Thomas Dichtl und Wolfgang Stöger
Auenwald im Klimawandel – LWF aktuell 126
Forstliche Forschung an Donau und Rhein
Die Forstwirtschaft in den Auen ist mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Das natürlicherweise eingeschränkte Baumartenspektrum hat sich durch eingeführte Pathogene zusätzlich geschmälert. Der Anbau von Pappeln kann damit als wirtschaftliche Alternative wieder an Bedeutung gewinnen, wird aus naturschutzfachlicher Sicht jedoch kritisch beurteilt, sofern es sich um den Anbau von Hybridpappel handelt. Durch den Klimawandel ergeben sich zusätzliche Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Baumarteneignung. In dem Projekt »Auenwald im Klimawandel« sucht daher die LWF nach möglichen Alternativen für den Auenwald der Zukunft.
Eschentriebsterben, Ulmensterben, Phytophthora- Wurzelhalsfäule bei Erlen. Drei Krankheiten, die aktuell und in den letzten Jahrzehnten großen Einfluss auf die Forstwirtschaft hatten und in Zukunft haben werden. Besonders betroffen davon ist der Auenwald, da die gefährdeten Baumarten zu den wenigen gehören, die mit den dortigen Überflutungen gut zu recht kommen. Zugleich gelten Auenwälder als Hotspots der Biodiversität und erfahren daher besonderes Interesse von Seiten des Naturschutzes. Aus naturschutzfachlicher Sicht wird dabei der Anbau gleichförmiger Bestände aus Hybridpappeln kritisch gesehen. Deshalb stellen sich für die Auenwaldbewirtschaftung folgende Fragen:
- Wie kann die Baumartenwahl im Auenwald angepasst werden, um eine standortgerechte, ökologisch sinnvolle Waldwirtschaft zu ermöglichen?
- Mit welchen Baumarten ist die Bewirtschaftung auch ökonomisch interessant und ermöglicht stabile Wälder in einem sich im Wandel befindlichen Klima?
Ähnlich dem Bergwald erfüllen auch Auenwälder wichtige zusätzliche Waldfunktionen wie Wasserretention, Abmilderung von Hochwasserereignissen, verstärkte Kohlenstoff-Senkenfunktion oder Nährstoffrückhalt. Diese Funktionen werden im Zuge des Klimawandels noch an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig sind auch die ohnehin oft bereits stark gestörten Auenökosysteme besonders von den Auswirkungen des Wandels betroffen.
Enge Zusammenarbeit von Forschung und Forstbetrieben
Um Lösungen für diese Problematik zu erarbeiten, wurde das Forschungsprojekt »Auenwälder im Klimawandel« initiiert. Die Abteilung »Waldbau und Bergwald« der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) ist dabei als Projektpartner beteiligt. Koordiniert durch das Aueninstitut des Karlsruher Instituts für Technologie, beteiligen sich vier Forstbetriebe in Bayern und Baden-Württemberg daran.
Dies sind neben dem Forstbetrieb Kaisheim der Bayerischen Staatsforsten und dem Zweckverband Wasserversorung Fränkischer Wirtschaftsraum mit Flächen in den Auenwäldern entlang der Donau auch die Kommunalwälder der Städte Bühl und Rastatt mit Flächen entlang des Rheins. Die Universität Freiburg (Professur für Standorts- und Vegetationskunde und die Professur für Waldbau) sowie das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz (Abteilung Bodenzoologie) sind ebenfalls an dem gemeinsamen Projekt beteiligt. Die Projektpartner beschäftigen sich dabei unter anderem mit ökologischen und forstökonomischen Analysen und Erhebungen sowie mit der CO2-Bindung und den Klimaschutzfunktionen des Auenwaldes.
Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, ein Leitbild für klimastabile, ökologisch wie ökonomisch wertvolle Auenwälder zu entwickeln. Um diesem Ziel näher zu kommen, werden zwei verschiedene methodische Ansätze verfolgt. Zum einen wurden Versuchsanbauten angelegt und beobachtet. Zum anderen werden »Best- Practice-Beispiele« von Konzepten und Erfahrungen aus der forstbetrieblichen Praxis gesammelt und ausgewertet.
20.000 Waldbäume gepflanzt
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Abb. 1: Freiflächen-Parzelle mit Ahornblättrigen Platanen in Tubex-Wuchshüllen in der ersten Vegetationsperiode. (Foto: T. Dichtl, LWF)
Für die Versuchsanbauten wurden im Frühjahr 2019 sechs Auenwaldbaumarten unter annähernd vergleichbaren Bedingungen in den vier Forstbetrieben gepflanzt. Die gesamte Pflanzfläche über alle Versuchsflächen betrug dabei gut sechs Hektar (61.056 m²). Insgesamt wurden so nahezu 20.000 Pflanzen ausgebracht. Bei den Anbauten wurden überwiegend heimische Baumarten verwendet, die bisher kaum Beachtung in Auenwäldern fanden. Die Auswahl der Baumarten wurde von den Förstern der Forstbetriebe zusammen mit den Projektpartnern anhand eines Rankings potenziell interessanter Auenwaldbaumarten getroffen.
In diesem Abstimmungsprozess entschied man sich für die heimischen Baumarten Feldahorn (Acer campestre), Wildbirne (Pyrus pyraster), autochthone Schwarzpappel (Populus nigra) und Stieleiche (Quercus robur). Die Stieleiche wird bereits im Auenwald gepflanzt und kann so als etablierte Referenzbaumart dienen. Als Gastbaumarten sind der Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) und die Ahornblättrige Platane (Platanus acerifolia) Teil der Versuchsanbauten (Abbildung 1).
Jeder der vier beteiligten Forstbetriebe wählte sowohl einen Ausgangsbestand in einem Hybridpappel- als auch einem Edellaubholzbestand (soweit möglich mit führender Esche) aus. Diese Bestandestypen entsprechen den beiden Problemstellungen eines sich durch das Eschentriebsterben auflösenden Eschenbestandes sowie eines naturfernen Hybridpappelbestandes. Da jede der Versuchsflächen sowohl über eine Schirm- als auch eine Freifläche verfügen soll, wurden die Bestände von den Betrieben entsprechend vorbereitet (kleiner Kahlhieb bzw. starke Durchforstung). So entstanden insgesamt acht Versuchsbestände, deren Pflanzflächen je halb unter Schirm und halb auf der Freifläche liegen.
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Abb. 2: Anordnung und Verteilung der Parzellen am Beispiel einer Versuchsfläche aus Baden-Württemberg. (Grafik: LWF)
Auf diesen wurden für jede Baumart quadratische Parzellen mit einer Seitenlänge von 16 m schachbrettartig so angeordnet, dass sich jede der sechs Baumarten in zufälliger Verteilung, sowohl auf der Frei- wie auf der Schirmfläche, dreimal wiederholt (Abbildung 2). Dieses Vorgehen soll gewährleisten, dass es keine systematischen Fehler durch die wiederholte Kombination von Baumarten benachbarter Parzellen gibt. Die Wiederholung der Baumarten dient dabei der Homogenisierung von Standort- und Randeffekten. Von dem in Abbildung 2 gezeigten Grundschema musste teilweise wegen naturräumlicher Gegebenheiten leicht abgewichen werden.
Während der dreijährigen Projektlaufzeit wird ein Monitoring dieser Flächen durchgeführt. Dabei werden das Anwuchsverhalten und die Vitalitätsentwicklung in den ersten Wuchsperioden erhoben. Über die Projektlaufzeit hinaus dienen diese Versuchsanbauten sowohl als Forschungsobjekt für spätere Untersuchungen als auch als Anschauungsbeispiele für interessierte Auenwaldbewirtschafter. Hierzu werden die Flächen in die Versuchsflächendatenbank der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft aufgenommen, um ein langfristiges Monitoring zu ermöglichen.
Wissen aus der Praxis sammeln – Die »Best-Practice-Beispiele«
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Abb. 3: Einzelne überlebende Feldulmen im Forstbetrieb Kaisheim zeigen, welche Dimension und Qualität diese Baumart erreichen kann, und geben Hoffung auf eine möglicherweise resistente Linie. (Foto: T. Dichtl, LWF)
Die Auenwaldbewirtschaftung ist anders als »normale« Forstwirtschaft. Auf den teilweise ausgesprochen produktiven Auenstandorten kann neben den Bäumen auch die Konkurrenzvegetation ihr volles Potenzial zeigen. Dies macht forstliche Kulturen besonders aufwendig in der Pflege und daher kostenintensiv. Auch die Überschwemmungen erschweren die Bewirtschaftung. Sind Flächen überstaut, sterben Baumarten, die daran nicht angepasst sind, durch den mangelnden Gasaustausch ab oder werden stark geschädigt.
Vor allem junge Pflanzen sind hiervon betroffen. Besonders deutlich zeigt sich dies in Bereichen, die von Wasser länger überstaut sind wie zum Beispiel Senken. Überdies können Kulturen durch Treibholz niedergedrückt werden, was auch die Verwendung von Zäunen, Hüllen oder Markierstäben erschwert oder sogar ausschließt. Zusammen mit der eingeschränkten Baumartenpalette bietet sich dem Bewirtschafter eines Auenwaldes daher eine deutlich andere Ausgangslage als dies im Landwald der Fall ist.
Darum sind neben den umfangreichen Versuchsanbauten auch die Erfahrungen der Auenwaldförster vor Ort ein wichtiger Teil des Projekts »Auenwald im Klimawandel «. Die Förster waren bei der Auenwaldbewirtschaftung gezwungenermaßen immer kreativ und entwickelten Lösungsansätze, die sich in der Praxis bewähren konnten, aber teilweise keinen Niederschlag in forstliche Literatur fanden. Hinzu kommt, dass die Forstreviere mit Auenwald nur einen geringen Anteil aller Reviere ausmachen, aber weit zerstreut sind.
Ein Austausch von Wissen und Erfahrungen findet daher nicht in dem Umfang statt, wie es in der Forstwirtschaft im Landwald der Fall ist. Darum werden im Zuge des Projekts Wissen und erfolgreiche Konzepte zur Auenwaldbewirtschaftung, sogenannte »Best-Practice- Beispiele«, zu welchen bisher wenig umfassende Veröffentlichungen vorliegen, dokumentiert und bewertet (vgl. Abbildung 3).
Dieses Praxiswissen fließt zusammen mit den Beobachtungen der Versuchsflächen in einen Leitfaden zur Auenwaldbewirtschaftung ein. Durch den Leitfaden soll ein Wissens- und Methodentransfer in die waldbauliche Praxis für Forstbetriebe und Waldbesitzer sichergestellt werden.
Zusammenfassung
Als Partner im Projekt »Auenwald im Klimawandel« sucht die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie, der Universität Freiburg, dem Senckenberg Museum und engagierten Förstern nach alternativen Forstwirtschaftskonzepten für den Auenwald der Zukunft.
Das Ziel sind Wälder, die ökologischen wie ökonomischen Belangen gerecht werden und Stabilität in einem sich wandelnden Klima versprechen. Durch Versuchsanpflanzungen soll die Eignung seltener heimischer Baumarten sowie von ausgewählten Gastbaumarten in den Auenwäldern von Rhein und Donau untersucht werden.
Daneben wird durch Recherchen das vorhandene Know-How der Förster in der Bewirtschaftung von Auenwäldern eingeholt. Dieses soll mit den Erkenntnissen aus den Versuchsanbauten in einen Leitfaden zur Auenwaldbewirtschaftung einfließen.
Projekt
Das Verbundvorhaben »Formulierung von auf Praxistauglichkeit geprüften Empfehlungen für eine nachhaltige Auwaldbewirtschaftung - mit besonderer Berücksichtigung der Pappelforste - zur Optimierung der Waldfunktionen Biodiversität, Einkommen und Klimaschutz vor dem Hintergrund des Klimawandels und Eschentriebsterbens« hat eine Laufzeit vom 1.2.2018 bis 31.12.2020 und wird gefördert durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) über den Waldklimafonds.
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