Wald im Recht
Begriff der »Temporären Rodung« - LWF aktuell 135
von Elena Falk, Andreas Egl unter Mitwirkung von Regina Geiger und Andreas Michl

In Planungs- und Genehmigungsverfahren taucht immer häufiger der Begriff der »temporären Rodung« auf – im Waldgesetz für Bayern ist er allerdings nicht zu finden.

Gemeint sind Waldflächen, die vorübergehend für eine andere Nutzung in Anspruch genommen und anschließend wieder aufgeforstet werden sollen. Typische Beispiele sind Baustelleneinrichtungen beim Autobahnbau oder andere große Baumaßnahmen. In Verfahren werden diese Maßnahmen entweder als Rodung oder als Kahlschlag mit Zwischennutzung und anschließender Wiederbewaldung behandelt. Da es die »temporäre Rodung« in der Gesetzessprache nicht gibt, wird der Begriff in der Praxis unterschiedlich ausgelegt.

Das Bayerische Oberste Landgericht (BayOblG) hat sich in einer Entscheidung im Jahr 1985 mit der Abgrenzung einer Rodung zum Kahlhieb und dem Thema »Zwischennutzungen« befasst. Voraussetzung für den Tatbestand einer Rodung ist demnach ein dauerhafter Wille zur Umnutzung des betroffenen Waldstücks zum Zeitpunkt der Wald­entfernung bzw. der Umnutzung. Ist zu diesem Zeitpunkt in der Person des Handelnden der Wille zu einer späteren Wiederbewaldung gegeben, so liegt tatbestandlich keine Rodung, sondern grundsätzlich ein Kahlhieb vor. Selbst wenn eine etwaige Zwischennutzung nach dem Kahlhieb gegen Waldrecht verstößt (z.B. Art. 9 Abs. 1, Art. 14, Art. 15 BayWaldG) oder die Frist zur Wiederaufforstung überschritten wird, führt dies nicht zum Vorliegen des Tatbestands einer Rodung (Beschluss des BayOblG v. 6.2.1985 - AZ 3Ob Owi137/84). Gleichwohl bleibt es beim Verstoß gegen die einschlägigen Artikel des BayWaldG. Fällt jedoch der ursprünglich gegebene Wille zur Wiederbewaldung während der Dauer der Zwischennutzung weg und der Betroffene entschließt sich zu einer dauerhaften Umnutzung, so liegt ab diesem Zeitpunkt eine genehmigungsbedürftige Rodung im Sinne des BayWaldG vor. Im zitierten Fall hat das BayOblG nur geprüft, ob die hier landwirtschaftliche Zwischennutzung den Tatbestand einer unerlaubten Rodung erfüllt. Ob dies jedoch gegen andere Rechtsvorschriften verstößt, wurde seinerzeit nicht geprüft.

Wird eine »temporäre Rodung« beantragt, sind im Hoheitsvollzug folgende Fälle zu unterscheiden:

1. Kahlschlag mit anschließender Wiederbewaldung
Voraussetzung: kein dauerhafter Wille zur Umnutzung, die betroffene Fläche soll wiederbewaldet werden. Somit bleibt die Fläche auch während der Maßnahme Wald im Sinne des Waldrechts. Es gelten unter anderem das Verbot der Waldzerstörung (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG), die Pflicht zur pfleglichen Behandlung des Waldbodens (Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 BayWaldG) und die Pflicht zur Wiederaufforstung (Art. 15 BayWaldG). Eine anderweitige Nutzung nach dem Kahlschlag wäre grundsätzlich erlaubt, solange sie nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt. So dürfen z. B. die Wiederaufforstung nicht erschwert, aufkommende Naturverjüngung nicht zerstört und die Wuchsbedingungen für den Wald nicht verschlechtert werden. Die Beurteilung von Verstößen obliegt der zuständigen unteren Forstbehörde. Nach Ablauf der in Art. 15 BayWaldG zur Wiederaufforstung vorgesehenen Frist kann die untere Forstbehörde mittels Verwaltungsakt die Verpflichtung einfordern und mit Zwangsmitteln durchsetzen.

In der Praxis wird diese Fallkonstellation auf Ausnahmefälle beschränkt sein, z. B. bei Beseitigung von Waldbäumen zur Schaffung von Kurvenradien bei Anlage von Windrädern im Wald.
2. Rodung
a) Wenn der dauerhafte Wille zur Umnutzung gegeben ist, ist der Tatbestand der Rodung erfüllt. Eine unerlaubte Rodung kann gemäß Art. 46 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

b) Auch wenn ein dauerhafter Wille zu einer späteren Wiederbewaldung besteht, werden die beabsichtigten Zwischennutzungen in vielen Fällen im Konflikt mit den genannten Rechtsvorschriften des BayWaldG stehen – so z. B. Abtrag des Waldbodens, Schottern der Fläche, Einrichten einer langfristigen Baustelleninfrastruktur oder landwirtschaftliche Zwischennutzung. Die Folge können Bußgeldverfahren, z. B. bei Waldzerstörung (Art. 46 Abs. 1 Nr.1 BayWaldG) sein. Auch behördliche Anordnungen nach Art. 41 BayWaldG (ggf. mit Verwaltungszwang) sind denkbar, ebenso ein Verbot des Inverkehrbringens des eingeschlagenen Holzes (Holzhandelssicherungsgesetz). Weitere Risiken stellen artenschutzrechtliche Verstöße, Förderausschlüsse oder Zertifizierungsprobleme dar.

Dem Vorhabensträger ist deshalb zu raten, für die Zwischennutzung einen Rodungsantrag mit anschließender Wiederbewaldung zu stellen. Somit werden Rechtsverstöße vermieden und Rechtssicherheit geschaffen. Sinnvoll ist, dass der Antragsteller die spätere Wiederaufforstung der Rodungsfläche bereits im Rodungsantrag darstellt und die Wiederaufforstung zeitlich und sachlich (z. B. Baumartenwahl, Pflanzung) konkretisiert. Unbestimmte Formulierungen wie »nach Abschluss der Arbeiten« sollte der Antragsteller vermeiden und stattdessen ein klares Datum fixieren.

Die eingereichten Unterlagen können dann Grundlage des Rodungsbescheids werden. Die untere Forstbehörde entscheidet, ob die Rodungserlaubnis zu versagen ist oder ob der Antrag in dieser Form (ggf. unter Auflagen) genehmigungsfähig ist.

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