20.04.2023
Auffällige Verfärbungen an Hainbuchen – ein Grund zur Sorge? - Blickpunkt Waldschutz Nr. 5/2023
von Ludwig Straßer, Michael Muser und Nicole Burgdorf

Orangefarbener Schleimfluss

Dicker Hainbuchenstamm mit flächigen orangen VerfärbungenZoombild vorhanden

Bild 1: Auffälliger, aber harmloser oranger Schleimfluss an Hainbuche (© L. Straßer, LWF)

Besonders im Frühjahr fallen im Wald orangerot leuchtende Hainbuchen auf. Die Bäume sehen aus, als wären sie flächig mit Forstfarbe bemalt worden. Allerdings handelt es sich nicht um Sprühfarbe, sondern um einen zuckerhaltigen Baumsaft, der von farbig leuchtenden Bakterien und Hefepilzen besiedelt wurde.

Diese harmlosen Bakterien bzw. Hefepilze treten vor allem im Frühjahr in Erscheinung (Bild 1). Denn zu dieser Zeit fließt besonders viel Pflanzensaft mit hohem Druck durch die Bäume. Der Pflanzensaft tritt dabei an Wunden (z.B. an Astabbrüchen oder Stammverletzungen) sowie an Hackstellen (Leckstellen) vom Specht aus. Spechte nutzen im Frühjahr den zuckerhaltigen Saft als Nahrung und schlagen dafür kleine Wunden in die Rinde der Bäume. Für Bäume sind die farbig leuchtenden Bakterien- bzw. Pilzrasen keine Gefahr. Besonders an der dünnborkigen Hainbuche sind die Verfärbungen im Wald aber sehr auffällig.

Fazit:

  • Vor allem zum Beginn der Vegetationszeit sind die Verfärbungen an Hainbuche auffällig
  • Die Verfärbungen treten unterhalb frischer Verletzungen am Stamm auf.
  • Es wurde ein Zusammenhang zwischen Hackstellen von Spechten, Saftfluss und den flächigen orangenen Verfärbungen festgestellt.
  • Trotz der auffälligen Erscheinung geht nach aktuellem Kenntnisstand keine Gefahr für die Baumvitalität aus.
  • Maßnahmen müssen nicht ergriffen werden – Farbschauspiel genießen!

Orangefarbene Pusteln an der Rinde

Hainbuchenrinde mit orangenen PustelnZoombild vorhanden

Bild 2: Symptome des Hainbuchenrindensterbens: Nebenfruchtform mit orangeroten Sporen (© M. Muser, LWF)

Ein weiteres, durchaus ähnliches Schadbild wird an der Hainbuche durch den heimischen Pilz Anthostoma decipiens verursacht (Bild 2 und 3). Dieser Pilz ist der Erreger des Hainbuchenrindensterbens. Er wurde im Herbst 2021 durch Mitarbeiter der Abteilung Waldschutz erstmals an noch lebenden Hainbuchen im Raum Würzburg nachgewiesen. Erstnachweise im städtischen Umfeld erfolgten in Bayern bereits 2015 in Regensburg und 2020 in München.

Der Erreger verursacht Rindenläsionen und kann anhand seiner punktförmigen orangeroten Sporenmassen der Nebenfruchtform (Bild 2), zu einem späteren Zeitpunkt an den schwarzen Sporenlagern der Hauptfruchtform (Bild 3) gut erkannt werden. Der Pilz führt zu einer Weißfäule. Einmal befallene Bäume sterben zumeist ab.
Hainbuchenstamm mit schwarzen Sporenbelägen auf der RindeZoombild vorhanden

Bild 3: Symptome des Hainbuchenrindensterbens: schwarze Sporenbeläge der Hauptfruchtform Anthostoma decipiens (© M. Muser, LWF)

Bislang wurde die Erkrankung im Wald ausschließlich an Hainbuchen an exponierten Standorten wie an Waldrändern oder in Autobahnnähe nachgewiesen. Da der Pilz durch höhere Temperaturen begünstigt wird und auch die Hainbuche an der Trockenheit der vergangenen Jahre leidet, ist mit weiteren Schäden in warm-trockenen Gebieten Bayerns zu rechnen.

Fazit:

  • Das Hainbuchenrindensterben ist nach aktuellem Kenntnisstand bislang erst an wenigen Waldstandorten, mit Schwerpunkt in Unterfranken, zu finden.
  • Bei weiter steigenden Temperaturen ist mit zunehmenden Erkrankungen an warm-trockenen Waldorten zu rechnen.
  • Entlang von Wegen oder Straßen sollten deutlich erkennbar befallene Bäume im Zuge von Verkehrssicherungsmaßnahmen entnommen werden.
  • Verdachtsfälle können an die LWF gemeldet werden (waldschutz@lwf.bayern.de) - gerne mit nachfolgender Einsendung von Probenmaterial.

Orangefarbener Algen- und Flechtenbesatz an Rinde

Hainbuchenstamm mit orangem Schleier auf der RindeZoombild vorhanden

Bild 4: Bergahorn mit orangerotem Trentepohlia-Luftalgenbesatz (© M. Müller, AELF LP)

Der Besatz von orangeroten Grünalgen aus der Familie Trentepholia bzw. von Flechten, die mit diesen Grünalgen in Symbiose leben (z.B. Graphis-, Opegrapha- und Arthonia-Arten), kann zur Verwechslung mit den erstgenannten Phänomenen führen (Bild 4). Durch den Rückgang der Schwefeldioxid- und der gleichzeitigen Zunahme von Stickstoff-Emissionen verbessern sich die Wachstumsbedingungen von Algen und Flechten.

Die orangeroten Arten können an verschiedenen Laubgehölzen beobachtet werden. Der Besatz mit den Algen ist wie der mit Bakterien und Hefepilzen harmlos.