Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 133
Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.
Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des AWG finden Sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem AWG erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF aktuell.
Ernte von Zerreichensaatgut angelaufen
Eichenbestand in Italien (© H. Haumaier, AWG)
Unter fachkundiger Mitwirkung von Kollegen des »Centro Nazionale Carabinieri Biodiversità« in Peri (staatliche Samenklenge) konnten aus zwei Zerreichenbeständen insgesamt 31 kg Saatgut gesammelt werden. Parallel dazu erfolgte eine repräsentative genetische Beprobung der Samenbäume. Beide Bestände hatten ein Alter von cira 60–70 Jahren und wurden früher vorwiegend im Niederwaldumtrieb genutzt. Aufgrund der Brennholzbewirtschaftung hat keine Qualitätsauslese stattgefunden. Die Zulassungskriterien für Saatguterntebestände konnten daher nur eingeschränkt angewendet werden. Das Erntegut kommt im AWG Versuchspflanzgarten Laufen zur Aussaat. Die Pflanzen sollen ab Frühjahr 2024 auf Herkunftsversuchsflächen bei Alzenau ausgebracht werden.
Darüber hinaus wurde das ca. 240 ha umfassende Naturwaldreservat »Bosco della Fontana« bei Mantua besichtigt. In dem etwa 100-jährigen Bestand ist ein Zerreichenanteil von ca. 20 % enthalten. Weitere Mischbaumarten sind Traubeneiche, Walnuss, Hopfenbuche, Feldahorn und Schwarzerle. Eine Ernte war mangels Fruktifikation nicht möglich und muss auf nächstes Jahr verschoben werden.
Für die Umsetzung des Projekts besteht für die drei Eichenarten ein Saatgutbedarf von 220 kg. Trotz einer weiteren Ernte in Frankreich konnten in Herbst 2021 nicht mehr als 20 % des benötigten Ernteaufkommens eingebracht werden. Vor dem Hintergrund der für diesen Herbst aus vielen Ernteregionen gemeldeten Spreng- bzw. Fehlmasten bei Ungarischer Eiche, Zerr- und Flaumeiche ist es erfreulich, dass diese Ernteaktion überhaupt stattfinden konnte.
Im Rahmen des Projekts »Förderung der Saatgutversorgung bei Alternativbaumarten« wurden 34 kg Saatgut der Edelkastanie gesammelt. Der autochthone Bestand in Spiazzi piani liegt auf 820 bis 880 m Meereshöhe (11,6 °C, 1.200 mm Niederschlag). Der Bestand wurde überwiegend als Brennholz genutzt, so dass keine Auslesedurchforstung stattfand.
Ohne die unentgeltliche Unterstützung der Kollegen aus Peri wären die Ernten nicht durchführbar gewesen. Ihnen gilt daher unser besonderer Dank.
Randolf Schirmer, Hubert Haumaier und Johann Geiger, AWG
Alternativbaumarten in der Klimakrise
Ferkelnuss (© J. Geiger, AWG)
Auf einer weiteren Versuchsfläche bei Dellfeld besichtigten die Teilnehmer die Kleinasiatischen Tannenarten (Abies bornmülleriana, A. equi-trojani, A. nordmanniana). Im Alter von 40 Jahren beeindrucken die Tannenarten bereits mit Oberhöhen von 23 Metern und Brusthöhendurchmessern (BHD) von 35 bis 40 cm. Des Weiteren konnte eine Anbaufläche mit Edelkastanie, Walnuss und Baumhasel begutachtet werden. Die 30-jährige Erstaufforstung wurde früh (ab Alter 10) und konsequent gepflegt. Am meisten hat davon die Edelkastanie profitiert, die durch große, vitale Kronen und BHDs von 40 bis 46 cm überzeugte. Die Besichtigung einer Wiebke-Kahlfläche, die 1991 mit Hybridnüssen (Juglans intermedia), Vogelkirsche (Prunus avium) und Elsbeere (Sorbus torminalis) bepflanzt worden war, stellte einen Höhepunkt der Exkursion dar. Hier beeindruckten Vitalität und Dimension der vollständig freigestellten, wertgeasteten Hybridnüsse (BHDs von 44 bis 52 cm im Alter 30). Zwei hochinteressante Abendvorträge rundeten den Erfahrungsaustausch der Tagung ab.
Johann Geiger, AWG
Projekt »FraxVir«: Wie Pflanzenviren das Eschentriebsterben beeinflussen
Partner und Teilprojekte im Projekt FraxVir (© LWF)
Die Forschung zum Eschentriebsterben ist auf die Züchtung von Resistenzen und auf Prozesse der natürlichen Selektion in autochthonen Eschenpopulationen ausgerichtet. Auf dieser Grundlage baut das neue Projekt auf, zudem berücksichtigt es Aspekte wie die Erkennung, Charakterisierung und Analyse des Auftretens von Virosen sowie das Eschentriebsterben in speziellen Beständen. Es gibt einen spezifischen genetischen Hintergrund für das Triebsterben bei der Esche. Ob dies auch für Virusinfektionen zutrifft, soll nun geklärt werden. Dafür ist es notwendig, die Übertragung von Viren zu untersuchen, die Virusabwehrgene im Eschengenom zu finden und eine Verbindung zwischen der Variation dieser Gene und spezifischen Phänotypen herzustellen. In einem ersten Schritt ist vorgesehen, die generative Übertragung der Viren zu analysieren. Da die Infektion stets antivirale Abwehrmechanismen auslöst, werden in einem zweiten Schritt die wichtigsten genetischen Komponenten dieser Prozesse identifiziert und charakterisiert. Der dritte Schritt des Projekts zeigt die kausalen Zusammenhänge auf, um zu erklären, wie die Variation des genetischen Hintergrunds den beobachteten Phänotyp auf der Ebene der Zellen, Gewebe und Organsysteme beeinflusst. Bei Forstgehölzen wie der Esche fehlen solche Untersuchungen zu Viren bislang, weshalb das Ergänzungsprojekt eine große Forschungslücke füllt.
Das Projekt wird von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) für drei Jahre mit einem Fördervolumen von rund einer Million Euro gefördert. In der Umsetzung kooperieren die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Universität Hohenheim und das Bayerische Amt für Waldgenetik.
Dr. B. Fussi und Dr. Z. Köbölkuti, AWG Teisendorf
Dr. Zoltan Köbölkuti
© Privat
Dr. Zoltan Köbölkuti, AWG