LWF aktuell 137
Neue Forsttechnik auf der Interforst 2022

Ein HarvesterradZoombild vorhanden

Abb. 1: Rad des HSM-Radharvesters
(© M. Riebler, LWF)

Nach zweijähriger coronabedingter Pause öff­ne­te die Interforst vom 17. bis 20 Juli 2022 ihre Pforten auf dem Münchner Messegelände wieder. Das Interesse war erwartungsgemäß sehr groß. Rund 31.000 Besucher informierten sich über den aktuellen Stand der Technik.

Auf acht Hektar präsentierten 353 Aussteller aus 21 Ländern neue Produkte aus Forsttechnik und Waldbewirtschaftung. Grund genug für das Forsttechnik-Team der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), sich ausgiebig auf der Interforst 2022 umzusehen. Welche Innovationen zu den Themengebieten Forsttechnik, Arbeitsverfahren und Arbeitssicherheit sind dabei aufgefallen?

HSM-Radharvester mit 15 m Kranreichweite

Die Firma HSM aus Neu-Kupfer stellte mit dem Modell 405H4 einen 8-Radharvester mit 15 m Kranreichweite vor. Diese Dimension war bislang nahezu ausschließlich Raupenharvestern vorbehalten. Das Kranmodell H4-15 – eine Eigenentwicklung der Firma HSM – zeichnet sich durch eine vollständig innenliegende Schlauchführung und einen rein hydraulisch angesteuerten Doppelteleskopausschub ohne Kette aus. Die Netto-Hubkraft, also die nutzbare Hubkraft ohne Aggregatgewicht, beträgt bei voller Kranauslage 1.600 kg. Eine Besonderheit stellt die ebenfalls innenliegende Schlauchführung im Rotator dar, die ein endloses Drehen des Harvesteraggregats ohne Beschädigung der Hydraulikschläuche ermöglicht.
Um die notwendige Standfestigkeit für die enorme Kranreichweite auch bei einer gegenüber Raupenharvestern leichteren Radmaschine sicherzustellen, lässt sich die Außenbreite der Maschine mit Hilfe einer neu entwickelten Schnellverstellung in den Felgen (Vario Rim System) anpassen. Im Transportzustand beträgt die Außenbreite bei 780er-Bereifung genau 3 m. Über die Tandemachsanhebung (Boogie-Lift) an Vorder- und Hinterachse lässt sich jeweils ein Rad vom Boden abheben. Mit einem Akkuschlagschrauber kann nun die Einpresstiefe der Felge verändert werden (Abbildung 1). Somit vergrößert sich die Außenbreite des Fahrzeugs auf 3,4 m, was eine deutliche Verbesserung der Stabilität bei voller Kranauslage bewirkt. Das Gesamtgewicht des ausgestellten Harvesters beträgt inklusive Harvesteraggregat 33,4 t. Um die Standfestigkeit der Maschine weiter zu erhöhen, kann jedes der acht Räder zusätzlich noch mit bis zu 750 kg Wasser befüllt werden.

Pfanzelt-Pflanzaggregat für Containerpflanzen

PflanzgerätZoombild vorhanden

Abb. 2: Pflanzaggregat
(© M. Bossenmaier, LWF)

Die Firma Pfanzelt aus Rettenbach am Auerberg entwickelt ihre Forstraupe »Moritz« immer mehr zu einem Geräteträger. Auf der Interforst stellte sie ein Pflanzaggregat für Containerpflanzen vor, das über eine hydraulisch angetriebene Frässcheibe verfügt. Diese Frässcheibe bereitet den Untergrund für die Pflanzung vor und soll den Mineralbodenanschluss sicherstellen.

Mittels hydraulisch betätigten Werkzeugen öffnet das Aggregat einen Pflanzspalt, in den die Pflanze hineingleitet und anschließend hydraulisch angedrückt wird. Das Pflanzenmagazin fasst 50 Containerpflanzen (Abbildung 2). Der gesamte Pflanzvorgang läuft vollautomatisch ab und wird per Funkfernbedienung gestartet.

HAFO-Hilfsseilwinden

Die Firma Haselsteiner Forsttechnik (HAFO) aus Waidhofen/Ybbs bietet hydraulisch betriebene Hilfsseilwinden zum Aufbau auf nahezu alle gängigen Forstseilwinden an. Die Hilfsseilwinde wird ähnlich dem Rückholseil einer Seilkrananlage eingesetzt. Das nur 4,3 mm dünne und maximal 350 m lange Kunststoffseil der Hilfsseilwinde wird mittels einer leichten Umlenkrolle aus dem Seilkletterbereich am Ende der Seillinie angebracht. Anschließend zieht die Hilfsseilwinde das Seilwindenseil inklusive Ketten zur Last ein. Sofern in einer Seillinie mehrere Beizüge erforderlich sind, kann das Hilfsseil mit der Last zur Seilwinde gezogen werden und steht somit umgehend zum erneuten Auszug des Seilwindenseils zur Verfügung.

Der Vorteil dieses Systems besteht darin, dass lediglich das relativ leichte Kunststoff­seil mit rund 1,2 kg/100 lfm von Hand zur Last gezogen werden muss – herkömmliche Stahlseile wiegen zwischen 50 und 80 kg/100 lfm. Vor allem in steilem Gelände ist dies gerade beim »Bergabseilen« eine erhebliche Arbeitserleichterung.

Löschaufsatz für Forwarder-Ponsse Fire Fighter

Waldbrände sind aus aktuellem Anlass im Jahr 2022 leider ein vielbeachtetes Thema. Eine Schnittstelle zwischen Forsttechnik und Waldschutz stellt die Brandbekämpfungseinheit »Ponsse Firefighter« dar, die die Firma Wahlers Forsttechnik präsentierte (Abbildung 3). Das System kann auf der Ladefläche der Ponsse-Rückezüge »Buffalo« und »Elephant« montiert werden. Es ist einerseits dafür gedacht, Löscharbeiten selbst in schwierigem Gelände abseits von Forststraßen zu unterstützen. Andererseits kann damit ein wesentlicher Beitrag für die Waldbrandnachsorge (Beobachten der vom Brand betroffenen Gebiete und Verhindern neuer Brände) geleistet werden.
Eine große Maschine zur Brandbekämpfung auf dem Freigelände der InterforstZoombild vorhanden

Abb. 3: Brandbekämpfungseinheit
(© M. Riebler, LWF)

Nach dem Anschluss an die Hydraulik der Forstmaschine ist die Einheit umgehend einsatzbereit. Die Kranhydraulik des Forwarders treibt die leistungsstarke Wasserpumpe (Wasserfördermenge max. 950 l/min bei max. 14 bar Ausgangsdruck) den Wasserwerfer sowie die Befüllpume an, wobei der Kran weiterhin nutzbar ist. Ein hakenliftfähiges Transportgestell (Abrollcontainer) nimmt den 10.000 l-Wassertank aus Aluminium auf. Im Inneren verfügt der Tank über mehrere Trennwände, die die Konstruktion bei Geländefahrt stützen und ein freies Fließen der Löschflüssigkeit verhindern. An seiner Oberseite befinden sich große Befüllelemente, durch die dem Löschwasser optional auch Chemikalien zugesetzt werden können. Der um 360° drehbare Wasserwerfer lässt sich über eine drahtlose Fernbedienung aus bis zu 100 m Entfernung steuern.

Neben horizontaler und vertikaler Ausrichtung des Wasserwerfers sind auch verschiedene Sprühmuster, von Wassernebel bis Vollstrahl, aus der Ferne steuerbar. Bei Vollstrahl ist eine Reichweite von rund 47 m möglich. Die Befüllpumpe kann über einen Hubgriff mit dem Kran der Trägermaschine in verschiedenen Wasserentnahmestellen platziert werden. Innerhalb von sieben Minuten lässt sich so der Wassertank vollständig befüllen. Über Kupplungsverbindungen können am Wassertank zusätzlich zum Wasserwerfer zwei Feuerwehrschläuche angeschlossen werden, mit denen sich unabhängig vom Wasserwerfer weitere Brände bekämpfen oder gefährdete Bereiche besprühen lassen.

Wird die Brandbekämpfungseinheit vor Ort nicht mehr benötigt, kann sie relativ schnell abgenommen werden. Der Forwarder steht somit wieder uneingeschränkt für seine eigentliche Aufgabe zur Verfügung. Die abgebaute Brandbekämpfungseinheit mit einem Leergewicht von 1,5 t ist dann zeitnah an einem anderen Ort, auf einer anderen Maschine montiert, einsatzbereit.

Akkutechnik und Funksteuerung bei Fällkeilen und Kettenwinden

ferngesteuerter hydraulishcer FällkeilZoombild vorhanden

Abb. 4: EDER-Fällkeil »Funk Titan 80« (© M. Bossenmaier LWF)

Im Bereich der Akkutechnik gibt es vor allem bei den ferngesteuerten Fällkeilen einige Neuerungen. Die EDER-Maschinenbau GmbH aus Wolfenbüttel hat mit dem »Funk Titan 80« einen kompakten ferngesteuerten mechanischen Fällkeil entwickelt, bei dem die Spindel, die den Druckkeil in Längsrichtung bewegt, innerhalb eines Metallgehäuses verbaut ist (Abbildung 4). Dadurch ist die Spindel weitestgehend vor äußeren Einwirkungen geschützt. Der Antrieb der Spindel erfolgt über einen fest verbauten Schlagschrauber.

Mit dem »TR240« bringt die Firma Forstreich aus Freiburg einen kleineren ferngesteuerten Fällkeil auf den Markt, der mit 5,6 kg Gesamtgewicht nur etwas mehr als die Hälfte des größeren »TR300« (knapp10 kg) wiegt. Dafür ist die Hubkraft mit 12 t nur halb so groß wie beim »TR300« und die Hubhöhe mit 45 mm etwas geringer.

Die Firma BaSt-Ing GmbH aus Lenggries präsentierte eine neu entwickelte Infrarot-Funkfernsteuerung zum modularen Aufbau auf einen Milwaukee Akku-Schlagschrauber. Als Ergänzung zur einfacheren »Maßbandsteuerung« kann der Spindelkeil »ValFast« zukünftig vollständig per Funk angesteuert werden, ähnlich wie die Fällkeile der Firmen Forstreich, Eder und Strixner.
Neu ist auch die akkubetriebene Kettenwinde »PullFast«. Diese eignet sich für Zugaufgaben über kurze Distanzen wie beispielsweise für das Abziehen von Hängern oder das Bergen leichter Fahrzeuge. Die Winde besteht aus einer in einem Rohr verbauten Gewindespindel, welche durch einen Schlagschrauber angetrieben wird und den Aufnahmeschlitten für eine Rückekette vor und zurück bewegt. Die maximale Zugkraft beträgt laut Hersteller 1,2 t bei einem Eigengewicht – ohne Anschlagmittel und Schlagschrauber – von 6,6 kg. Die Kettenwinde kann wie der Fällkeil ValFast mit der neuen Funkfernsteuerung »ValRemote« kombiniert werden.

Stihl-Aufbewahrungssystem mit Ladefunktion für Werkzeugakkus sowie neue Akkusäge

Ein Regal mit ausziehbarer Schublade für die BatterienZoombild vorhanden

Abb. 5: Akku-Transport- und Ladebox »bottTainer« (© M. Bossenmaier, LWF)

Die Firma Stihl aus Waiblingen stellte den »bottTainer« vor, eine Transport- und Ladebox für bis zu 28 Akkus, die in Zusammenarbeit mit dem Fahrzeugausrüster Bott entstanden ist. Die Box wird fest auf der Ladefläche eines Fahrzeugs montiert und bietet dadurch, neben den Anforderungen an die Ladungssicherung, auch einen erhöhten Diebstahlschutz (Abbildung 5). Eine Besonderheit ist die Klimatisierung der Box, die das ganzjährige Lagern und Aufladen der hitze- und kälteempfindlichen Akkus im Fahrzeug ermöglicht.

Stihl präsentierte zudem die neue Akkusäge »MSA 300«. In Kombination mit dem Akku AP500S ist sie die derzeit stärkste Akkusäge auf dem Markt. Ihre Leistung soll im Bereich der klassischen Stihl MS-261 Benzinmotorsäge liegen.

Bodenschutz

Rad eines HarvestersZoombild vorhanden

Abb. 6: HSM-Beadlock Felge (© H. Borchert, LWF)

Im Bereich des technischen Bodenschutzes im Wald gibt es erfreuliche Entwicklungen bei speziellen Niederdruckreifen. Der Reifenhersteller »Nokian« erläuterte im Rahmen eines Runden Tisches drei neue Reifenkonzepte zu speziellen Niederdruckreifen im Forst, die sich derzeit noch in der Testphase befinden. Das erste Modell, die sogenannte »Beadlock Felge«, beruht auf einem Patent der Firma HSM, das Nokian gekauft hat. Es handelt sich dabei um ein System, bei dem die Forstreifen an der Felge festgeschraubt werden, um ein Durchrutschen oder Abgleiten des Reifens von der Felge bei sehr geringen Reifeninnendrücken zu verhindern (Abbildung 6).

Bei der zweiten Ausführung ist der Reifen auf der Felge festgeklemmt, beim dritten Modell wird das Durchrutschen des Reifens auf der Felge durch eine spezielle Riffelung (»Super Knurling«) auf der Felgeninnenseite verhindert.
In der Praxis sind die Reifen derzeit auf Rückezügen in Baden-Württemberg im Einsatz. Es wird dabei mit Reifendrücken von 2,4 bar unter dem Rungenkorb und 1,4 bar unter der Fahrerkabine gefahren. Die Rückmeldungen der Maschinenführer sind bislang bei allen drei Reifenkonzepten sehr positiv, vor allem im Hinblick auf Handhabung, Haltbarkeit und Bodenschutz.

Niedrigere Reifeninnendrücke haben eine große bodenschonende Wirkung. Durch die daraus resultierende größere Aufstandsfläche des Reifens wird der Druck auf den Waldboden besser verteilt und die Spurtiefe auch bei feuchteren Böden deutlich reduziert. Zudem verbessert sich die Kraftübertragung und es tritt weniger Schlupf auf.

Personen-Notsignal-Anlagen (PNA)

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) stellte verschiedene Personen-Notsignal-Anlagen (PNA) für allein arbeitende Personen vor. Der Einsatzbereich dieser Geräte wird vorrangig bei Maschinenführern gesehen, die meist alleine und wechselnd innerhalb und außerhalb der Forstmaschine arbeiten.

Die PNA-Lösung »GuardMe« von Bosch ist als eine der wenigen App-basierten Versionen nach der DIN VDE V 0825-11 »Geräte- und Prüfanforderungen für Personen-Notsignal-Anlagen unter Nutzung öffentlicher Telekommunikationsnetze« durch die DGUV zertifiziert. Sie verfügt zudem über das international anerkannte GS-Siegel für Geprüfte Sicherheit.

»GuardMe« funktioniert in Kombination mit Android Spezial-Smartphones, wie z. B. dem Sonim XP8. Diese Geräte verfügen über Sensoren, die ungewöhnliche Neigungswinkel oder Stürze erkennen können. Im Notfall lösen der Verunfallte aktiv oder die App automatisch einen Alarm aus. Dabei wird eine Sprachverbindung zum Bosch-Monitoring-Center hergestellt. Die App beinhaltet folgende Funktionen: Panik-Button, Lage-, Ruhe-, Zeit- und Sturz­alarm sowie eine Verbindungsüberwachung.

Neue Wege bei der Absperrung – PROTOS® Barrier

Absperrvorrichtung mit KameraZoombild vorhanden

Abb. 7: »Interaktive« Straßensperre
(© S. Geßler, LWF)

Mit der Straßensperre »PROTOS® Barrier« zeigt die PROTOS GmbH aus Koblach in Österreich einen neuen Weg, Arbeitsstellen künftig effektiver abzusichern (Abbildung 7). Auf einem Dreibeinstativ befindet sich eine stoppschildähnliche Warntafel. Dieses »LED-Panel« zeigt individuelle Texte und somit verschiedene Warnungen an.

Zudem lassen sich an zwei Auslegern klassische Warnfolien anbringen. Die Ausleger sind beweglich montiert und können z. B. bei erlaubter Durchfahrt einfach nach vorne oder hinten geschwenkt werden. Oberhalb des LED-Panels sitzt die eigentliche Besonderheit des Systems: Eine eingebaute Kamera nimmt das Umfeld auf und kann bei Annäherung zwischen Mensch und Tier unterscheiden.

Nähern sich Menschen der Absperrung, gibt das System einen ansteigenden Warnton sowie Lichtsignale ab. Wird die Sperre dennoch umgangen, sendet das System eine akustische Warnung an den Helmfunk der Arbeiterinnen und Arbeiter. Gefährliche Arbeitsschritte können so rechtzeitig unterbrochen werden. Die optischen und akustischen Warnsignale werden durch das System PROTOS® Barrier aufgezeichnet und gespeichert.

Zusammenfassung

Die Messe Interforst war auch heuer wieder eine wichtige Plattform, um sich bei den Herstellern direkt und umfangreich über Neuerungen in der Forsttechnik zu informieren. Vorgestellte Innovationen waren beispielsweise das Vario Rim System – eine neu entwickelte Schnellverstellung der Felgen zur Erhöhung der Außenbreite und damit der Standfestigkeit eines Radharvesters – sowie Neuerungen im Bereich des Bodenschutzes beim Forstmaschineneinsatz. Bei den akkubetriebenen Forstgeräten wurden bestehende Geräte verbessert und weiterentwickelt sowie wei­­tere Arbeitsfelder erschlossen. Auch die Akkus an sich stehen vermehrt hinsichtlich Aufladung, Transport und Lagerung im Fokus. Im Bereich Arbeitssicherheit und Baustellenabsicherung wird z. B. bei Personen-Notrufanlagen und »interaktiven« Straßensperren vermehrt auf Digitalisierung und Automatisierung gesetzt. In diesen Bereichen präsentierten die Hersteller auf der Interforst auch vollständig neu entwickelte Systeme.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autoren