Michael Mößnang
Holzwerkstatt: Die ganz hoch hinaus wollen – mit Holz – LWF aktuell 127
Bei Hermann Kaufmann und seinem Team dreht sich alles um’s »Bauen mit Holz«
Bislang waren wir mit unserer »Holzwerkstatt« tatsächlich auch in einer Werkstatt, wo es nach Holz roch, wo gebohrt und geleimt wurde. Diesmal besuchen wir eine »Holzwerkstatt« der ganz anderen Art. Büroräume für ein oder zwei Mitarbeiter, aber auch ein Großraumbüro. Und (fast) alle sitzen vor ihren Computern und zeichnen, schreiben und rechnen.
Kein Holzstaub, kein Holzleim und kein Holzlack ist zu riechen oder zu schmecken. Wir sind in den Büroräumen der Hermann Kaufmann + Partner ZT GmbH in Schwarzach im wunderschönen österreichischen Vorarlberg. Hier entstehen unter anderem Holzhäuser – kleine, große, und auch ganz hohe – modern und in die Zukunft gerichtet.
Auf dem Holzweg in die Zukunft
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Abb. 1: Die »Holzwerkstatt« von Univ. Prof. Arch. DI Hermann Kaufmann in Schwarzach (Foto: Martin Bader-Polt)
»Auf dem Holzweg in die Zukunft« lautete die Werkberichtreihe 2018 des Bund Deutscher Architekten. In dieser Vortragsreihe berichteten Holzbauarchitekten über Möglichkeiten und Perspektiven des Baustoffs Holz. So referierte auch der Architekt und Architektur-Professor an der TU München Hermann Kaufmann unter anderem über die lange baugeschichtliche Tradition des Baustoffes Holz von der ersten Urhütte bis hin zu modernen Hochhausbauten in 100 %-Holzbauweise.
»Als nachwachsender Rohstoff ist Holz ein Multitalent zwischen Natur und Technik: Es ist materialisierte Solarenergie, CO2-Speicher sowie universeller Bau- und Werkstoff«, schwärmt Professor Kaufmann.
Startschuss 2012 mit dem »LCT ONE«
Der LCT ONE ist in verschiedener Hinsicht ein »Pionier«-Bauwerk. Es war das erste achtgeschossige Holzgebäude in Österreich und hier wurde 2012 zum ersten Mal ein Gebäude in Holzbauweise an der Hochhausgrenze errichtet. Es ist zudem der Prototyp für die im Forschungsprojekt »LifeCycle Tower« entwickelte Holz-Systembauweise.
»Ziel des Projekts war es, ein Bausystem auf seine Umsetzbarkeit und Funktionstüchtigkeit unter realen Nutzungsbedingungen zu überprüfen«, berichtet uns Professor Kaufmann. »Und das ist uns hervorragend gelungen.«
Abb. 3 - 6: Das LCT ONE während des Baus (Foto: Angela Lamprecht/Hermann Kaufmann + Partner)
Das Brock Commons Tallwood House
Go West: Technologietransfer an den Pazifik. Die University of British Columbia (UBC) im kanadischen Vancouver erstellte einen Holzbau mit großen Ambitionen. Bei seiner Fertigstellung im Jahr 2017 war es mit 53 m das höchste Gebäude aus Massivholz – weltweit.
Das Architektenbüro von Hermann Kaufmann hat den Bau als »Tall Wood Advisor« begleitet und sein Wissen über effiziente Holzbaustrukturen eingebracht. »Das Studentenwohnheim der UBC propagiert eindrucksvoll die Bauweise in massivem Holz. Der 18-geschossige Holzbau demonstriert mit rund 15.000 m² Nutzfläche die Effizienz des Baustoffs«, weiß Professor Kaufmann
Wenn’s nicht hoch, aber doch groß werden soll
Es war wohl eines der größten Bürogebäude aus Holz der Welt. Und das Architekturbüro Kaufmann und Partner setzt damit neue Standards für nachhaltiges Bauen: das IZM – Illwerke Zentrum Montafon im vorarlbergischen Vandans.
Das Verwaltungsgebäude ist mit über 10.000 m² Nutzfläche ein Holzhybridbau der Superlative und der erste Anwendungsfall des Holzbausystems, das für den LCT entwickelt wurde. Die Stärken des Holzbaus werden mit denjenigen des Massivbaus kombiniert.
Hoch hinaus!
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Abb. 9: Prof. Hermann Kaufmann in seiner »Holzwerkstatt« (Foto: Martin Bader-Polt)
»Hoch hinaus« ist zweifelsohne ein Ziel der Holzbaubranche. Mehrgeschossiger Holzbau ist zwar schon länger keine Zauberei mehr, aber Holzhäuser, die die »Wolken kratzen«, sind doch noch eher die große Ausnahme – und eine große Herausforderung für Holzbau-Ingenieure und Architekten.
Mit seinen ansehnlichen 84 m ist der »HoHo«-Turm und der gesamte Ho-Ho-Gebäudekomplex in Wien ein Superlativ im Holzbau. Allerdings ist er kein reines »Holzhaus«, der HoHo zählt zu den Holzhybrid-Bauten. Aber immerhin liegt ab dem Erdgeschoß der Holzbauanteil bei satten 75 %.
Anders verhält es sich bei dem Mjøstårnet-Turm in der norwegischen Stadt Brumunddal. Das Gebäude kann guten Gewissens als »Holzbau« definiert werden. Ebenfalls über 80 m hoch besteht es aus 18 Stockwerken und beherbergt neben Apartments u.a. ein Hallenbad und ein Restaurant.
Das SKAIO, Deutschlands höchstes Holzhaus
Es ist 34 m hoch und steht im baden-württembergischen Heilbronn. Noch ist es Deutschlands höchstes Holzhaus und in Sachen Wohnqualität ein echtes Vorbild, denn das Berliner Architekturbüro Kaden+Lager haben besonders auf gesunde, nachhaltige Materialien geachtet.
Das Gebäude besteht vor allem aus Holz, Stahl und Beton, die zu einer Hybrid-Konstruktion sinnvoll vereint wurden. Es ist jedoch schon abzusehen, dass das SKAIO demnächst seinen 1. Platz verlieren wird – an die »Wildspitze« in Hamburg. Die in Holzbauweise erstellte Wildspitze des Architekturbüros Störmer Murphy and Partners wird ab 2021 mit ihren 67 m ein Markenzeichen der Hamburger HafenCity sein.
Ganz hoch hinaus
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Abb. 11: 350 m hoch soll der Wolkenkratzer in Tokio werden, Fertigstellung 2041. (Quelle: http://sfc.jp)
Aber es soll ja noch durchaus höher gehen. Der japanische Holzbaustoff-Konzern Sumitomo Forestry (gegründet 1691) plant in Tokio das höchste Holzhochhaus der Welt. Zu Ehren des 350. Geburtstages des Konzerns (2041) soll ein 350 m hohes Gebäude (90 % Holz und 10 % Stahl) an Tokios Wolken kratzen und auf 70 Etagen Büros, Geschäften, Wohnungen und Hotels Platz bieten.
Mal sehen – es bleibt auf jeden Fall spannend im Holzhausbau.
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