Markus Blaschke, Bernhard Förster, Christoph Hübner und Markus Kölbel
Naturwaldreservate im Frankenwald - LWF-aktuell 117
Im bayerischen Teil des Frankenwaldes – dem Waldgebiet des Jahres 2017 – liegen fünf Naturwaldreservate. Eine zentrale Anforderung an die Naturwaldreservate ist es, Erkenntnisse für die forstliche Praxis abzuleiten. Daher wurden bereits bei der Ausweisung entsprechende Beobachtungsflächen angelegt, waldbaulich aufgenommen und durch spätere Erhebungen im Rahmen von Stichprobeninventuren ergänzt. Nach fast vier Jahrzehnten unbeeinflusster Waldentwicklung zeigt die Auswertung dieses umfangreichen Datenmaterials deutlich die natürlichen Dominanzverhältnisse der Baumarten.
Abb. 1: Buchenverjüngung. (Foto: M. Blaschke)
Name | Kurzbeschreibung | Forstbetrieb | AELF | Fläche [ha] |
---|---|---|---|---|
Rainersgrund | Buchenwald mit Edellaubbäumen | Nordhalben | Kulmbach | 44,8 |
Schmidtsberg | Buchen-Fichtenwald (Westexposition) | Nordhalben | Kulmbach | 21,9 |
Ramschleite | Buchen-Fichtenwald (ONO-Exposition) | Rothenkirchen | Kulmbach | 23,7 |
Kühberg | Buchen-Tannen-Fichtenwald | Nordhalben | Kulmbach | 39,1 |
Hammerleite | Buchenwald mit beigemischter Fichte (SSW-Exposition) | Nordhalben | Münchberg | 23,6 |
Waldentwicklung auf den Repräsentationsflächen
Auf vier deutlich von der Buche dominierten Repräsentationsflächen im Frankenwald haben die Stammzahlen zunächst überall abgenommen und lagen nur noch in Größenordnungen von 200 bis 450 Stück je Hektar (Abbildung 2a). Die Grundflächen und Holzvorräte haben im Vergleich zur Stammzahl mehr oder weniger deutlich zugenommen (Abbildungen 2b und c). Die Grundflächen konnten seit der Einstellung der forstlichen Nutzung überall den Wert von 40 m²/ha überschreiten, die Vorräte auf den Repräsentationsflächen lagen allesamt über 600 Vorratsfestmeter pro Hektar (Vfm/ha) und erreichten bei der Aufnahme 1993 im Naturwaldreservat Rainersgrund sogar über 820 Vfm/ha. Eine gewisse Stagnation auf hohem Niveau deutet sich im fichtenreichen Reservat Ramschleite an.
Hinsichtlich der Waldentwicklungsphasen könnten die Probeflächen mittleren bis späten Optimalphasen zugeordnet werden, die durch eine konkurrenzbedingte Mortalität und Kronenschluss gekennzeichnet sind. Auf zwei Flächen konnte jedoch inzwischen eine deutliche Zunahme der Stammzahlen durch den Einwuchs junger Bäume beobachtet werden. Genaue Zahlen werden die demnächst anstehenden Aufnahmen liefern.
Abb. 2: Entwicklung von (a) Stammzahl, (b) Grundfläche und (c) Vorrat auf den Repräsentationsflächen der Naturwaldreservate Rainersgrund, Schmidtsberg, Ramschleite und Hammerleite (Grafik: LWF)
Waldentwicklung auf der gesamten Reservatsfläche
Abb. 3: Baumartenverteilung und Grundfläche im NWR Hammerleite. (Grafik: LWF)
Im Rahmen der Aufgabenneugliederung zwischen der Bayerischen Forstverwaltung und den Bayerischen Staatsforsten wurde 2009 vereinbart, auf der Mehrzahl der Naturwaldreservate auf Staatsgrund eine Verdichtung der Inventurpunkte auf ein Raster von 100 x 100 m vorzunehmen (Abbildung 3). Ziel ist es, auf der Ebene der Einzelreservate Zustandsgrößen (Stammzahl, Grundfläche, Vorrat, Totholz) zu ermitteln, die weitgehend akzeptable Schätzfehler enthalten.
Der Rückgang der Stammzahlen macht sich im Prinzip bei allen Baumarten bemerkbar. Am deutlichsten ist er in vier Reservaten bei der Fichte zu erkennen. Nur im Naturwaldreservat Hammerleite ist die Stammzahl bei der Fichte konstant bzw. leicht ansteigend. Auch bei der Buche sinkt die Stammzahl in vier Reservaten und bleibt nur im Naturwaldreservat Schmidtsberg konstant.
Dagegen zeigen sich die Grundflächen und Volumen relativ konstant. In den Reservaten Rainersgrund (Abbildungen 4b und c) und Kühberg ist sogar eine deutliche Zunahme zu erkennen, die im Wesentlichen auf den Zuwachs der Buchen zurückzuführen ist, während die Fichte eher stagniert.
Abb. 4: Entwicklung von Stammzahl (a), Grundfläche (b) und Volumen (c) der Oberschicht bzw. in ungeschichteten Bestandsteilen von Buche und Fichte sowie aller Baumarten im NWR Rainersgrund. (Grafik: LWF)
Gesamteinschätzung: Die Buche übernimmt die Herrschaft
Abb. 5: Starkes Buchentotholz (Foto: M. Blaschke)
Im Gegensatz dazu konnten die Grundflächen und Volumen noch weiter zulegen. Die große Gewinnerin auf den Flächen ist die Buche, die seitdem weiteren Wuchsraum erobern konnte. Hierbei spielt die Betrachtung der Stammzahlen eine wichtige Rolle, da sich darin die Zu- und Abgänge widerspiegeln. Die Fichte stagniert bzw. nimmt leicht ab. Damit bestätigen die Aufnahmen der Repräsentationsflächen den Trend der Stichprobeninventuren für die gesamten Reservatsflächen.
Für die Praxis
Zusammenfassung
Die Buche gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. So wird auch im von Fichten geprägten Frankenwald die Buche problemlos in ihre Rolle der »Mutter des Waldes« schlüpfen können, zeigen doch die Untersuchungen in den Frankenwald-Naturwaldreservaten, dass die Buche gegenüber den anderen Baumarten auf Normal-Standorten außerordentlich konkurrenzstark ist. Dies macht sie zwar zum einen zu einer geeigneten Baumart für die Anreicherung und Stabilisierung insbesondere von Fichtenreinbeständen, erschwert aber auch die Etablierung von Mischbaumarten in buchendominierten Beständen.
Naturwaldreservate – Freilandlaboratorien der Waldforschung
Die ersten Ansätze der Naturwaldreservate in Bayern reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Offiziell wurden Naturwaldreservate im bayerischen Staatswald vor 40 Jahren mit der Bekanntmachung vom 20. Februar 1978 eingerichtet.
1982 wurden die Naturwaldreservate in das Waldgesetz für Bayern aufgenommen. Damit wurden sie zu einer eigenständigen Schutzgebietskategorie aufgewertet. Heute verfügt Bayern über 164 Naturwaldreservate mit 7.514 Hektar und bilden ein flächendeckendes Netz im Staatswald als auch in Privat- und Kommunalwäldern.
Ziel der Naturwaldreservate ist, möglichst alle in Bayern vorkommenden natürlichen Waldgesellschaften und ihre Standorte zu repräsentieren, um deren natürliche Entwicklung zu erforschen und Erkenntnisse und Strategien für die naturnahe Forstwirtschaft im Zeichen des Klimawandels zu gewinnen.
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Weiterführende Informationen
Autoren
- Markus Blaschke
- Dr. Bernhard Förster
- Christoph Hübner
- Markus Kölbel