Simon Springer und Christoph Hübner
Fichtenpflege auf Kahlflächen – LWF aktuell 116
Als »Brotbaum« der Waldbesitzer hat die Fichte eine große Bedeutung in Bayerns Wäldern. Bei all ihren Vorzügen wie raschem Wachstum, Frostunempfindlichkeit und guten Holzeigenschaften stehen ihr aber auch Nachteile wie ihre Anfälligkeit gegenüber Trockenheit, Borkenkäfer und Wind entgegen.
Im Zuge der Klimaveränderungen werden sich diese Risikofaktoren voraussichtlich noch verstärken. Aus diesen Gründen sollte sie auf geeigneten Standorten künftig am besten in Mischbeständen angebaut werden.
Die Fichte ist sehr verjüngungsfreudig. Wird es versäumt, rechtzeitig Mischbaumarten einzubringen, besteht vor allem bei einheitlichen Lichtverhältnissen die Gefahr, dass großflächige, mischbaumartenarme und unstrukturierte Verjüngungsflächen entstehen. Pflegeziele von Beständen sollen bei diesen Ausgangslagen neben der Sicherung von Mischbaumarten auch insbesondere die Strukturierung des Bestandes und die Stabilisierung der Einzelbäume sein, um das Schadensrisiko zu minimieren. Hier ist die Pflege in der Jugendphase ein wichtiges Instrument. Welchen Einfluss sie auf die weitere Bestandsentwicklung einer Fichtennaturverjüngung auf der Freifläche hat, wird im dargestellten Versuch erörtert.
Der Versuch wurde 2003 von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft angelegt. Ziel war es, herauszufinden, inwieweit sich Pflegemaßnahmen in Fichtenjungbeständen auf Wachstum und Stabilität von Zukunftsbäumen auswirken. Dankenswerterweise wurde die Fläche von Freiherr von Redwitz zur Verfügung gestellt.
Die 0,32 ha umfassende Versuchsfläche befindet sich im Wuchsgebiet 6 (Frankenalb/ Oberpfälzer Jura), ca. 15 km westlich von Ingolstadt und gliedert sich in acht Parzellen. Zum Zeitpunkt der Versuchsanlage handelte es sich um einen Fichtenjungwuchs mit einer Höhe von 1–2 m. Der Mischbaumartenanteil war sehr gering und lag zu Beginn zwischen 0 und 5 % je Parzelle. Als Mischbaumarten wurden Vogelbeere, Bergahorn, Kiefer, Aspe, Buche, Hainbuche und Tanne erfasst.
Versuchsdesign und Aufnahmen
Der Versuch wurde als Paarversuch mit vier Versuchs-Paaren von gepflegten und unbehandelten Parzellen angelegt. Jede Parzelle hat insgesamt eine Größe von 20 x 20 m, die eigentliche Aufnahme der Parzellen fand später allerdings nur im Kernbereich von 11 x 12 m statt. Für die Grundaufnahme der acht Parzellen wurden auf jeder Parzelle vier Versuchsquadrate von 2 x 2 m aufgenommen und ausgewertet, um festzustellen, ob bei dem jeweiligen Vergleichspaar tatsächlich vergleichbare Verhältnisse bestehen. Zwischen den jeweiligen Vergleichspaaren durften Unterschiede vorkommen bzw. waren sogar erwünscht. Hierbei spielte der eingangs erwähnte Kernbereich noch keine Rolle.
Bei der Grundaufnahme wurden die folgenden Parameter berücksichtigt:
- Baumart
- Höhe
- Schaden (Verbiss, Fällschäden, etc.)
Nach der Grundaufnahme erfolgte im Jahre 2004 eine einmalige Pflege in Form von Gassenschnitten (Streifenpflege). Dazu wurde alle 2,5 m ein 1,5 m breiter Streifen auf der Parzelle mit dem Freischneider entfernt, wodurch mehrere 1 m breite unbehandelte Streifen verblieben sind. Im Kernbereich der Parzelle ergab diese Maßnahme fünf Streifen mit jeweils einem Meter Breite, auf denen anschließend alle Bäume aufgenommen wurden (Abbildung 1).
Auf den Referenzflächen ist diese Pflege unterblieben, allerdings wurden auch hier im Kernbereich fünf Streifen aufgenommen, die jeweils 1 m breit sind und 1,5 m auseinander liegen. Im Anschluss folgte eine Erstaufnahme auf den beschriebenen Streifen und je eine weitere Aufnahme in den Jahren 2010 und 2013. Bei der Erstaufnahme wurden wie bei der Grundaufnahme die Parameter Baumart, Höhe und Schaden aufgenommen.
Bei der ersten Folgeaufnahme im Jahr 2010 musste das Aufnahmeverfahren geändert werden. Anstatt der ursprünglichen fünf Probestreifen konnten nur noch zwei Streifen erfasst werden. Deshalb kann nur ein Vergleich von Durchschnittswerten gezogen werden, um die Auswirkungen der Pflege darstellen zu können.
Höhenwachstum nur zu Versuchsbeginn unterschiedlich
Die zukünftigen Z-Bäume sind die entscheidenden Elemente für die Stabilität eines Bestandes. Daher wird bei den Auswertungen nur die Entwicklung dieser Bäume dargestellt. Zuerst soll die Höhenentwicklung aufgezeigt werden. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3 ersichtlich. Demnach entwickelte sich die Höhe auf den ungepflegten Flächen anfangs stärker als auf den gepflegten. Im zweiten Zeitabschnitt ist kein signifikanter Unterschied der Höhenentwicklung mehr erkennbar, was auch vergleichbare Studien feststellten (z. B. Lenk 2008).
Prozentualer Zuwachs | Höhe | | | | Durchmesser | |
---|
Zeitspanne | 2004>2010 | 2004>2010 | 2010>2013 | 2010>2013 | 2010>2013 | 2010>2013 |
Behandlungsvariante | gepflegt | ungepflegt | gepflegt | ungepflegt | gepflegt | ungepflegt |
Pärchen 1/2 | 59 % | 108% | 33% | 33% | 52% | 23% |
Pärchen 3/4 | 60% | 98% | 34% | 45% | 26% | 46% |
Pärchen 5/6 | 56% | 98% | 42% | 29% | 62% | 18% |
Pärchen 7/8 | 66% | 104% | 43% | 43% | 36% | 23% |
Durchschnitt | 60% | 102% | 38% | 37% | 44% | 28% |
Pflege heißt stärkeres Durchmesserwachstum
Für die Stabilität der Einzelbäume ist eine gute Durchmesserentwicklung von Bedeutung. Da bei der Erstaufnahme noch keine Durchmesser erhoben wurden, beschränkt sich hier der Vergleich auf die Entwicklung der Brusthöhendurchmesser von 2010 bis 2013. Hier zeigt sich ein signifikanter Einfluss der Pflege auf die Durchmesserentwicklung. In drei von vier Pärchen ist die Durchmesserentwicklung auf den gepflegten Flächen deutlich stärker. Ebenso bei der Betrachtung aller Flächen gesamt.
Pflege senkt h/d-Verhältnis und fördert Stabilität
Aus Höhe und Durchmesser der jeweiligen Bäume ergibt sich das h/d-Verhältnis, welches als starkes Stabilitätskriterium gilt (Rottmann 1986). Dabei gilt ein Baum umso stabiler, je geringer der h/d- Wert ist. Aus den bereits dargestellten Entwicklungen von Höhe und Durchmesser folgt, dass mit der schematischen Pflege eine Verbesserung der h/d-Werte auf den gepflegten Teilflächen einhergeht. Entsprechend sank der h/d-Wert auf den gepflegten Flächen um 3 % von durchschnittlich 0,92 auf 0,88. Auf den ungepflegten Flächen stieg der Wert dagegen um 8 % von im Schnitt 0,93 auf 1,00 an. Dies verdeutlicht den stabilisierenden Effekt der schematischen Pflege auf die künftigen Z-Bäume.
Pflege steht für längere Kronen
Ein weiteres Stabilitätskriterium stellt die Kronenansatzhöhe dar. Eine niedrige Kronenansatzhöhe und somit auch ein hoher Anteil der grünen Krone am Gesamtbaum wird als stabilitätsfördernd angesehen (Rottmann 1986; Schulz 2005). Somit ist auch die Entwicklung dieser Größe von Interesse. Obgleich die Kronenansatzhöhe über die Jahre naturgemäß steigt, kann ein deutlicher Unterschied zwischen den gepflegten und ungepflegten Flächen festgestellt werden.
Demnach steigt die Kronenansatzhöhe auf den gepflegten Flächen von durchschnittlich nur 0,83 m auf 1,49 m, während sie auf den ungepflegten Teilflächen 2010 im Schnitt bereits bei 1,52 m liegt und im weiteren Verlauf auf 2,49 m ansteigt. Somit sind nicht nur die absoluten Werte auf den ungepflegten Flächen deutlich höher, auch die Entwicklung der Kronenansatzhöhe verläuft negativer als auf den gepflegten Parzellen.
Kein Einfluss auf Mischbaumarten festgestellt
Neben der Stabilisierung der Einzelbäume soll ein Pflegeeingriff in aller Regel auch der Sicherung von Mischbaumarten dienen. Hierzu konnte im vorliegenden Fall der Streifenpflege kein Effekt festgestellt werden. Dabei ist auch die geringe Anzahl an Mischbaumarten mit ursächlich. Um Mischbaumarten zu erhalten und zu fördern, ist die punktuelle Pflege der Streifenpflege vorzuziehen.
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