13.03.2020
Zeitnahe Aufarbeitung des Sturmholzes minimiert Folgeschäden durch Borkenkäfer - Blickpunkt Waldschutz 2/2020
von Stefan Huber, Sebastian Gößwein und Karin Bork
Das Sturmtief „Sabine“ und ihre ‚Nachwehen‘ haben im Februar landesweit Schäden in den Wäldern verursachtNach aktuellen Schätzungen entstanden in Bayern rund 1,8 Millionen Festmeter Schadholz, mit deutlichen regionalen Unterschieden. Schadensschwerpunkte liegen im südlichen Allgäu und im südöstlichen Niederbayern.
Es wurden zahlreiche Bäume einzeln und nesterweise umgeworfen oder gebrochen.
Das Sturmholz bietet den ab Mitte April schwärmenden Fichtenborkenkäfern einen idealen Brutraum. Deshalb ist eine rasche und konsequente Aufarbeitung des Sturmholzes erforderlich, um einen möglichen Befall durch den Borkenkäfer zu verhindern.
Aufgrund des regional nicht unerheblichen und stark verstreuten Sturmholzanfalls sind die Aufarbeitungskapazitäten angespannt. Eine Priorisierung hilft, den verbleibenden Bestand bestmöglich vor Borkenkäferschäden zu schützen. Dazu haben wir die nachstehenden Handlungsempfehlungen für Sie zusammengestellt:
1. Festlegung der Prioritäten - Reihenfolge bei der Aufarbeitung
Nach Baumarten
- 1. Fichte;
- 2. weitere Nadelhölzer;
- 3. Laubholz.
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Abb. 1: Rund um Einzelwürfe von Fichten kann es sehr schnell zu Stehendbefall im Restbestand kommen. Eine Aufarbeitung vor Beginn der Belaubung wird dringend empfohlen. (Foto: LWF)
Hintergrund:
Grundsätzlich sind Nadelhölzer vor Laubhölzern aufzuarbeiten. Da der Buchdrucker und der Kupferstecher die aggressivsten Borkenkäferarten in unseren Wäldern sind, müssen geworfene und gebrochene Fichten vor allen anderen Baumarten aufgearbeitet werden.
Lärche, Kiefer, Douglasie und Tanne folgen entsprechend ihrer Gefährdung durch Borkenkäfer. Wurden auf einer Fläche mehrere Baumarten geworfen, werden diese parallel aufgearbeitet.
Nach Flächengröße:
- 1. Einzelwürfe/-bruch: - spätestens bis Mitte Mai (Ausflug zur Anlage Geschwisterbrut);
- 2. Nesterwürfe/-bruch: - spätestens bis Mitte Mai (Ausflug zur Anlage Geschwisterbrut);
- 3. Flächenschäden: - spätestens bis Anfang Juni (Ausflug der ersten Jungkäfergeneration).
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Abb. 2: Eine Lebendkonservierung von Bäumen, die noch Wurzelkontakt haben, ist nicht empfehlenswert, da sie gute Entwicklungsmöglichkeiten für Borkenkäfer bieten und im Nachgang der Aufarbeitung leicht vergessen werden. (Foto: LWF)
Hintergrund:
Vorrangig müssen Einzel- und Nesterwürfe vor Flächenwürfen aufgearbeitet werden. Auf größeren Flächen ist viel bruttaugliches Material vorhanden, das von den Borkenkäfern bei bisher moderaten Populationsdichten zuerst besiedelt werden kann, bevor die Käfer in angrenzenden Bestandesrändern zu Stehendbefall übergehen. Diese Randlinien sind also in der ersten Befallsphase durch den Flächenwurf, der wie ein „Fangschlag“ wirkt, vor dem Befall geschützt.
Bei den Einzel- und Nesterwürfen kann es dagegen bereits in dieser Phase zu Stehendbefall im angrenzenden Bestand kommen, da sich die Käfer auf wenige Bäume konzentrieren, die relativ schnell besetzt sein können. Durch die erhöhte lokale Dichte können die weiter anfliegenden Käfer auch den angrenzenden stehenden Bestand erfolgreich befallen.
Randstrukturen sind über die Zeit mit fortschreiteder Generationsentwicklung in allen Schadsituationen gefährdet. Die wenigen aber längeren Randlinien im Bereich der Flächenwürfe sind später leichter und effektiver zu kontrollieren als die unzähligen und kurzen Randlinien von Einzel- und Nesterwürfen. Der Zeitaufwand bei der späteren Suche nach Stehendbefall ist im Falle der Flächenwürfe wesentlich geringer. Außerdem sind Befallskontrollen und notwendige Bekämpfungsmaßnahmen im Bereich der wenigen, bekannten Flächenwürfe zielgerichteter und leichter durchführbar.
Hinweise zur Aufarbeitung:
Von Borkenkäfern befallene Bäume, die sich im Umgriff bereits geworfener Bäume befinden, müssen unbedingt mit diesen aufgearbeitet werden.
Die Aufarbeitung durch Harvester ist hinsichtlich der höheren Arbeitssicherheit und der kompletten Aufarbeitung der Bäume dem motormanuellen Verfahren vorziehen.
2. Weiterbehandlung des Holzes
Behandlungsalternativen von Stammholz:
- 1. Abfuhr;
- 2. Lagerung außerhalb des Waldes (mind. 500m zum nächsten Nadelholzbestand);
- 3. Nasslagerung;
- 4. Entrindung;
- 5. Einsatz von Insektiziden.
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Abb.3: Ein häufiges Bild nach Sturm Sabine: Besonders an labilen Bestandesrändern liegen nesterweise frisch geworfene Fichten. (Foto: LWF)
Hintergrund:
Aufgearbeitetes Stammholz muss schnellstmöglich aus den Beständen abgefahren werden. Ist dies aufgrund von Abfuhrengpässen nicht möglich, ist das Holz außerhalb des Waldes in mindestens 500 m Abstand zum nächsten Nadelholzbestand oder auf Nassholzlagerplätzen zu lagern. Weiterhin kann der Gefahr durch rindenbrütende Borkenkäfer durch die Entrindung des Stammholzes begegnet werden.
Nur wenn alle genannten Maßnahmen nicht durchführbar sind, ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln(PSM) im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes in Betracht zu ziehen. Zulässig ist der Einsatz eines Insektizids durch eine sachkundige Person. Zugelassene PSM und die Auflagen, Anwendungsbestimmungen sowie Sicherheitshinweise können Sie unter www.bvl.bund.de nachschlagen Einen Überblick über die Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln im Forst bietet auch der Blickpunkt Waldschutz 1/2020. Darüber hinaus sind die Vorgaben des jeweiligen Zertifizierungssystems zu beachten.
Die häufig genannte Lebendkonservierung von geworfenen Bäumen, die noch Wurzelkontakt mit dem Boden haben, ist nicht zu empfehlen. Hintergrund ist, dass Borkenkäfer diese Bäume ebenfalls erfolgreich besiedeln können und in diesen häufig sogar bessere Entwicklungsmöglichkeiten finden als in bereits aufgearbeiteten Bäumen.
Behandlung von Baumkronen:
Die Baumkronen sollten zeitnah gehackt werden, um sie dem Käfer als Brutmaterial zu entziehen. Die Hackschnitzel können energetisch genutzt werden. Beim Verbrennen von Restmaterial besteht erhöhte Waldbrandgefahr, so dass diese Maßnahme nur bei entsprechenden Witterungsbedingungen und intensiver Überwachung in Betracht gezogen werden sollte. Bei verstreuten Einzelwürfen kann Astmaterial (Durchmesser < 5 cm) nach vollständigem Entasten des Stammes im Bestandschatten belassen werden. Eine PSM-Anwendung ist nicht erlaubt.
Die Aufarbeitung von Sturmholz ist gefährlich. Waldbesitzer, die keine Erfahrung mit der Aufarbeitung von Sturmholz haben, sollten auf die Hilfe von professionellen Forstunternehmern zurückgreifen oder sich zumindest vor Beginn jedweder Arbeiten intensiv zur Arbeitssicherheit schulen lassen. Die Unfallverhütungsvorschriften sind zwingend einzuhalten.
Nähere Informationen über das aktuelle Schwärmgeschehen von Buchdrucker und Kupferstecher und Handlungsempfehlungen erhalten Sie aus dem Borkenkäfermonitoring der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft unter:
www.borkenkaefer.org
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