Michael Mößnang
Holzwerkstatt: Die dem Alten neuen Glanz verleiht – LWF aktuell 120
Altehrwürdiges steht bei Irmgard Schnell-Stöger hoch im Kurs
Da stehen sie wieder – herausgeputzt, stolz und selbstbewusst: die drei Dienstboten aus dem Dienstbotenaltar der Pfarrkirche Mariä Geburt in Anzing. Dass sie sich so ansehnlich präsentieren können, haben sie Irmgard Schnell- Stöger zu verdanken, die sich ihrer in besonderer Weise angenommen hat.
Sie heißen Isidor, Notburga und Wendelin. Gemeinsam bringen sie ein Alter von etwa 900 Jahren zusammen. Die drei etwa 70 cm großen Figuren stammen aus dem späten 18. Jahrhundert und sind demnach etwa 300 Jahre alt.
Der Heilige Isidor, der Bauer, wird mit einer Schaufel dargestellt, die Heilige Notburga von Rattenberg mit Sichel und Brot ist die Patronin der Dienstmägde und der Heilige Wendelin, Schutzpatron der Hirten, hält seinen Hirtenstab. Die 300 Jahre hinterließen jedoch deutliche Spuren – von Kopf bis Fuß: Der Haarausfall war offensichtlich, die Strahlenkranz brüchig und das »Make-up« bröckelte.
Ab in die Werkstatt für Altes und Krankes
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Abb. 2: In der Werkstatt tummeln sich so manche Figuren (Foto: I. Schnell-Stöger)
In ihrer Werkstatt für Konservierung und Restaurierung dreht sich aber nicht alles um Isidor, Notburga und Wendelin, auch wenn sie sich mit den Dreien durchaus einige Monate beschäftigen durfte. Irmgard Schnell-Stöger, gelernte Restauratorin mit Universitäts-Diplom, führt seit 1982 ihre eigene Werkstatt im – natürlich weltberühmten – Holzschnitzerdorf Oberammergau.
In und mit ihrer Werkstatt bietet sie ein weites Spektrum an Leistungen rund um den Erhalt unterschiedlicher Kunstwerke. Je nach Objekt übernimmt sie die Projektleitung, erstellt Gutachten, entwickelt Erhaltungskonzepte, stellt je nach Bedarf Teams mit ausgewählten Spezialisten zusammen und begleitet die praktischen Arbeiten bis hin zur Dokumentation der Ausführungen. Und selbstverständlich legt sie selbst mit Hand an, schließlich blickt sie auf eine über 30 Jahre lange berufliche Tätigkeit zurück.
Holz – Textilien – Farben – Wachse
In der Werkstatt von Frau Schnell-Stöger gibt sich eine Vielzahl von Kunstwerken ein Stelldichein: gefasste Holzskulpturen mit und ohne Textilen, Gemälde auf Holztafeln und auf Leinwand oder auch Wachsfiguren, Wachsköpfe oder Votivkerzen. Und was in der Werkstatt keinen Platz hat, das wird schon mal auch vor Ort restauriert wie zum Beispiel Hoch- und Seitenaltäre in kleineren oder größeren Kirchen.
Abb. 3: Notburga (Foto: I. Schnell-Stöger)
Abb. 4: Isidor (Foto: I. Schnell-Stöger)
Abb. 5: Ranken-
schnitzereien (Foto: I. Schnell-Stöger)
Abb. 6: Altarretabel (Foto: I. Schnell-Stöger)
Isidor, Notburga und Wendelin, die Drei aus der Holzwerkstatt
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Abb. 7: Der Calvarienberg erstrahlt wieder in neuem Glanz (Foto: I. Schnell-Stöger
Aber kommen wir zurück auf unsere drei Dienstboten. Die Spuren, die die letzten 300 Jahre hinterlassen haben, sind nicht in einem kurzen Federwisch zu beseitigen. Zunächst musste eine Diagnose erstellt werden: Was fehlt denn den Dreien? Den hölzernen Gliederpuppen sind die Gelenke eingerostet, allen fehlten große Teile der Haartracht, von Frisuren war gar nichts mehr zu sehen.
Dem Isidor war der Rock ausgefranst, die Figuren waren verschmutzt, überall waren Löcher und Fehlstellen in der Bemalung, die Farben waren verblasst. Irmgard Schnell-Stöger reinigte die Oberflächen und festigte die Fassungen. Fehlstellen wurden gekittet und retuschiert. Das Haupthaar wurde gereinigt und hier und da auch ergänzt. Reinigen und Stabilisieren der textilen Bekleidung übernahm die Restauratorin Theresia von Waldburg.
Dass Holz nicht gleich Holz ist, das ist zumindest für Menschen aus der Forst- und Holzbranche nichts Neues. Dass Lindenholz nicht gleich Lindenholz und Eichenholz nicht gleich Eichenholz ist, das verwundert aber dann doch auch den einen oder anderen »Forstler«. Wenn Irmgard Schnell- Stöger eine aus Lindenholz geschnitzte Akanthusranke ausbessern will, dann prüft sie ganz genau, welches Stück Lindenholz für diese Ausbesserung tatsächlich geeignet ist. Da muss alles passen, vom Farbton über den Jahrringaufbau bis zum Faserverlauf. »Da überlasse ich nichts dem Zufall. Meine Restaurierung soll ja wieder ein paar hundert Jahre halten«, lautet das Credo von Irmgard Schnell-Stöger.
Garten- und Landschaftsbau »en miniature«
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Abb. 8: Auch der Umgang mit Farben und Malerei ist für Irmgard Schnell-Stöger Alltag (Foto: I. Schnell-Stöger)
Die Arbeit von Irmgard Schnell-Stöger ist vielfältig und abwechslungsreich. Eine große Herausforderung für die Restauratorin war auch die Erhaltung des außerordentlich reich ausgestalteten Calvarienbergs, eine Art Krippendarstellung aus dem 18. Jahrhundert, die in der Stadtpfarrkirche St. Mariae Himmelfahrt in Landsberg am Lech zu bestaunen ist.
Eine 3,2 x 3,5 m große und 90 cm tiefe Vitrine zeigt den Kreuzweg Christi als räumlich erlebbare Landschaft mit den darin eingebauten, szenisch dargestellten Stationen. Tuffsteinchen, kleinste Muscheln und Schneckenhäuschen, durchsetzt mit bunten Steinen, Käfern und künstlichen Blümchen, bilden eine Landschaft aus Grotten, Felshängen, Treppen und Tempeln. Auch hier war nach zwei Jahrhunderten eine umfassende Sanierung aller Bereiche notwendig geworden.
www.schnell-stoeger.de
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