28.11.2019
Erhöhte Gefährdungslage von Forstkulturen durch Wühlmäuse - Blickpunkt Waldschutz 16/2019
von Cornelia Triebenbacher, Ludwig Straßer und Peter Eichel
Alle zur Einschätzung der Gefährdungslage von Forstkulturen heranzuziehenden Indizes zeigen für den Jahreswechsel 2019/20 einen deutlichen Anstieg der Mäusepopulationen. Damit ist mit einem erheblichen Anstieg der Gefährdungslage für Forstkulturen zu rechnen.
Auf den vier von der LWF betreuten Flächen in Schwaben, Oberbayern, Oberfranken und der Oberpfalz wurden Ende Oktober/Anfang November wieder Prognosefänge durchgeführt. Insgesamt stieg der bereinigte Wühlmausindex (Index=Fangzahlen Rötelmäuse und Erd- bzw. Feldmäuse aller Prognoseflächen je 100 Fallennächte abzüglich Fehlfunktionen) auf diesen Flächen auf 30,7 % gegenüber 14,1% im Vorjahr.
Diesen Anstieg zeigten sowohl die Fangzahlen der Rötelmäuse, als auch die der Erd- bzw. Feldmäuse. Der bereinigte Rötelmausindex stieg dabei um über 11 % auf 18 %, der bereinigte Erd-/ Feldmausindex stieg auf 18,1 %. Ab 10 % ist mit Schäden zu rechnen. Dies bedeutet, dass dieses Jahr alle Aufforstungsflächen (egal ob Wiederaufforstungen im Wald mit Brombeerbewuchs wegen Rötelmäusen oder vergraste Erstaufforstungen wegen Feld- und Erdmäusen) gefährdet sind und auf Schäden hin kontrolliert werden sollten.
Zusätzlich erreichten uns bereits im September die ersten Schadmeldungen durch Mäuse. Auch im Rahmen der Waldschutzmeldungen (Stichtag 31.08.) verdoppelten sich die Schadflächen durch Erd-, Feld- und Rötelmäuse auf rund 110 ha. Besorgniserregend erscheint in diesem Zusammenhang auch die explosionsartige Zunahme der Hantavirusfälle (Faktor 9) von 31 auf 269 bis Mitte November.
Zusammenfassende Einschätzung:
- Für das Winterhalbjahr 2019/2020 ist mit deutlichen Schäden auf gefährdeten Aufforstungsflächen durch Rötelmäuse und Erd- bzw. Feldmäuse zu rechnen.
- Gefährdet sind v.a. vergraste Aufforstungen und Flächen mit starkem Bewuchs mit Brombeere und Himbeere.
Abb.: Schadmeldungen und Fangzahlen waldschutzrelevanter Mäusearten 1999 - 2019 (Grafik: LWF)
Handlungsempfehlungen
- Kontrolle der gefährdeten Verjüngungsflächen auf Schäden durch Kurzschwanzmäuse;
- besondere Vorsicht beim Reinigen von Hütten und im Umgang mit Mäusefallen und Köderstationen wegen hoher Infektionsgefahr durch Hantavirus;
- Aufgrund hoher Schermauspopulationen im Frühjahr 2019 sollten Erstaufforstungen auf Anzeichen von Schermäusen hin kontrolliert werden (Verwühlprobe).
Wichtige Änderungen der Anwendungsbestimmungen bei Rodentiziden
Das BVL hat am 6.11.2019 für fünf zugelassene Rodentizide die bisherigen Anwendungsbestimmungen konkretisiert und ermöglicht damit einen Einsatz unter bestimmten Voraussetzungen auch in Schutzgebieten. Dabei handelt es sich um die Mittel Arvalin, Ratron Giftlinsen, Ratron Giftlinsen Forst, Ratron Giftweizen und Ratron Schermaussticks. Nicht geändert wurden die Anwendungsbestimmungen für Arvalin Forte!
Noch offene Fragen zur Umsetzung hinsichtlich z.B. Definition der Vorkommensgebiete, Nachweis der Nichtbeeinträchtigung des Schutzzwecks in Natura 2000 Gebieten und andere stehen derzeit im Abstimmungsprozess und werden gesondert berichtet. Bis dahin gelten folgende Regelungen:
Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Kleinsäuger
NT820-1: Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten des Feldhamsters zwi-schen 1. März und 31. Oktober.
NT820-2: Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Haselmaus in einem Umkreis von 25 m um Bäume, Gehölze oder Hecken zwischen 1. März und 31. Oktober.
NT820-3: Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Birkenmaus zwischen 1. März und 31. Oktober.
Bedeutung für den Anwender:
- zwischen 1. März und 31. Oktober ist eine Mäusebekämpfung nur nach Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) möglich;
- der notwendige Ausschluss von aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Haselmaus, Birkenmaus und des Feldhamsters kann nur durch die UNB bestätigt werden;
- zwischen 1.November und 28./29.Februar ist eine Bekämpfung von Mäusen grundsätzlich überall möglich.
Anwendungsbestimmungen für die Anwendung in Schutzgebieten
NT802-1: Vor einer Anwendung in Natura 2000 Gebieten (FFH- und Vogelschutzgebieten) ist nachweislich sicherzustellen, dass die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck maßgeblicher Bestandteile des Gebietes nicht erheblich beeinträchtigt werden. Der Nachweis ist bei Kontrollen vorzulegen.
Der besondere Schutzstatus von FFH- und Vogelschutzgebieten wird dadurch noch einmal hervorgehoben. Ein Verbot in Naturschutzgebieten wird nicht extra ausgesprochen, da hier nach der Pflanzenschutzmittelanwendungsverordnung: (§4 PflSchAnwV) in Verbindung mit Anlage 2 ein Anwendungsverbot von Zinkphosphid grundsätzlich geregelt ist.
Bedeutung für den Anwender:
- In Naturschutzgebieten ist weiterhin keine Anwendung von zinkphosphidhaltigen Rodentiziden gestattet;
- Ausnahmen gibt es nur, wenn die zuständige Naturschutzbehörde einer Behandlung zustimmt;
- oder die Gebietsverordnung dies explizit vorsieht.
Noch offen ist derzeit, wie der geforderte Nachweis, dass der Schutzzweck eines Natura 2000 Gebietes nicht durch die Maßnahme beeinträchtigt wird, vom Anwender zu erbringen ist. Wie dieser konkret durchgeführt werden muss, ist Ländersache und befindet sich aktuell noch im Abstimmungsprozess.
Anwendungsbestimmungen bei der Verwendung von Köderstationen
Bei der Anwendung von Köderstationen zur Bekämpfung entfallen die Anwendungsbestimmungen NT802-1, NT820-1 und NT803-1, da aufgrund der Anforderungen an die Köderstation (NT680) so weit wie möglich vermieden wird, dass die Köder für den Feldhamster und Vögel zugänglich sind.
Bedeutung für den Anwender:
- in Vorkommensgebieten des Feldhamsters auch zwischen 01. März und 31. Oktober;
- auf nachgewiesenen Rastplätzen von Zugvögeln während des Vogelzuges;
- In Natura 2000 Gebieten. Hier ist kein Nachweis zu erbringen, dass der Schutzzweck nicht beeinträchtigt wird.
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