Pilzliche Schaderreger bei Buchenvitalitätsschwäche
von Michael Muser, Nicole Burgdorf und Andreas Hahn
Abb. 1: Pilzliche Schaderreger bei Buchenvitalitätsschwäche: Inwieweit sind pilzliche Pathogene für die abnehmende Buchenvitalität verantwortlich? Diese Frage ging die LWF in Nordbayern nach. (© M. Muser, LWF)
Wie vielen unserer Hauptbaumarten setzt die klimawandelbedingte Häufung von Hitze- und Trockenperioden auch der Rotbuche zu. Inwieweit pilzliche Schaderreger für die abnehmende Buchenvitalität verantwortlich sind, untersuchte die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) vom Frühjahr 2021 bis zum Herbst 2022 in vier nordbayerischen Buchenbeständen.
In den letzten Jahren haben die Klimaerwärmung und die Häufung von Wetterextremen in einigen Regionen zu deutlichen Vitalitätsverlusten bei Rotbuchen (Fagus sylvatica) geführt. Diese zeigen sich in Form von verstärkter Fruktifikation, verringertem Zuwachs, Laubverlust und frühzeitigem Blattabwurf (Abbildung 1). Besonders in exponierten und älteren Beständen sind auch starke Kronenschäden und Ausfälle zu verzeichnen (Eichhorn et al., 2003; Bogdziewicz et al., 2020; BMEL, 2021; Thurm et al., 2022). In Bayern ist dies vor allem im warm-trockenen Unterfranken zu beobachten: Dort stocken 26 % des bayerischen Buchenvorrats – und von dort stammen zwei Drittel der von 2015 bis 2021 gemeldeten Trockenschäden (Schißlbauer et al., 2022).
Neben abiotischen Schadursachen wurden Schäden durch Insekten, z.B. durch den Kleinen Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) und den Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) angegeben. Der Befall mit Pilzen der Gattung Hallimasch und durch Schadpilze verursachte Rindennekrosen spielten unter den biotischen Schäden jedoch eine größere Rolle (Schißlbauer et al., 2022). Grundsätzlich treten an Rotbuchen eine Vielzahl von Schadorganismen auf, die teils schwer zu unterscheidende Symptome verursachen (Hendry et al., 1998; Bressem, 2008). Über zwei Vegetationsperioden hinweg verschaffte sich die Abteilung »Waldschutz« der LWF auf vier Versuchsflächen in Nordbayern einen Überblick über relevante pilzliche Pathogene.
Untersuchungsflächen
Abb. 2: Lage der Versuchsflächen in Nordbayern; grüne Flächen symbolisieren bewaldete Gebiete. (© Geobasisdaten, Bayerische Vermessungsverwaltung 2023)
Die vier Bestände (Abbildung 2) befinden sich auf Höhen zwischen 335 und 415 m ü. NN; Steil- und Randlagen wurden gemieden. Alle Standorte wiesen im Zeitraum von 2011 bis 2020 im Verhältnis zum 30-jährigen Mittel geringere Niederschläge und gestiegene Temperaturen auf (Abbildung 3).
Abb. 3: Klimatische Kennwerte der Beobachtungsflächen (© DWD 2023)
Je Bestand wurden 20 Bäume ausgewählt, an denen Mitarbeitende der Abteilung »Waldschutz« phytopathologische Probenahmen und Untersuchungen durchführten. Diese Bäume umfassten sowohl einen Querschnitt über alle Schadstufen als auch über die sozialen Klassen nach Kraft, d. h. von vorherrschenden (Klasse 1) bis hin zu unterständigen Bäumen (Klasse 5).
Vitalitätsverlauf
An den vier Standorten verschlechterte sich der Belaubungszustand der Bäume von Juni 2021 bis August 2022 um durchschnittlich 7,5 %. Es gab deutliche Unterschiede zwischen den sozialen Klassen: Während der Laubverlust bei den vorherrschenden und herrschenden Bäumen (Kraft’sche Klassen 1 und 2) anstieg, bauten mitherrschende Bäume ihre Krone leicht aus (Abbildung 4).
Abb. 4: Laubverlust von Rotbuchen auf den Untersuchungsflächen in der Vegetationsperiode 2021 und 2022 nach Kraft’scher Klasse; je dunkler das Blau, desto mehr Bäume sind den jeweiligen Punkten zugeordnet (z. B. wiesen im Juni 2021 verhältnismäßig viele Buchen der Kraft’schen Klasse 2 25% Laubverlust auf). Der Verlauf der roten Linie zeigt an, ob der Laubverlust von der sozialen Klasse unabhängig ist (waagrechte Linie) oder ob der Laubverlust mit der sozialen Stellung zunimmt (diagonaler Verlauf von links oben nach rechts unten). (© LWF)
Selten Käfer und Läuse, …
Die verbliebenen noch stehenden 70 Beobachtungsbäume – zehn an der WKS Ebrach und je 20 auf den drei weiteren Flächen – untersuchte die LWF auf Nekrosen, Fäulen oder Hinweise auf Insektenfraß im unteren Stammbereich. Die Buchenwollschildlaus (Cryptococcus fagisuga) wurde in geringen Dichten an fünf Bäumen beobachtet. Sie schaffen Eintrittspforten für das Scharlachrote Pustelpilzchen (Neonectria coccinea), das in Rinde und Kambium Mikronekrosen verursacht. Starker Befall von weiter zurückliegenden C. fagisuga-Saugschäden fand sich an zwei Bäumen. Tierische Erreger spielten bei den Schäden im Stammbereich folglich eine eher untergeordnete Rolle. Buchenborkenkäfer und Holzbrüter befielen fast ausschließlich bestehende Nekrosen.
… aber viele Pilze
Verbreitung und Befall mit Hallimasch
- Makroskopische Untersuchung der Stammanläufe auf Fäulen, Nekrosen und Rhizomorphen
- Wurzelproben aller Probebäume; anschließende Oberflächendesinfektion und Auslage auf Nährmedien
- PCR-Analyse mit gattungsspezifischen Primern nach Lochman et al. (2004) an Holzproben für Nachweise im Holzkörper
- Metabarcording von Bohrspanproben aus den vier Beständen
Abb. 6: Nachweise von Hallimasch in Bohrspanproben aus dem Splintholz mittels PCR in Abhängigkeit von BHD und durchschnittlichem Laubverlust. (© LWF)
In den vier Untersuchungsbeständen war Hallimasch der am häufigsten nachgewiesene Pilz. Die Anzahl der Hallimasch-Nachweise variierte je nach Methode: Die makroskopische Untersuchung der Stammanläufe ergab, dass 33 % der Probebäume durch Hallimasch verursachte Fäulen aufwiesen. Durch Kultivierung der Wurzelproben auf Nährmedium war Armillaria spp. bei der Hälfte der 70 Bäume im Wurzelraum nachweisbar. Bei der PCR-Analyse von Bohrspanproben gab es bei 33 % der Buchen positive Nachweise. Überraschenderweise wurde bei dieser Untersuchungsmethode Hallimasch insbesondere im gesund scheinenden Splintholz detektiert und ließ sich vor allem in Proben von Rotbuchen mit geringeren Laubverlusten nachweisen (Abbildung 6).
Als Metabarcoding wird die Sequenzierung von DNA aus Umweltproben bezeichnet, die aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Arten (z. B. Pilzen) bestehen kann. Im Rahmen der Untersuchungen isolierte man zunächst DNA aus getrockneten, gemahlenen Holzspänen, anschließend wurde die pilzliche Barcode-Region (ITS-Bereich) der in der Probe befindlichen Arten vervielfältigt und sequenziert. Die DNA-Sequenzierung über die Illumina MiSeq-Technologie führte vielfach zum Nachweis von Arten der Gattung Hallimasch. Wie erwähnt ist eine sichere Zuordnung auf Artebene aufgrund der nahen Verwandtschaft der Hallimasch-Arten und der damit einhergehenden Ähnlichkeit in der pilzlichen Barcode-Region schwierig. In den Bohrspanproben aus kleinen Nekrosen wurde über das Metabarcoding vielfach DNA identifiziert, die dem Scharlachroten Pustelpilzchen (N. coccinea) zugeordnet werden konnte. Auch die Brandkruste (K. deusta) war nachweisbar, ebenso wie Fusarium spp., Diplodia mutila und mehrere andere Pilze.
Diskussion
Die hier vorgestellten Untersuchungen ergaben, dass am aktuellen Schadgeschehen folgende Schadpilze am auffälligsten beteiligt sind:
- Arten der Gattung Hallimasch (Armillaria spp.)
- Scharlachrotes Pustelpilzchen (Neonectria coccinea)
- Pfennig-Kohlenkruste (Biscogniauxia nummularia)
Die Bandbreite der bestimmten Pilze mag für Praktiker erschreckend klingen – aus Waldschutzsicht ist dies aber ein gutes Ergebnis: Es wurde kein neuer Schaderreger entdeckt, der wesentlich zum Schadgeschehen beigetragen hatte. Anfangs bestand durchaus die Befürchtung, dass die Schäden an Buchen mit einem neuen Schaderreger in Zusammenhang stehen könnten.
Schäden durch Armillaria spp. in Form von Stammfußnekrosen konnten durch Rhizomorphen und per PCR bestätigt werden. In dieser Untersuchung fielen aber besonders die hohen Nachweisraten in asymptomatischem Gewebe von augenscheinlich gesunden Stämmen auf. Möglicherwiese besitzt Hallimasch die Fähigkeit, unerkannt als Endophyt im Pflanzengewebe auszuharren und erst bei für den Pilz günstigen Bedingungen erkennbare Schäden zu verursachen. Sein häufiges Auftreten bei den PCR-Nachweisen durch Bohrspanproben sowie im Metabarcoding deuten auf eine latente Durchseuchung von Hallimasch im Holzkörper der untersuchten Rotbuchen hin. Ob dies eine beginnende frische Hallimasch-Infektion darstellt oder in einer dauerhaften endophytischen Besiedelung begründet sein könnte, lässt sich aus den Untersuchungen nicht ableiten.
Die exemplarisch untersuchten Äste waren, insbesondere in Würzburg und Ebrach, häufig von einer intensiven, schnell fortschreitenden Weißfäule der Pfennig-Kohlenkruste geprägt, oft assoziiert mit
N. coccinea und Prachtkäferbefall (Agrilus viridis). Neben den direkten Schäden lassen (Grün-)Astabbrüche Eintrittspforten für weitere Erreger entstehen. Zudem reduzieren sie das Kronenvolumen und lassen Licht an zuvor beschattete Stellen vordringen.
Im Umfeld der Versuchsstandorte zeigte sich, dass sich die Pfennig-Kohlenkruste in warm-trockenen Regionen Nordbayerns von der Krone den Stamm hinab ausbreiten kann. Die Nachweise durch das Metabarcoding bestätigen, dass der Pilz dazu fähig ist, endophytisch im Gewebe zu überdauern (Nugent et al., 2005; Luchi et al., 2006). Nach Stressereignissen kann die Erkrankung – ähnlich dem Diplodia-Triebsterben oder der Ahorn-Rußrindenkrankheit – dann schnell voranschreiten (Luchi et al. 2016). B. nummularia war in den Befunden des Metabarcodings nicht stark vertreten, was durch den Schwerpunkt der Beprobungen auf bodennahe Nekrosen zurückzuführen sein kann. Hier waren selten symptomatische Ausbrüche zu sehen. Dagegen scheint sich der Befall mit der Pfennig-Kohlenkruste im Kronenbereich stärker auszuwirken: Dort führt er zu (Grün-)Astabbrüchen und somit zu Kronenverlusten.
Ausblick
Zusammenfassung
Literatur
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Weiterführende Informationen
Autoren
- Michael Muser
- Dr. Nicole Burgdorf
- Dr. Andreas Hahn