Olaf Schmidt
Der »Braune Bär« – Schmetterling des Jahres 2021 - LWF aktuell 131

Der Braune Bär ruht auf einer RindeZoombild vorhanden

Abb. 1: Der einst gar nicht so seltene Braune Bär wird immer häufiger ein Opfer der zunehmenden Lichtverschmut­zung. Foto: T. Laußmann

Der farbenprächtige Nachtfalter leidet unter Lichtverschmutzung.

»Brauner Bär« –so heißt der Schmetterling des Jahres 2021. Gewählt haben ihn der BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch­-Westfälischer Lepidopterologen, die seit 2003 gemeinsam den »Schmetterling des Jahres« küren, um auf die Bedrohung und den Schutz dieser Insektengruppe hinzuweisen. Schmetterlinge gelten als Bioindikatoren für Qualität und Vielfalt von Lebensräumen. Der Braune Bär war früher häufiger zu beobachten, ist aber in den letzten Jahren immer seltener geworden. Mittlerweile steht er auf der Vorwarnliste der Roten Liste bedrohter Arten Deutschlands.

Weltweit zählen rund 11.000 Arten zu den Bärenspinnern (Arctiinae), einer Unterfamilie der Eulenfalter (Noctuidae). Der Schwerpunkt der Bärenspinner-Arten liegt in den Tropen. In Europa kommen ca. 100 Arten, in Mitteleuropa 61 Arten vor. Oftmals handelt es sich um auffällig gefärbte Falter, die über eine sog. »Warntracht« verfügen, um Fressfeinde abzuschrecken. Der Name »Bärenspinner« rührt von den sehr stark behaarten Raupen vieler Arten aus dieser Familie her.

Biologie und Lebensweise

Der Braune Bähr ruht auf einer Rinde, nur Vorderflügel zu sehenZoombild vorhanden

Abb. 2: Sein braun­weißes Linienmuster auf den Vorder­flügeln löst die Körperumrisse auf und gibt so eine hervorragende Tarnung ab. Foto: T. Laußmann

Mit einer Flügelspannweite von ca. 65 mm gehört der Braune Bär (Arctia caja) zu den größeren einheimischen Nachtfaltern. Er kommt in verschiedenen Lebensräumen, so zum Beispiel in Wäldern, am Waldrand, in gebüschreichen Landschaften und in feuchten Wiesen vor. Die Flugzeit der Falter liegt in der Zeit von Juli bis September, sie sind nachtaktiv und ruhen tagsüber. Nachts, meist erst nach Mitternacht, fliegen die Falter gerne ans Licht (Bellmann 2003). Angelockt von Lichtquellen, flattern sie bis zur Erschöpfung um die Lampen herum oder werden dort leichte Beute von Fledermäusen. Gerade das Licht der Hochdruck-Quecksilberdampflampen der Straßen- und Industriebeleuchtung blendet die Schmetterlinge stark. Diese sog. »Lichtverschmutzung« wird mit als eine der Ursachen für den Rückgang des Braunen Bären diskutiert. Wie viele Bärenspinner besitzt auch der Braune Bär giftige Hämolymphe. Möglichen Fressfeinden wird dies mit einer Warn- oder Schrecktracht mitgeteilt. Die weiße Netz-Zeichnung auf den braunen Vorderflügeln des Braunen Bären könnte man als Gestalt auflösende Färbung auffassen (sog. Somatolyse). Bei Gefahr zeigt der Falter jedoch blitzschnell seine roten Hinterflügel mit blauschwarzen Flecken, die Feinde, vor allem Vögel abschrecken sollen. Bei Berührung erscheint zusätzlich zwischen Kopf und Brustabschnitt ein roter Drüsenring, der ein unangenehm riechendes Sekret absondert (Bellmann 2003). Die Eiablage findet ab Juli an den Futterpflanzen blattunterseits statt. Die Weibchen können bis 500 Eier ablegen.
Die lang behaarte Raupe auf einem grünem Pflanzen-BlattZoombild vorhanden

Abb. 3: Die Raupen des Braunen Bären werden bis zu 6 cm lang und sind stark behaart. Foto: T. Laußmann

Die Räupchen schlüpfen noch im gleichen Herbst und überwintern mit ca. 10 mm Größe am Boden in geschützten Stellen. Im Frühjahr wandern die Raupen auf ihre Futterpflanzen. Es werden neben vielen krautigen Pflanzen wie Mädesüß, Brennnessel, Ampfer auch Himbeere und Brombeere sowie Sal- und Silberweide gerne befressen. Wegen der Seltenheit des Auftretens dieser Falterart kann man kaum von Fraßschäden an Gehölzen ausgehen. Die erwachsenen, schwarzbraunen Raupen erreichen bis 60 mm Länge und sind stark behaart (Name!). Sie verpuppen sich in einem dichten Gespinst im Juni/Juli am Boden.

Weitere heimische Bärenspinner-Arten

Der Augsburger Bär sitzt auf einem grünem Plfanzen-BlattZoombild vorhanden

Abb. 4: Der Augsburger Bär ist unser größter heimischer Bärenspin­ner. Foto: J. Hlasek

Der Russische Bär (Euplagia quadripunctaria) – auch »Spanische Flagge« genannt – mit schwarz-weißgelben Vorder- und roten Hinterflügeln mit schwarzen Punkten fliegt einem Tagfalter gleich tagsüber. Im Gegensatz zu den meisten Bärenspinnern besitzen die Falter des Russischen Bären einen gut entwickelten Saugrüssel und besuchen daher gerne Blüten zur Nahrungsaufnahme, allen voran die Blüten des Wasserdost an windgeschützten Waldwegerändern. Die Raupen leben an verschiedenen krautigen Pflanzen wie beispielsweise Himbeere, Natternkopf, Brennnessel und Fuchs-Kreuzkraut. Die Art ist eine prioritäre Art der FFH-Richtlinie.

Der Augsburger Bär (Pericallia matronula) ist der größte einheimische Bärenspinner mit einer Flügelspannweite von 65–80 mm. Die Vorderflügel sind dunkel-braun mit einigen weißen Punkten, die Hinterflügel sind gelb mit schwarzen Flecken. Auffällig ist der leuchtend rote Hinterleib. Die Raupen können bis 100 mm lang werden und fressen an Sträuchern und verschiedenen Kräutern, zum Beispiel Haselnuss, Himbeere, Löwenzahn. Diese Falterart ist eine attraktive und farbenprächtige Erscheinung, aber auch eine große Seltenheit unserer Fauna.

Der Schönbär (Callimorpha dominula) ist ein hübscher, attraktiver Schmetterling, dessen Vorderflügel schwarz mit gelben und weißen Flecken, seine Hinterflügel leuchtend rot mit schwarzen Flecken gefärbt sind. Der Falter kommt gerne in eher feuchteren Biotopen vor. Auch er besucht, wie der Russische Bär, gern Blüten. Die Raupen entwickeln sich an einer Vielzahl von Pflanzen.

Der neozoische Amerikanische Webebär

Der Amerikanische Webebär auf einem Blatt (Er hat eine weiße Grundfarbe schwarz punktiert)Zoombild vorhanden

Abb. 5: Der Amerikanische Webebär ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa etabliert. Foto: J. Hlasek

Eine neozoische Bärenspinner-Art ist der Amerikanische Webebär (Hyphantria cunea), der bereits um 1940 von Nordamerika nach Mitteleuropa verschleppt wurde. Die Art trat zuerst in Budapest auf, 1951 wurde er aus Österreich gemeldet. Der Falter ist schneeweiß mit kleinen schwarzen Punkten und besitzt keinen Saugrüssel. Die Raupe ist lang behaart und zeigt eine vorwiegend grüngelbe Grundfärbung. Sie ist extrem polyphag – es sind über 250 Nahrungspflanzen bekannt. Anfangs leben die jungen Raupen in großen Gespinsten gesellig zusammen, als Altraupen vereinzeln sie sich. Wegen der Vielzahl an Fraßpflanzen wurde eine weitere Einschleppung des Webebären auch nach Deutschland von den Pflanzenschützern befürchtet. Bisher kam es allerdings nicht dazu, aber der Klimawandel könnte diese Art wieder fördern. In Österreich kommt der Falter regelmäßig am Neusiedler See vor. Von dort stammen auch die letzten Nachrichten 2009 von einer Massenvermehrungen in einem 16 ha großen Laubwald. Hauptsächlich wurde dabei Eschenahorn kahl gefressen (Krehan & Steyrer 2009).

Skurrile Brautwerbung

Weißliche, Fransige Ausstülpungen ragen aus dem an einer Pflanze hängenden Falter Zoombild vorhanden

Abb. 6: Das Männchen der Bärenspinner­-Art Creatonotos gangis. Foto: Buck Richardson, www.leapfrogoz.com.au

Eine besonders auffällige, ja skurrile Brautwerbung führt die tropische Bärenspinner-Art Creatonotos gangis durch. Das Männchen dieser in Südostasien und Australien beheimateten Art stülpt mehrere körperlange, schlauchartige Anhänge aus, die Duftdrüsen besitzen, um mit Pheromonen Weibchen auch aus großer Entfernung anzulocken. Der Falter gleicht in diesem Zustand eher einer kleinen Krake als einem Falter.

Biblischer Bärenspinner

Im Rahmen der bayerisch-israelischen Kooperation bei der Erforschung der Schmetterlingsfauna Israels wurde 2002 ein Bärenspinner (Olepa schleini) entdeckt, der ausschließlich Rizinus als Nahrung annimmt. Damit wurde das Rätsel um den »Wurm«, den der Herr schickte, damit der schattenspendende Rizinus verdorrte (s. Buch Jona 4, 6–10), gelöst.

Literatur

  • Bellmann, H. (2003): Der neue Kosmos-Schmetterlingsführer, 445 S.
  • Hausmann, A. (2005): Tiere und Kunst aus Israel. Ber. d. Freunde der ZSM, Bd. 2, S. 22–25
  • Krehan, H.; Steyrer, G. (2009): Amerikanischer Webebär Hyphantria cunea im Burgenland. Forstschutz aktuell 47, S. 28–29

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