Eine Gruppe von Kindern steht in einem Laubwald.

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Interview mit Professor Dr. Jörg Ewald
Zentrum Wald-Forst-Holz: »Climate Change Management« – LWF aktuell 127

Der Europäische Klimadienst Copernicus veröffentlichte unlängst die Meldung, dass 2019 für Europa das heißeste gemessene Jahr war. Wälder, Wiesen und Felder erleiden Trockenschäden, Gewässer überhitzen, extreme Unwetter häufen sich. Dies sind schon jetzt deutlich spürbare Folgen des Klimawandels, der insbesondere die Landnutzung vor große Herausforderungen stellt.

Der neue Master-Studiengang »Climate Change Management« der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) setzt sich mit genau diesen Herausforderungen auseinander. Die drei Fakultäten »Landschaftsarchitektur «, »Wald und Forstwirtschaft « sowie »Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme« arbeiten für den Master eng zusammen und bieten diesen erstmals zum Wintersemester 2020/21 an.

Professor Dr. Jörg Ewald von der Fakultät Wald und Forstwirtschaft hat an der Entwicklung des Studiengangs mitgewirkt. Was genau hinter dem neuen Master steckt, erläutert er im Interview.

Mann mit weißem Haar schaut in die KameraZoombild vorhanden

Abb. 1: Prof. Dr. Jörg Ewald ist einer der »Gestalter« des neuen Studienganges. (Foto: C. Josten)

Sehr geehrter Professor Ewald, was ist das Ziel des neuen Studiengangs?
Der neue Studiengang »Climate Change Management« richtet sich an ein sehr breites Publikum. Er setzt sich mit drei großen Kern-Fragestellungen auseinander: Wie wirkt sich der Klimawandel in der freien Landschaft aus? Was können Land- und Forstwirtschaft sowie die Landschaftsplanung tun, um die Effekte des Klimawandels abzumildern?

Und wie können sie sich an den Klimawandel anpassen? Wir gehen davon aus, dass Klimawandel und Landnutzung weltweit ein Riesenthema ist. In den Berufssektoren wird zunehmend nach Experten gefragt, die aufbauend auf einer grünen Grundausbildung spezielles Fachwissen zum Klimawandel mitbringen. Wir sehen da auch den internationalen Markt.

Der Studiengang wird deshalb konsequent auf Englisch abgehalten. Ziel der Hochschule ist hier, ein weltweites Publikum anzusprechen und Studierende aus aller Herren Länder anzuziehen, die dann unsere Kompetenzen und Ideen, wie man in Mitteleuropa mit dem Klimawandel umgeht, in ihre Länder mitnehmen und dort in ihre Arbeit einbringen. Es soll also durchaus ein guter Teil der Studierenden aus anderen Ländern kommen.
Mann mit Warnbekleidung und Motorsäge fällt einen Baum; im Hintergrund ein Harvester bei der ArbeitZoombild vorhanden

Abb. 2: Vielerorts kommen die Waldbesitzer mit der Käferholz- Aufarbeitung kaum noch hinterher. (Foto: F. Rauschmayr)

Wie ist der Studiengang aufgebaut?
Der Studiengang hat drei Semester. Im ersten stehen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur, die freie Landschaft, aber auch schon auf die Landnutzungssysteme im Mittelpunkt. Das zweite Semester ist den Lösungen dringender Fragen gewidmet: Wie sieht Anpassung konkret aus? Wie können Klimawandelfolgen abgemildert werden? Welche Maßnahmen können getroffen werden, und wie können diese durch entsprechende Politik umgesetzt werden? Dann folgt das dritte Semester mit der Master-Arbeit.

Jetzt ist es so, dass es durch die Bologna- Reform unterschiedliche Studiensysteme gibt. Hier an der HSWT haben wir im Bachelor sieben Semester. Dazu passt das dreisemestrige Aufbaustudium nahtlos zusammen. Andere Studierende werden ihren Bachelor zum Teil auch in sechs Semestern absolviert haben. Diese Studierenden brauchen dann ein weiteres Semester, das als Praxissemester vorgesehen ist.
Häufig ergeben sich darüber auch Masterarbeits- Themen und gute Aussichten auf Arbeitsplätze.
Die Idee zu dem Master liegt sicher schon etwas zurück. Hat die Fridays for Future- Bewegung zusätzlich Wind in die Segel für die Umsetzung gebracht?
Das hat auf jeden Fall Wind in die Segel gebracht. Es hat definitiv auch unsere Hochschulleitung und das Ministerium überzeugt, dass es sinnvoll und marktkonform ist, als Hochschule für angewandte Wissenschaften hier ein eigenes Angebot zu machen. Da sind wir durchaus auf offene Ohren gestoßen.

Und auch wir als zukünftige Lehrende haben ziemlich viele Anfragen bekommen. Zum Beispiel unser Studiengangkoordinator, Professor Dr. Matthias Drösler, hat mehrmals bei Fridays for Future gesprochen und dort die Bedeutung der Moore für die Abmilderung des Klimawandels herausgestellt. Zahlreiche Dozenten haben sich auch an den Public Climate Schools, die Students for Future hier am Campus organisiert haben, beteiligt.
Klar, wir sehen da auch die Nachfrage von den jungen Leuten, die sich eine berufliche Perspektive schaffen wollen. Und das wollen sie im Einklang mit ihren Überzeugungen tun. Da sehen wir so einen Studiengang als sehr wichtig an.
Blick in den Himmel und die abgestorbene Krone einer BucheZoombild vorhanden

Abb. 3: Blick in die Krone einer kürzlich aufgrund von Trockenheit abgestorbenen Buche im Naturwaldreservat Hofwiese. (Foto: K. Schreiber)

Der Studiengang soll ab dem Wintersemester 2020 angeboten werden. Was müssen Interessierte mitbringen, um sich dafür bewerben zu können?
Die Voraussetzung für den Studiengang ist ein grundständiger Bachelor, der die Themen Landnutzung abdeckt – Klassiker wären hier Land- und Forstwirtschaft oder Forstwissenschaft – und das Feld der Umweltwissenschaften. Dazu gehören Studiengänge mit physischer Geographie, Geoökologie, Landschaftsplanung, Landschaftsarchitektur und einige mehr.

Und es gibt natürlich Bachelor-Studiengänge, die den Klimawandel schon als Hauptthema behandeln. Wir gehen also davon aus, dass die Studierenden bereits eine Systemkenntnis von zumindest einem Landnutzungssystem mitbringen und auch die naturwissenschaftlichen Grundlagen für dieses System beherrschen.

So fangen wir im Master nicht bei null an, sondern können uns auf die klimawandelspezifischen Themen konzentrieren. Der Fokus liegt ganz klar auf der Landnutzung und den Auswirkungen des Klimawandels auf die freie Landschaft – passend zum Profil unserer grünen Hochschule mit den grünen Fächern.
Blick auf eine grüne Wiese und dahinter absterbende Kiefern

Abb. 4: Auch im Alpenvorland, wie hier bei Landsberg am Lech, sind Kiefern vom Absterben betroffen. (Foto: F. Stahl)

Welche Rolle spielen Wald und Forstwirtschaft im neuen Master?
Wald und Forst sind allein schon bei den Lehrenden stark vertreten. Wir haben mehrere Dozenten aus der Fakultät Wald und Forstwirtschaft, die sich in den neuen Studiengang einbringen. Wir bestreiten das Modul Statistik und Dendroökologie, das Modul natürliche Ressourcen zusammen mit der Fakultät Landschaftsarchitektur, in dem auch der Naturschutz abgedeckt wird. Wir sind grundsätzlich in den Modulen, die sich der Landnutzung widmen, zu praktisch 50 Prozent vertreten.

Da geht es natürlich auch um die Anpassung unserer Wälder und der Forstwirtschaft an den Klimawandel. Wir sind hier in Bayern eine Art Pilotregion, da sich der Klimawandel in Mitteleuropa besonders stark auswirkt. Es geht aber auch um die weltweiten Mechanismen, beides wird im Studiengang abgedeckt sein.

Und wir hoffen, dass wir mit der neuen Professur, die wir demnächst ausschreiben werden, den Bereich Governance aus forstlicher Sicht bedienen können. Da geht es um Themen wie REDD+ als Programm gegen Entwaldung und gegen die Degradierung von Waldökosystemen, um politische Mechanismen wie Klimaschutz-Zertifikate und Emissionshandel und das In-Wert-setzen von Ökosystemleistungen.
Welche Möglichkeiten haben Studierende, sich zu spezialisieren?
Wir gehen von einer Studierendenzahl von 30 aus. Es gibt keine speziellen Studienrichtungen innerhalb des Masters. Wir werden die Studierenden aber mit Projekt-Modulen in jedem Semester betreuen. Jeder kann sich für die Masterarbeit ein Thema aus dem eigenen Heimatland aussuchen. So können individuell eigene Schwerpunkte gesetzt werden.

Die Wahlfächer haben wir dagegen überwiegend im Bereich der Soft Skills angesiedelt. Wir gehen davon aus, dass es im Bereich der Kommunikation, des Konfliktmanagements und der interkulturellen Kompetenz einen großen Bedarf geben wird. Es geht da immer auch um den Erwerb von Fachsprachkompetenz. Diesen Bereich organisiert unser Sprachenzentrum.

Wir rechnen dabei durchaus mit neuen Herausforderungen: Mehrsprachigkeit, unterschiedliche Kulturen und Denksysteme sowie die Herkunft aus verschiedenen Rechtssystemen müssen erst einmal zusammengebracht werden. Da gilt es die kommunikativen Fähigkeiten zu schärfen, die überall im Beruf wichtig sind.
Sind Kooperationen mit externen wissenschaftlichen Einrichtungen geplant?
Ja, wir haben Lehrinput von Universitäten und renommierten Institutionen, darunter bekannte Persönlichkeiten, die bei uns bestimmte Lehrveranstaltungen übernehmen. So unterrichten z. B. Professor Dr. Peter Höppe von der Rückversicherung Munich Re und Dr. Christian Zang von der TU München.

Im Rahmen von internationalen Forschungsprojekten arbeiten wir mit Einrichtungen zusammen, die als Gastgeber für die Studierenden im Praxissemester eine wichtige Rolle spielen. Hier haben wir z. B. Kontakte nach Costa Rica zum CATIE-Institut und nach Afrika, Äthiopien und Kenia, wo die HSWT die Kooperationen im landwirtschaftlichen Bereich stark ausbaut. Wir sind dabei, weitere Kooperationen einzugehen und denken auch an Gastwissenschaftler, die zeitweise zu uns an die HSWT kommen. Wir möchten auch eine englischsprachige Ringvorlesung jeweils im Wintersemester organisieren, für die wir regelmäßig Gastredner aus dem Ausland einladen werden.
Tote Fichten, dicht an dichtZoombild vorhanden

Abb. 5: Der Klimawandel befeuert den Buchdrucker-Befall in Fichtenbeständen bis hin zu Total-Ausfall. (Foto: K-P Janitz)

Welche Arbeitsbereiche erschließen sich zukünftigen Absolventen?
Wir sehen da auf dem heimischen Markt durchaus die klassischen Arbeitgeber der Forstbranche, also auch die Forstverwaltung. Wir nehmen durchaus wahr, dass das Thema Klimawandel mit einer stärkeren Spezialisierung vertreten sein sollte. Da glauben wir, dass der Master eine sehr gute Qualifikation ist.

Das gleiche gilt natürlich für die landwirtschaftliche Beratung an den Ämtern, auch an den Wasserwirtschaftsämtern. Es gibt mehrere große Verwaltungen, die sich mit der freien Landschaft beschäftigen und die den Klimaschutz immer stärker einbeziehen. Wir denken aber auch an die größeren Kommunen, die zunehmend Klimaschutzmanager-Stellen schaffen. Es gibt derzeit Förderprogramme, damit speziell solche Stellen eingerichtet werden können. Gerade Kommunen im ländlichen Raum mit stark vom Klimawandel betroffenen Flächen dürften an solchen Fachleuten stark interessiert sein.

Dann gibt es den großen internationalen Markt, der mit Entwicklungszusammenarbeit und Emissionshandel zusammenhängt. Hier gibt es wichtige NGOs, die versuchen, eine Klimagerechtigkeit auf globaler Ebene herzustellen und Projekte anzuschieben, die gegen Entwaldung und gegen die Degradierung von Forst- und Agrarökosystemen weltweit arbeiten. Das kann klassische Entwicklungshilfe sein, das können aber auch Formate sein, die anders finanziert sind. Vielleicht auch aus privatwirtschaftlich finanzierten Quellen.

Hier sehen wir sowohl für die deutschen Absolventen die Möglichkeit sich zu entwickeln, als auch für die Studierenden aus anderen Ländern, die im Heimatland mit dieser Qualifikation ein Betätigungsfeld finden können.
Herzlichen Dank für das Interview
Sehr gerne! Wir freuen uns auf viele neue Gesichter und engagierte Studierende!


Das Interview führte Christoph Josten, Redaktion ZWFH

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