Wald kompakt - LWF aktuell 148
Käferbefall in Eichenwäldern
Die beiden in Bayern vorkommenden Eichenarten Stiel- und Traubeneiche zählen zu den Hoffnungsträgern zukünftiger Wälder. In Teilen Bayerns sind jedoch in den letzten Jahren auch stark geschwächte Eichen mit lichter Krone, Spechtabschlägen, Ausbohrlöchern und Schleimfluss am Stamm zu sehen. Bei genauerem Hinsehen ist in den betroffenen Beständen häufig der Zweipunktige Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) anzutreffen.

Stark vitalitätsgeschwächte Eichen mit verlichteter Krone (© H. Lemme, LWF)
Nach mehreren Jahren großer Trockenheit und Hitze und in Folge von Kahlfraß durch andere Schädlinge kann es passieren, dass die Eichen über einen langen Zeitraum stark geschwächt werden. Dadurch kann lokal die Eichenprachtkäfer-Population so stark ansteigen, dass auch vital erscheinende Bäume befallen werden. Die Käfer benötigen grundsätzlich noch lebende Bäume zur Eiablage, denn nur bereits fortgeschrittene Entwicklungsstadien, also ältere Larven oder Puppen, können sich auch in frisch abgestorbenen bzw. gefällten Eichen und sogar in Brennholz noch fertig entwickeln. Der Fraß der Larven im nährstoffleitenden Bast unter der Rinde steht bei hohen Käferdichten im Zusammenhang mit einer erhöhten Mortalität der Eiche. Dagegen fügt der Reifungsfraß der Altkäfer den Bäumen keinen bedeutenden Schaden zu. Das Gute ist: Eichenprachtkäfer sind keine Borkenkäfer und als solche auch nicht mit Buchdrucker oder Kupferstecher an der Fichte zu vergleichen! Die Entwicklungszeit der Prachtkäfer ist wesentlich länger (max. eine Generation/Jahr) und der Zweipunktige Eichenprachtkäfer verwendet nach bisherigem Kenntnisstand keine Anlockstoffe für Artgenossen. Somit ist die Befallsdynamik deutlich gemäßigter.

Ausgewachsener Eichenprachtkäfer (© R. Petercord)
In Eichenbeständen mit herabgesetzter Vitalität werden regelmäßige Kontrollen empfohlen, um die lokale Befallsdynamik zu bewerten. Verdachtsbäume mit mutmaßlichem Eichenprachtkäferbefall sollten markiert werden. Eine Kontrolle ist vor allem zu Beginn und gegen Ende der Vegetationsperiode sinnvoll, um einen möglicherweise nötigen Sanitärhieb für den Winter zu planen. Wegen der Vorliebe für warme Standorte kann eine Entnahme von Bäumen jedoch auch zu einer Verbesserung der Bedingungen für den Eichenprachtkäfer führen. Aus diesem Grund empfiehlt die LWF keine pauschalen Sanitärhiebe. Ein Eingreifen zum Schutz des bestehenden Eichenbestandes muss stets vor Ort und je nach Bestand genau abgewogen werden! Letztlich geht es darum, den Befallsdruck im Bestand zu senken und so Alteichenbestände möglichst lange zu erhalten. Naturschutzbelange dürfen in den besonders wertvollen Eichenlebensräumen nicht aus den Augen verloren werden.
Julia Landgrebe, Tobias Frühbrodt und Andreas Hahn
Julia Landgrebe, Tobias Frühbrodt und Andreas Hahn
Orchidee des Jahres 2024: Die Mücken-Händelwurz
Der Arbeitskreis heimischer Orchideen hat mit der Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) heuer eine erfreulicherweise noch weit verbreitete und häufige Orchidee gekürt. So kann die in Europa und Asien vorkommende Art auch in Bayern von den Tieflagen bis in Höhen über 2.000 Metern angetroffen werden. Bevorzugt besiedelt werden Feucht- und Nasswiesen, Flach- und Quellmoore oder auch Kalk-Magerrasen. Daneben zählen aber auch krautreiche Tannenwälder oder lichte Carbonat-Kiefernwälder zu ihrem Lebensraum. Insgesamt nimmt die Bindung der Art an den Wald mit der Höhe zu. Hinsichtlich der Bodenbedingungen werden frische bis feuchte, basenreiche und stickstoffarme Lehm- und Tonböden bevorzugt.
Der deutsche Pflanzenname spielt auf die Form der Blüte an, die mit etwas Fantasie an eine Mücke erinnert (griech. konops = Mücke). Die Gattungsbezeichnung Händelwurz hingegen bezieht sich auf die handförmig aussehende Wurzelknolle, mittels derer sie Nährstoffe speichert und den Winter überdauert.

Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) (© K. Stangl)
Die Große Händelwurz, wie die Art auch genannt wird, ist mit einer Wuchshöhe von bis zu 60 Zentimetern und ihrem langgestreckten Blütenstand eine durchaus auffällige Erscheinung. So können an einer Pflanze bis zu hundert Einzelblüten am Aufbau der Blütenähre beteiligt sein. Die mal mehr mal weniger duftenden Blüten sind rosa bis dunkelpurpurrot. Weitere charakteristische Blütenmerkmale sind die dreilappige Lippe sowie der fadenförmige, langgezogene und abwärts gebogene Sporn. Die am Grund der Pflanze gehäuft auftretenden Blätter sind grün, ungefleckt und schmal-lanzettlich. Nach oben hin werden die Blätter rasch kleiner. Insgesamt ist die Art in ihrer Erscheinung sehr variabel und formenreich.
Die Blütezeit erstreckt sich von Ende Mai bis in den Juli hinein. Aufgrund des langen und dünnen Sporns, welcher den Nektar enthält, kann die Mücken-Händelwurz nur von langrüsseligen Insekten bestäubt werden. Dazu zählen insbesondere Schmetterlingsarten wie der Kleine Weinschwärmer, der Rostfarbige Dickkopffalter oder das Taubenschwänzchen. Die im Anschluss an die Befruchtung heranreifenden Kapselfrüchte öffnen sich ab August und geben dann die winzigen Samen frei. Pro Kapsel werden mehrere tausend Samen gebildet.
Die Blütezeit erstreckt sich von Ende Mai bis in den Juli hinein. Aufgrund des langen und dünnen Sporns, welcher den Nektar enthält, kann die Mücken-Händelwurz nur von langrüsseligen Insekten bestäubt werden. Dazu zählen insbesondere Schmetterlingsarten wie der Kleine Weinschwärmer, der Rostfarbige Dickkopffalter oder das Taubenschwänzchen. Die im Anschluss an die Befruchtung heranreifenden Kapselfrüchte öffnen sich ab August und geben dann die winzigen Samen frei. Pro Kapsel werden mehrere tausend Samen gebildet.
Die Mücken-Händelwurz ist laut Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Wegen ihrer Verbreitung und Häufigkeit ist sie in ihrem Bestand derzeit aber nicht gefährdet. Allerdings besteht das Risiko, dass der Orchidee aufgrund veränderter Umweltbedingungen (z. B. Trockenheit, Aufgabe der Wiesennutzung) künftig immer weniger geeignete Wuchsorte zur Verfügung stehen.
Dr. Thomas Kudernatsch, LWF
Dr. Thomas Kudernatsch, LWF
Wildtiere im Anthropozän – Tagung in Goslar
„Erforschung, Schutz und Management von Wildtieren im Anthropozän" – so der Titel der diesjährigen Tagung der Vereinigung der Wildbiologen und Jagdwissenschaftler Deutschlands (VWJD) in Goslar, bei der die Stabstelle „Wildbiologie und Wildtiermanagement" der LWF mit vier Teilnehmenden vertreten war.

Dr. Edelhoff präsentiert, Dr. Peters moderiert. (© K.Weingarth, Firma: Habitat)
In einer Vielzahl von Vorträgen und Postern wurden verschiedenste Aspekte und aktuelle Forschungsfragen aus den Bereichen der Wildbiologie und des Wildtiermanagements beleuchtet. Das erforschte Artenspektrum reichte dabei von Igel und Rebhuhn über die heimischen Schalenwildarten bis hin zu Luchs und Wolf. Im Mittelpunkt der Vorträge der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der LWF standen die Wildtiere des Alpenraumes – und hier insbesondere die Gams.
Dr. Hendrik Edelhoff erläuterte, wie jahreszeitliche Unterschiede in der Raumnutzung verschiedener Schalenwildarten im Bergwald mit Hilfe von Fotofallen untersucht werden können. Dr. Wibke Peters präsentierte Erkenntnisse zur Habitatnutzung von Gämsen, die durch eine Telemetriestudie im Projektgebiet Karwendel gewonnen werden konnten. Dr. Susanne Jacobs gab einen Überblick über die genetische Populationsstruktur von Gämsen im gesamten bayerischen Alpenraum. Nicolas Cybulska präsentierte spannende Forschungsergebnisse zur Reaktion von Gämsen auf Wanderer – eine Fragestellung, die angesichts des zunehmenden Freizeitdrucks in den bayerischen Alpen von besonderer Bedeutung ist.
Dr. Hendrik Edelhoff erläuterte, wie jahreszeitliche Unterschiede in der Raumnutzung verschiedener Schalenwildarten im Bergwald mit Hilfe von Fotofallen untersucht werden können. Dr. Wibke Peters präsentierte Erkenntnisse zur Habitatnutzung von Gämsen, die durch eine Telemetriestudie im Projektgebiet Karwendel gewonnen werden konnten. Dr. Susanne Jacobs gab einen Überblick über die genetische Populationsstruktur von Gämsen im gesamten bayerischen Alpenraum. Nicolas Cybulska präsentierte spannende Forschungsergebnisse zur Reaktion von Gämsen auf Wanderer – eine Fragestellung, die angesichts des zunehmenden Freizeitdrucks in den bayerischen Alpen von besonderer Bedeutung ist.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Gruppenfoto (© K. Weingarth, Firma Habitat)
Zahlreiche Fragen und anschließende Diskussionen zu den Vortragsthemen zeigten das große Interesse der Teilnehmenden an den vorgestellten Forschungsthemen und -ergebnissen. Neben Vorträgen und Postern bot die Tagung auch Raum für einen intensiven und fachlichen Austausch mit vielen Wildbiologen und Wildbiologinnen aus dem deutschsprachigen Raum. Die seit einigen Jahren von der VWJD eingerichteten Arbeitsgruppen zu Themen wie Fotofallenmonitoring, Wildtiergenetik, Jagdstreckenauswertung oder Niederwild ermöglichten die Vernetzung mit anderen Expertinnen und Experten. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppen werden vor allem verschiedene Methoden und Auswertungsmöglichkeiten für aktuelle und relevante Fragestellungen diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht. Damit wird auch dem Ziel der alle zwei Jahre stattfindenden VWJD-Tagungen Rechnung getragen, durch den Austausch und die Bündelung von Kompetenzen und Erfahrungen den komplexen Herausforderungen für immer stärker durch den Menschen geprägte Wildtier-Lebensräume gemeinsam zu begegnen.
Im Jahr 2026 wird die Tagung – dann als Jubiläumstagung zum 25-jährigen Bestehen der VWJD – in Bayern stattfinden.
Wibke Peters, Hendrik Edelhoff und Susanne Jacobs
Wibke Peters, Hendrik Edelhoff und Susanne Jacobs