Kathrin Böhling, Jasper Juschka und Roland Schreiber
Der Wald im Klimawandel: Opfer, Verbündeter oder beides? - LWF aktuell 133
© E. Thurm
Bilder von kahl gefressenen Waldflächen im Harz, Waldbränden in Brandenburg oder massiven Erdrutschen in der Eifel erschüttern viele Menschen. Der Wald ist in einem schlechten Zustand. In vielen Regionen leidet der Wald sichtbar am Klimawandel. Gleichzeitig haben Politik und Gesellschaft den Wald als Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel erkannt. Wald ist die bedeutsamste vom Menschen direkt beeinflussbare natürliche CO2-Senke. Die Waldbewirtschaftung und die Verwendung des im Wald gewonnenen Rohstoffes Holz kann zum Klimaschutz beitragen. Wie steht die Bevölkerung zum Wald und seinen Leistungen, wie sieht sie seine Rolle im Klimawandel? Ist der Wald Opfer, Verbündeter oder gar beides im Klimwandel?
Im Projekt »Soziokulturelles Waldmonitoring Bayern – WaMos Bayern« wurde im Jahr 2020 in Anlehnung an die Untersuchungen aus der Schweiz und Baden-Württemberg eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zum Thema Wald erstellt und ausgewertet. Die Studie wirft einen aktuellen Blick auf das gesellschaftliche Stimmungsbild zu wichtigen forstpolitischen Fragen. Im zweiten Beitrag unserer Artikelserie »Die Bayern und ihr Wald« werden Einstellungen und Einschätzungen in der Bevölkerung zu den Themengebieten Waldgesundheit und Anfälligkeit des Waldes für den Klimawandel, Leistungen des Waldes sowie Waldbewirtschaftung und deren Bedeutung für den Klimaschutz aufgezeigt.
Waldgesundheit und Klimawandel
Abb. 1: Eine deutliche Mehrheit der Befragten geht von einer Verschlechterung der Waldgesundheit in den letzten beiden Jahrzehnten aus (© LWF)
Steigende Durchschnittstemperaturen und Wetterextreme setzen Waldökosystemen zu. Wir haben danach gefragt, wie der Zusammenhang von Waldgesundheit und Klimawandel gesehen wird. Interessanterweise fallen 38 % der Befragten in dem von ihnen regelmäßig besuchten Wald keine Veränderungen auf, weitere 25 % sind sich in diesem Punkt jedoch nicht sicher. Nur gut ein Drittel der Befragten (38 %) gab an, dass ihnen Veränderungen durch den Klimawandel auffallen. Dabei wurden an erster Stelle kranke, absterbende und trockene Wälder genannt. Kalamitäten wie Borkenkäferbefall und Sturmschäden fallen weniger auf. Sie sind zwar häufig sehr flächenwirksam, werden aber nicht immer auf den Klimawandel zurückgeführt. Nur 22,4 % gaben an, dass ihnen Kalamitäten infolge des Klimawandels auffallen. Dass die Artenvielfalt (Biodiversität) unter dem Klimawandel leidet, ist für die allermeisten nicht sichtbar (94,7 %).
Abb. 2: Übermäßige Nutzung für wirtschaftliche Interessen ist aus Sicht der Befragten ein wesentlicher Grund für die Anfälligkeit des Waldes gegenüber dem Klimawandel (© LWF)
Obwohl die Mehrheit der Befragten angab, sich nicht gut über die Waldgesundheit in Bayern informiert zu fühlen, sagten fast 70 % der Befragten (68,6 %), dass sie sich gut zum Thema Wald und Klimawandel informiert fühlen. Waldgesundheit und Klimawandel werden offensichtlich nicht immer im direkten Zusammenhang gesehen. Menschen, die auch im Winter wöchentlich im Wald sind, nehmen eher Veränderungen durch den Klimawandel wahr als jene, die seltener als einmal im Monat im Wald sind. Ebenso spielt das Alter eine Rolle. Menschen ab 50 sehen eher, dass der Wald anfällig für den Klimawandel ist, als jüngere Menschen unter 30. Demgegenüber zeigen sich bei Frauen und Männern sowie Befragten aus ländlichen und städtischen Gebieten kaum Unterschiede, wenn es um die Anfälligkeit des Waldes für den Klimawandel geht.
Dass der Wald durch eine übermäßige Holznutzung anfällig für den Klimawandel ist, sehen Frauen eher (35,7 %) als Männer (30,6 %). Bei der Bewertung dieser Frage gibt es zwischen den verschiedenen Altersgruppen und dem Wohnort der Befragten (städtisch, ländlich) jedoch nur geringe Unterschiede. Drei Viertel der Befragten (76,9 %), die angaben, dass das Tempo des Klimawandels den Wald für den Klimawandel anfällig macht, sind auch der Meinung, dass die Waldgesundheit in Bayern in einem eher schlechten Zustand ist.
Leistungen des Waldes und Klimaschutz
Abb. 3: Aktive Maßnahmen für die Klimaanpassung des Waldes finden in der bayerischen Bevölkerung große Zustimmung (© LWF)
Wald und Holzprodukte in Bayern entziehen der Atmosphäre jährlich 3,5 Mio.Tonnen CO2 (Gößwein et al. 2018). In Bäumen, Boden, Totholz und Streuauflage nimmt der Wald Kohlenstoff auf. Hinzu kommen Substitutionseffekte. Geschätzt wird, dass die materielle und energetische Verwendung von Holz jährlich fast 14 Mio. t CO2 vermeidet.
Aus Sicht der Bevölkerung sind Anstrengungen nötig, um den Wald als Kohlenstoffsenke zu erhalten. Fast 90 % der Befragten gab jeweils an, dass ihnen die Bewirtschaftung der Wälder für die CO2-Speicherung (89 %) und den Erhalt der Schutz- und Erholungsfunktion (86,6 %) wichtig ist. Gleichzeitig befürworten über 70 % der Befragten Maßnahmen zur Klimaanpassung von Wäldern (71,7 %). Nur sehr wenigen ist der Wald im Klimawandel egal (4,7 %).
Wälder wurden und werden zunehmend naturnah bewirtschaftet, um ihre vielfältigen Leistungen zu erhalten. Die Rasanz der Klimakrise macht aber auch deutlich, dass Wälder in manchen Regionen Schwierigkeiten haben werden, Kohlenstoff zu binden (Bolte et al. 2021). Die Klimakrise im Wald heizt die Diskussion an, wie mit dem Wald umgegangen werden sollte: Ist es sinnvoll, den begonnenen Waldumbau zu klimastabileren Mischwäldern zu beschleunigen oder sollte der Wald sich selbst überlassen werden (vgl. Pröbstle 2021; WBW 2021)? Die vorliegenden Ergebnisse liefern ein Stimmungsbild aus Sicht der bayerischen Bevölkerung.
Maßnahmen, die am meisten Zustimmung finden, sind die Neupflanzung von Bäumen (75,9 %), das Fällen von erkrankten Bäumen (78,8 %) und die Absperrung von Wegen aufgrund von trockenheitsbedingten Waldschäden (67 %). Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gegen Schädlinge im Wald wird nur von jedem fünften der Befragten befürwortet (19,8 %). In der bayerischen Bevölkerung gibt es demnach eine große Zustimmung zu aktiven Maßnahmen für Klimaanpassung im Wald (Abbildung 3).
Die große Mehrheit der Befragten unterstützt die Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung sowie zum Schutz und Erhalt des Waldes aus öffentlichen Mitteln. 70 % der Befragten sind der Meinung, dass »viel« öffentliches Geld für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel (69,9 %) und zur Aufforstung und Bewirtschaftung des Waldes aufgewendet werden sollte, um die CO2-Speicherkapazität zu maximieren (70,9 %). Ebenso sprechen sich drei Viertel der Befragten (73,3 %) dafür aus, öffentliche Mittel für die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen im Wald als Beitrag zum Erhalt von Gemeinwohlleistungen einzusetzen. 61,5 % der Befragten sind der Meinung, dass für die Bewirtschaftung von Wald zum Schutz vor Naturgefahren viel Geld aufgewendet werden sollte. Dagegen stößt eine maßnahmenunabhängige finanzielle Unterstützung des Waldbesitzes auf deutlich weniger Zustimmung (28 %).
Neben öffentlichen Mitteln sollten aus Sicht der Bevölkerung auch die Verursacher von CO2 in die Verantwortung genommen werden. Vier von fünf Befragten gaben an (79,8 %), dass die Verursacher von CO2 in Industrie und Verkehr an den daraus entstehenden Kosten für die Waldbewirtschaftung beteiligt werden sollten. Neben Verkehrs- und Infrastruktur, Siedlungsbau und Umweltverschmutzung gehört der Klimawandel für 40 % der Befragten zu den größten Gefährungen für die im Wald lebenden Tiere und Pflanzen. Jedoch haben nur 22,3 % der Befragten im vorausgegangenen Jahr Geld für Klima- und Umweltschutz gespendet.
Waldbesitzende in Bayern werden beim klimagerechten Umbau ihrer Wälder vom Freistaat finanziell unterstützt. In bayerischen Wäldern sollen mehr Baumarten wachsen, neue Bäume in älteren Beständen nachkommen, abgestorbene Bäume zum Teil im Wald verbleiben. Privatwaldbesitzende und Kommunen bekommen Zuwendungen für Waldumbau und Waldpflege (einschließlich Naturverjüngung), Aufforstung, Bekämpfung von Schadinsekten sowie für sonstige Maßnahmen wie etwa Seilbahnbringung im Bergwald und Kalkung. 2020 wurden hierfür fast 62 Mio. € ausgezahlt, davon ging der Großteil an Privatwaldbesitzende. Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Verteilung der Mittel und die Anzahl der geförderten Maßnahmen.
Maßnahme | Fördermittel gesamt | davon an Private | davon an Kommunen | davon an Maßnahmen |
---|---|---|---|---|
Waldumbau, Waldpflege | 20.453.106 € | 16.459.899 € | 3.993.207 € | 9.959 |
Erstaufforstung | 892.386 € | 822.153 € | 70.233 € | 4.244 |
Waldschutz | 39.890.764 € | 35.427.513 € | 4.463.251 € | 11.803 |
Sonstige Maßnahmen | 404.926 € | 311.865 € | 93.062 € | 133 |
Summe | 61.641.182 € | 53.021.430 € | 8.619.753 € | 26.139 |
Fazit
Zusammenfassung
Literatur
- Bolte, A.; Ammer, C.; Annighöfer, P.; Bauhus, J.; Eisenhauer, D.-R.; Geissler, C.; Leder, B.; Petercord, R.; Rock, J.; Seifert, T.;
- Spathelf, P. (2021): Fakten zum Thema Wälder und Klimaschutz, AFZ – Der Wald 11/2021, S. 12-15
- Gößwein, S.; Hiendlmeier, S.; Borchert, H. (2018): Energieholzmarkt Bayern 2016. Untersuchung des Energieholzmarktes in Bayern hinsichtlich Aufkommen und Verbrauch. LWF. Freising
- Pröbstle, P. (2021): Klimawald ist Försterwald oder sind Naturwälder doch die besseren Klimawälder? Vortrag bei Online Seminar Klimaanpassung und Forstwirtschaft, Gemeinsame Veranstaltungsreihe des AELF Neustadt an der Saale und des Biosphärenreservat Rhön, 24.11.2021.
- Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik beim BMEL (WBW) (2021): Die Anpassung von Wäldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel. Gutachten, 208 S.