10.05.2023
Die Fichtenborkenkäfer schwärmen massiv – Jetzt Bohrmehl suchen! – Blickpunkt Waldschutz Nr. 7/2023
von Karin Bork, Cornelia Triebenbacher, Hannes Lemme

Mit den nun anhaltend warmen Temperaturen setzte zum Ende der ersten Maiwoche in den wärmebegünstigten Lagen bis 800 m üNN der Hauptschwärmflug der Fichtenborkenkäfer ein.

Auch in Lagen über 800 m NN sehen wir bereits an mehreren Fallenstandorten deutliche Käferanflüge. Bayernweit registrieren wir hohe Fangzahlen, insbesondere aus den Regionen Frankenwald, Mittelfranken, Bayerischer Wald, Tertiär sowie entlang von Donau und Untermain. Hier übersteigen die Fangzahlen die kritische Schwelle von 3.000 Käfern/Falle/Woche zum Teil sehr deutlich (Abb. 1). Ab diesem Wert gehen wir von einem sehr hohen Risiko für Stehendbefall aus.

Schwärmverlauf des Buchdruckers im Vergleich der Jahre 2020 bis 2023 zum Stichtag 10.05.2023; die rote Linie stellt die Gefährdungsschwelle (3.000 Käfer/Falle/Woche) dar, ab der mit Stehendbefall und Befallsausbreitung zu rechnen ist. Im Vergleich zu den Vorjahren zeigt sich ein zeitlich ähnlicher Beginn des Schwärmflugs.

Abb. 1: Schwärmverlauf des Buchdruckers im Vergleich der Jahre 2020 bis 2023 zum Stichtag 10.05.2023; die rote Linie stellt die Gefährdungsschwelle (3.000 Käfer/Falle/Woche) dar, ab der mit Stehendbefall und Befallsausbreitung zu rechnen ist. (© LWF)

Im Frankenwald ist aufgrund der Borkenkäfermassenvermehrung in diesem Jahr erneut in den dortigen Forstbetrieben der BaySF ein verdichtetes Netz mit rund 40 Monitoringfallen installiert. Im Zeitraum vom 3.-9. Mai 2023 sind die Anflugzahlen teils stark angestiegen: bei gut 1/3 der Fallen wurden mehr als 3.000 Buchdrucker je Falle und Leerung ermittelt. Einige dieser Fallen standen deutlich über 600 m üNN.
Ausfliegende Käfer befallen derzeit liegendes, frisches Holz, aber auch geschwächte, stehende Fichten. Ist der Stamm durch anfliegende Käfer besetzt, kommt es meist zu Stehendbefall im näheren Umkreis. Auch wenn die derzeitige Wasserversorgung der flachwurzelnden Fichten im Oberboden gut ist und sie sich gegen Borkenkäferangriffe mit Harzfluss wehren können, ist aufgrund der hohen Grundpopulation dennoch mit Stehendbefall zu rechnen!
In den folgenden ein bis zwei Wochen werfen die Käfer bei der Anlage des Muttergangs anhaltend viel Bohrmehl aus. Dieses gilt es gezielt zu suchen und zu finden.

Ihr Einsatz ist am wirkungsvollsten, wenn Sie in der ersten Schwärmwelle Bohrmehl finden! Denn jetzt haben Sie die Chance, die Käferpopulation früh im Jahr abzuschöpfen und so die Ausbreitung des Befalls erfolgreich zu verhindern!

Die vorhergesagten Regenfälle der laufenden Woche erschweren die Bohrmehlsuche! Deshalb geben wir Ihnen nachfolgend Tipps, wie Sie jetzt effizient und erfolgreich vorgehen sollten.

Handlungsempfehlungen

Suchen Sie jetzt nach Bohrmehl!
Innerhalb 1-2 Wochen nach dem Schwärmen, bei der Anlage von Rammelkammer und Muttergang, rieselt anhaltend viel und gut sichtbares Bohrmehl aus der Rinde. Ist die Eiablage beendet und die Larvenentwicklung im Gange, entsteht kein frisches Bohrmehl mehr! Sie haben also bis Mitte/ Ende Mai gute Chancen frischen Befall eindeutig zu entdecken!
Was suche ich?
Bohrmehl rieselt bei der Brutanlage aus dem Stamm heraus. Es sieht aus wie „Schnupftabak“ und sammelt sich
  • besonders hinter Rindenschuppen: dafür ist es hilfreich, ganz nah am Stamm von oben nach unten zu blicken – so sieht man am besten hinter die Rindenschuppen (Abb. 2).
  • auf Totästen, Astgabeln oder anderen Flächen, auf denen das herunterrieselnde Bohrmehl liegen bleibt
  • an Spinnenweben (Abb. 3)
  • im Moos am Stammfuß und auf Blättern der Bodenvegetation (Abb. 4): Besonders gut bleibt das Bohrmehl auf rauhen Blättern wie beispielsweise von Brombeere oder Haselnuss liegen. Auf Buchenblättern findet man nach Regenfällen kaum mehr Bohrmehl.
Auch nach Regen ist Bohrmehl zu finden, wenn auch etwas erschwert. Warten Sie nach Regenfällen möglichst einen Tag ab, dann sollte wieder frisches Bohrmehl zu sehen sein. Brechen Sie ein paar Rindenschuppen ab – oft finden Sie dahinter noch Bohrmehl, das nicht von der Rinde abgewaschen wurde (Abb. 5). Auch Harztrichter und verharztes Bohrmehl bleibt oft noch länger an der Rinde sichtbar (Abb. 6)
Bohrmehl hinter Rindenschuppen

Abb. 2

Bohrmehl hängt in Spinnweben

Abb. 3

Bohrmehl liegt auf Brombeerblättern

Abb. 4

Bohrmehl hinter Rindenschuppen und nach dem Abbrechen der Rindenschuppe

Abb. 5

Verharztes Bohrmehl

Abb. 6

Wo beginne ich die Suche?

  • Beginnen Sie mit der Bohrmehlsuche zunächst an Käfernestern des Vorjahrs. Besonders an den sonnendurchfluteten Rändern bohren sie sich zuerst ein. Auch jetzt noch werden häufig befallene Fichten aus dem Vorjahr durch Kronenverfärbung sichtbar. Achten Sie darauf und suchen Sie umstehende Fichten ab.
  • In der näheren Umgebung von liegengebliebenem Fichtenholz (Polter, Schadholz, Brennholz, Hiebsreste) ist mit verstärktem Befall zu rechnen.
  • Haben sich Bestandsverhältnisse stark verändert, z.B. wurden Bestandsränder freigestellt, kontrollieren Sie auch dort.

Was mache ich, wenn ich Bohrmehl gefunden habe?

  • Bohrmehl, auch kleine Mengen, sind ein sicheres Zeichen für Buchdruckerbefall! Die Käfer sind bereits bei der Anlage der ersten Generation. Auf eine erfolgreiche Abwehr der Fichten durch „Ausharzen“ zu hoffen, ist bereits zu spät!
  • Kontrollieren Sie die Nachbarbäume um die befallene Fichte intensiv auf weiteren Befall.
  • Befallenes Holz muss unverzüglich aufgearbeitet und abgefahren werden, bevor die Käfer in zwei bis drei Wochen erneut ausfliegen und neue Bruten (Geschwisterbrut) anlegen.
  • Ist eine Lagerung von mindestens 500 m zum nächsten Nadelholzbestand nicht möglich, kann ein Pflanzenschutzmittelmitteleinsatz sinnvoll sein.
Erfahrene Waldbewirtschafter können Frischholzpolter aus dem Wintereinschlag als Fangholzpolter nutzen, ABER AUSSCHLIESSLICH, WENN Sie eine regelmäßige Kontrolle auf Stehendbefall im näheren Umfeld durchführen und Sie die Holzabfuhr sofort nach Befall sicherstellen können.

Weitere Informationen

In unserer "Praxishilfe Buchdrucker und Kupferstecher – Befall erkennen" finden Sie viele weitere Bilder und Informationen zur Bohrmehlsuche und zu weiteren Befallskennzeichen.

Nähere Informationen über das aktuelle Schwärmgeschehen von Buchdrucker und Kupferstecher finden sie hier: