Günter Biermayer
2013 – Grund zur Selbstzufriedenheit? - LWF-aktuell 92
Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde, jedoch fast niemand auf der Welt lebt nachhaltig. Das gilt vor allem für die reichen Industrieländer, aber selbst das Leben der Ärmsten auf dieser Welt ist nicht nachhaltig. Umso wichtiger ist es deshalb, dass der von verantwortungsvollen Waldbesitzern und Förstern seit Jahrhunderten in planmäßiger Forstwirtschaft gepflegte Wald auch bei steigendem Holzpreis vorbildlich für folgende Generationen weiter unter dem Mischwaldgedanken bewirtschaftet wird. Die naturnahe Waldbewirtschaftung ist in der Lage, die ökologischen, ökonomischen und sozialen Belange, die die Gesellschaft an den Wald stellt, nachhaltig zu erfüllen.
Vor 300 Jahren hat der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz seine »Anweisung zur wilden Baumzucht« veröffentlicht. In diesem Buch wird der Begriff der nachhaltenden Nutzung erstmals verwendet. Aber das Werk von Carlowitz bietet weit mehr als nur einen schönen Begriff und es reicht über die Forstwirtschaft hinaus.
Sein unmittelbares Anliegen ist zwar der pflegliche Umgang mit dem Wald, weil er damals wie heute unentbehrlich ist. Er will den verschwenderischen Umgang mit dem Wald beenden, in Haushalt und Gewerbe sparsam mit dem Holz umgehen und dafür sorgen, dass im Interesse von Land und Menschen kein Mangel eintritt. Seine große Leistung ist es, am Beispiel des Waldes die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit bis heute entworfen zu haben.
Er bewundert die Werke der Natur, die für ihn auf der Kraft der Sonne und dem ernährenden Lebens-Geist des Erdreichs beruhen. Aber er sieht auch klar, dass der Mensch nicht mehr im Garten Eden lebt. Aus dem biblischen Schöpfungsauftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren, leitet er ab, dass die Menschen handeln müssen und nicht mehr alles der Natur überlassen können. Er fordert bereits im lateinischen Titel sylvicultura oeconomica seines Werks den haushälterischen Waldbau.
Er will, in der Tradition des Kameralismus, den Verbrauch aus dem eigenen Land decken und nicht auf Kosten fremder Länder leben. Sein Ideal ist ein Gemeinwesen, das allen, Herrschaft und Untertanen, jetzt Lebenden und Nachkommen, ein gutes Leben ermöglicht. Der Gedankenreichtum seines Werks und die Humanität seines Entwurfs sind bis heute staunenswert.
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