25.02.2025 | Gastbeitrag von LGL und FLI
Wie schützt man sich vor Hanta- und Bornaviren, Leptospiren und Co.? - Blickpunkt Waldschutz Nr. 2/2025
von Merle Böhmer, Rainer G. Ulrich
Kleinsäuger können verschiedene Krankheitserreger in sich tragen. Bestimmte Nagetiere, Hasenartige und Insektenfresser (u.a. Spitzmäuse) können diese auf den Menschen übertragen und unter Umständen schwere – mitunter tödliche – Erkrankungen hervorrufen. Zu den auch in Bayern vorkommenden Zoonoseerregern zählen Hantaviren, das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) sowie Bakterien der Gattung Leptospira (Erreger der Leptospirose) und Francisella tularensis (Erreger der Hasenpest/Tularämie). Nachfolgend wollen wir seitens des LGL und FLI in diesem Gastbeitrag diese vier – gerade auch für in der Land- und Forstwirtschaft tätige Personen relevanten – Erreger und die durch sie verursachten Erkrankungen kurz vorstellen und Möglichkeiten für einen Schutz vor Infektionen mit diesen Erregern aufzeigen.
Hantavirus-Erkrankung
Hantaviren verursachen in Abhängigkeit vom Virustyp verschiedene Krankheitsbilder mit unterschiedlich schwerem Verlauf. In Deutschland, wie auch in West-, Nord- und Mitteleuropa verläuft eine Hantavirus-Infektion in der Regel mild bis moderat. Die Leitsymptome sind hohes Fieber, Muskelschmerzen, Kopf- und Rückenschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden (wie Appetitlosigkeit, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen) und akutes Nierenversagen. Generell ist jedoch davon auszugehen, dass ein großer Teil der Hantavirus-Infektionen mit unspezifischen Symptomen verläuft und damit unerkannt bleibt. Für Erkrankungsfälle in Süddeutschland ist vor allem das Puumala-Orthohantavirus (PUUV) verantwortlich. Als Reservoir und Überträger dieses Hantavirus fungiert die Rötelmaus (Myodes glareolus). Die Häufigkeit von Infektionen beim Menschen unterliegt jährlichen Schwankungen. So genannte „Hantavirusjahre“ treten meist alle 2-3 Jahre auf. In diesen kommt es zu einem gehäuften Auftreten von Infektionen. Ihnen gehen in der Regel Jahre mit einer starken Früchteproduktion bei Buchen und Eichen (Buchen- oder Eichenmast) voran, die zu einem großen Nahrungsangebot für die Rötelmaus und so zu einer sprunghaften Vergrößerung der Population führen können. In Bayern werden Hantavirus-Infektionen in bestimmten Regionen verstärkt beobachtet (sogenannte Endemiegebiete). Dazu gehören die Regionen Main-Spessart/Aschaffenburg, die Schwäbische Alb (sowohl der bayerische als auch der baden-württembergische Teil) sowie Teile des Bayerischen Waldes (Abbildung 1). Hantaviren werden von infizierten Nagetieren über Speichel, Urin und Kot ausgeschieden und können darin einige Wochen infektiös bleiben. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt vor allem durch das Einatmen virushaltiger Stäube.

Abbildung 1: Regionale Verteilung der übermittelten Fälle von Hantavirus-Erkrankungen in Bayern, Meldejahre 2015-2024
(Datenquelle: SurvNet, Datenstand: 17.02.2025)
Bornavirus (BoDV-1)-Erkrankung
Infektionen mit dem Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) – landläufig auch als „Bornavirus“ bezeichnet – treten beim Menschen nur äußerst selten auf, verlaufen aber in der Regel tödlich. Das Hauptvorkommen für BoDV-1 liegt in Bayern, erstreckt sich aber von dort aus auch in den Norden und Osten der Bundesrepublik. Außerhalb Deutschlands kommt es nur noch in kleinen Teilen Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins vor. Eine Karte des bekannten Endemiegebiets von BoDV-1 findet sich auf den Seiten des Friedrich-Loeffler-Instituts. Jährlich werden dem Robert Koch-Institut bis zu 6 akute Fälle von BoDV-1-Erkrankungen beim Menschen gemeldet; das Infektionsrisiko ist somit als sehr gering einzustufen. BoDV-1-Erkrankungen beginnen beim Menschen meist unspezifisch mit grippaler Symptomatik, wie Fieber und Kopfschmerzen. Nach einigen Tagen bis wenigen Wochen entwickeln Betroffene eine schwere Enzephalitis (Gehirnentzündung) mit verschiedenen neurologischen Symptomen. In mehr als 90 Prozent der Fälle fallen die Erkrankten dann in ein tiefes Koma und versterben infolge der Infektion. Das einzige gesicherte Reservoir für BoDV-1 ist die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon). Sie scheidet das Virus u.a. über Urin, Kot und Speichel aus, ohne selbst Krankheitssymptome zu entwickeln. Der natürliche Übertragungsweg von BoDV-1 von der Feldspitzmaus auf den Menschen ist bisher nicht geklärt.
Tierseuchengeschehen - Bornaviren (www.fli.de)
Leptospirose
Die Leptospirose wird durch verwandte Bakterien der Gattung Leptospira verursacht. Ein Großteil der Leptospirosen verläuft ohne bedeutende Symptome oder mit milder grippaler Symptomatik, deshalb ist die Dunkelziffer bei dieser Erkrankung mutmaßlich sehr hoch. Es können jedoch auch lebensbedrohliche Krankheitsverläufe mit inneren Blutungen, Leber- und Nierenversagen (Morbus Weil) vorkommen. Kleinsäugern, insbesondere Nagetieren, kommt die größte Bedeutung als natürliches Reservoir für Leptospiren zu. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt in der Regel durch den direkten Kontakt mit dem Urin infizierter Tiere oder indirekt über mit Urin kontaminiertes Wasser oder kontaminierten Schlamm. In den menschlichen Organismus gelangen die Bakterien dann über kleinere Hautverletzungen sowie über die Schleimhäute von Auge, Mund oder Nase. Die Leptospirose ist in Deutschland eine saisonale Erkrankung: bedingt durch die temperaturabhängige Überlebungsfähigkeit der Leptospiren in der Außenwelt tritt ein Großteil der Fälle in den Sommermonaten und im Frühherbst auf.
Tularämie (Hasenpest)
Die Tularämie, die gemeinhin auch als Hasenpest bezeichnet wird, ist eine eher seltene Zoonose. In den letzten 10 Jahren wurde jedoch ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen beobachtet, der in Bayern im Jahr 2024 in einer Rekordzahl von mehr als 70 Fällen gipfelte. Die Erkrankung wird durch das Bakterium Francisella tularensis verursacht. Verschiedene Kleinsäuger wie Hasen, Kaninchen und Nagetiere bilden das Reservoir für das Bakterium. Francisella tularensis wird aber auch regelmäßig in blutsaugenden Gliederfüßern (z.B. Bremsen, Mücken, Zecken) sowie auch in der Umwelt (z.B. in Erde oder Wasser) nachgewiesen. Der hochinfektiöse Erreger wird durch Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial, durch den Verzehr von nicht ausreichend erhitztem kontaminiertem Fleisch oder anderen Lebensmitteln, Aufnahme von kontaminiertem Wasser oder Inhalation von erregerhaltigem Staub sowie den Stich oder Biss von infizierten Gliederfüßern auf den Menschen übertragen. Das Krankheitsbild der Tularämie ist eher unspezifisch und hängt von der Eintrittspforte des Erregers ab. Neben grippalen Symptomen kann es z.B. auch Geschwüre an der Eintrittsstelle, Lymphknotenschwellungen sowie auch Augen- und Lungenentzündungen umfassen. Selten kommen auch schwere Verlaufsformen mit Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Sepsis („Blutvergiftung“) vor; bei der in Europa vorkommenden Subspezies holarctica sind Tularämie-bedingte Todesfälle jedoch selten.
Wie schütze ich mich vor solchen Infektionen und schweren Erkrankungen?
Impfungen, die vor Infektionen mit den vier genannten Erregern schützen, existieren bisher nicht. Daher sollten zur Vermeidung von Infektionen bestimmte Hygieneregeln eingehalten werden. Generell sollte der Kontakt zu Tierkadavern (Kleinsäugern, aber auch allen anderen Tierarten) nach Möglichkeit vermieden werden, insbesondere sollten diese niemals mit bloßen Händen angefasst werden. Ist ein toter Kleinsäuger (Nagetier, Spitzmaus etc.) zu entsorgen – z.B., weil eine Katze ihn zur Wohnung gebracht hat – dann sollten bestimmte Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden.
Informationsblatt zur sicheren Entsorgung von toten Kleinsäugern (LGL Bayern) | PDF
Besondere Vorsicht ist bei Tätigkeiten in Räumen geboten, in denen Nagetiere oder andere Kleinsäuger vorkommen oder vorkamen (z. B. Schuppen, Keller, Dachböden, Gartenhäuschen), aber auch im Freien, z. B. bei Kompost- oder Holzarbeiten. Vermeiden Sie eine Staubentwicklung bei Reinigungsarbeiten durch vorheriges Befeuchten. Tragen Sie bei sichtbarem Nagerbefall Einmalhandschuhe sowie ein Mund-Nasen-Schutz (FFP2/FFP3-Maske). Duschen Sie möglichst sofort nach Beendigung der staubigen Arbeiten (inklusive Haarewaschen) und waschen Sie auch Ihre Kleidung. Zugelassene Therapien bei Hantavirus- oder Bornaviruserkrankungen gibt es aktuell nicht. Bei den beiden bakteriellen Erkrankungen, also Leptospirose und Tularämie/Hasenpest, ist es jedoch wichtig, rasch eine Therapie mit Antibiotika einzuleiten, damit ein schwerer Krankheitsverlauf nach Möglichkeit vermieden wird.
Weiterführende Informationen
Autorin und Autor
- PD Dr. Merle M. Böhmer, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München
- Prof. Dr. Rainer G. Ulrich, Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Greifswald-Insel Riems