Gero Brehm, Andreas Brehm, Jörg Ewald und Gerhard Huber
Elsbeeren im Fünfseenland – LWF aktuell 114
Wer von Elsbeeren in Bayern spricht, der denkt meist an Unter- und Mittelfranken – zählt die Elsbeere doch zu den besonders wärmeliebenden heimischen Baumarten. Sehr selten ist sie allerdings auch südlich der Donau anzutreffen. Im Fünfseenland südwestlich von München existiert eine isolierte Elsbeerenpopulation, die vermutlich von dem milderen »Seeklima« profitiert.
Jedoch ist es um diese Elsbeerenpopulation nicht gut bestellt. Ein Forschungsprojekt sollte daher den Gesamtbestand der Elsbeeren im Fünfseenland soweit möglich kartieren und eine Grundlage für die künftige Förderung der klimatoleraten und wertvollen Baumart schaffen. Da die Elsbeere sich mit der im Gebiet häufigeren Mehlbeere kreuzt, wurden die Hybriden zwischen beiden Baumarten einbezogen.
Das Elsbeerenvorkommen im Bereich des oberbayerischen Fünfseenlandes ist ein von den übrigen Vorkommen in Bayern isoliertes Areal, in dem wenige hundert ältere Bäume bekannt sind. Das Fünfseenland liegt südwestlich von München und bezeichnet die Landschaft um Starnberger See, Ammersee sowie die Seen Pilsensee, Wörthsee und Weßlinger See.
Vorkommen
Abb.1: Viele Elsbeeren werden von wuchskräftigen Buchen und Fichten bedrängt. (Foto: G. Brehm)
Derzeit sind 407 baumförmige Elsbeeren und 47 Hybriden erfasst (Stand: 31. August 2016). Es werden laufend einzelne weitere Bäume entdeckt. Die Elsbeere im Fünfseenland zeigt eine überwiegend nachlassende Vitalität. Viele Exemplare werden von Buchen und Fichten überwachsen.
Der große Konkurrenzdruck durch andere Baumarten verdrängt die Elsbeere häufig auf Sonderstandorte oder in den Unterstand. Oftmals ist sie an warm-trockenen Waldrändern anzutreffen. Sie zeigt eine klare Präferenz zu basengesättigten Böden mit geringer Entkalkungstiefe. Aufgrund fehlender Kronenpflege kann die Elsbeere ihr Wuchpotenzial nur selten entfalten.
Mit BayWIS für mehr Elsbeere
In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft entstand dazu eine praxisgerechte BayWISLösung, die es erlaubt, die Standorte der Bäume genau zu lokalisieren und auf Karten darzustellen: Die Daten stehen allen BayWIS-Nutzern unter dem Thema »Elsbeere 5 Seenland« zur Verfügung. Damit ist es leichter möglich, die Elsbeerenbesitzer zu beraten und Maßnahmen für deren Erhaltung in die Wege zu leiten.
Die natürlichen Hybriden zwischen Elsbeere und Mehlbeere (beide zur Gattung Sorbus gehörig), welche in Teilen Nordbayerns zur Bildung von Kleinarten geführt hat (Meyer 2010), wurden im Rahmen des Projekts von Keller (2015) sowie von Ewald et al. (2016) untersucht. Insgesamt wurden sechs Vorkommen baumförmiger Hybride entdeckt. In der Regel handelt es sich um diploide, genetisch nicht fixierte Spontanhybriden, die je einen Chromosomensatz der beiden Elternarten enthalten.
Von besonderem Interesse war die Entdeckung einer sehr wuchskräftigen durch Chromosomensatzverdopplung und Hybridisierung entstandenen Lokalsorte (Sorbus x decipiens). Genetische Untersuchungen ergaben jedoch, dass die Bäume auf Grund ihres ungeradzahligen, triploiden Chromosomensatzes nur vegetativ vermehrt werden können. Die 27 Bäume befinden sich im Privatwald am Ammerseeufer bei Inning und sind genetisch völlig identische Angehörige desselben Klons (Keller et al. 2015).
Verjüngung
Abb.4: Mehrfach waren Kletterer im Einsatz, um Elsbeeren zu beernten, wie im Jahr 2015 im Klosterwald Andechs, Lkr. Starnberg. (Foto: F. Brundke)
Während der Projektlaufzeit wurden mehrere kleine Erneteaktionen durchgeführt. Im Testeinsatz waren Kletterer, Baumrüttler und Hubwagen. Baumkletterer haben sich in den meisten Fällen als besonders geeignet erwiesen. Kommerzielle Saatgutgewinnung durch Erntefirmen im Fünfseenland dürfte aber auch künftig aus wirtschaftlichen Gründen eher ausscheiden.
Im Staatswald bei Schöngeising konnten im Jahr 2014 mittels Hubsteiger 40 kg Früchte geerntet werden, die allerdings ein sehr geringes Keimprozent aufwiesen. Aus dieser Ernte sind nur einige wenige Pflanzen im nahegelegenen Forstlichen Versuchsgarten Grafrath gezogen worden. Im heißen Sommer 2015 litt die Fruktifikation sehr stark unter der niederschlagsarmen Witterung. Die meisten Früchte vertrockneten bereits auf den Bäumen.
Von 18 beernteten Elsbeeren konnten daher nur 140 Gramm des wertvollen Saatguts geerntet werden. Die Aussaat erfolgte im Frühjahr 2016 im Pflanzgarten in Kerne durch das Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP). Die bislang letzte Ernte im Herbst 2016 im Revier Gauting des Forstbetriebs München und von verschiedenen privaten Elsbeeren erbrachte rund 50 kg Früchte.
Insgesamt war der Auflauf des bisher geernteten Saatgutes sehr gering. Wie die bisherigen Erfahrungen zeigen, ist eine Beerntung im Fünfseenland nur in Vollmastjahren und bei günstigem Witterungsverlauf sinnvoll. Aufgrund der schwierigen Verjüngungssituation und geringen Saatgutausbeute wird derzeit die Anlage einer Samenplantage zur Generhaltung geprüft.
Genetische Struktur
Abb.7: Unmittelbar am Ammersee bei Buch wachsen 27 Elsbeerenhybriden, die sich nur vegetativ vermehren und genetisch identisch sind. (Foto: G. Brehm)
Um Kenntnisse über den Ursprung der Bäume und die genetische Ausstattung zu erhalten, wurden über 250 Proben gesammelt und genetisch analysiert. Hierzu wurden hochvariable DNA-Marker (Kernmikrosatelliten) verwendet. Insgesamt wurden an den acht untersuchten Genorten 121 unterschiedliche Genvarianten (Allele) nachgewiesen. Die Allelverteilung in den Subpopulationen weist Unterschiede auf. Die genetische Vielfalt, das heißt die mittlere Anzahl der Genvarianten je Genort, variiert in den Subpopulationen zwischen 6,63 und 10,0 Allelen.
Diese Unterschiede sind aber als eher gering einzuschätzen. Auffallend ist das Vorhandensein von sehr seltenen Allelen in den meisten Subpopulationen (»private Allele«). Im Vergleich zu den bereits untersuchten Beständen im übrigen Deutschland (Projekt zur Erfassung seltener Baumarten in Deutschland) gehört das Elsbeer-Vorkommen im Fünfseenland zu den Beständen mit einer hohen Diversität. Es ist daher für die Generhaltung besonders geeignet und schützenswert.
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Weiterführende Links
Autoren
- Gero Brehm
- Andreas Brem
- Prof. Dr. Jörg Ewald
- Gerhard Huber