Hans Pretzsch, Peter Biber und Gerhard Schütze
Effekt der Mischung auf die Struktur, die Dichte und das Ertragsniveau von Fichtenbeständen – LWF Wissen 80
Übergreifende Auswertungen zeigen, dass Mischbestände mit Beteiligung der Fichte im Vergleich zu Reinbeständen 10 – 25 % mehr produzieren können. Im Folgenden zeigen wir, wie sich die Mischung auf die Struktur, die Bestandsdichte und das Ertragsniveau auswirkt. Mischung steigert die Höhenstrukturierung, indem zumeist eine Art etwas beschleunigt, die andere Art gebremst wird. Insgesamt bleibt die Bestandshöhe aber weitgehend unverändert.
Eine Mischung der Fichte mit anderen Baumarten kann die Bestandsdichte im Durchschnitt um 10 % (max. 30 %) gegenüber dem gewichteten Mittel benachbarter Reinbestände steigern. Das Ertragsniveau und die Gesamtwuchsleistung können durch Mischung um etwa 15 % bis 20 % erhöht werden. Es werden die Ursachen und waldbaulichen Konsequenzen dieser Effekte der Mischung auf die ertragskundlichen Merkmale von Fichtenmischbeständen diskutiert.
Für die Stärke der Mischungseffekte im Hinblick auf den Zuwachs auf Bestandsebene erbrachten die genannten Arbeiten eine zunehmend solide Datenbasis. Dagegen befassen sich nur wenige Untersuchungen mit den Effekten der Mischung auf die mittleren Baumdimensionen (Binkley et al. 2003), die Dichte (Río und Sterba 2009), die Bestandsstruktur (Pretzsch 2014) oder das Einzelbaumwachstum (Río et al. 2014). Grund hierfür ist vor allem die noch immer spärliche Datenbasis von langfristigen Mischbestandsuntersuchungen auch auf unbehandelten Flächen mit maximaler Dichte.
Denn solche Flächen sind für die Analyse der Mischungseffekte auf die Dichte, die Gesamtwuchsleistung, die Vornutzungen und das Ertragsniveau unverzichtbar. Um über den Zuwachs hinaus auch ein besseres Verständnis von den Mischungseffekten auf die Bestandsmittelwerte, Summenwerte und ertragskundliche Grundbeziehungen wie Ertragsniveau, Bonität und Regel nach Eichhorn (1902) zu gewinnen, wurde eine übergreifende Analyse durchgeführt. Sie basiert auf langfristigen Mischbestandsversuchen und temporären Versuchsflächen, die verschiedene Zwei-Arten-Mischungen jeweils in Misch- und Reinbeständen repräsentieren und die Entwicklung voll bestockter Bestände, also die maximale Tragfähigkeit, widerspiegeln.
Die insgesamt 141 kombinierten Aufnahmen von Mischbeständen und benachbarten Reinbeständen der entsprechenden Arten erbrachten nach Pretzsch et al. (2016) Aussagen zum Mischungseffekt auf (i) die Mittelhöhe und den Mitteldurchmesser, (ii) die Bestandsdichte und den stehenden Vorrat, (iii) die Gesamtwuchsleistung und das allgemeine Ertragsniveau im Vergleich zu Reinbeständen.
Datenmaterial
Für die vergleichenden Analysen von Misch- mit Reinbeständen waren jeweils Kombinationen aus Aufnahmedaten von Misch- und Reinbeständen der entsprechenden Arten auf demselben Standort erforderlich. Weil wir nach der Tragfähigkeit von Mischbeständen im Vergleich zu Reinbeständen und den ertragskundlichen Potenzialen fragten, wurden nur Bestände einbezogen die möglichst maximale Bestandsdichten repräsentieren und in der Vergangenheit nicht oder nur schwach behandelt worden sind.
Zur Beantwortung der Fragestellungen konnte ein Datensatz aus langfristigen Versuchsflächen und temporären Probeflächen zusammengestellt werden, der insgesamt 141 Kombinationen aus Aufnahmen von Mischbeständen und benachbarten Reinbeständen der entsprechenden Arten enthält. Davon repräsentieren 79 Kombinationen Versuchsflächen, von denen neben den aktuellen Bestandsdaten auch die zurückliegenden Entwicklungen und Gesamtwuchsleistungen bekannt sind. Von 62 Kombinationen lagen nur temporäre Aufnahmedaten im mittleren oder fortgeschrittenen Alter vor.
Die Flächen liegen überwiegend in Deutschland, repräsentieren aber auch einige andere Regionen in Mitteleuropa. Sie reichen von Längengrad 3,172° West bis 23,351° Ost und von Breitengrad 41,895° bis 56,153° Nord. Ihre Höhenlage bewegt sich zwischen 20 und 1.715 m ü. N.N. Die mittleren Jahrestemperaturen betragen 4,0 bis 10,5 °C, die jährlichen Niederschläge belaufen sich auf 552 bis 2.400 mm. Die Vegetationszeit, definiert als die Anzahl von Tagen im Jahr mit Mitteltemperaturen über 10 °C, dauert 151 bis 213 Tage.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende langfristige Versuchsflächen und temporären Probeflächen: Allersberg 1012, Alzenau 1015, Arnstein 1021, Bischbrunn 311, Bodenwöhr 1011, Daun 1005, Dießen 777, Ebersberg 1004, EuMixFor 1031, 1032, 1033, 1036, 1037, 1040, 1042, 1043, 1044, 1045, 1047, 1051, 1052, 1054, 1057, 1063, 1070, Freising 1023, Geisenfeld 1016, Gemünden 871, Hain 27, Schlanders/Vinschgau 1000, 2000, 3000, Hirschwald 1006, Kelheim 1022, Kreuth 122, Krumbach 861, Mitterteich 101, Neuburg 841, Pfalz 1007, Ramingstein-Thomatal/Lungau 1–11, Rothenbuch 334, Rohrbrunn 313, 620, 90, Rohrmoos 107, Sachsenried 607, Selb 1013, Schongau 814, Spessart 1003, Starnberg 91, Traunstein 1025, Waldbrunn 105, 106, Walkertshofen 1001, Wasserburg 1024, Weiden 1014, Wieda 114, Wolfratshausen 97, Würzburg 1002 und Zwiesel 111, 134, 135.
Die Flächengrößen liegen zwischen 0,05 ha und 0,6 ha, mit tendenziell eher geringeren Flächen bei den temporären Versuchsflächen und größeren bei den langfristigen Versuchsflächen. Detailinformationen und tabellarische Übersichten zu diesen Flächen finden sich bei Pretzsch und Biber (2016).
Dieses Datenmaterial deckt die wichtigsten Zwei- Arten-Mischungen in Mitteleuropa ab. Dennoch bleiben die Informationen über manche Baumartenkombinationen (z. B. Fichte/Kiefer, Fichte/Erle, Lärche/Buche) spärlich. Das mittlere Alter der untersuchten Bestände beträgt 80 Jahre. Dass in diesem Alter Mittelhöhen zwischen 10,6 und 52,0 m erreicht werden, spiegelt die große Breite des mit ihnen abgedeckten Standortspektrums wider. Entsprechend breit ist der Wertebereich der Mittelhöhen und Mitteldurchmesser. Die ebenfalls große Spannbreite der Baumzahlen (62–5.000 N ha-1), Bestandsgrundflächen (7,7–123,5 m2 ha-1) und Vorräte (35–2.071 m3 ha-1) resultiert ebenfalls aus dem breiten Rahmen von Bestandsaltern und Standortbedingungen.
Insbesondere die Extremwerte dürften aber auch auf die eher kleineren Flächengrößen der temporären Probeflächen (minimal 0,05 ha, das heißt, der Hochrechnungsfaktor auf Hektarwerte beträgt 20) und die entsprechend großen Hochrechnungsfaktoren zurückzuführen sein.
Ergebnisse
Effekt der Mischung auf die Mittelhöhe und den Mitteldurchmesser
Abb. 1: Mittelhöhe (a) und Mitteldurchmesser (b) der Bäume im Mischbestand (Grafik: LWF)
Im Durchschnitt liegen die Mittelhöhen im Mischbestand aber nur um 2 % unter den entsprechenden Dimensionen benachbarter Reinbeständen; diese Unterlegenheit ist zwar statistisch signifikant, aber in ihrer Größenordnung nicht bedeutsam. Die Stammdurchmesser und Stammvolumina sind im Mischbestand um durchschnittlich 1 % bzw. 5 % höher als in den benachbarten Reinbeständen. Diese Überlegenheiten gegenüber dem Reinbestand sind aber nicht signifikant.
Für drei ausgewählte Kombinationen mit der Fichte als Mischbaumart (Fichte/Kiefer, Fichte/Lärche, Fichte/ Buche), erfolgte der Vergleich zwischen Misch- und Reinbeständen auch auf der Ebene der Artenkombination und der Arten. Ähnlich wie bei der pauschalen artenübergreifenden Analyse zeigen sich auch auf der Ebene dieser einzelnen Artenkombinationen kaum Unterschiede zwischen den mittleren Bestandshöhen und Durchmessern im Misch- gegenüber dem Reinbestand (Tabelle 1, Spalte »Gesamtbestand misch/ mono«).
Die Analyse zeigt auch, dass geringfügige Vorteile der einen Art in den meisten Fällen durch Nachteile der anderen Art kompensiert werden (Tabelle 1, Spalten »Fichte misch/mono« und »Art 2« misch/ mono), sodass für den Bestand insgesamt keine signifikanten Differenzen zwischen Misch- und Reinbestand bestehen.
Variablen | Artenkombination | n | Fichte misch/mono (± SE) | Art 2 misch/mono (± SE) | Gesamtbestand misch/monoi (± SE) |
---|---|---|---|---|---|
Mittelhöhe hg [m] | Fichte/Kiefer | 7 | 0,86 (±0,06) | 1,05 (±0,03) | 0,94 (±0,04) |
Fichte/Lärche | 10 | 0,71 (±0,31) | 1,07 (±0,10) | 0,95 (±0,10) | |
Fichte/Buche | 52 | 1,01 (±0,01) | 0,99 (±0,02) | 1,00 (±0,01) | |
Mitteldurchmess dg [cm] | Fichte/Kiefer | 7 | 0,82 (±0,09) | 1,03 (±0,03) | 0,89 (±0,05) |
Fichte/Lärche | 10 | 0,74 (±0,21) | 1,11 (±0,08) | 1,08 (±0,13) | |
Fichte/Buche | 28 | 1,12 (±0,02) | 0,95 (±0,02) | 1,05 (±0,02) |
Effekt der Mischung auf die Bestandesdichte und den stehenden Vorrat
Abbildung 3 zeigt die Dichte in Mischbeständen im Vergleich zum gewichteten Mittel benachbarter Reinbestände gesondert für alle Artenkombinationen. Die Dichten der Fichtenmischbestände liegen im Mittel zwischen 4 % (Fichte/Buche) und 36 % (Kiefer/Buche) über dem gewichteten Mittel benachbarter Reinbestände. Von den Mischungen mit Beteiligung der Fichte erreicht die Kombination Fichte/Lärche mit 29 % (p < 0,01) die größte Überlegenheit gegenüber entsprechenden Reinbeständen.
Effekt der Mischung auf die Gesamtwuchsleistung und das allgemeine Ertragsniveau
Abb. 4: Gesamtwuchsleistung in Mischbeständen (Grafik: LWF)
Abbildung 4 zeigt in dieser Hinsicht eine tendenzielle Überlegenheit der in diese Untersuchung einbezogenen Mischbestände gegenüber den Reinbeständen. Demnach übertreffen die neun untersuchten Artenkombinationen das gewichtete Mittel benachbarter Reinbestände im Durchschnitt signifikant (p < 0,01) um 12 %. Die Überlegenheit der Mischbestände in der Gesamtwuchsleistung ist also etwas größer als die ihres Vorrates (+8 %, p < 0,01).
Variablen | Artenkombination | n | Fichte misch/mono (± SE) | Art 2 misch/mono (± SE) | Gesamtbestand misch/mono (± SE) |
---|---|---|---|---|---|
Vhg20 [m3 ha-1] | Fichte/Kiefer | 7 | 1,19 (±0,07) | 1,38 (±0,04) | 1,22 (±0,04) |
Fichte/Lärche | 10 | 1,84 (±0,94) | 1,32 (±0,19) | 1,43 (±0,31) | |
Fichte/Buche | 52 | 1,07 (±0,04) | 1,05 (±0,04) | 1,05 (±0,03) | |
GWLhg20 [m3 ha-1] | Fichte/Kiefer | 5 | 2,10 (±0,29) | 1,43 (±0,16) | 1,31 (±0,04) |
Fichte/Lärche | 6 | 1,26 (±0,36) | 1,37 (±0,18) | 1,55 (±0,40) | |
Fichte/Buche | 32 | 1,01 (±0,06) | 1,11 (±0,05) | 1,07 (±0,03) |
Abb. 5: Darstellung der Bestandsvorräte (Grafik: LWF)
Die auf eine Standardhöhe von 20 m bezogenen Vorräte Vhg20 und Gesamtwuchsleistungen GWLhg20 untermauern das überlegene Niveau der Mischbestände in den Vhg20 - und GWLhg20 - Beziehungen. Tabelle 2 zeigt für die Fichtenmischbestände deutliche Anhebungen der Eichhorn’schen Beziehung (Vhg20) und des allgemeinen Ertragsniveaus (GWLhg20). Das gilt sowohl für die Ebene der Baumart, als auch für den Bestand insgesamt.
Die hinsichtlich der Lichtökologie besonders komplementären Artenkombinationen (z. B. Fichte/ Lärche, Fichte/Kiefer) zeigen tendenziell größere Anhebungen der Vhg- und GWLhg-Relation als die weniger komplementären Artenkombinationen (z. B. Fichte/ Tanne, Buche/Douglasie). Über alle untersuchten Kombinationen hinweg und auf die Standardhöhe 20 m bezogen beträgt die mischungsbedingte Anhebung der Eichhorn’schen Beziehung 16 % (p < 0,01) und die des allgemeinen Ertragsniveaus 21 % (p < 0,001).
Diskussion
Gleiche Höhenleistung, aber Anhebung der maximalen Dichte und des Ertragsniveaus durch Baumartenmischung
Durch die Mischung kann eine Art, z. B. die in der Jugend schneller wüchsige Kiefer, zwar zeitweilig im Höhenwachstum gefördert, und die andere Art, z. B. die eher später kulminierende Buche, in der Entwicklung abgebremst werden. Das bedeutet, dass eine Art auf Kosten der anderen höher werden kann (Pretzsch et al. 2015). Die mittlere Bestandshöhe wird dadurch aber kaum verändert. Es konnte also keine Steigerung der Höhenwuchsleistung und Bonitätserhöhung festgestellt werden, wie sie etwa nach Düngungsmaßnahmen festzustellen ist (Foerster 1990).
Trotz etwa gleichbleibender Höhenleistung äußert sich die Mischung aber in einer signifikanten Erhöhung des Bestandsvolumens bei gegebener Höhe (Eichhorn’sche Beziehung, im Mittel +16 %) und des allgemeinen Ertragsniveaus (im Mittel +21 %).
Der Anstieg des Ertragsniveaus um circa 20 % entspricht etwa der Relation zwischen dem mittleren und oberen Ertragsniveau, die Assmann (1961) für Fichten- und Buchenreinbestände gezeigt hat. Assmann (1961, S. 164–174) führt den Anstieg von Vorrat und GWL bei gegebener Höhe und Bonität auf Verbesserungen der Wasserversorgung wegen erhöhter Wasserspeicherkapazität der Böden zurück.
Im Fall der hier jeweils kombinierten Rein- und Mischbestände bestehen aber keine Unterschiede im Hinblick auf die Wasserspeicherkapazität; vielmehr sind die großregionalen sowie lokalen Wuchsbedingungen weitgehend gleich. Unterschiede dürften daher eher in der Aufnahme und Nutzungseffizienz der Ressourcen Licht und Wasser bestehen (Forrester 2014; Forrester und Albrecht 2014).
Mischung als zuwachssteigernde waldbauliche Maßnahme
Die Mischungseffekte fallen bei einer Kombination von Licht- mit Schattenbaumarten, Koniferen mit Laubbaumarten oder Pionier- mit Klimaxbaumarten besonders deutlich aus. Dieser Vorteil entsteht aus der überlegten Kombination von Baumarten, die die verfügbaren Ressourcen aufgrund ihrer ökologischen Komplementarität besser aufnehmen oder effizienter nutzen. Die Voraussetzung für die Ausschöpfung des Potentials von Mischbeständen im Sinne einer Erhöhung der Produktivität oder Dichte ist ökologisches Wissen, wie es dieser Beitrag vermitteln möchte.
Im Vergleich zu anderen waldbaulichen Maßnahmen wie Durchforstung, Düngung oder Astung bildet die Baumartenmischung eine besonders effiziente Maßnahme zur Verbesserung der Funktionen und Leistungen von Wäldern.
Praktische Relevanz der Ergebnisse
Der grundflächenbezogene Bestockungsgrad (BGG) lässt sich besonders einfach über Winkelzählproben in dem betreffenden Bestand ermitteln (BGG = GWZP /GET), wobei GWZP und GET für die Bestandesgrundflächen aus der Winkelzählprobe bzw. Ertragstafel stehen. Auf Basis von Ertragstafeln ermittelte Vorräte sollten dann nach Ermittlungen des Bestockungsgrads bei überlegenen Dichten der Mischbestände auf wirklichkeitsnähere Dichte mit dem gemessenen Bestockungsgrad (BGG = GWZP /GET > 1.0) erhöht werden.
Die Erhöhung der Tragfähigkeit durch Baumartenmischung ist eine wichtige Information, die in die Entwicklung von waldbaulichen Pflegerichtlinien einfließen sollte (Schütz und Zingg 2010). Werden für Mischbestände, wie bisher üblich, dieselben maximalen Bestandsdichten wie für Reinbestände unterstellt, und erfolgen in ihnen ähnliche Dichteabsenkungen im Zuge von Durchforstungen wie in Reinbeständen, dann besteht die Gefahr suboptimaler Dichtehaltung.
Die Tragfähigkeit könnte dann durch zu starke Dichteabsenkungen nicht voll ausgeschöpft werden und es könnten Produktionsverluste entstehen. Die Mischungseffekte würden quasi durch Unterschreitung der zuwachsoptimalen Dichte eliminiert. Die gezeigte erhöhte Tragfähigkeit erlaubt vielmehr höhere Stammzahlhaltungen und höhere Anzahlen von Z- oder Auslesebäumen als in Reinbeständen.