Cornelia Triebenbacher und Hannes Lemme
Borkenkäferjahr 2020 – LWF aktuell 129
Die Zweiteilung Bayerns hinsichtlich der Niederschläge wirkte sich entscheidend auf die Borkenkäfersituation aus: Während in Nordbayern ein drittes Dürrejahr in Folge zu verzeichnen war, waren die Niederschläge im Süden Bayerns besser verteilt. Die hohe Ausgangspopulation aus 2019 sowie Sturmbruch im Winter und Frühjahr ließen ein weiteres kritisches Borkenkäferjahr 2020 erwarten. Rückblickend muss die Situation sehr differenziert betrachtet werden.
2019 legten die Fichtenborkenkäfer bis in mittlere Höhenlagen eine dritte Generation an. Dies bedeutete erneut ein riesiges Ausgangspotenzial an Borkenkäfern für 2020. Das Sturmtief »Sabine« und seine »Nachwehen« verursachten im Februar 2020 landesweit Schäden in den Wäldern. In Bayern entstanden 1,8 Millionen Festmeter Schadholz, mit deutlichen regionalen Unterschieden. Schadensschwerpunkte lagen im südlichen Allgäu und im südöstlichen Niederbayern. Es wurden zahlreiche Bäume einzeln und nesterweise umgeworfen oder gebrochen.
Mai brachte Verzögerung, aber keine Entspannung
Abb. 1: Schwärmverlauf des Buchdruckers (Grafik: LWF)
Die Eisheiligen (11.–15. Mai 2020, KW 20) machten ihrem Namen alle Ehre. Tiefe Nachttemperaturen hinterließen nicht nur Spuren an jungen Trieben und Blättern der Laubbäume. Bei der bis Anfang Mai angelegten ersten Generation kam es dadurch zu einer Entwicklungsverzögerung von etwa zwei Wochen gegenüber 2019. Der Ausflug zur Anlage der ersten Geschwisterbrut erfolgte in der zweiten Maihälfte. Von vielen, vor allem nordbayerischen Revieren wurde in dieser Zeit starker Stehendbefall gemeldet. Die zwar unterdurchschnittlichen, aber zeitlich gut verteilten Niederschläge und teils starker Wind erschwerten die Bohrmehlsuche deutlich. Häufig konnten befallene Fichten nicht rechtzeitig gefunden und aufgearbeitet werden.
Der Ausflug der ersten Generation und der Geschwisterbrut trifft im Norden auf gestresste Fichten. Der Hauptschwärmflug der ersten Generation einschließlich der ersten Geschwisterbruten erfolgte Anfang Juli (Abbildung 1) und damit mehrere Wochen später als in den Jahren 2017, 2018 und 2019. Es kam zu erheblichem Stehendbefall, da sich die Schwärmflüge von Altkäfern und den Jungkäfern der ersten Generation und der Geschwisterbrut überlagerten.
Die Gefährdungseinschätzung der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) für Bayern war zu dieser Zeit zweigeteilt (siehe Abbildung 2). Ausschlaggebend waren hier die Niederschlagsverteilung im Juni und Juli, die Vorschädigungen der Fichtenbestände der letzten Jahre durch Trockenheit sowie die Befallssituation im Frühjahr nach »Sabine« (südliches Allgäu und Südostbayern). Aufgrund der günstigeren Wasserversorgung konnten die Fichten im Süden Bayerns – die Donau bildete in etwa die Grenze – Käferbefall abwehren. Im Norden Bayerns war es gerade in dieser Zeit erneut sehr trocken, was die Fichten entsprechend in ihrer Abwehr schwächte.
August/September: Start der 2. Generation in einen langen Herbst
Wir gehen davon aus, dass bis etwa Mitte September nur ein Teil der ausgeflogenen Jungkäfer der zweiten Generation in den tieferen bis mittleren Lagen (ca. 500 m ü. NN) noch eine dritte Generation angelegt hat. Später ausfliegende Jungkäfer bohrten sich zwar erneut ein, allerdings nur, um sich unter der Borke auf die Überwinterung vorzubereiten. Diese Jungkäfer legten aber keine weiteren Bruten an. Die zweite Geschwisterbrut ist zum größten Teil nicht mehr ausgeflogen. Sie überwinterte als fertige Käfer unter der Rinde.
Befallsschwerpunkte 2020
Abb. 2: Gefährdungseinschätzung der ÄELF für Bayern: Buchdrucker (li.) und Kupferstecher (re.) (Grafik: LWF)
Befallsschwerpunkte des Kupferstechers lagen 2020 ebenfalls in den nördlichen Bereichen Bayerns, aber auch in den von Sturmtief »Sabine« stärker betroffenen Bereichen Niederbayerns und im Allgäu (Abbildung 2, rechts). Der Kupferstecher profitierte dort von dem hohen Brutraumangebot im Zuge der Sturmschäden und der Buchdruckeraufarbeitung.
Die Schadholzmenge für Borkenkäfer ist über gesamt Bayern gesehen mit 5 Millionen Festmeter rückläufig. Zusammenfassend kann die bayernweite Gesamtsituation aber mit »Schäden auf hohem Niveau mit regional sehr deutlichen Unterschieden« beschrieben werden.
Ausblick für 2021
Abb. 3: Buchdrucker in einem abgefallenen Rindenstück: Die Käfer haben sich in die Rindenzwischenschichten zurückgezogen. (Foto: F. Maier)
Mit dem Schwärmflug der Fichtenborkenkäfer im April 2021 sollte aus diesen Gründen die Bohrmehlsuche prioritär an den Käfernestern aus 2020 begonnen werden, auch wenn diese schon sauber aufgearbeitet wurden. Gleiches gilt für die Bohrmehlsuche rund um die Holzlagerplätze aus dem Vorjahr.
Aufgrund des Redaktionsschlusses Anfang Januar können nur Daten und Meldungen bis Ende Dezember wiedergeben werden. Auf eventuelle Witterungsereignisse im Januar bis März, wie zum Beispiel Stürme und Schneebruch, die ebenfalls einen Einfluss auf das neue Borkenkäferjahr 2021 großen Einfluss haben können, kann daher nicht eingegangen werden. Auch fehlen Witterungseinflüsse des laufenden Winters auf die Brut.
Denn wenn Borkenkäfer aktiv sind, aber nicht fressen, geht dies zu Lasten ihrer Energiereserven. Milde Winter mit Temperaturen unter 8 °C schwächen sie, da sie erst ab 8,3 °C mit dem Fressen beginnen. Bei mild feuchten Wintern steigt zudem die Verpilzungsrate. Richtig kalte Winter mit viel Frost sind für die ausgewachsenen Käfer kein Problem – eher »Schmuddel«wetter und milde Winter. Überschreiten die Tagestemperaturen 8,3 °C, können sich auch Larven und Puppen aus dem Spätsommerbefall im Winter weiterentwickeln.