Rebekka Kornder und Elena Falk
Eichenzentrum Hochspessart – LWF aktuell 119

Über Jahrhunderte hinweg wurden die Eichenwälder auf unterschiedlichste Art und Weise von den Menschen genutzt, gepflegt und kultiviert. Gestern wie heute beeinflussen die Laubwälder mit ihren Eichen das Leben im Spessart und entwickelten sich zu einem einmaligen und unvergleichbaren Kulturgut. Die Bewahrung und Fortführung dieser einzigartigen Kulturgeschichte der Laubwälder und der Eichenwirtschaft im Spessart ist daher eine wichtige Aufgabe.

Ein Eichenzentrum im Herzen des Spessarts bietet die Möglichkeit, dieses Erbe sowohl zu erhalten als auch an künftige Generationen weiterzugeben. Es bezeugt den Stolz der Spessarter auf ihre Kulturwälder und ermöglicht einen aktiven Dialog und Austausch in der Gesellschaft. Das vorgesehene waldpädagogische Bildungskonzept stärkt das Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften mit dem Wald sowie für einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen. Anschaulich wird so der Einklang von Mensch und Wald vermittelt.

Der Standort für das Eichenzentrum Hochspessart mit Akademie »Wald und Gesellschaft« ist ein denkmalgeschütztes Hofgut in Erlenfurt, Gemeinde Rothenbuch, im Spessart. Der Hof liegt umgeben von Wiesen und Wald im Hafenlohrtal. Er bietet durch seine idyllische Lage und die traditionelle regionaltypische Architektur einen optimalen Ausgangspunkt für Bildungsangebote zum Thema Wald und Mensch sowie das Erleben von Wald.

Der Vierseithof ist eine Liegenschaft des Freistaats Bayerns, die in den letzten Jahren durch mangelnde Nutzung sehr gelitten hat. Das Hofgut erfährt als Standort für das Eichenzentrum nun wieder eine adäquate Nutzung und wird vor dem weiteren Verfall bewahrt. Die vorhandenen Gebäude werden entsprechend saniert. Bei den teilweise notwendigen Umbauten wird besonderes Augenmerk auf den Erhalt des Charmes des Ensembles gelegt.

Das Eichenzentrum Hochspessart liegt in beschaulicher Lage im Hafenlohrtal. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Einrichtung mit einem umweltschonenden Mobilitätskonzept an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Dabei ist geplant, dass Besucher das Hofgut von Parkplätzen an der Lichtenau und dem Bischborner Hof aus über bestehende Rad- und Wanderwege erreichen können. Auch die Einbindung von E-Mobilität wird zum Beispiel in Form von E-Bike-Ladestationen eine wichtige Rolle spielen.

Diese Maßnahmen tragen zu einem sanften Tourismus und der standortgerechten Besucherlenkung am Eichenzentrum bei. Das Konzept des Eichenzentrums basiert auf zwei Bausteinen, der »Waldwelt Spessart « und einer angegliederten Akademie »Wald und Gesellschaft«. Die »Waldwelt Spessart« bietet Tagesbesuchern auf einmalige Art und Weise das Walderleben in idyllischer Umgebung. Mehrtagesgäste können sich in der Akademie »Wald und Gesellschaft« rund um das Thema Wald fortbilden.

Die »Waldwelt Spessart« führt die Besucher in abwechslungsreichen Stationen durch verschiedene forstliche Themen rund um die Eiche und den Wald im Spessart. Die Besucher erfahren, wie sich die Spessartwälder zu einem außergewöhnlichen Kulturgut entwickelt haben und wie auch heute noch Waldbesitzer und Forstleute dieses Erbe verantwortungsbewusst weitertragen. Dabei wird das Thema Nachhaltigkeit aufgegriffen und die vielfältigen Leistungen und Funktionen des Waldes anschaulich erklärt. Der bayerische Weg »Schützen und Nutzen« auf gleicher Fläche im Wald wird für die Besucher greifbar.

Ein »Schaufenster Forschung« ergänzt das vielfältige Angebot. Es veranschaulicht, wie Forschung funktioniert und welche Rolle sie im forstwirtschaftlichen Handeln spielt. Die Besucher können aktuelle Forschungen, ganz besonders zur Eiche, erleben. Dabei wird erklärt, wie neueste Erkenntnisse in der Wissenschaft entstehen und Einzug in praktisches Handeln finden.

Im Außenbereich des Eichenzentrums Hochspessart werden verschiedene Stationen durch einen Rundweg miteinander verknüpft. Die Besucher erfahren hier Wissenswertes über den nachwachsenden Rohstoff Holz, den Lebensraum Wald oder die Eichenwirtschaft im Wandel der Zeit. Am geplanten Rotwildgehege können die Besucher den »König des Waldes« in seinem natürlichen Lebensraum beobachten.

Eine Erlebnisimkerei mit Bienenweidepflanzen des Waldes soll direkte Einblicke in das Leben dieser fleißigen Insekten geben. Abenteuerlustigen bietet ein Trekkingplatz die Möglichkeit, Wald und Natur am Eichenzentrum intensiv zu erleben und unter freiem Himmel den Ruf des Waldes auf sich wirken lassen. Zahlreiche Wanderwege und ein barrierearmer Weg laden zum Spazieren und Wandern im umliegenden Staatswald des Forstbetriebs Rothenbuch ein.

Dort können die Besucher Vielfalt sowie Struktur- und Artenreichtum des Spessarts am eigenen Leib erfahren. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. Bei einem kleinen Imbiss können sich die Besucher für die weiteren Unternehmungen stärken und schmackhafte regional erzeugte Produkte auch mit nach Hause nehmen.

Kinder, Jugendliche und junge Menschen sind unsere Zukunft. Es ist daher entscheidend, dass sie um die Bedeutung des Ökosystems Wald mit seinen zahlreichen Funktionen und Leistungen wissen. Jedoch entfremdet sich gerade diese Generation zunehmend von Wald und Natur. Um dem entgegen zu wirken, wird die waldbezogene Bildung durch eine Akademie mit dem Schwerpunkt »Wald und Gesellschaft« vertieft und erweitert.

Die Akademie »Wald und Gesellschaft« richtet sich an Multiplikatoren aus ganz Bayern, die täglich mit Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen in Kontakt stehen. Pädagogen wie Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie Ehrenamtliche aus Verbänden und Vereinen sollen durch das Fort- und Weiterbildungsangebot in die Lage versetzt werden, Wissen rund um den Wald weiterzugeben. Gleiches gilt für Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Behörden.

Am Hofgut werden für den Akademiebetrieb moderne Seminar- und Veranstaltungsräume sowie Übernachtungsmöglichkeiten für kleinere Gruppen geschaffen. Die »Waldwelt Spessart« wird in das pädagogische Bildungsangebot der Akademie einbezogen.

Das Eichenzentrum Hochspessart mit Akademie »Wald und Gesellschaft« ist Bestandteil der Regierungserklärung von Herrn Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder vom 18. April 2018. An dem Vorhaben arbeiten das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das örtlich zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt und die Baubehörde bereits seit mehreren Monaten mit Nachdruck.

Ein wichtiger Partner sind zudem die Bayerischen Staatsforsten. Sie gestalten vor allem die Maßnahmen im Außenbereich entscheidend mit. Auch regionale Akteure wie Politik, Vereine und Verbände werden im Rahmen eines Beirats als begleitendes Gremium informiert und einbezogen.

Das Eichenzentrum Hochspessart mit Akademie »Wald und Gesellschaft« erweitert und vertieft die waldbezogene Umweltbildung auf innovative Art und Weise. Der Standort am Hofgut Erlenfurt bietet dafür den optimalen Rahmen. Als entschleunigter und entschleunigender Ort wird das Walderlebnis hier für alle Besucherinnen und Besucher zu einer unvergleichlichen und authentischen Erfahrung. Gleichzeitig schafft das Eichenzentrum Hochspessart als Bildungs- und Informationszentrum einen Mehrwert für die gesamte Region und das Umland.