Header Biodiversität

RSS-Feed der Bay. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft abonnieren

So verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr. Unser RSS-Feed "Nachrichten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft" informiert Sie kostenlos über unsere aktuellen Beiträge.

Aufruf des RSS-Feeds

Gerd Janssen
Flatterulmen in Schleswig-Holstein: von der Auenrenaturierung bis zur Umweltbildung – LWF Wissen 83

Karte von SHZoombild vorhanden

Abb. 1: Verbreitung der Flatterulme in Schleswig- Holstein 2019 nach Fundpunkten (Grafik: LWF)

Dass Schüler Bäume pflanzen, ist erfreulicherweise heute nicht eben selten. Dass dabei gelegentlich auch die Flatterulme Berücksichtigung findet, zeigt, wie sehr die Baumart doch allmählich aus ihrem früheren Schattendasein herauszutreten beginnt. Dass aber eine ganze Schule sich mit regelmäßigen Pflanzungen der Förderung der Flatterulme verschrieben hat, scheint nicht gerade alltäglich.

Die Rede ist hier von dem Auwaldbildungsprojekt des Uetersener Ludwig-Meyn-Gymnasiums (LMG) im Süden Schleswig-Holsteins. Wie der Begriff ahnen lässt, handelt es sich einerseits um ein Projekt zur Auwaldbildung, andererseits aber auch um ein Bildungsprojekt, das dem Auwald gewidmet ist. Praktischer Naturschutz und Umweltbildung sind also miteinander verzahnt.

Nachdem die Schule zuvor schon bei anderen Maßnahmen zur Renaturierung des holsteinischen Elbnebenflusses Krückau mitgewirkt hatte, erfolgte ab 2002 eine Ausweitung des Engagements auf die Talaue am Oberlauf des kleinen Flusses. Nach verschiedenen Pflanzaktionen mit Schwarzerlen und Eschen wurde 2005 die Einbeziehung der Flatterulme erwogen, die dem Autor von der Erfassung des Schwarzstorchs aus verschiedenen Bruthabitaten vertraut war.

Erfahrungen in Dithmarschen hatten zudem gezeigt, dass die Baumart ohne Schwierigkeiten aus Saatgut auch von Laien aufgezogen werden könne (Denker; Stecher mdl. 2005). Und so lag der Gedanke nahe, die Schülerinnen und Schüler die Bäume, die sie später pflanzen sollten, selbst aufziehen zu lassen. Bei den vorbereitenden Erörterungen im Lehrerkollegium reagierten die meisten sehr aufgeschlossen, obwohl ihnen die Flatterulme gänzlich unbekannt war. Einige äußerten anfänglich jedoch auch Bedenken, ob die Art in Schleswig-Holstein überhaupt heimisch sei, ob nicht womöglich die Bäume an der Ulmenkrankheit ohnehin bald wieder eingingen und ob sie für die zur Verfügung stehenden Flächen überhaupt geeignet seien.

Diese Bedenken machten eingehendere Recherchen und Untersuchungen erforderlich, die dann gemeinsam mit dem damaligen Leiter des Forstamtes Rantzau, Hans-Albrecht Hewicker, durchgeführt wurden und deren Ergebnisse am Ende über die Beantwortung der Kollegenfragen noch etwas hinausgingen (Janssen; Hewicker 2006, 2007). Im Folgenden sollen die Ergebnisse zum Vorkommen der Flatterulme, ergänzt durch neuere Befunde, sowie der Einsatz der Baumart im Zusammenhang des Auwaldbildungsprojekts vorgestellt werden.

Verbreitung

Dicke Ulme

Abb. 2: Stärkste Flatterulme Schleswig-Holsteins. (Foto: G. Janssen)

Die Darstellung des Verbreitungsgebietes der Flatterulme in Schleswig-Holstein ist in der Literatur nicht einheitlich. Während Hegi (1957) die Schleswig-Holsteinische Geest und das Östliche Hügelland in vollem Umfang dem Verbreitungsgebiet zuordnet und Mackenthun (2000), Collin et al. (2000) sowie Schütt et al. (2002) zumindest Teile des Landes dazurechnen, sparen Meusel et al. (1965), Müller-Kroehling (2003a) und Collin (2003) in ihren Verbreitungskarten Schleswig- Holstein völlig aus.

Müller-Kroehling (2003b) regt allerdings an, die »Lücke in der Verbreitungskarte« zu hinterfragen. Ältere Veröffentlichungen von Verbreitungskarten der Flatterulme für das Bundesland Schleswig-Holstein liegen dreißig Jahre zurück (Raabe 1987 und auf derselben Grundlage Haeupler und Schönfelder 1988) und entsprechen nicht mehr dem heutigen Kenntnisstand. So weist die Verbreitungskarte bei Raabe lediglich 51 Einträge für die Flatterulme aus.

Inzwischen haben jedoch Erfassungsprogramme der AG Geobotanik Schleswig-Holstein und Hamburg, der Forsteinrichtung für die Landesforsten, der Nordwestdeutschen (früher: Niedersächsischen) Forstlichen Versuchsanstalt, der Biotopkartierung des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, W. Denkers in Dithmarschen, wie auch eigene Erhebungen zu einem beträchtlichen Datenzuwachs geführt.

Wie die Auswertung der genannten Quellen und eigene Erhebungen ergeben haben, ist die Flatterulme über die Naturräume Geest und Östliches Hügelland Schleswig-Holsteins über alle Landesteile verbreitet, wenn auch ungleichmäßig: im Südosten stärker als im nördlichen Schleswig-Holstein (Abbildung 1). Die größten Vorkommen befinden sich in der Umgebung von Eutin, dem früheren Fürstbistum Lübeck, mit dem größten Einzelvorkommen mit ca. 400 Individuen im Ukleigehege, und auf der Geest im früheren Gut Kaden, den heutigen Gemeinden Alveslohe und Ellerau im Westen des Kreises Segeberg, mit 537 Individuen.

Es wurden Stämme mit bis zu 2,07 m BHD (Abbildung 2) und 42,5 m Höhe (Östliches Hügelland, Abbildung 3) bzw. 37,5 m Höhe (Holsteinische Geest) ermittelt. Wie sich zeigte, ist die Art in deutlich größerer Dichte verbreitet, als es die sporadischen Einträge in den Rasterverbreitungskarten für Schleswig-Holstein (Raabe 1987) erwarten ließen. Somit steht außer Frage, dass Schleswig-Holstein als Ganzes mit Ausnahme der Marsch zum gegenwärtigen Verbreitungsgebiet der Flatterulme zählt.
Gerade und hohe UlmenZoombild vorhanden

Abb. 3: Über 40 m hohe Flatterulmen. (Foto: G. Janssen)

Ob das Land auch dem natürlichen Verbreitungsgebiet von Ulmus laevis zuzuordnen ist, hängt von der Klärung der Frage ab, inwieweit die Art hier als autochthon gelten kann. In der nacheiszeitlichen Waldentwicklung Schleswig-Holsteins kommt es nach pollenanalytischen Untersuchungen (Menke 1992; Hase 1997) im Präboreal (8000 – 7000 v. Chr.) zu einem ersten Auftreten der Gattung Ulmus.

In den Eichenmischwäldern des Atlantikums erreicht die Gattung dann seit etwa 3500 v. Chr. ihre höchsten Werte, bevor sie mit dem Ulmenabfall im Subboreal stufenweise auf ein niedriges Niveau herabsinkt, das jedoch bis in die Zeit um 1800 n. Chr. gehalten wird (Averdieck 1957). Das zeitlich lückenlose Vorkommen der Gattung Ulmus von ihren ersten Anfängen bis in die Gegenwart ist damit für Schleswig-Holstein belegt.

Ältere Pollenanalysen sind allerdings nicht nach den einzelnen Ulmenarten differenziert, was anhand der unterschiedlichen Porenzahl der Pollen durchaus möglich wäre (Stockmarr 1970). Danach überwiegen bei allen Ulmenarten fünfporige Pollen, bei Ulmus glabra und Ulmus minor kommen jedoch auch sechsporige und bei Ulmus laevis vierporige Pollen vor.

In ihren pollenanalytischen Untersuchungen an einem Quellmoor im Dithmarscher Riesewohld konnten Arnold und Dörfler (2012/13) jetzt für die Schicht bis 200 v. Chr. ein relativ häufiges Auftreten vierporiger Pollenkörner nachweisen. Damit ist der Nachweis der Autochthonie der Flatterulme für diesen historisch alten Waldstandort im Westen Schleswig-Holsteins, an dem die Art auch heute noch vorkommt, erbracht.

Aus dem Einzelnachweis ist nicht zwingend zu folgern, dass alle übrigen Vorkommen des Landes ebenfalls autochthon wären, zumal viele Flatterulmen als Hof-, Dorf-, Parkund Alleebäume nachweislich gepflanzt sind. Für viele der erfassten Vorkommen in historisch alten Wäldern, die auch bereits in den Kartenwerken des 18. Jahrhunderts als Wald ausgewiesen sind, dürfte das gleichwohl der Fall sein.
weiterlesen

Habitat und Vergesellschaftung

Ulme mit BrettwurzelnZoombild vorhanden

Abb. 4: Die Brettwurzeln des Uferbaumes weisen dem kleinen Waldbach die Richtung. (Foto: G. Janssen)

Um zu Aussagen über Habitatverhältnisse und Vergesellschaftung zu gelangen, wurden im Rahmen eigener Erhebungen 37 Wuchsorte aufgesucht, die in den Kartenwerken von Varendorf, du Plat oder der Kurhannoverschen Landesaufnahme als alte Waldstandorte ausgewiesen sind und an denen aufgrund der oben genannten Quellen zur Verbreitung sowie eigener Erfahrungen Flatterulmen-Vorkommen auch höheren Alters zu erwarten waren.

An diesen Plätzen wurden jeweils die Standortbedingungen sowie die Baum- und Straucharten-Zusammensetzung kartiert. An zweien der Wuchsorte konnte die Art nicht gefunden werden, an einem nur mit sechs Exemplaren auf dem Waldrandwall und lediglich einem im Bestand. Die Kartierung der verbleibenden 34 Wuchsorte führte zu folgenden Ergebnissen:

An allen Wuchsorten kommt die Flatterulme in Beständen von fünf bis ca. 400 Exemplaren (im Mittel 38) in unterschiedlichen Altersstufen und ohne erkennbare anthropogene Regelmäßigkeit vor. Mit Ausnahme der in einigen Wäldern anzutreffenden Randwallbestockung deutet nirgends etwas auf eine Anpflanzung hin. Es scheint sich also in allen Fällen um natürliche Habitate der Art zu handeln.

Die Standorte sind ausnahmslos durch eine mehr oder weniger starke Beeinflussung durch Grund- bzw. Oberflächenwasser gekennzeichnet. So wurden 21 Standorte als ›feucht bis nass / in Teilen sehr nass‹ eingestuft, elf als ›feucht‹ und nur zwei als ›frisch‹. Obwohl die Flatterulme im Allgemeinen als charakteristische Art der Hartholzaue beschrieben wird (z. B. Ellenberg 1996; Härdtle et al. 1996; Schütt et al. 2002; Schmitt 2005), wurde sie an diesem Standort nur zweimal gefunden.
Hohle Ulmen an einem UferZoombild vorhanden

Abb. 5: Am Rande eines Auengewässers wurden diese alten Flatterulmen früher als »Kopfbäume« gepflegt. Heute sind sie völlig hohl. (Foto: G. Janssen)

Das erklärt sich allerdings damit, dass Auenwälder in Schleswig-Holstein schon seit dem Mittelalter in großem Umfang gerodet und ihre Standorte durch spätere Flussbegradigung, Überbauung, Aufspülung und Uferbefestigung weitgehend zerstört worden sind (Härdtle 1995).

So sind die für die Flatterulme eigentlich charakteristischen Pflanzengesellschaften der flussbegleitenden Hartholzaue in Schleswig-Holstein ausgestorben (Dierßen et al. 1988) bzw. nur noch in Form kleinerer Reliktvorkommen vorhanden. 18 Wuchsorte lagen im Einzugsgebiet eines Baches und weitere zwölf in dem eines temporären Fließgewässers. An 16 Stellen wurden Bäume gefunden, die unmittelbar am Ufer eines Wasserlaufes standen und z. T. mit ihren Wurzeln in das offene Wasser hineinragten (Abbildung 4).

Für elf Wuchsorte konnte quelliges Gelände bzw. Hangdruckwasser festgestellt werden. Nur in drei Fällen standen die Bäume in einem Bruchwald oder an dessen Rande und zweimal in oder an einer sonstigen feuchten oder frischen Senke. Es zeigt sich also, dass die Flatterulme an ihren natürlichen Wuchsorten vorrangig im Überflutungsbereich kleiner Fließgewässer und an sonstigen grundwasserbeeinflussten Standorten vorkommt (Abbildung 5).

Dabei bevorzugt sie Standorte mit Zugwasser gegenüber solchen mit Stauwasser, auch wenn hoch anstehendes Grundwasser noch toleriert wird, sofern es zumindest leicht bewegt ist.
weiterlesen

Gefährdung

In der Roten Liste Schleswig-Holsteins (Mierwald und Romahn 2006) erscheint die Flatterulme als gefährdete Art (Kategorie 3). Als Gefährdungsfaktor europäischer Ulmen ist vor allem die Holländische Ulmenkrankheit bekannt, die große Teile der Ulmenbestände dahingerafft hat. Allerdings wird der Flatterulme gemeinhin eine deutlich geringere Anfälligkeit gegenüber der Holländischen Ulmenkrankheit zugeschrieben als den beiden anderen heimischen Ulmenarten (Röhrig 1996; Müller-Kroehling 2003a, b; NFV 2004).

Von den in schleswig-holsteinischen Wäldern aufgesuchten Flatterulmen (n = ca. 1.300) zeigten einige im Jahre 2006 eine mehr oder weniger starke Kronentransparenz. Diese trat jedoch durchweg parallel zu einem überdurchschnittlich hohen Fruchtansatz auf, dürfte also eher mit diesem als mit der Ulmenkrankheit in Verbindung stehen.

Nur sehr selten wurden einzelne tote Äste gefunden. Etwas deutlichere Schädigungsmerkmale (Blattverlust, Totäste, fehlende Feinverästelung) wiesen einige Hof- bzw. Alleebäume auf. Doch in diesen Fällen kamen jeweils auch andere Ursachen in Betracht, so dass nicht unbedingt auf eine Erkrankung an der Holländischen Ulmenkrankheit zu schließen war, zumal genauere pathologische Untersuchungen nicht möglich waren. Die charakteristische Blattwelke wurde zumindest nicht beobachtet.

In Einzelfällen gibt es Berichte darüber, dass Bäume nach erfolgter Infektion die Krankheit überwunden haben: So ist in der Landesbiotopkartierung (TK 25 1730, Nr. 067) im Jahre 1987 eine alte Flatterulme als »von Ulmenkrankheit befallen« kartiert. 2006 erscheint der Baum hingegen ohne erkennbare Schädigung. Vergleichbar ist eine alte Flatterulme an der Einfahrt zum Hof Süderholz bei Schwesing in Nordfriesland, die 2006 gesund erscheint. Sie ist in einer Reihe von erkrankten und hernach abgestorbenen Bergulmen die einzige Überlebende und hatte zum Zeitpunkt der Epidemie ebenfalls deutliche Krankheitssymptome aufgewiesen, von denen sie sich jedoch erholte (Kuhrt, mdl. 2006).
Stärker als die Holländische Ulmenkrankheit scheinen in Schleswig-Holstein Habitatverluste bzw. -veränderungen den Ausschlag für die Einstufung in der Roten Liste gegeben zu haben. Neben der schon im Mittelalter einsetzenden Rodung von Auwäldern und deren Überführung in landwirtschaftliche Nutzflächen ist es seit dem 19. Jahrhundert der Ausbau von Flüssen und Bächen, der den angestammten Lebensraum der Flatterulme vernichtete oder zumindest entwertete.

Mit derartigen Eingriffen gingen umfangreiche Grundwasserabsenkungen und Trockenlegungen von Feuchtgebieten mit anschließender Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen einher. Die umfassende Entwässerung der Landschaft ist oft nicht ohne Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der umgebenden Waldstandorte geblieben, so dass auch an ihnen Quellen versiegten und Bäche austrockneten mit Konsequenzen für die Überlebensfähigkeit der jeweiligen Restpopulation. Wie die alten Bäume auf die Grundwasserabsenkungen reagieren, scheint noch umstritten (Mackenthun 2000).

Mit der Entwässerung verändern sich allerdings die Reproduktionsbedingungen. Nur auf unbedecktem Boden, der durch Überflutung bis kurz vor dem Samenfall (Ende Mai bis Anfang Juni) vegetationsfrei gehalten wird, kann eine Keimung der Ulmen erfolgen. Wo die Überflutung aufgrund der Entwässerung früher endet oder gänzlich ausbleibt, wird die Verjüngung unmöglich. Von den in Schleswig-Holstein untersuchten Standorten (n = 34) konnte nur an vieren frische Verjüngung entdeckt werden, wobei zwei Fälle auf unnatürliche Bedingungen zurückzuführen waren. Einmal gediehen die Sämlinge in der Spur eines schweren Fahrzeugs, ein anderes Mal am Rande eines frisch aufgeschütteten Dammes.

Für die Flatterulme, eine »auf Normalstandorten eher konkurrenzschwache Mischbaumart« (Müller-Kroehling 2003b), ist es des Weiteren nötig, dass periodische Überflutungen oder hoch anstehendes Grundwasser das Eindringen konkurrenzstärkerer Arten wie der Rotbuche und des Bergahorns verhindern. Wo der Wasserstand absinkt, kann sich die Flatterulme gegen diese Arten nicht mehr durchsetzen. So wurden an zwei Standorten urwüchsige bachbegleitende Eschen-Erlenwälder mit eingestreuter Flatterulme gefunden.

Aufgrund von Begradigung und Vertiefung des Baches waren die Standorte aber dermaßen entwässert, dass in weiten Teilen der Flächen die Buche eingewandert war. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis an diesen Standorten die Flatterulme verschwindet. Außerdem wird die natürliche Reproduktion durch eine erhebliche Verbissbelastung bei den heute üblichen Wilddichten eingeschränkt. In einem mit Schwarzerlen und Flatterulmen bepflanzten Gatter, das sich als nicht wilddicht erwies, wurden sämtliche Jungulmen, aber kaum Erlen vom Rehwild massiv verbissen.

Mit dem Nachweis der Autochthonie der Flatterulme in Schleswig-Holstein, der Zugehörigkeit des Landes zum natürlichen Verbreitungsgebiet der Art, ihrer besonderen Eignung für Au- und Feuchtwälder sowie der geringen Anfälligkeit gegenüber der Holländischen Ulmenkrankheit konnten die anfänglichen Bedenken gegen eine Einbeziehung der Flatterulme in das Auwaldbildungsprojekt des LMG entkräftet werden, so dass ihrer Berücksichtigung nichts mehr im Wege stand.

Einsatz in der Auenrenaturierung

Ein wirksamer Schutz der Flatterulme muss bei der Erhaltung noch vorhandener In-situ-Bestände ansetzen. Entscheidende Voraussetzung dafür ist in vielen Fällen eine Verbesserung der Habitatbedingungen durch die Beendigung der Entwässerung von Feuchtbereichen. Zu diesem Zwecke ist das Schließen von Entwässerungsgräben, das Aufheben von Verrohrungen sowie die Regeneration von Brüchen, Bachläufen und Quellen anzustreben, um die Lebensbedingungen der Flatterulme gegenüber konkurrenzstärkeren Baumarten mit einer allmählichen Wiedervernässung zu verbessern.

Darüber hinaus scheint jedoch eine Ausweitung des Anbaus durch Neuanpflanzungen sinnvoll. Neben den Auenbereichen großer Flüsse eignen sich dafür gleichfalls die Talauen kleinerer Fließgewässer. Für deren Renaturierung postuliert die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) die Einbeziehung der Auenbereiche und als Leitbild den potenziell natürlichen Zustand. Damit eröffnen sich bei der Umsetzung der WRRL Möglichkeiten für eine Wiederbewaldung der Talauen.

Ein Beispiel für einen solchen Ansatz ist der Elbnebenfluss Krückau im Süden Schleswig-Holsteins. Die Krückau zählt zu den Vorranggewässern, die bei der Umsetzung von WRRL-Maßnahmen eine höhere Priorität genießen. Dementsprechend sieht das landesseitig in Auftrag gegebene Renaturierungskonzept für den Oberlauf der Krückau die Einbeziehung der Talaue und in weiten Teilen Sukzession bis hin zur Waldbildung vor.

In diesen konzeptionellen Zusammenhang hat sich das Uetersener LMG in Abstimmung mit den Gemeinden Alveslohe und Langeln, den Unteren Naturschutz- und Wasserbehörden der Kreise Segeberg und Pinneberg, der Unteren Forstbehörde, dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein als Flussgebietsbehörde für die Umsetzung der WRRL, Teilgebiet Elbe, sowie verschiedenen Grundeigentümern mit seinem Auwaldbildungsprojekt »LMG-Zukunftswald « gleichsam als »ehrenamtlicher« Partner eingebracht. Konzipiert ist das Zukunftswaldprojekt als ein Langzeitprojekt, an dem sich immer wieder neue Schülerjahrgänge beteiligen.

Das geschieht entweder in Form von Schutzmaßnahmen für die im Zuge der Sukzession natürlich aufkommenden Bäume und Sträucher oder durch zusätzliche Initialpflanzungen. Damit verfolgen die Schüler das Ziel, die Krückau im Oberlauf zwischen Kaltenkirchen und Barmstedt allmählich wieder zu einem Waldbach zu machen und so zur ökologischen Verbesserung des Gewässers und seiner Aue beizutragen (Janssen 2014).
weiterlesen
Der Ulmen-Zipfelfalter, ein gefährdeter Spezialist

Umweltpädagogische Bedeutung

Naturverjüngung von Flatterulme im MatschZoombild vorhanden

Abb. 15: Naturverjüngung der Flatterulme am Ufer der Krückau. (Foto: G. Janssen)

Außer den auf eine ökologische Verbesserung der Auenlandschaft gerichteten Zielen verfolgt das Auwaldbildungsprojekt des LMG auch umweltpädagogische Ziele. Damit handelt es sich also um eine Bildungsmaßnahme im Sinne der Umsetzung der Agenda 21 (Kap. 36), die einen Beitrag zur Förderung des Umweltbewusstseins junger Menschen darstellt, in diesem Falle der an den Pflanzungen teilnehmenden Jugendlichen.

Kinder und Jugendliche haben durchweg ein Gespür dafür, dass der Schutz der Natur etwas mit der Erhaltung der eigenen Lebensgrundlagen zu tun hat. Oft zeigt sich allerdings eine gewisse Ratlosigkeit darüber, was man denn als einzelner Jugendlicher oder in der Gruppe zum Schutz der Natur tun kann. In einer solchen Situation sind die jungen Menschen für Anregungen dankbar und bemüht, zum Gelingen des gemeinsamen Vorhabens beizutragen.

Indem die Schülerinnen und Schüler junge Bäume für das Projekt »LMG-Zukunftswald« zum Teil aus selbst geworbenem Saatgut eigenhändig über einen längeren Zeitraum aufziehen und ihre Pfleglinge dann mit der gesamten Schule gemeinschaftlich pflanzen (Abbildung 13), wird ein hohes Maß an Identifikation mit dem eigenen Tun und eine nachhaltig wirkende emotionale Bindung zu den selbst gepflanzten Bäumen wie auch dem Auwaldprojekt in seiner Gesamtheit entwickelt.

Da die eigenhändige Aufzucht der jungen Bäume nicht in der Schule, sondern zu Hause in den Familien erfolgt, erreicht die Idee der Auwaldbildung nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern ebenso deren Eltern, Großeltern und Geschwister und wirkt damit deutlich über die Schule hinaus. Dieser Effekt wird auch durch die Einbeziehung von Kooperationspartnern aus anderen Teilen der Gesellschaft befördert.

Deren Bedeutung in diesem Konzept beschränkt sich nicht auf ihre Mithilfe, sondern sie tragen das Erlebte ihrerseits mit nach Hause, transportieren es in ihren jeweiligen Bekanntenkreis. Beteiligte Institutionen wie z. B. die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein machen das Projekt auf ihren Flächen zum Teil ihres eigenen Programms und beziehen es in ihre Öffentlichkeitsarbeit ein. Sie alle wirken damit als Multiplikatoren.
weiterlesen

Ausblick

Mit wachsendem Bekanntheitsgrad, zu dem auch die Ausrufung der Art als »Baum des Jahres 2019« beitragen mag, wird die Flatterulme bei künftigen Au- und Feuchtwaldpflanzungen in zunehmendem Maße Verwendung finden. Zu wünschen ist darüber hinaus ihre stärkere Berücksichtigung als Ufergehölz im Zuge künftiger Projekte zur Bachrenaturierung.

Für die Fortsetzung des Auwaldbildungsprojekts »LMG-Zukunftswald« ist weiterhin die Bereitstellung von geeigneten Flächen in der Talaue der Krückau unabdingbare Voraussetzung. Hier ist weiterhin das Land gefordert, den Flächenankauf in Umsetzung der WRRL zu forcieren.

Aus umweltpädagogischem Blickwinkel betrachtet, kommt dem Projekt eine Vorbild- und Multiplikatorfunktion zu. So sind auf das Beispiel des LMG hin bereits verschiedene Auwald- und Flatterulmenpflanzungen erfolgt und weitere in der Vorbereitung, auch über Schleswig-Holstein hinaus.

Auf dem Gebiet der Waldbildungsmaßnahmen eröffnet sich für engagierte Pädagogen ein Feld von Möglichkeiten, das sicher noch nicht ausgelotet ist. Ermutigt hat dazu aber Schleswig-Holsteins damaliger Bildungsstaatssekretär Dirk Loßack bei seinem Besuch der Pflanzaktion zum 90-jährigen Schuljubiläum im Frühjahr 2013 zusammen mit Umweltminister Robert Habeck, indem er das gemeinschaftliche Engagement von Schülern, Eltern, Lehrkräften und außerschulischen Kooperationspartnern als »ein herausragendes Beispiel für einen umweltpädagogischen Bildungsansatz« würdigte, »bei dem sich Nachhaltigkeit in Schülerköpfe pflanzt«.

Zusammenfassung

Auf der Grundlage der verfügbaren Quellen und der Ergebnisse eigener Erhebungen wird die Verbreitung der Flatterulme (Ulmus laevis) in Schleswig- Holstein dargestellt. Die Verbreitung der Art erstreckt sich über die Naturräume Östliches Hügelland und Geest des gesamten Landes, ist jedoch lückenhaft.

Dieses wird mit regionalen und lokalen Unterschieden in der Nutzung der Landschaft durch den Menschen in Vergangenheit und Gegenwart erklärt. Die Reliktvorkommen werden als autochthon gewertet. Als bevorzugt besiedelte Habitate haben sich feuchte bis nasse bachbegleitende Eschen-Erlenwälder erwiesen, teilweise an Quellhorizonten, teilweise im Übergang zum Eichen-Hainbuchenwald, teilweise im Übergang zum Erlenbruchwald. Am häufigsten mit der Flatterulme vergesellschaftete Baumarten sind Esche und Schwarzerle.

Die Flatterulme ist stärker als durch die Holländische Ulmenkrankheit durch die Zerstörung ihrer Lebensräume gefährdet. Mit umfangreichen Pflanzungen im Rahmen eines Schulprojekts wird die Flatterulme bei der Bach- und Auenrenaturierung eingesetzt. Die eigenhändige Aufzucht von Flatterulmen und deren nachfolgende Pflanzung tragen zur Entwicklung des Umweltbewusstseins der Schülerinnen und Schüler bei.
Literatur

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autor

  • Gerd Janssen