Markus Immitzer, Kathrin Einzmann, Nicole Pinnel, Rudolf Seitz und Clement Atzberger
Ferndiagnose mittels Satellit und Flugzeug – LWF aktuell 115
Klimawandelbedingte Wetteränderungen führen oftmals zur Verringerung der Vitalität von Bäumen. Mehrere Hauptbaumarten haben deshalb ein gesteigertes Gefährdungspotenzial. Dadurch steigt der Bedarf an kostengünstigen, rasch durchführbaren Methoden zum großflächigen Monitoring von Waldflächen.
Das Projekt »VitTree« untersucht, in welchem Ausmaß und ab welchem Zeitpunkt Veränderungen der Vitalität von Bäumen mittels Fernerkundung erfasst werden können. Das Ziel derartiger Methoden ist es, möglichst frühzeitig solche Veränderungen zu diagnostizieren, idealerweise noch bevor diese für das menschliche Auge im Gelände erkennbar sind.
Abb. 1: Cessna ausgestattet mit hochsensiblen Kameras um die Vitalität von gesunden und kranken Bäumen zu erfassen. (Foto: M. Immitzer)
Dadurch steigt die Nachfrage nach großflächig anwendbaren Methoden zum Vitalitäts- und Störungsmonitoring. Aufgrund der hohen Kosten von Feldarbeiten ist dabei eine Kombination mit Fernerkundungsdaten sinnvoll. Die in der Forstwirtschaft standardmäßig eingesetzten Luftbild- bzw. Orthophotodaten, welche in regelmäßigen – aber meist mehrjährigen – Zyklen aufgenommen werden, sind dafür oftmals nicht ausreichend. Neuartige Fernerkundungsdaten bieten im Vergleich oftmals einen höheren Informationsgehalt (größere Anzahl an Spektralkanälen) und sind flexibler (nach dem Schadereignis) einsetzbar.
Der schnelle Weg zur Diagnose – das Projekt "VitTree"
Von besonderem Interesse war ein frühzeitiges Erkennen bekannter Veränderungen der spektralen Signatur, wie Anstieg des Reflexionsverhaltens im Bereich des roten Lichts oder Abnahme im Bereich des Nahen Infrarots. Dazu wurden von den Testgebieten mehrmals Daten zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen und analysiert, ab wann Veränderungen festzustellen waren. Gleichzeitig wurde untersucht, welche spektralen Bereiche besonders sensibel auf Schädigungen reagieren.
Versuchsaufbau
Abb. 2: Aufnahme des untersuchten Fichtenbestands (Foto: M. Immitzer)
Da eine sehr intensive Datenaufnahme vorgenommen wurde und eine natürliche Schwächung durch zum Beispiel Borkenkäfer im Testgebiet nicht sichergestellt war, wurden die Fichten künstlich geschwächt. Dazu wurde bei der Hälfte der 140 Testbäume die Rinde über den gesamten Stammumfang in einem 20 cm breiten Ring vollständig entfernt. Die Ringelung erfolgte mittels Ringeleisen auf Brusthöhe immer in Gruppen von fünf benachbarten Bäumen. Die nicht geringelten Bäume dienten als Kontrollgruppe (Abbildung 2).
Datenerhebung
Abb. 3: Übersicht aller Aktivitäten im Untersuchungsgebiet Altötting (Grafik: LWF)
Die Übersicht inklusive dem zeitlichen Verlauf der Datenerhebung ist in Abbildung 3 dargestellt.
Feldbegehung
Nadelspektren
Am Tag nach der Probennahme wurden die Nadeln, getrennt nach Nadeljahrgang, mittels Feldspektrometer unter Laborbedingungen gemessen. Dazu wurde eine »contact probe« verwendet (Einzmann et al. 2014), die direkt auf der Nadeloberfläche misst, um möglichst reine Nadelspektren zu erhalten. Das Feldspektrometer zeichnet die Reflexion im Spektralbereich von 350 bis 2.500 nm auf.
Flugzeuggetragende Hyperspektraldaten
Satellitendaten
Auswertungsmethoden
Ebenso wurden diese Merkmale bezüglich ihrer Trennbarkeit mit einem Klassifikationsalgorithmus (Random Forest) überprüft, mit dem Ziel zu untersuchen, welche Methodik geeignet ist und ab welchem Zeitpunkt Unterschiede zwischen den Spektren der beiden Gruppen (geringelte Bäume und Kontrollbäume) erkennbar sind.
Ergebnisse
Die Analyse der Nadelspektren zeigte vor allem in den Daten der letzten beiden Probennahmen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen geringelt / Kontrolle. Die Veränderung über die Zeit zeigt sich bei der Betrachtung von Vegetationsindizes wie zum Beispiel der fotochemische Reflexionsindex. Bei den letzten beiden Probenahmen sind signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen feststellbar, wobei sich die Trennbarkeit aber auch bereits bei den vorangegangenen Probenahmen abzeichnet (Abbildung 4). Die durch den Stress hervorgerufenen Veränderungen im Nadelspektrum – erfasst unter Laborbedingungen – sind in Abbildung 5 ersichtlich.
Die fernerkundlich erfassten Kronenspektren sind in Abbildung 7 dargestellt. Wie erwartet, weisen die Kronen insgesamt geringere Reflexionswerte auf als die im Labor erfassten Nadeln (Abbildung 5). Dies ist auf die Kronenstruktur zurückzuführen. Dadurch ist der Reflexionsgrad eine Mischung aus der Reflexion der Nadeljahrgänge, der Äste und der Schattenbereiche innerhalb der Baumkrone. Die Veränderung der Reflexionseigenschaften der gestressten Bäume gegenüber den Kontrollbäumen zeigt die Darstellung eines Vegetationsindexes in Abbildung 6. Während zu Beginn der Untersuchung die beiden Gruppen nicht trennbar waren, sind bei den letzten Aufnahmen im Jahr 2014 deutliche Unterschiede erkennbar.
Ab dem 5. Mai 2014 (10,5 Monate nach der Ringelung) sind die Gruppen klar unterscheidbar. Das wird auch durch die Klassifikationsmodelle bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt lassen sich die Gruppen basierend auf den Spektren und Vegetationsindizes mit 80 % Genauigkeit trennen. Bei den folgenden Befliegungen ist die Trennbarkeit noch besser und erreicht Werte über 90 %. Die durch den Stress hervorgerufene Veränderung im Reflexionsverhalten der Baumkrone ist in Abbildung 7 dargestellt. Das mittlere Spektrum der geringelten Bäume unterscheidet sich bei der Befliegung vom 18. Juli 2014 deutlich von jenen der Kontrollbäume sowohl im Spektralbereich des sichtbaren Lichts als auch im Bereich des Nahen und Mittleren Infrarots.
Die WorldView-2 Szenen wurden mit sehr unterschiedlichen Parametern wie zum Beispiel Aufnahmewinkel aufgenommen. Dadurch waren große Unterschiede in der Bildqualität festzustellen, die auch bei visueller Betrachtung deutlich erkennbar waren. Die einzelnen Bäume waren in den unterschiedlichen Szenen teilweise nur sehr schwer wiederzuerkennen bzw. zu lokalisieren. Dadurch waren die Einzelbaumanalysen nur bedingt möglich. Auf Grund der sehr unterschiedlichen Aufnahmequalitäten konnten die WorldView-2 Analysen keine vielversprechenden Ergebnisse liefern. Es waren in den Daten keine Veränderungen wie in den Hyperspektraldaten erkennbar. Die beiden Gruppen konnten mit dem Klassifikationsmodell auch anhand der Informationen der letzten beiden Aufnahmen nicht getrennt werden.
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Weiterführende Informationen
- Neue Horizonte für die Fernerkundung - LWF aktuell 115
- 3D Vermessung von Wäldern aus dem Flugzeug - LWF-aktuell 84
- Satellitengestützte Fernerkundung: Praxistaugliche Informationen für die Zukunft - LWF-aktuell 98
- Institut für Vermessung, Fernerkundung und Landinformation (IVFL) an der BOKU Wien
- Newsletter - Service der LWF
- LWF aktuell - Übersicht
Autoren
- Markus Immitzer
- Kathrin Einzmann
- Nicole Pinnel
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