgestürztem vermoderndem altem Laubbaum.

Totholz ein wichtiger Lebensraum, Malaisefalle im NWR Mitteleich (Foto: LWF)

Zylinderförmige Falle hängt an einem Baum.Zoombild vorhanden

Flugfensterfalle (Foto: LWF)

Die Fallen werden von Anfang Mai bis Ende Juli alle zwei Wochen geleert und ermöglichen es so Aussagen über einen großen Teil der lokalen Arthropodenpopulation zu treffen. Ein negativer Effekt auf lokale Population ist nicht zu befürchten, da eine Falle nur in etwa so viele Insekten fängt, wie ein Jungvogel während eines Sommers frisst.

Die Bestimmung der gefangenen Arten erfolgt mittels DNA-Barcoding. Einem molekularen Verfahren, bei dem Die DNA der Tiere extrahiert wird und dann die Cytochrom C Oxidase I (COX I) sequenziert wird. Anhand dieser DNA-Sequenzen können dann die einzelnen Arten voneinander unterschieden werden. Eine manuelle Bestimmung durch Experten würde bei den in diesem Projekt gefangen Tieren leider aus Zeit- und Kostengründen jeden Rahmen sprengen.

Die Kombination der Daten aus dem Arthropodenmonitoring, zusammen mit den Daten aus den Waldstrukturaufnahmen, den Bodenproben und der Vegetationsaufnahmen erlaubt uns dann eine umfassende Aussage über die Unterschiede in der Biodiversität und Kohlenstoffspeicherkapazität zwischen den verschiedenen Reservaten zu treffen und Einflüsse wie Bestandesalter, den nutzungsfreien Zeitraum und den Standort abzuschätzen.

Projektinformationen
Gesamtprojektleitung: Dr. Peter Meyer (NW-FVA)
Projektleitung LWF: Markus Blaschke
Projektbearbeitung Vegetation (LWF): Dr. Barbara Michler
Projektbearbeitung Arthropoden (LWF): Dr. Stephan Kühbandner
Projektkoordination: Dr. Eike Feldmann (NW-FVA)
Projektbearbeitung (Kohlenstoff und Waldstruktur): Rouven Nagel (NW-FVA)
Laufzeit: 01.11.2019 - 31.10.2022
Durchführende Institutionen: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA)
Finanzierung: Waldklimafonds über die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) durch Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Förderkennzeichen: 2218WK31A4