Norbert Lagoni
Samen der Rosskastanien in der Medizin - LWF-Wissen 48
Jeder kennt die Gemeine (weiße) Rosskastanie, den unverwechselbaren Garten-, Park- und Alleebaum, den bevorzugten Schattenspender der Höfe, Dorfplätze, Biergärten und Gartenlokale. Weniger bekannt ist jedoch die herausragende Position der Rosskastanie Aesculus hippo - castanum L. als Spender bedeutender Ausgangsstoffe für die Herstellung pharmazeutischer Produkte und ihrer Verwendung in der gegenwärtigen Medizin.
Zoombild vorhanden
Abbildung 1: historische Zeichnung der Bestandteile der Rosskastanie aus Prof. Dr. Thomés „Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz“ von 1885
Natürliche Vorkommen der Rosskastanie finden sich in Südosteuropa auf dem Balkan, in Albanien, Mazedonien und Bulgarien sowie in den Bergwäldern Nordgriechenlands, im Norden des Iran und westlichen Kaukasus, im Himalaya und in Nordindien.
In der antiken Literatur wird die Rosskastanie im Gegensatz zur Edel-/Esskastanie (Castanea sativa) nicht erwähnt. Sie wurde erst im 16. Jahrhundert in Mittel- und Teilen Nordeuropas wieder heimisch, nachdem die Gattung Aesculus während der letzten Eiszeit in südlichere Refugien abgedrängt worden war. 1557 brachte Ghiselin de Busbeq die Kastanie nach Konstantinopel. Eine frühe Abbildung findet man im Kräuterbuch von MATTHIOLUS (1565), der einen aus Konstantinopel stammenden Fruchtzweig als Castanea equina bezeichnet und skizziert hat.
Aus der Türkei brachte Ungnat Samen nach Wien, aus denen 1576 der kaiserliche Gartendirektor Clusius die ersten Setzlinge ziehen und pflanzen ließ. Der rege Versand von Samen führte in den gemäßigten Klimazonen Europas zu einer rasanten Ausbreitung dieses schnellwüchsigen Baumes. Bachelor führte die Rosskastanie in Frankreich ein. Sie wurde zum Lieblingsbaum von »Sonnenkönig« Ludwig XIV. (1638-1715) und zum „majestätischen Modebaum“. Sie schmückte fortan Schlossgärten, fürstliche Parks und Alleen. Für Berlin wurde die Kastanie erstmals 1672 erwähnt.
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