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Christina Schumann, Stefan Friedrich und Florian Zormaier
Biomasseheiz(kraft)werke - LWF-Wissen 70

Die Umrisskarte zeigt die Standorte der verschiedenen Biomasseheiz(kraft)werke in  Bayern.Zoombild vorhanden

Abbildung: Standorte der bayerischen Biomasseheiz(kraft)werke (Stand Februar 2012) (Quelle: LWF auf Basis der Daten von TFZ, C.A.R.M.E.N. e.V. und eigener Recherchen)

Die Ergebnisse zum Holzverbrauch von Biomasseheiz(kraft)werken in Bayern im Jahr 2010 basieren auf einer schriftlichen Umfrage der Bayerischen ­Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Insgesamt wurden 680 Heizwerke, Dampf- und ORC-Heizkraftwerke angeschrieben.

Die räumliche Verteilung der Biomasseheiz(kraft)werke in Bayern ist ­der Abbildung zu entnehmen. Eine Differenzierung zwischen geförderten und ungeförderten Heiz- (kraft)werken, wie bei Bauer et al. (2006), erfolgte nicht (Vgl. Bauer et al., (2006): im Jahr 2005 waren in Bayern circa 170 geförderte und 50 ungeförderte (Feuerungswärmeleistung > 1 MW) Heiz(kraft)werke in Betrieb). Die Anlagen wurden für den vorliegenden Bericht einerseits nach Standorten mit reiner Wärmerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung (Dampf- und ORC-Technik) getrennt und weiterhin nach Größenklassen in Abhängigkeit von der Feuerungswärmeleistung.

Beide Kriterien wirken sich durch die eingesetzte Technik, die unterschiedliche Auslastung und ggf. Förderbestimmungen auf den Biomasseverbrauch und Brennstoffmix aus. Ergänzt wurden die erhobenen Daten durch zwei Diplomarbeiten der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (Meier 2011; Moll 2011) zu Dampf- und ORC-Heizkraftwerken.

Verbrauch und Leistung

Die befragten 215 Heiz(kraft)werke verbrauchten insgesamt 0,9 Millionen t atro (circa 2 Millionen Fm) holzige Biomasse. Die Umrechnung auf die Grundgesamtheit von 681 Werken ergab für das Jahr 2010 einen Brennstoffverbrauch von etwa 1,8 Millionen t atro bzw. 4,2 Millionen Fm (Tabelle 18). Im Vergleich zu den 1,3 Millionen t atro aus dem Jahr 2005 (Bauer et al. 2006) ist dies ein Anstieg um 38%.
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Tabelle 18: Biomasseeinsatz in bayerischen Biomasseheiz(kraft)werken für das Jahr 2010 nach Größenklassen (hochgerechnet), deren Anteil am Verbrauch sowie an der Anlagenzahl
Größenklasse nach Feuerungswärmeleistung
[Kilowatt]
Energieholzverbrauch 2010 [Tonnen atro] Anteil am Verbrauch in Bayern Anteil an der Anlagenzahl in Bayern
bis < 500 22.000 1% 23%
500 bis < 1000 228.000 12% 60%
1000 bis < 5000 157.000 7% 10%
5000 bis < 10.000 60.000 4% 2%
10.000 bis < 15.000 129.000 8% 2%
ab 15.000 1.222.000 67% 3%
Summe 1.819.000
Gliedert man die Biomasseheiz(kraft)werke nach der Feuerungswärmeleistung, so liegen rund 83% der Werke im Bereich unter 1.000 kW Feuerungswärmeleistung, verbrauchen allerdings nur 13% der Biomasse. Für die 50 Heiz(kraft)werke (7%) über 5.000 kW ergibt sich ein Rohstoffverbrauch von über 80% am Gesamtverbrauch (Abweichung in der Summe zu Tabelle 18 ist hochrechnungsbedingt).

Werden Feuerungswärmeleistung des Biomassekessels und Anlagentyps aus den Angaben der Befragung verschnitten, ergibt sich folgende Reihung mit zunehmendem Median der Leistung.
  • Biomasseheizwerke (Median: 500 kW)
  • Biomasseheizkraftwerke mit ORC-Technik (Median: 8,4 MW)
  • Biomasseheizkraftwerke mit Dampf-Technik (Median: 19,5 MW)
Der deutliche Leistungsunterschied hat zur Folge, dass Dampfheizkraftwerke die oberen Größenklassen dominieren und somit den größten Teil der eingesetzten Biomasse verbrauchen.

Eingesetzte Energieholzsortimente

Das Kreisdiagramm zeigt welche Brennstoffe (Sägenebenprodukte/Inustrierestholz, Rinde, Waldhackschnitzel, Altholz, Flurholz und Sonstiges) zu welchen Anteilen in Biomasseheiz(kraft)werke verbrannt werden.Zoombild vorhanden

Abbildung 37: Anteile der eingeset- zten Brennstoffe der bayerischen Biomasseheiz(kraft)werke im Jahr 2010

Von den insgesamt 1,82 Millionen t atro in Heiz(kraft)werken genutzten Holzsortimenten entfällt, wie aus Abbildung 37 ersichtlich, etwas mehr als die Hälfte auf Altholz (54%). Waldhackschnitzel stellen 26% des eingesetzten Brennstoffs, gefolgt von Sägenebenprodukten, Industrierestholz und Rinde mit ­insgesamt 17%. Von untergeordneter Bedeutung ist Flurholz (3%), bei dem noch deutliche Steigerungsmöglichkeiten bestehen. Sonstige holzige Biomasse (Holz aus Kurzumtriebsplantagen, Pellets, Kompostiergut, Industriehackschnitzel) spielt keine Rolle.

Der hohe Anteil des Altholzes am Gesamtverbrauch erklärt sich dadurch, dass in Dampfheizkraftwerken Altholz der Hauptenergieträger mit etwa 80% der Masse ist. Insbesondere Dampfheizkraftwerke mit einer Feuerungswärmeleistung über 20 MW (17 von 27 Anlagen) nutzen z. T. ausschließlich Altholz zur Energieerzeugung. Somit werden die 987.000 t atro Altholz, die in Bayern in Biomasseheiz(kraft)werken verfeuert werden, zu annähernd 100% in Dampfheizkraftwerken eingesetzt.

Waldhackschnitzel sind für die Biomasseheizwerke und Biomasseheizkraftwerke mit ORC-Technik bzw. kleine und mittlere Anlagen das wichtigste Energieholzsortiment. Gemeinsam mit den Dampfheizkraftwerken setzen sie eine Menge von 473.000 t atro zur Wärme- und Stromerzeugung ein. Waldhackschnitzel spielen für die Energieerzeugung inzwischen eine deutlich wichtigere Rolle als früher: Im Jahr 2010 wurden 170.000 t atro mehr als fünf Jahre zuvor durch die Werke verfeuert, was einer Steigerung von mehr als 50% entspricht.

Der Vergleich der Ergebnisse mit den Diplomarbeiten von Moll (2011) und Meier (2011) lässt darauf schließen, dass der Anteil des verbrauchten Altholzes in den Biomassedampfheizwerken etwas überschätzt wird. So liegt laut Meier (2011) der Anteil des Altholzes bei etwa 70%. Der Grund für diese Abweichung ist darin zu sehen, dass in der Befragung durch die LWF einige Dampfheizkraftwerke mit hohem Waldhackschnitzelverbrauch nicht geantwortet hatten. Dies ist jedoch auch bei Meier (2011) bei einzelnen Anlagen der Fall gewesen. Die Anlagen mit ORC-Technik setzen laut Moll (2011) 72% Waldhackgut zur Energiegewinnung ein. Dies stimmt mit den Ergebnissen hier gut überein.

Mit 256.000 t atro Jahresverbrauch stehen Sägenebenprodukte (SNP) und Industrierestholz (IR) mengenmäßig an dritter Stelle der eingesetzten Rohstoffe. Schwerpunktmäßig Heizwerke und Dampfheizkraftwerke nutzen die Nebenprodukte der Säge- und holzverarbeitenden Industrie.

Von 48.000 t atro Rinde, die 2010 in Biomasseheiz(kraft)werken verbraucht wurden, wurde der größte Teil in Werken mit ORC-Technik eingesetzt. Dieser überraschend hohe Anteil erklärt sich dadurch, dass ein ORC-Heizkraftwerk, das an ein größeres Sägewerk angeschlossen ist, ausschließlich Rinde verfeuert.

Die Sägeindustrie hat mittlerweile die Chancen der energetischen Nutzung ihrer Nebenprodukte erkannt und nutzt deren Potential zur Wärmeerzeugung für die Trocknung ihrer Produkte und zur Fernwärmeversorgung, sowie zur Stromerzeugung. Die Auswertung der Sägewerksbefragung ergab, dass etwa 11% der anfallenden Nebenprodukte direkt im eigenen Betrieb energetisch genutzt werden. Ein noch größerer Teil der Sägenebenprodukte (28%) wird indirekt über die Pelletierung der Wärmeerzeugung zugeführt. Nach vorliegenden Informationen ist an mindestens fünf größere Sägewerke in Bayern ein Dampfheizkraftwerk, sowie an vier Standorte ein ORC-Heizkraftwerk angeschlossen. Von den an der Befragung teilnehmenden Großsägern gaben alle an, Nebenprodukte am Standort energetisch zu nutzen, von den kleineren und mittleren Sägewerken 45% (Sägewerke mit über 50.000 Fm (Nadelholz) bzw. über 20.000 Fm (Laubholz) jährlicher Einschnittskapazität werden als Großsägewerke bezeichnet).

Die Bedeutung von Rinde und Sägenebenprodukten für die Energieerzeugung in Biomasseheiz­(kraft)­werken hat – im Vergleich zu Altholz und Wald­hackschnitzeln – dennoch abgenommen. Große ­Sägewerksbetriebe setzen zunehmend auf die Pelle­tierung und damit höhere Wertschöpfung ihrer Nebenprodukte. Somit steht diese Menge nicht mehr für eine andere energetische Verwendung nach der Schnittholzproduktion zur Verfügung. Deshalb wurden in Biomasseheiz(kraft)werken 36% weniger Sägenebenprodukte verbraucht als 2005.

Flurholz aus der Landschafts- und Grünflächenpflege oder Schwemmholz werden nur in Biomasseheizwerken und Heizkraftwerken mit ORC-Technik in erwähnenswerten Anteilen eingesetzt, für andere Heizkraftwerke sind sie praktisch ohne Bedeutung. Die verfeuerte Menge an Flurholz hat sich im Vergleich zu 2005 verringert. Dies könnte auf Ungenauig­keiten in der Erhebung und Hochrechnung der Befragungsdaten zurückgeführt werden. Ein weiterer Grund könnte in der Pflegetätigkeit z.B. der Landschaftspflegeverbände oder der Straßenmeistereien bestehen, die auf Grund des strengen und frühen Wintereinbruchs Pflegearbeiten auf das Jahr 2011 verschoben haben.

Fazit und Trends

Bauer et al. (2006) berechneten für ungefähr 170 geförderte und 50 nicht geförderte Heiz(kraft)werke einen Energieholzbedarf von 1,3 Millionen t atro (entspricht etwa 3 Millionen Fm). Seit damals hat sich die Zahl der Biomasseheiz(kraft)werke deutlich erhöht. Im Zeitraum von 2005 bis 2010 förderte der Freistaat Bayern durch das Technologie- und Förderzentrum 155 Heizwerke, davon allein 50 Anlagen im Jahr 2010. Insgesamt wurden über 100 MW Biomassenennwärmeleistung in vorwiegend kleineren Anlagen mit durchschnittlich etwa 700 kW installiert.
Die Auswertung der Befragung ergab, dass rund 25% der in Bayern installierten Feuerungswärmeleistung im Zeitraum 2006 bis 2010 gebaut wurden. Auch weitere große Heizkraftwerke wurden errichtet: Ihre Zahl stieg von acht Standorten (Bauer et al. 2006) auf 17 Werke. Dieser Ausbau der Kapazitäten zur Erzeugung von Wärme und Strom führte zu einem gestiegenen Bedarf nach Brennstoff, der mit 1,8 Millionen t (circa 4,2 Millionen Fm) rund 40% höher als 2005 ist.

Zentrale Herausforderungen aus Sicht der Heiz (kraft)werksbetreiber sind die Versorgungssicherheit und die Brennstoffpreise. Des Weiteren sind die Themenbereiche Qualität der Biomasse und Optimierung der Anlage von Bedeutung. Dazu zählen auch Lagerung, Logistik, Wärmeverluste und Wärmenutzung.

Holzvergaser

Seit Jahren wird die Stromerzeugung mit Hilfe von Holzvergasern im kleinen Leistungsbereich (bis etwa 250 kW) erforscht. Dabei werden von verschiedenen Herstellern unterschiedliche Technologiean­sätze verfolgt, von denen in jüngster Zeit einige erfolgsversprechend zu sein scheinen. In den letzten Jahren, insbesondere im Jahr 2011, wurden mehrere Anlagen installiert. Im Jahr 2010 wurden noch keine für den Markt beachtlichen Mengen von (Wald-)hackschnitzeln in Holzvergaseranlagen verbrannt. Die Anforderungen an die (Wald-)hackschnitzel sind in Abhängigkeit von den Herstellern unterschiedlich. Homogene Hackschnitzel mit geringem Wassergehalt werden bevorzugt, aber auch Waldhackschnitzel aus Kronenmaterial sind möglich. Die Vortrocknung der Hackschnitzel kann in den Betrieb der Anlage integriert werden.

Vor allem Landwirte und Waldbesitzer sehen in der Holzvergasertechnologie Chancen, da sie dadurch im eigenen Betrieb sowohl Wärme als auch Strom erzeugen können. Die Holzvergasung wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen und somit werden auch die von den Anlagen benötigten Brennstoffmengen ansteigen. Die zukünftige Berichterstattung zum Energieholzmarkt in Bayern sollte dies berücksichtigen (weitere Hinweise zur Technik der Holzvergasung: u.a. in der Broschüre Holzvergasungsanlagen: Handlungsempfehlungen für Kapitalgeber).

Insolvenzen

In den Jahren 2010 und 2011 mussten mehrere Betreiber von Biomasseheiz(kraft)werken in Deutschland und in Österreich Insolvenz anmelden. Betroffen sind vor allem Biomasseheizkraftwerke. Trotzdem stieg ihre Gesamtzahl weiter an.

Als Gründe für die Insolvenzen werden meist der Anstieg der Hackschnitzelpreise, technische Probleme sowie Schwierigkeiten bei der Vermarktung der produzierten Wärme genannt. Die Heiz(kraft)werke sind gegebenenfalls nach einer Betriebspause und einem Wechsel des Betreibers weiter am Markt und die benötigte Hackschnitzelmenge hat weiterhin Marktrelevanz.

Zahlreiche Aspekte sind wichtig, dass die Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Wenn die im Rahmen der Planungen und Wirtschaftlichkeitsrechnungen zu Grunde liegenden Kennzahlen von dem im realen Betrieb vorliegenden Werten über einen längeren Zeitraum abweichen, kann es zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommen. Gründe für die Abweichungen können in unrealistischen Planungen, technischen Mängeln und in der Betriebsführung liegen. Zu den wichtigsten, das Betriebsergebnis bestimmenden Faktoren zählen die Menge des benötigten Brennstoffs, die Brennstoffpreise, die abgenommene Wärmemenge sowie die Wärmeerlöse. Werden nun beispielsweise mehr Hackschnitzel zum Betrieb der Anlage benötigt als geplant, der Brennstoffpreis steigt stärker als der Planung zu Grunde gelegt oder es springen (größere) Wärmekunden ab, so kann das Zusammentreffen mehrerer dieser Punkte eventuell in Verbindung mit technischen Schwierigkeiten im schlimmsten Fall zur Insolvenz führen.

Da auf Grund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die zu erzielenden Einnahmen bei der Stromerzeugung für 20 Jahren festgelegt sind, kommt der Produktion und dem Verkauf von Wärme eine große Bedeutung zu. Durch den Wärmeverkauf können, in Abhängigkeit von den Liefervereinbarungen, Kostensteigerungen weitergegeben und zusätzliche Einnahmen erzielt werden. Deshalb ist es wichtig, dass der Verkauf der Wärme schon bei Betriebsbeginn ausreichend gesichert ist und nicht nur Absichtserklärungen vorliegen.

Bei der Planung von neuen Heiz(kraft)werken verringern entsprechende Überlegungen in Verbindung mit langfristigen Brennstoff- und Wärmelieferverträgen das Risiko, in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten.

Autoren

  • Christina Schumann
  • Stefan Friedrich
  • Dr. Florian Zormaier