Holger Hastreiter
Kleinprivatwald - lohnt sich das? – LWF aktuell 113
»Testbetriebsnetz Kleinprivatwald« der LWF hakt nach
»Du scho wieder – gibt’s di a no? Is scho wieder soweit!?« Derartig scherzhaft gemeinte Begrüßungen kommen einem schon mal zu Ohren, wenn man mehrere Jahre hintereinander die gleichen Menschen am Telefon interviewt. Man könnte fast schon von einer gewissen Routine sprechen, die sich auch auf Seite der Befragten eingestellt hat. Die Rede ist von den Interviews zur Waldbewirtschaftung, welche die LWF seit 2012 jährlich mit 50 Kleinprivatwaldbesitzern durchführt.
Vorab ein paar Zahlen: Die Privatwaldfläche in Bayern umfasst 1,45 Millionen Hektar (ha), die sich auf 480.000 Eigentumsstände mit rund 700.000 Waldbesitzern verteilen. Die mittlere Betriebsgröße beträgt ca. 3 ha. In den Besitzgrößenklassen unter 200 ha befinden sich 99,9 % aller privaten Waldeigentümer und 85 % der privaten Waldfläche. Wie es um die Waldwirtschaft bestellt ist, das verraten bei Forstbetrieben über 200 ha die aktuellen Zahlen des Testbetriebsnetz Forst Bayern.
Kleinprivatwald – der große Unbekannte
Für diesen Zweck ist es notwendig, dass bei den teilnehmenden Betrieben allen betrieblichen Erträgen sämtliche entstandenen Aufwendungen gegenüber gestellt werden. Im Rahmen dieses Artikels werden sowohl die Methodik, als auch die ersten Ergebnisse vorgestellt. Passend zum Thema sind einige Äußerungen der Waldbesitzer sinngemäß wiedergegeben, die über die Jahre gefallen sind und die humorvoll Probleme des Projektes auf den Punkt bringen. Dadurch soll auch deutlich gemacht werden, dass hinter all den nüchternen Zahlen, Daten und Statistiken immer Menschen mit eigenen Idealen, Erfahrungen und Interessen stehen.
Schon bei den nur 50 befragten Waldbesitzern zeigte sich, dass die Sichtweise auf den Wald und infolgedessen auch auf die Art seiner Bewirtschaftung (z. B. die eingesetzten Arbeitsverfahren und Maschinen) sehr individuell und deshalb sehr vielfältig ist. Eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse war deshalb nicht einfach herzustellen.
"Des Heftl is Gold wert"
Abb.1: Dokumentationsheft "Mein Wald"
Diese schicken wir den Waldbesitzern zu Beginn des für die Abfrage relevanten Jahres zu. Dadurch entsteht ein praktischer Doppelnutzen. Zum einen können die Waldbesitzer am Ende des Jahres alle mit der Bewirtschaftung des eigenen Waldes verbundenen Einnahmen und Ausgaben nachvollziehen oder beispielsweise anhand der Dokumentation des Maschineneinsatzes im Wald die tatsächliche Auslastung der eingesetzten Maschinen ermitteln, zum anderen können sie die seitens der LWF benötigten Kennzahlen während des Interviews direkt nachschlagen und weitergeben.
Die Dokumentationshilfe selbst ist zum Verbleib bei den Unterlagen der TBN-Teilnehmer gedacht. Die Erfahrung zeigt, dass einige Interviewpartner diesen Vorteil erkannt haben und diese Hilfestellung auch im Eigeninteresse gerne verwenden. Mittlerweile ist das Heft in der Publikationsliste der LWF bestellbar und wird auch rege nachgefragt.
"Wissen's, i bin scho 78 Johr old, früher wor i a schneller!"
Des Weiteren wäre die Übertragbarkeit von Kosten- und Leistungssätzen, die i. d. R. durch Zeitstudien ausgebildeter Forstwirte entstanden sind, auf die Verhältnisse im Kleinprivatwald fragwürdig. Deshalb wurde ein alternativer Ansatz gewählt. Als Grundlage für die Ermittlung des Betriebsaufwands wurden alle bei der Waldbewirtschaftung üblichen Tätigkeiten erfasst und die dort angefallenen Arbeitsstunden der beteiligten Waldeigentümer erfragt.
Die geleisteten Stunden werden mit kalkulatorischen Lohnkosten und gegebenenfalls mit entsprechenden Maschinenkostensätzen multipliziert. Dazu lassen sich bei Bedarf weitere i. d. R. externe Kosten wie Unternehmer- bzw. Materialkosten addieren.
"Holz ausm eignen Wald is umsonst!"
Die Aufarbeitung des selbst verbrauchten Holzes stellt folglich auch einen Aufwand dar. Die bei der Erhebung genannten Eigenverbrauchsmengen gehen deshalb mit am jeweiligen Marktpreis angelehnten Durchschnittserlösen des Sortimentes in die Berechnung ein. Der entstandene Aufwand wird anlog zu den Verkaufssortimenten ermittelt.
"Beim Brennholzspaltn do hilft d'Frau mid, oba de kost ja nix!"
Diese reichen von 8,– € für leichte Arbeiten (Pflanzhilfe) bis zu 12,50 € für schwere, körperliche Arbeiten (Starkholzeinschlag). Da gerade die Berücksichtigung der eigenen, i. d. R. unentgeltlichen Arbeitsleistung einen bedeutenden Einfluss auf das Betriebsergebnis hat, wurde die Berechnung sowohl mit als auch ohne diesen Faktor durchgeführt.
Tätigkeit | Kosten |
---|---|
Holzeinschlag | 6,00 €/fm |
Holzrückung | 5,00 €/fm |
Holztransport | 3,00 €/fm |
Scheitholzbereitstellung | 9,00 €/fm |
Walderneuerung | 18,00 €/fm |
Waldschutz | 9,00 €/fm |
Waldpflege | 7,00 €/fm |
Walderschließung | 15,00 €/fm |
"Den Schlepper leih i ma von meim Bruada aus, des kost maximal a Tragl Bier!"
Leistungsfähigkeit, Alter, Anschaffungskosten und die anzunehmende Abschreibung der Maschinen mussten für die weitere Berechnung »nivelliert« werden, um einen innerhalb des TBN vergleichbaren Kostenansatz zu erhalten. Deshalb wurden dafür ebenfalls die jeweils aktuellen Maschinenstundensätze des KBM angewendet. Diese enthalten alle in der Maschinenkostenkalkulation zu berücksichtigenden Kostenansätze (inkl. Treibstoff, Abschreibungen).
Das KBM gibt meistens eine breite Kostenspanne für jeden Maschinentyp an. Deren Mittelwert wurde als Kalkulationsgrundlage für das Testbetriebsnetz herangezogen. Wenn eigene Maschinen bei der Waldarbeit eingesetzt waren, wurden diese damit genauso behandelt, als hätte sie der Waldbesitzer beim Maschinenring ausgeliehen.
"Der Wald is mei Hobby!"
Da häufig viele Stunden im Wald verbracht werden, wird der Wald einem Hobby gleichgestellt. Vielen macht die Arbeit in und mit der Natur Freude und Spaß. Nur 11 % drückten dabei auch eine explizit monetäre Bedeutung aus. 21 % deuteten eine Geldersparnis an, da das (Brenn-) Holz aus dem eigenen Wald den teuren Zukauf überflüssig macht. Auch bei der Frage nach den Bewirtschaftungszielen wird der Wertsteigerung bzw. Gewinnorientierung nur ein sehr kleiner Raum beigemessen.
Die überwiegend genannten Ziele wie Nachhaltigkeit und Walderhalt mit 59 % oder Waldumbau im Zuge des Klimawandels mit 32 % lassen gar jedes Försterherz höher schlagen, entsprechen und harmonieren sie doch mit den Zielen der Forstverwaltung. Nachhaltig ist eine Bewirtschaftungsform dann, wenn nicht mehr entnommen wird als nachwächst.
Dies kann im kleineren Privatwald durchaus auch bedeuten, dass sogenannte »aussetzende « Betriebe ein oder mehrere Jahren aus verschiedenen Gründen ganz auf die Holznutzung verzichten. Nach so einer »Ruhephase« wird dann wieder verstärkt Holz gemacht. Der klimabedingte Waldumbau erfordert ebenfalls stetige Eingriffe. Es wird also auch im kleineren Privatwald regelmäßig gewirtschaftet.
"Des ham mia oiwei so gmacht"
Für einen außenstehenden Betrachter läge hier die zu empfehlende Lösung klar auf der Hand: Leistungssteigerung durch die Anwendung von Verfahren nach neuesten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und Kostensenkung durch den Einsatz geeigneter Maschinen. Der sprichwörtliche Unterschied zwischen Theorie und Praxis offenbart sich hier dadurch, dass die genutzten Maschinen aus dem landwirtschaftlichen Betriebsteil häufig sowieso vorhanden sind und eine Neuinvestition enorme Kosten bedeuten würde und deshalb in keinem Fall rentabel wäre.
Arbeitsverfahren wurden vielfach von der Vorgängergeneration übernommen und sind dann im Laufe der Jahre zur Gewohnheit geworden oder sind aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten einfach nicht anders umsetzbar. Aber kommen wir nun von den Besonderheiten des Kleinprivatwaldes wieder zurück in die Welt der Zahlen und zur Kernfrage, die ein betriebswirtschaftliches Testbetriebsnetz beantworten soll: Lohnt sich die Bewirtschaftung im kleineren Privatwald auch in finanzieller Hinsicht?
Ergebnisse und Kennzahlen der vergangenen vier Jahre
Abb.2: 31 Stunden arbeiten die Waldbesitzer pro Hektar in ihrem Wald. (Foto: C. Mühlhausen, landpixel.de)
12 Stunden davon entfielen auf die Holzernte (Hiebsvorbereitung, Holzeinschlag und Holzbringung), 10 Stunden auf die sonstigen Forstbetriebsarbeiten (Walderneuerung, Waldschutz, Waldpflege und Walderschließung) und 9 Stunden auf die Scheitholzbereitstellung. Lässt man den kalkulatorischen Lohnansatz für die Eigentätigkeit außen vor, so erwirtschafteten die Betriebe pro geleistete Stunde ein Einkommen (ohne staatl. Zuschüsse) von 13,84 €/ha.
Um alle bei der Waldbewirtschaftung anfallenden Kosten (Holzernte, Brennholzbereitstellung, sonstige Betriebsarbeiten, Verwaltung) zu decken, war ein jährlicher Einschlag von 4,55 Fm/ha erforderlich.
Als Verwaltungskosten im weiteren Sinn wurden bislang nur die Beiträge für die Berufsgenossenschaft sowie eventuelle Mitgliedschaftsbeiträge für forstliche Zusammenschlüsse erhoben. Möchte ein Waldbesitzer lediglich diese Kosten decken, dann wäre dazu pro Jahr nur ein Einschlag von 0,61 Fm/ha erforderlich. Nachfolgend noch einige der ermittelten Kenngrößen (Mittelwerte) für die Haupttätigkeiten bei der Waldbewirtschaftung, wiederum ohne Berücksichtigung des kalkulatorischen Lohnansatzes.
Reinertrag und Deckungsbeitrag
Jahr | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | Mittelwert 2012-2015 |
---|---|---|---|---|---|
Holzertrag | 728 | 736 | 614 | 839 | 729 |
Sonstige Erträge (z.B. Förderung) | 31 | 14 | 22 | 13 | 20 |
Summe Betriebsertrag | 759 | 750 | 636 | 852 | 749 |
Aufwand für Holz- und Forsterzeugnisse (inkl. kalkulatorischer Lohnkosten) | 401 | 469 | 382 | 486 | 434 |
Aufwand für Bertriebsarbeiten (inkl. kalkulatorischer Lohnkosten) | 145 | 150 | 147 | 134 | 144 |
Aufwand für Verwaltung | 39 | 39 | 38 | 42 | 40 |
Summe Betriebsaufwand | 585 | 658 | 567 | 662 | 618 |
Reinertrag (Ertrag-Aufwand) | 174 | 92 | 69 | 190 | 131 |
Kalkulatorische Lohnkosten | 279 | 346 | 302 | 340 | 318 |
Deckungsbeitrag | 453 | 438 | 371 | 530 | 449 |
Fazit: Kleinprivatwald lohnt sich
Weiterhin können die erhobenen Zahlen und Zeitreihen als Grundlage für zukünftige forstpolitische Entscheidungen dienen. Neben der Darstellung der generellen ökonomischen Bedeutung der Waldbewirtschaftung lassen die Ergebnisse auch die Rentabilität der Waldarbeit für den einzelnen Waldbesitzer greifbarer werden. Es zeigte sich in dieser Anfangsphase aber auch, dass die Etablierung einer neuen Erhebung ein laufender, sich stetig fortentwickelnder Prozess ist, bei dem jeder neue Durchgang zusätzliche methodische Erkenntnisse mit sich bringt.
Anpassungen und Änderungen in der Methodik waren und können durchaus auch in Zukunft noch notwendig sein. Die jährlich wiederkehrenden Interviews führten zu einer gewissen Routine bei den Befragten und dadurch zu konstanteren und verlässlicheren Werten. Die intensive persönliche Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Teilnehmer bzw. dessen Waldbesitz scheint einer sich oft in rein schriftlichen Befragungen einschleichenden Befragungsmüdigkeit entgegenwirken zu können.
Ein ganz besonderer Dank gebührt an dieser Stelle den freiwilligen Teilnehmern am Testbetriebsnetz Kleinprivatwald, die ihre Zeit opfern und uns bereits seit mehreren Jahren einen zahlenmäßigen Einblick in das Betriebsgeschehen in ihrem Wald ermöglichen.