17.05.2024
Eichennetzwanze – klein, invasiv und gefährlich? - Blickpunkt Waldschutz 7/2024
von Ludwig Straßer

Ast mit vielen vergilbten EichenblätternZoombild vorhanden

Abb. 1: Eichennetzwanze in Österreich (© G. Hoch, BFW)

Vor 3 Jahren wurde in der Oberrheinebene entlang der ICE-Strecke Karlsruhe-Mannheim die invasive Amerikanische Eichennetzwanze (Corythucha arcuata) entdeckt. Diese Art wurde in Europa erstmals 2013 in Ungarn und Kroatien nachgewiesen. Seither breitet sie sich schnell aus. Die Eichennetzwanze ist ausgewachsen etwa 3–4 mm lang. Sowohl Imago als auch Larven saugen an der Unterseite von Laubblättern. Eichennetzwanzen können im Jahr mehrere Generationen durchlaufen. Bei sehr hohen Dichten können so alle Blätter der Eichen eines Bestandes verloren gehen und so die Vitalität der Eichen stark einschränken.

Was deutet auf einen Befall hin?

Im Sommer zeichnen befallene Eichen mit Blattvergilbung. Die besaugten Blätter vertrocknen und es setzt ein vorzeitiger Blattfall ein. Untersuchungen in Österreich zeigten, dass in der Startphase der Besiedlung eines Gebietes vor allem exponierte Eichen, und diese besonders im unteren Kronenbereich besiedelt werden. Meist beginnt die Etablierung nach der Einschleppung in der Nähe der Verkehrswege, also an Autobahnrastplätzen, Gewerbegebieten, Tankstellen usw.

Beispielbilder zu Schadbild und Entwicklungsstadien der Eichennetzwanze Externer Link

Welche Bäume befällt die Eichennetzwanze?

Wie der Name vermuten lässt, besiedelt die Eichennetzwanze vor allem Eichenarten. Bisher gibt es Befallsnachweise an rund 30 Eichenarten. In Europa ist sie vor allem an Trauben-, Stiel-, Flaum-, Zerr- und Roteiche zu finden. Daneben wurde das Insekt aber schon an vielen weiteren Baumarten, namentlich Ahorn (Spitz- und Feldahorn), Hainbuche, Edelkastanie, Baumhasel, Buche, Spätblühender Traubenkirche, Birne, Mehlbeere, Elsbeere, Linde (Sommer- und Winterlinde) sowie Ulme (Feld- und Bergulme) nachgewiesen.

Wie breitet sich die Eichennetzwanze aus?

Die Eichennetzwanze gilt als schlechter Flieger. Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, ist es der Mensch, der die Art durch den Transport von Waren und Reisetätigkeit schnell weiterverbreitet. Funde entlang von Verkehrswegen, wie z.B. die Verbreitung an der Bahnstecke Karlsruhe – Mannheim in Baden-Württemberg, belegen dies anschaulich. Eine weitere Ausbreitung über den Warenverkehr bzw. Tourismusaktivität gilt damit als wahrscheinlich - das Erreichen bayerischer Eichenwälder scheint damit nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Welche Schäden entstehen durch die Eichennetzwanze?

Durch die Saugtätigkeit der Wanze am Blatt verringert sich die Photosyntheseleistung des Baumes, was bei starkem Befall aufgrund herabgesetzter Nährstoffversorgung zu einem frühzeitigem Blattfall führen kann. Damit einhergehend kann von einer Vitalitätsschwächung der Bäume nach Befall ausgegangen werden. Größere Absterbeerscheinungen nach Befall wurden bis jetzt jedoch nicht dokumentiert. Negative Auswirkungen bei zusätzlichem Auftreten weiterer Schadorganismen wie z.B. Schwammspinner oder Mehltau sowie durch die zunehmenden Hitze- und Dürrschäden im Zuge des Klimawandels sind aber zu erwarten.

Derzeitige Einschätzung für Bayern

Unterseite eines Eichenblatts mit vielen kleinen schwarzen Eiern und InsektenZoombild vorhanden

Abb. 2: Blattunterseite mit Eigelege, Nymphen, Adulten und Kottröpfchen (letztere sind verstreut) (© G. Hoch, BFW)

Die Einschleppung der Amerikanischen Eichennetzwanze nach Bayern gilt als sicher und kann wohl auch nicht verhindert werden. Die Folgen für die bayerischen Eichenwälder sind derzeit nicht abschätzbar, es wird aber mit großen Saugschäden an den Eichen, vergleichbar der aktuellen Situation in Österreich, gerechnet. Erfreulich ist, dass in den derzeitigen europäischen Befallshotspots aber keine massiven Absterbeerscheinungen beobachtet werden. Erste Untersuchungen weisen darauf hin, dass Wälder mit höherer Baumartendiversität (= Eichenmischwälder) eine geringere Befallsintensität aufweisen; ein Befall ist aber auch dort möglich. Aktuell stehen keine praktikablen Behandlungsoptionen zur Verfügung.

Bitte helfen Sie uns, einen Überblick über die Verbreitung der Eichennetzwanze zu bekommen. Als wahrscheinlichste Einschleppungsrouten gelten die Autobahnen und Zugstrecken aus Baden-Württemberg und Österreich. Entlang dieser Einfallsrouten ist vor allem an Rastplätzen, Tankstellen sowie Warenumschlagplätzen mit Befall zu rechnen. An diesen Orten sind vor allem freistehende Eichen oder Waldränder mit Eichen die wahrscheinlichsten Etablierungsorte.

Eichen an diesen Orten mit auffälligen vergilbten Blättern können mithilfe eines Fernglases im Sommer auf Befall hin kontrolliert werden. Melden Sie Verdachtsfunde bitte an die zuständigen Pflanzenschutzbehörden.
Im Offenland an die Landesanstalt für Landwirtschaft:

pflanzengesundheit@lfl.bayern.de

Bei Waldflächen an die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft:

waldschutz@lwf.byern.de

Aktuelle Empfehlungen:
Da die Wanzen die Fruchtbildung verringern, ist die Etablierung der Eichennetzwanze ein weiterer Grund, die Naturverjüngung von Eichenaltbeständen nicht aufzuschieben.

Literatur zum Nachlesen erhalten Sie auf Nachfrage beim Autor.