Joachim Hamberger
»Holzsortierung« im historischen Dachstuhl – LWF aktuell 128

Eine Gruppe Menschen steht in einem Dachstuhl und lässt sich von einem Mann etwas zeigenZoombild vorhanden

Abb. 1: Die Teilnehmer der Exkursion Forstgeschichte im Dachstuhl von Sankt Gangolf (Foto: J. Hamberger)

Der Arbeitskreis Forstgeschichte des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan traf sich am 12. Oktober 2020 in Bamberg zu seiner 56. Sitzung. Corona-bedingt war der Teilnehmerkreis auf 30 Personen beschränkt. Es wurde ein spannendes Programm geboten. Zunächst stellte der Kulturwissenschaftler Dr. Hubertus Habel, Organisator vor Ort, die Geschichte der Bamberger Gärtnerzunft vor. Die Gärtner prägten den Stadtteil um den heutigen Hauptbahnhof mit ihrer speziellen Bau- und Siedlungsweise. Ihre Technik, mehrere Gemüsefrüchte parallel in einem Beet zu ziehen, ist heute als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Sie haben damit die Idee des »Urban Gardening« vorweggenommen.

Robert Staufer von der Forstschule Lohr berichtete über die ethischen Dimensionen von Nachhaltigkeit und schlug einen Wertekanon für Forststudierende vor, der ökologische, ökonomische und soziale Komponenten umfasst. Hans Stark vom Universitätsforstbetrieb Sailershausen stellte die Geschichte des nördlichen Steigerwalds vor, die er aus alten Forsteinrichtungsakten rekonstruiert hatte.

Beide Vorträge sind ausformuliert in der Festschrift zur Ruhestandsversetzung von LWF-Präsident Olaf Schmidt zu finden, die an diesem Tag vorgestellt wurde. 35 Autorinnen und Autoren haben in 27 Artikeln zum Gelingen des Werkes beigetragen.
Ein Mann hält eine PräsentationZoombild vorhanden

Abb. 2: Links Hubertus Habel, der Organisator vor Ort, rechts Robert Staufer bei seinem Vortrag (Foto: J. Hamberger)

Anschließend referierte Dr. Thomas Eißing über die Methodik der Dendrochronologie. Sie ist ein spezieller Wissenschaftszweig der Holzforschung und der historischen Denkmalforschung. Anhand seiner zahlreichen Proben konnte Eißing die Zusammensetzung der historischen Wälder rekonstruieren. Ein Beispiel:
Das aus dem Frankenwald nach Bamberg geflößte Nadelholz war bis zum Jahr 1600 fast ausschließlich Tanne, danach fast ausschließlich Fichte. Vermutlich hatte die Fichte auf den Großkahlschlägen große Wachstumsvorteile. Auch für die Städte Nürnberg, Augsburg und Halle kann Dr. Eißing über acht Jahrhunderte ein jeweils eigenes Profil der verwendeten Hölzer und damit einen lokalen Bestockungswandel aufzeigen.
Eine Gruppe Menschen steht im Halbkreis vor einer KirchenportalZoombild vorhanden

Abb. 3: Die Teilnehmer vor der romanischen Kirche St. Gangolf im Bamberger Gärtnerviertel (Foto: H. Habel)

Höhepunkt des Tages war die Besichtigung des Dachstuhls von Sankt Gangolf, einer Stiftskirche aus dem 11. Jahrhundert im Bamberger Gärtnerviertel: Die Holzbalken aus dem romanischen Teil des Dachstuhls sind weitgehend astfrei und von hoher Qualität, während der Dachstuhl aus der Barockzeit viele drehwüchsige und stark astige Elemente enthält, aber auch Balken, die klar erkennbar hier zum zweiten Mal verwertet wurden.

So wird die Knappheit von Holz im 18. Jahrhundert, die man vor allem aus der Literatur kennt, in einem Dachstuhl mit Händen greifbar. Genauso kann man aber auch die weiten und hohen Tannenwälder des mittelalterlichen Frankenwaldes aus den Hölzern des Dachstuhls erahnen. Alle Teilnehmer waren sehr beeindruckt von dieser Exkursion mit weiten Eindrücken in einem engen, staubigen Dachstuhl.

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