08.03.2024
Esche – Ein Fall für die Verkehrssicherung! - Blickpunkt Waldschutz Nr. 3/2024
von Ludwig Straßer und Nicole Burgdorf

Seit über 15 Jahren, nachweislich seit 2008 (Leonhard et al 2009), richtet das Eschentriebsterben in Bayern massive Schäden an. Waren anfänglich vor allem junge Bäume aus Naturverjüngungen und Pflanzungen betroffen, sind der Krankheit in den letzten Jahren ein Großteil der Stangenhölzer zum Opfer gefallen. Mittlerweile zeichnen leider auch die lange als toleranter geglaubten Altbäume erheblich.

Die Baumvitalität hat sich in den vom Eschentriebsterben geschädigten Beständen in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert. Das Risiko eines Wurfs oder Bruchs hat grundsätzlich zugenommen. Das Wurfrisiko ist bei Stürmen deutlich erhöht, insbesondere wenn zusätzlich zum Zeitpunkt des Sturmereignisses die Böden durch Regen oder Schnee aufgeweicht sind. Betroffen sind dann vor allem Bäume schlechter Vitalitätsklassen - aber nicht nur! Denn viele erkrankte Bäume zeigen keine augenscheinlichen Symptome, sondern erfordern einen geschulten Blick.

Bäume ab der Vitalitätsklasse 3 mit deutlicher Kronenverlichtung und bereits gut sichtbaren abgestorbenen Zweigen und Ästen (Abb. 1 und vergleiche Boniturschlüssel Lenz et al, AFZ 3/2012) weisen in der Regel zusätzlich schwere Wurzelschäden auf durch Wurzelpilze (Abb. 2, 3 und 4). Der Befall in der Krone führt durch den Blattverlust langsam zu stärkeren Totästen und durch Wurzelpilze verliert der Baum seine stabilisierende Hauptwurzel. Beides zusammen hat zur Folge, dass es bei Starkwind oder Stürmen zum vermehrten Herausbrechen von Ästen aus der Krone bzw. Umstürzen von ganzen Bäumen kommt (Abb. 5).
Unbelaubte Krone eines Laubbaums vor grauem Himmel

© L. Straßer, LWF

Stammfuß eines Laubbaums mit Rissen in der Rinde

© L. Straßer, LWF

Angeschnittener Baumstamm mit braunen Verfärbungen und weißem Pilzgeflecht im Holz

H. Lenz, LWF

Runder Pilzkörper am Stammfuß einer Esche

C. Reichert, LWF

Umgefallene Eschen mit fehlenem Wurzelteller

© L. Straßer, LWF

Wir raten daher in Eschenbeständen bzw. einzelnen Eschenaltbäumen:

  • Bei allen Tätigkeiten (Auszeichnen, Pflanzung, etc.) gilt äußerste Vorsicht!
  • Bei Wind und Sturm sollte nicht in Beständen mit Eschen gearbeitet werden!
  • Verkehrssicherung:
    • Entlang von öffentlichen Straßen und Wegen sollten bei Bäumen mit Schadsymptomen neben den regelmäßig durchzuführenden Kontrollen eingehendere Kontrollen sowie Zusatzkontrollen nach extremen Wetterlagen (z.B. Stürmen) erfolgen.
    • Fallen bei der Kontrolle Schäden auf, die eine akute Gefährdung darstellen, ist der entsprechende Baum unverzüglich zu entnehmen.
    • Sichtbar geschädigte Bäume (Kronenschäden) in Straßen- und Wegnähe sollten im Zuge von Durchforstungen kontrolliert und entnommen werden.
    • Wir empfehlen, die durchgeführten Kontrollen, festgestellte Gefahren oder Schadsymptome sowie den erforderlichen Handlungsbedarf schriftlich zu dokumentieren.
    • Die Fällung sollte möglichst außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeiten durchgeführt werden. Andernfalls oder wenn Eschen Lebensstätten geschützter Tierarten beherbergen, empfehlen wir, die geplante Maßnahme mit der Unteren Naturschutzbehörde abzustimmen. Beratungsförsterinnen und Beratungsförster der Bayerischen Forstverwaltung sollten auch Kontakt mit der örtlichen Fachstelle für Waldnaturschutz aufnehmen.
  • Im Bestandesinneren können stark geschädigte Bäume als Totholz verbleiben oder als ökologisch wertvolle Hochstümpfe vom Harvester gekappt werden.
  • Bei notwendigen Sanitärhieben und Verkehrssicherungsmaßnahmen sollten sich Personen möglichst wenig im Gefahrenbereich des Baumes aufhalten und beim Umfallen möglichst weit entfernt stehen. Im Wesentlichen hat sich folgende Hierarchie der Arbeitsverfahren bewährt (siehe Merkblatt 53 – Sichere Schadholzernte):
    • Wenn möglich, erfolgt die Fällung mit einem geeigneten Harvester oder anderen Spezialfahrzeug!
    • Ist dies nicht möglich, erfolgt die Fällung seilwindenunterstützt, d. h. mit einem hoch am Baum angebrachten Seil (s. Merkblatt 53). Dabei ist insbesondere auf die Fälltechnik zu achten. Die Sicherheitsfälltechnik mit unter- bzw. überschnittenem Halteband ermöglicht dem Sägenführenden den Fällschnitt ohne Zeitdruck vollenden zu können. Zudem gewährleistet diese Schnitttechnik, dass der Baum erst zu fallen beginnt, wenn der Sägenführende den Gefahrenbereich verlassen hat.
    • Ist dies ebenfalls nicht möglich, erfolgt die Fällung mit einem fernbedienbaren Fällkeil. Von einer motormanuellen Fällung mit Schlagkeilen ist wegen der auftretenden Kronenerschütterungen während des Keilens dringend abzuraten. Die Auftreffenergie selbst eines schwächeren Astes, der aus dem Kronenbereich herabfällt, ist enorm und kann schwerste, auch tödliche Verletzungen zur Folge haben.
  • Bei der Auswahl des Arbeitsverfahrens gilt es unbedingt den Grad der Schädigung des Baumes zu beachten. Bei stärker geschädigten Bäumen kommt auch das bloße Umziehen mit einer Seilwinde ohne Anbringung von Schnitten in Betracht.
  • Nicht ortskundige Waldarbeiter sind auf geschädigte Eschen deutlich hinzuweisen.