Konstantin Benker
Über ganz kleine und die größten Maschinen in unseren Wäldern - Forsttechnik-Newsletter 01/2015
Die Fülle der Maschinen in unseren Wäldern ist sehr groß. Dass es nicht nur im Bereich der Großmaschinen Weiterentwicklungen gibt, möchten wir Ihnen in diesem Newsletter zeigen.
Raptor BHST 1740 - Größter deutscher Harvester
Strukturreiche, dauerwaldartige Mischbestände mit Rückegassenabstand von 30 Meter – so sollen Bayerns Wälder vielerorts im Idealfall aussehen. Und dort soll man hochmechanisiert ohne Schäden an Verjüngung und verbleibenden Bestand Holz ernten? Am besten auch noch Langholz?
Wie das funktionieren kann zeigt die Firma Haas. Sie hat für das Forstunternehmen Hipp den größten Harvester in Deutschland entwickelt. Der Forstbetrieb Freising der BaySF bot uns an, uns selbst ein Bild von der Maschine zu machen und den Raptor in der Nähe von Pfeffenhausen in Aktion zu sehen.
Im Maschinenbestand der Firma Hipp gibt es mit dem "Hanimax Soft" bereits eine vergleichbare Maschine für die Starkholzernte in vorausverjüngten Beständen. Schon dieser Harvester beeindruckt mit Kennzahlen wie 15 Meter Kranreichweite und ca. 3 Tonnen Hubkraft bei Vollauslage. Wo liegt also der Unterschied zur neuen Maschine und weshalb hat sich das Unternehmen dazu entschieden, diesen ca. 1 Mio. € teuren Harvester anzuschaffen?
Im Gegensatz zum Hanimax Soft hat der Raptor eine Tilteinheit für den Oberwagen, sodass er auch kurze steilere Passagen überwinden kann. Weder Kran noch Kabine sind seitlich tiltbar – der Raptor ist also keine Maschine für den Steilhang wie der optisch ähnliche Königstiger/Mammut der Firma Kern.
Der neue Gigant kann allerdings mit 17,4 Meter noch weiter in den Bestand greifen und dabei zusätzlich zum Aggregat immer noch 3-4 Tonnen heben! Bei 15 Meter sind es ca. 5 Tonnen Hubkraft. Dementsprechend schwer muss die Maschine sein – etwa 70 Tonnen bringt der Raptor auf die Waage. Rein theoretisch bleibt der Bodendruck aufgrund des mit 6,8 Meter sehr langen Laufwerks gering: 1,12 kg/cm².
In der folgenden Tabelle können Sie die Leistungsdaten von 4 verschiedenen Harvestern vergleichen. Neben dem Raptor und seinem nächsten Verwandten, dem Hanimax Soft, steht der Mammut T40 zum Vergleich. Diese Maschine hat die BaySF Forsttechnik in ihren Bestand aufgenommen. Schließlich ist noch der John Deere 1270 E als "Standard-Harvester" aufgeführt. Er bzw. seine Vorgängermodelle gehören zu den meist verbreiteten in Deutschland.
Vergleich der Leistungsdaten 4 verschiedener Harvester: | Raptor | Hanimax Soft | Mammut Kern T40 | John Deere 1270 E |
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Kranreichweite [Meter] | 17,4 | 15 | 14,5 | 10 |
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Nettohubkraft bei voller Auslage [Tonnen] | 3,5 | 3 | 2,5 | 1 |
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Gesamtgewicht [Tonnen] | 70 | 60 | 45 | 20,5 |
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Oberwagen-/Kabinenlängstilt [°] | 19° | 0° | 25° | 9° |
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Oberwagen-/Kabinenquertilt [°] | 0° | 0° | 6° | 17° |
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Fahrzeugbreite [Meter] | 3-4,4 | 3-4,4 | 3-4,3 | 2,95 |
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Fahrwerk | Softtracks, teleskopierbar | Softtracks, teleskopierbar | Zweistegketten | 6-Rad |
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Für die Langholzernte hat der Raptor auf der rechten Seite des Krans auf dem Oberwagen eine Baumrutsche. Der Harvester hebt den Baum stehend aus dem Bestand, legt ihn auf der Rückegasse vor sich um und arbeitet ihn dann auf. Dabei schiebt er den Stamm über die Baumrutsche, quasi über die rechte Schulter, sodass der fertige Stamm kontrolliert und ohne zu brechen hinter dem Harvester am Gassenrand für die Rückung bereit liegt. Schön zu sehen ist dies auf einem Video über den Hanimax-Soft, der auch mit einer Baumrutsche arbeitet:
Hanimax Soft - World's biggest Harvester (YouTube)
Im Kleinprivatwald wird man den Raptor wohl eher nicht antreffen, denn als Mindestmenge muss man ca. 2000 fm pro Einsatz kalkulieren. Grund dafür sind unter anderem die enorm hohen Kosten für das Umsetzen der Maschine. Es sind 2 Tieflader notwenig, um nicht über 100 Tonnen Transportgewicht pro Fahrzeug zu kommen. So werden auf dem zweiten Tieflader Anbaugeräte wie Prozessorkopf und Kontergewichte transportiert. Für das Zerlegen des Raptors hat sich das Forstunternehmen einen LKW mit Ladekran am Heck angeschafft, der gleichzeitig mit einer mobilen Werkstatt ausgerüstet ist.
So kostet das Umsetzen zwischen 2000 und 2500€. Bei einem normalen Radharvester sind es etwa 1000€ für weite Strecken bzw. 200-300€ für kürzere Distanzen. Auf eigener Achse fährt der Raptor in der Regel nicht weiter als 5km, da er mit einer maximalen Fahrgeschwindigkeit von nur 4km/h dementsprechend lange unterwegs ist. Schäden auf der Straße können mit den Gummiplatten, die auf dem Laufwerk verschraubt sind ("Softtracks"), vermieden werden.
Leistung und Kosten
Pro Maschinenarbeitsstunde kalkuliert das Unternehmen 260€. Dabei wird eine Leistung von 20-25 fm/MAS erreicht, sprich etwa 200 fm/Tag oder 1000 fm/Woche. Optimal sind Entnahmebäume mit Einzelbaumvolumen von 2-3fm.
So kostet die Aufarbeitung zwischen 16 und 19€/fm frei Waldstraße.
Als Förster müssen die besonderen Anforderungen beim Auszeichnen beachtet werden. Die Fahrerkabine sitzt sehr hoch über dem Boden, so dass die normale Höhe der Holzerntemarkierungen nicht ausreichend ist. Außerdem kann dichte Verjüngung dazu führen, dass der Harvesterfahrer eine normale Markierung nicht sehen würde.
Stattdessen sollte mit einer Teleskopvorrichtung an der Sprühdose gearbeitet werden, um in mehreren Metern Höhe auszuzeichnen. Dies hat außerdem den Vorteil, dass Farbnebel weiter von den Atemwegen entfernt sind.
Holzmully und Spillwinde
Bringungstechniken für den Kleinstprivatwald und Brennholz-Selbstwerber spielen zunehmend eine Rolle, wenn der Einsatz teurer Maschinen nicht in Frage kommt.
Wir hatten kürzlich Gelegenheit, einen Prototypen zu betrachten, der in die Kategorie der Kleinrücketechnik fällt – nämlich das Holzmully.
In einer kurzen, orientierenden Zeitstudie haben wir die Leistung und Einsatzgrenzen des Holzmully erfasst und mit einer 1,8 Tonnen-Spillwinde verglichen.
Dazu muss man vorneweg sagen, dass die Spillwinde eigentlich für das Abziehen von Hängern gedacht ist. Sie ist also in erster Linie Greifzug-Ersatz und kein Bringungsgerät. Sie kann aber durchaus für Kleinstprivatwaldbesitzer eine Alternative zur wesentlich teureren Schlepper-Seilwinde sein, wenn zum Beispiel geringe Mengen in nicht ausreichend erschlossenen Beständen gerückt werden sollen.
Einsatzgebiet und Verfahren
Das Holzmully kann im 1-Mann-Verfahren betrieben werden. Dabei schiebt man das Gerät im Leerlauf zu dem motormanuell gefällten Baum und befestigt ihn mit den Anschlagketten an dem Stahlrohrrahmen. Je nach Stärke können auch mehrere schwache Stämme auf einmal transportiert werden. Angetrieben von einem Freischneidermotor, manövriert man schließlich die Stämme aus dem Bestand. Der Hersteller verwendet das etwa 60 kg schwere Gerät auch zum Abziehen von Hängern, wie im Video zu sehen ist:
Forstfachverlag - Der Holzmully ist keine Eselei (Facebook)
Wir haben eine Rückeleistung von ca. 1fm/Std. in einem etwa 25-jährigem Fichten-Erstdurchforstungsbestand ermittelt. Der mittlere BHD des ausscheidenden Bestands betrug 15cm.
Letztendlich kann man festhalten, dass das Gerät funktioniert, auch zum Abziehen von Hängern. Allerdings haben wir Bedenken bezüglich der Ergonomie, da das Gerät zu schwer ist und man immer die Stämme beim Aufladen anheben muss. Erhöhte Unfallgefahr besteht beim Abziehen von Hängern in dichten Beständen. Man kann den Baum nicht kontrolliert abziehen und befindet sich direkt im Gefahrenbereich. Das Holzmully sollte also nur im Schwachholz eingesetzt werden.
Im Vergleich dazu hat die Arbeit mit einer tragbaren Spillwinde, wie in unserem Fall die EDER ESW 1800, aus Sicht der Ergonomie und Sicherheit erhebliche Vorteile. Die Arbeit ist theoretisch auch alleine möglich, gerade bei längeren Distanzen sollte man aber zu zweit sein. Man bedient die Winde direkt am Gerät, indem man am Seil zieht, das über die Spillscheibe läuft. Im Video ist die Funktionsweise einer Spillwinde ersichtlich:
Seilspillwinde ESW 1800 Endlos Ziehen 1800 Kg (YouTube)
Fehlt der Sicht-und Rufkontakt, werden Funkgeräte benötigt. Die Geschwindigkeit ist mit 12m/min im 1.Gang, bzw. 24m/min im 2. Gang relativ gering, sodass weite Distanzen die Leistung stark senken. Bei unserer kleinen Zeitstudie waren es im Mittel nur 30 Meter und die Leistung lag bei 2fm/Std. Um bestandes-und bodenschonend zu arbeiten, sollte man eine Rückehaube verwenden. Anders als das Holzmully kann man mit der Spillwinde auch im Starkholz Hänger abziehen und rücken. Notfalls kann man die Zugkraft mit einer Umlenkrolle verdoppeln, sodass etwa 3-3,2 Tonnen Zugkraft anliegen.
In der Online-Mediathek des Bayerischen Rundfunks ist derzeit noch ein kurzer Filmbeitrag vom 20.03.2015 zu finden, der sich mit dem Thema "Holzrücken im Privatwald" befasst:
Holzrücken im Privatwald (BR-Mediathek)
19. Forstlicher Unternehmertag
In Freising lädt die Professur für Forstliche Verfahrenstechnik der TU München jährlich zu einer Veranstaltung zum Informationsaustausch in der forstlichen Branche ein. Dort hatte die LWF Gelegenheit, die Ergebnisse einer kürzlich erfolgten Befragung forstlicher Unternehmer vorzustellen. Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie in der Zeitschrift Forst&Technik, Ausgabe 4/2015.
Dr. Herbert Borchert, Leiter der Abteilung Forsttechnik, Betriebswirtschaft und Holz, erläuterte unter anderem, dass unter den Unternehmern eine Unzufriedenheit bezüglich der wirtschaftlichen Situation besteht. Die Bereitschaft in neue Maschinen zu investieren ist bei vielen gering, sodass der momentan bereits veraltete Maschinenbestand noch weiter veralten oder schrumpfen könnte. Zu dieser Aussage passte auch der Vortrag von Ralf Dreeke der Firma Wahlers Forsttechnik GmbH. Er meinte, dass neue Maschinen immer mehr Ausstattung an Bord haben und dementsprechend auch mehr kosten. Auch werde vom Auftraggeber die Verwendung von Zusatzaustattung wie z.B. Bogie-Bänder oder Breitreifen verlangt, jedoch nicht dementsprechend in der Verlohnung vergütet. Schließlich rief er die Forstunternehmer auf, nur die Leistung zu erbringen, für die auch gezahlt wird. Dafür erntete er bei den anwesenden Forstunternehmen große Zustimmung.
Die LWF arbeitet gerade an der Clusterstudie 2015 "Forst und Holz in Bayern". Da in der Branche die Forstunternehmen eine tragende Rolle spielen, nutzte man die Gelegenheit und ließ von den Anwesenden einen Fragebogen ausfüllen, der unter anderem auch Stärken und Schwächen beleuchtet.
Ein ausführlicher Bericht zum 19. Forstlichen Unternehmertag wurde im Holzzentralblatt (Ausgabe Nr. 13, Jahrgang 141 am 27. März 2015) veröffentlicht.
Termine
06.-08.10.2015
AustrofomaLeitmesse für Seilkrantechnik und Steilhangbewirtschaftung
VeranstaltungsortStift Schlägl-Hochficht, Oberösterreich
16./17.10.2015
3. KWF-Thementage – "Kleiner Wald – was tun?""Forsttechnik, -ausrüstung und Verfahren für Kleinwaldflächen"
VeranstaltungsortGroß Heins, Landkreis Verden (Niedersachsen)
09.-12.06.2016
17. KWF-Tagung – "Wälder – Menchen - Märkte"
VeranstaltungsortRoding (Oberpfalz)
Autor
Der Autor ist Mitarbeiter in der Abteilung 4 "Forsttechnik, Betriebswirtschaft, Holz" der LWF: