Michael Wolf und Michael Bossenmaier
Mit Strom und Diesel durch den Wald – LWF aktuell 115
Alle vier Jahre findet im südschwedischen Jönköping die Forstmesse Elmia Wood statt. 42.000 Besucher informierten sich vom 7. bis 10. Juni bei 555 Ausstellern aus 28 Ländern, wo die Forsttechnikbranche steht, was sie bewegt und in welche Richtung die Entwicklung geht.
Ergonomie, Hybridantriebe oder »small scale forestry« sind ein kleiner Ausschnitt der Elmia Wood. Sie zeigen aber die große Bandbreite auf, die die weltgrößte Forstmesse ihren Besuchern bietet. Und natürlich darf »Forstwirtschaft 4.0« nicht fehlen.
Technik-Profis und interessierte Laien kamen in diesem Jahr schnell zur gleichen Erkenntnis: Es gibt keine bahnbrechenden Neuerungen. Oder wie es ein Teilnehmer beim allabendlichen KWF-Treff auf dem Messegelände formulierte: »Das Rad ist eben schon rund! Da kann man nicht mehr viel optimieren«. Allerdings kamen beide Gruppen aus ganz unterschiedlichen Gründen zur jeweiligen Einschätzung: Während dem Fachpublikum viele Neuheiten schon im Vorfeld bekannt waren, sind sie für technisch weniger versierte Besucher nicht so augenscheinlich gewesen wie in den letzten Jahren. Das mag auch daran liegen, dass viele Hersteller mit der Anpassung ihrer Maschinen an die Abgasnorm der Stufe IV (engl.: »Tier-4-final«) beschäftigt waren. Dennoch gab es in vielen Bereichen interessante Entwicklungen zu entdecken.
Der Strom-Diesel-Harvester
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Abb. 1: Logset 12 GTE hybrid: der erste serienmäßige Hybrid-Harvester. (Foto: M. WOlf)
Ein neues Kapitel beim Antrieb schlägt die finnische Firma Logset mit dem ersten serienmäßigen Hybrid-Harvester 12H GTE hybrid auf. Dieselaggregat und Elektromotoren liefern zusammen 380 kW (520 PS) Leistung und arbeiten parallel (paralleler Hybrid). Bei diesem Konzept deckt das Dieselaggregat die Grundlast ab, spezielle Elektromotoren springen bei Lastspitzen innerhalb von Millisekunden an und liefern die zusätzlich notwendige Leistung.
Solche Lastspitzen treten zum Beispiel auf, wenn ein Baum angehoben wird, die Vorschubwalzen den Stamm durch die Entastungsmesser schieben oder gleichzeitig mehrere Bewegungen ablaufen. Durch die zeitweise Unterstützung durch Elektromotoren kann der Dieselantrieb weitestgehend in einem optimalen Drehzahlbereich laufen, was Verbrauchsspitzen beim Diesel und damit auch Emissionen senkt. Die elektrische Energie wird von Hochleistungskondensatoren (SC-Kondensatoren) zur Verfügung gestellt.
Im Vergleich zu Lithium- Ionen-Akkus können SC-Kondensatoren zwar nur vergleichsweise wenig Energie speichern, die Energieaufnahme und Energieabgabe geht dafür aber sehr viel schneller. Gespeist werden die Kondensatoren mit einem Generator, der kurzzeitig auch in den Motorbetrieb umschalten kann und dann den Antrieb unterstützt. Trotz Leistungssteigerung sinkt damit der Kraftstoffverbrauch nach Herstellerangaben um 20–30 % (verglichen mit den bisherigen Logset-Harvestermodellen).
Trend zu 8-Rad-Harvestern, Dauerthema Ergonomie
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Abb. 2: 8-Rad-Harvester sind im Kommen, u.a. wegen den Anforderungen bezüglich des Bodenschutzes. Hier der 1170 G von John Deere. (Foto: M. Wolf)
Ein deutlicher Trend zeichnet sich bei den Harvestern hin zu 8-Rad-Maschinen ab. Viele Hersteller reagieren damit auf die Wünsche ihrer Kunden, die ihrerseits mit steigenden Anforderungen beim Bodenschutz konfrontiert werden. So präsentierte John Deere mit seinem Modell 1170 G, Komatsu mit dem 901 XC oder auch Eco Log mit dem 688E entsprechend neue Modelle.
Ungebrochen sind bei allen Herstellern auch die Bemühungen, die Maschinen möglichst ergonomisch zu gestalten. Ein Beispiel ist die intelligente Kransteuerung (Intelligent Boom Control - IBC) von John Deere, die jetzt nach den Forwardern auch für Harvester angeboten wird. Damit steuert der Fahrer nur die Spitze des Auslegers. Der Bordcomputer berechnet dann, welche Hydraulikzylinder die gewünschte Bewegung am effizientesten ermöglichen und steuert diese selbstständig an.
Mit dem IBC-System ist die Bedienung des Krans deutlich einfacher zu erlernen und auch präziser. Der Komatsu 901 XC wird ab dem Frühjahr 2018 erhältlich sein. Das XC steht für »Xtreme Conditions«, also extreme Bedingungen am Hang und auf befahrungsempfindlichen Standorten. Das zweite Bogie-Paar wird – wie schon beim 931 XC – an der pendelnden Hinterachse angebracht. Der Harvester ist dadurch sehr geländegängig und für den Fahrer komfortabel.
Neuigkeiten bei Forwardern
Komatsu stellte mit »Speed Shift« ein stufenloses Forwardergetriebe für die Modelle 855 und 895 vor. Das neue Getriebekonzept umfasst zwei Hydraulikmotoren, wobei der zweite Hydraulikmotor nur dann zugeschaltet wird, wenn besonders viel Zugkraft benötigt wird. Sobald die Maschine von der Rückegasse auf die Forststraße fährt, kuppelt sich ein Hydraulikmotor aus, was dann das stufenlose Beschleunigen auf bis zu 20 km/h ermöglicht. Das spart nicht nur Zeit, da man zum Umschalten in den Fahrgang nicht mehr stehenbleiben muss, sondern auch Kraftstoff.
Neu ist auch die Kransteuerung »SmartFlow«. Dabei handelt es sich um einen digital gesteuerten Ventilblock, mit dem Ölmenge und Öldruck besser reguliert werden können. Die Vorteile sollen ein um 4 % geringerer Dieselverbrauch und das einfachere und präzisere Manipulieren des Holzes beim Beladen sein. Eine bemerkenswerte Entwicklung war bei Gremo zu beobachten.
Die verstärkte Nachfrage nach leistungsstarken, aber leichteren und daher bodenschonenderen Maschinen erfüllt der Hersteller mit dem neuen Modell 750 F, bei dem der Vorderwagen vom größeren Bruder 1050 F mit einem kleineren Hinterwagen kombiniert wird. Bei gleicher Leistung von 120 kW (163 PS) ergibt dies beladen beim 750 F ein Gesamtgewicht von 19 t, also eine Ersparnis um 4 t. Die Nutzlast sinkt dagegen nur um 2 t auf dann 8,5 t. Nach dem gleichen Prinzip verfährt Rottne beim F10 D. Der Vorderwagen stammt in diesem Fall vom größeren F11 D.
"Small scale forestry"
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Abb. 4: Kreatives Marketing: Der elektrische Transportwagen für kleine Holzmengen. (Foto: M. Wolf)
Das große Angebot für »small scale forestry « (wörtlich »kleinmaßstäbliche Forstwirtschaft «, sinngemäß Kleinprivatwald) gehört seit jeher zu den besonderen Merkmalen der Elmia Wood. In einem eigenen Bereich wird Technik für den Kleinprivatwald präsentiert, die sich vom enormen Umfang her (noch) vom Angebot auf mitteleuropäischen Messen unterscheidet. ATV (»all terrain vehicles«, auch als Quads bekannt) und Miniforwarder in zahlreichen Varianten und technisch weit entwickelten Ausführungen warten jedoch nicht mehr nur auf zahlungskräftige Kleinprivatwaldbesitzer.
Einige Modelle wie der Miniforwarder Alstor 840 pro sind eher für Forstunternehmer interessant, die eine neue Nische suchen. Darauf deuten auch die Preise hin, die für die 18 kW (25 PS) starken Miniforwarder mit einer Nutzlast von circa 3 t durchschnittlich bei 60.000 € liegen. Ein immer größer werdendes Angebot von Forwardern und Harvestern schließt inzwischen auch die Lücke zu den Großmaschinen: Eine ganze Reihe skandinavischer Hersteller bietet Forwarder mit einer Nutzlast um 6 t und einer Leistung von 55 kW (75 PS) an. Dazu kommen entsprechende Harvester.
Forstwirtschaft 4.0 – ein Blick in die Zukunft
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Abb. 5: Das Kamerasystem HiVision von HIAB ersetzt zusammen mit einer VR-Brille den Steuerstand am Kran. (Foto: M. Wolf)
Welche Themen verstärkt in den Fokus der Branche gelangen könnten, war auf der diesjährigen Messe schon erkennbar: Das objektbezogene Erzeugen, Sammeln, Verknüpfen und Auswerten von Daten gehört ganz sicher dazu. In Anlehnung an den Begriff »Industrie 4.0« wurde diese Entwicklung bei einem der allabendlichen Fachgespräche des KWF mit be- kannten Persönlichkeiten der Forsttechnikbranche bereits als »Forstwirtschaft 4.0« diskutiert.
Denn schon heute sammeln motorisierte Kleingeräte wie auch Großmaschinen vielfältige Daten. Was bislang aber nur in der Werkstatt ausgelesen wird oder dem Fahrer als Zusatzinformation zur Verfügung steht, könnte schon morgen im großen Stil miteinander verknüpft werden. Maschinen, die selbstständig Werkstatttermine online vereinbaren und Unternehmer, die stets alle Geschäftsprozesse im Detail im Blick haben, sind da nur einfache Beispiele.
Einen kleinen Vorgeschmack liefert der sogenannte »Fleet Service« von Husqvarna. Mit Hilfe kleiner Sensoren, die einfach am Gehäuse von Motorsägen, Freischneidern und anderen Kleingeräten angebracht werden, können Nutzungsdaten gespeichert werden. Dazu werden die elektromagnetischen Wellen des Zündfunkens oder entsprechende Kennwerte bei Akku-Maschinen ausgewertet. Beim Zurückstellen ins Lager werden diese Informationen dann kabellos ausgelesen und zentral gespeichert. Leerlaufzeiten, produktive Stunden, falsche Handhabung und mehr sind so für den Unternehmer mit entsprechender Software sofort erkennbar.
Der neu auf der Elmia eingeführte Bereich »drone zone« zeigte eindrücklich, dass neben Maschinendaten zum Beispiel auch durch Drohnen gesammelte Informationen, beispielsweise zu Naturschutzobjekten und sogar zu Einzelbäumen, in die entsprechenden Datenpools gelangen können. Gut zu diesem Szenario passen auch die Virtual Reality (VR)-Brillen, die mit Hilfe von Kamerabildern und Computermodellen ein Abbild der Wirklichkeit zeigen.
Was man bislang eher mit Spielekonsolen im Jugendzimmer in Verbindung brachte, wird inzwischen auch bei der Schulung von Maschinenführern oder zum Bedienen von Maschinen eingesetzt. So bietet der Kranhersteller HIAB mit »HiVision« eine Kransteuerung für Holztransport- LKW an, die die Bilder mehrerer Kameras zu einem virtuellen, dreidimensionalen Bild mit 240° Rundumsicht zusammensetzt und in die VR-Brille einspielt. Bei schlechtem Wetter kann der Kran dann gleich vom Führerhaus aus bedient werden.
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