Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 136

Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.

Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des AWG finden Sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem AWG erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF aktuell.

Erweiterung der Erntebasis bei Spitzahorn

Ein großgewachsener Spitzahorn in einem MischwaldZoombild vorhanden

Vitaler Spitzahorn bei Frauenberg-Grafenau (© B. Rau, AWG )

Nebenbaumarten wie der Spitzahorn (Acer platanoides L.) werden bei fortschreitendem Klimawandel und einer weiteren Temperaturerhöhung eine zunehmend wichtige Rolle spielen, sie sollten beim Waldumbau deshalb stärker berücksichtigt werden. Die Gattung Acer ist mit fünf Baumarten in Deutschland so stark vertreten wie kaum eine andere Gattung. Drei der Acer-Arten kommen in Deutschland häufiger vor: der Bergahorn, der Spitzahorn und der Feldahorn. Bei der Trockenheitstoleranz nimmt der Spitzahorn eine Zwischenposition zwischen Berg- und Feldahorn ein. In einem Gewächshausexperiment weisen gerade die jungen Sämlinge eine hohe Trockenheitstoleranz auf. Als Baumart der Ebene und mittleren Gebirgslagen ist die Prognose im Klimawandel recht unterschiedlich: im Alpenvorland und im Jura zeichnet sich ein geringes Anbaurisiko ab, auf der warmen und trockenen Fränkischen Platte nimmt es zu (Praxishilfe »Klima, Boden und Baumartenwahl«). Als typische Mischbaumart ist der Spitzahorn auf mittleren bis gut nährstoffversorgten Böden einzeln oder truppweise beteiligt. Die Ausweisung von Saatguterntebeständen erfolgte bisher ausschließlich anhand des Phänotyps. Im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geförderten Projekts »AcCarTi« überarbeitet das AWG die Herkunftsempfehlungen und Herkunftsgebiete für die Baumarten Spitzahorn (Acer platanoides L.), Hainbuche (Carpinus betulus L.) und Sommerlinde (Tilia platyphyllos Scop.), um die Erntebasis zur Deckung des zukünftigen Bedarfs an Vermehrungsgut zu verbessern. Neben dem Erscheinungsbild ermitteln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die genetische Vielfalt und Diversität sowie die genetische Differenzierung und ziehen diese Merkmale für die Bewertung der Saatguterntebestände heran. Bei Spitzahorn wurden 20 Bestände in Bayern untersucht. Anhand der Meldungen der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) und der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) konnten sieben neue Bestände identifiziert und beprobt werden. Für diese werden genetische Vielfaltsparameter sowie die räumlich-genetische Struktur zwischen den zugelassenen und neuen Erntebeständen dargestellt. Die Empfehlungen unterscheiden Ernte- und Erhaltungsbestände für Bayern. Die Vorschläge zur Ausweisung von Erntebeständen werden letztendlich an die Landesstelle gemeldet und unter Hinzuziehung des Landesgutachterausschusses diskutiert.

Dr. Muhidin Šeho, AWG

Klimasensitivität forstlicher Genressourcen der Buche

Buchenbestand im FrühlingZoombild vorhanden

Zugelassener Saatguterntebestand bei Freising (© D. Kavaliauskas, AWG)

Die Klimasensitivität heimischer Erntebestände ist noch weitgehend unbekannt, da die Reaktion von Erntebeständen auf bisherige Klimaextreme bislang nur fallweise untersucht wurde. Im interdisziplinären Waldklimafondsprojekt »sensFORclim« (Laufzeit bis 2023), in dem sechs Institutionen aus vier Bundesländern unter der Leitung des AWG zusammenarbeiten, wird u. a. die Klimasensitivität von Tannen-, Fichten- und Buchenbeständen entlang von Umweltgradienten systematisch untersucht. Der Fokus des bayerischen Arbeitspaketes liegt auf dem Submarginal- und Marginalbereich, in dem eine höhere Frequenz klimaplastischer Populationen erwartet wird. Da Erntebestände vermehrt im Optimalbereich und nur selten im Marginalbereich liegen, weitet das AWG die Suche über das Kollektiv der Erntebestände hinaus aus, um klimaplastische Buchenbestände in wärmebegünstigten Gebieten und auf edaphischen Trockenstandorten zu identifizieren. Dabei wird neben dem Klimagradienten auch der Basengradient von armen bis hin zu reichen Standorten berücksichtigt. Es erfolgte zunächst eine Aufteilung des Klimaraums in einen Optimal-, Intermedi­är- und einen Marginalbereich des künftigen Vorkommens, wobei ein moderates Temperaturerhöhungsszenario unterstellt wurde, das für die aktuellen Problemgebiete im bayerischen Marginalbereich der Buche gut zutreffend ist. Um die Verknüpfung von Trockenstressreaktion und genetischer Ausstattung von Bäumen voranzutreiben und auszuweiten, soll im neuen Projekt sensFORbeech – dem Ansatz von sensFORclim folgend – eine übergreifende Auswertung genetischer, standörtlicher und dendroökologischer Daten von weiteren Buchenbeständen in Bayern durchgeführt werden. Die Projektergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag zur Erforschung trockenheitstoleranter Buchenherkünfte, die der Stabilisierung von Waldbeständen dienen sollen.

Dr. Muhidin Šeho, AWG

Führungswechsel am AWG in Teisendorf

Links ein Porträt von Dr. Alwin Janßen , rechts ein Porträt von Dr. Joachim HambergerZoombild vorhanden

Dr. Alwin Janßen (links) verabschiedet sich in den Ruhestand und übergibt die Leitung des AWG an Dr. Joachim Hamberger (rechts). (© privat)

Dr. Alwin Janßen als Leiter aus dem aktiven Dienst verabschiedet
Dr. Janßen, geboren 1959 in Niedersachsen, absolvierte sein Studium der Forstwissenschaften in Göttingen. Nach dem Referendariat in Hessen war er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hessischen Forstlichen Versuchsanstalt tätig. Dort baute er unter anderem die Forstliche Genbank und das Forstgenetische Labor auf. Ab Oktober 2002 leitete Dr. Janßen zunächst das Forstamt Wehretal, ab Januar 2005 das Forstamt Wolfhagen (beide Landesbetrieb Hessen-Forst). Im Januar 2006 wechselte er an die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA), wo er die Abteilung »Waldgenressourcen« und zugleich die stellvertretende Leitung übernahm. Es folgten weitere Einsätze in verschiedenen anderen Funktionen, u. a. in der Forstabteilung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie in der Landesbetriebsleitung Hessen-Forst.
Als Mitglied des Prüfungsausschusses für den Höheren Forstdienst im Land Hessen (2010 bis 2017) wirkte Dr. Janßen aktiv bei der Ausbildung mit. Von 2009 bis 2013 war er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin. Im September 2017 wurde Dr. Janßen schließlich die Leitung des Bayerischen Amts für Waldgenetik übertragen. Neben der Mitwirkung an zahlreichen drittmittelfinanzierten Projekten engagierte er sich in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe »Forstliche Genressourcen und Forstsaatgutrecht«, von 1998 bis 2002 benannt für das Bundesland Hessen, von 2006 bis 2017 für die Bundesländer Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2013 Vorsitzender) und ab 2017 für das Bundesland Bayern. Daneben wirkte Dr. Janßen von 2018 bis 2022 als Vorsitzender im Fachbeirat des Zertifizierungsrings für überprüfbare forstliche Herkunft Süddeutschland e.V. (ZüF) und seit 2019 im Beirat für den Weltwald der Bayerischen Staatsforsten. Sein umfangreiches forstgenetisches Wissen gab er in über 150 Veröffentlichungen weiter.
Das AWG-Team wünscht Dr. Alwin Janßen alles Gute für den neuen Lebensabschnitt. Am 23. September 2022 wird Dr. Alwin Janßen verabschiedet und Dr. Joachim Hamberger als neuer Leiter des AWG Teisendorf begrüßt.
Dr. Joachim Hamberger wird als neuer Leiter begrüßt
Dr. Joachim Hamberger, geboren 1963 in Marktheidenfeld, studierte von 1985 bis 1990 Forstwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München und war anschließend an den Lehrstühlen »Forstliche Arbeitswissenschaft« und »Angewandte Informatik« tätig, an denen er promovierte. Von 2001 bis 2007 leitete er das Sachgebiet »Wissenstransfer« an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und war dort für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Nach einem Zusatzstudium »Wissenschaftsmanagement« an der Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer übernahm Dr. Hamberger 2007 die Stelle des Geschäftsführers am Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan (ZWFH). Dort bündelte er bis 2009 die Forstlichen Verbände in Bayern (heute VBF, Vertreter der Bayerischen Forstwirtschaft). Zudem koordinierte er die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Forschungsakquise für die ZWFH-Kooperationspartner (Forstfakultäten der Technischen Universität München [TUM] und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf [HSWT] sowie LWF). Nach dem berufsbegleitenden Studium der Erwachsenenpädagogik an der Hochschule für Philosophie in München war er fünf Jahre als Dozent in der Erwachsenenbildung an der Staatlichen Führungsakademie in Landshut tätig und leitete dort das Sachgebiet »Führung« (späteres Sachgebiet »Personal- und Organisationsentwicklung«). Von 2014 bis 2019 war Dr. Hamberger Bereichsleiter am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Landau a. d. Isar, anschließend wechselte er im März 2019 für knapp drei Jahre als Behördenleiter an das AELF Abensberg. Neben den aufgeführten Tätigkeiten lehrt Dr. Hamberger seit den 1990er Jahren Forst- und Umweltgeschichte an der TUM und an der HSWT, zudem gibt er Nachhaltigkeitsseminare an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg. Dr. Hamberger hat über 200 wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Artikel sowie einige Bücher und Broschüren veröffentlicht, meist zu den Themen Nachhaltigkeit und Forstgeschichte, aber auch zu Forsttechnik und Biodiversität. Durch sein ehrenamtliches Engagement im Verein für Nachhaltigkeit e.V. ist er mit verschiedenen Fachbereichen vernetzt.

Das AWG-Team begrüßt Dr. Joachim Hamberger und freut sich auf eine gute Zusammenarbeit.

Dr. Muhidin Šeho, AWG

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