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Stefan Friedrich Papier-, Zellstoff- und Holzwerkstoffindustrie - LWF-Wissen 70
In der Holzwerkstoffindustrie werden Waldholz, Altholz und Sägenebenprodukte verarbeitet, in der Papier- und Zellstoffindustrie kommen Waldholz und qualitativ hochwertige Hackschnitzel aus frischem, rindenfreien Holz zum Einsatz. Bei diesen Holzprodukten steht die stoffliche Verwendung in direkter Konkurrenz zur alternativen energetischen Nutzung. Der Energieholzmarkt hat somit starken Einfluss auf die Rohstoffmärkte dieser Industriezweige.
Abbildung 38: Standorte der Holzwerkstoff und Papier-/ Zellstoffindustrie in Bayern und angrenzenden Regionen mit Rohholzeinsatz
Derzeit stellen in Bayern etwa 30 Betriebe Papier- und Zellstoff her (Statistisches Landesamt 2011c). Allerdings benötigen nur die in Abbildung 38 dargestellten Produktionsstandorte Rohholz in Form von Hackschnitzeln und Nadel- bzw. Laubindustrieholz (Sappi in Stockstadt, UPM in Augsburg, Ettringen, Plattling und Schongau); wie Abbildung 39 zeigt, ist der Hauptrohstoff zur Papierherstellung Altpapier.
Laut Angaben des Verbandes Bayerischer Papierfabriken (VBP) wurden 2010 in Bayern rund 4,7 Millionen t Papier produziert (VBP 2012a).
Eine Auswertung von Umwelterklärungen (verfügbar waren Erklärungen für die Standorte Stockstadt (Berichtsjahr 2010), Schongau, Augsburg, Plattling (jeweils Berichtsjahr 2008) und Ettringen (Berichtsjahr 2007); Quellen: Haase 2009; Lang 2008; Sappi 2011; UPM 2009a; UPM 2009b) der Standorte mit Rohholzverbrauch in Bayern ergab, dass etwa 1,24 Millionen Fm Industrieholz und 0,38 Millionen Fm Hackschnitzel für die Produktion benötigt wurden. Dies entspricht 0,55 Millionen t atro Industrieholz und rund 0,15 Millionen t atro Hackschnitzeln.
Da größtenteils nur Umwelterklärungen aus den Jahren 2007 und 2008 vorlagen, kann der Verbrauch im Bezugsjahr abweichen. Die Produktion von Papier in Deutschland lag 2008 um etwa 1 % höher als 2010, in Bayern wurden jedoch 2010 rund 150.000 t mehr Papier produziert als 2008. Durch die gestiegenen Rohstoffpreise (vgl. Entwicklung des Industrieholzpreises und die Preise für Hackschnitzel in Abbildung 9 und 42) scheint aber ein Rückgang des Rohholzverbrauchs plausibel.
Reststoffnutzung in der Papier- und Zellstoffindustrie
Abbildung 39: Prozentualer Rohstoffeinsatz in bayerischen Papierfabriken im Jahr 2010 (ohne Füll- und Hilfsstoffe) (Quelle: VBP 2012)
Die Papier- und Zellstoffindustrie nutzt organische und anorganische Reststoffe aus dem Produktionsprozess zur Energiegewinnung. Dazu zählen Rinden und Holzreste, Deinkingrückstände, Reststoffe aus dem Altpapierrecycling und der Abwasseraufbereitung. Peche et al. (2007) untersuchten die Verwendung dieser Stoffe in der bayerischen Papierindustrie für das Jahr 2004.
Im Jahr 2004 fiel bei einer Gesamtproduktion von 4,2 Millionen t Papier eine Reststoffmenge von rund 1,39 Millionen t lutro an. Davon bestanden 13 % aus Rinde und Holzresten, die zu 58 % wieder innerbetrieblich energetisch genutzt wurden. Überträgt man den Anteil an energetisch genutztem Restholz aus dem Jahr 2004 auf die Produktionsmenge von 4,678 Millionen t Papier, die laut VBP 2010 in Bayern hergestellt wurden, ergeben sich rund 201.000 t Restholz und Rinde, die im Jahr 2010 in den Papierfabriken nach dem Produktionsprozess anfielen. Unter der Voraussetzung, dass der Anteil der energetischen Nutzung der Holzreste in den Betrieben gleich geblieben ist, wurden davon annähernd 100.000 t atro verfeuert.
Da jedoch tatsächlich der Einsatz von Rohholz in der Produktion zurückgegangen ist, beträgt die reale Menge an energetisch genutzten Holzresten vermutlich weniger als 100.000 t atro. Diese ist über die Befragung der Biomasseheizkraftwerke erfasst worden.
Insgesamt nutzte die Papier- und Zellstoffindustrie im Jahr 2004 56 % ihrer Reststoffe innerbetrieblich zur Energiegewinnung. Bezogen auf die Produktionszahlen des Jahres 2010 errechnet sich eine Menge von 869.000 t Reststoffen, aus denen die Branche Energie erzeugte.
Holzwerkstoffindustrie
In Bayern werden durch die Firmen Pfleiderer (Neumarkt/ Oberpfalz) und Rauch (Markt Bibart) Spanplatten produziert, wobei erstere deutlich höhere Produktionskapazitäten aufweist. Insgesamt liegt die Herstellung bei etwa 1,5 Millionen m³ Spanplatten (siehe hierzu auch die Cluster-Studie Röder et al. 2008). Das zur Pfeifer Group gehörige Sägewerk in Unterbernbach (ehemals Heggenstaller) stellt rund 220.000 m³ Palettenklötze aus Sägenebenprodukten her (Pfeifer Group International 2012). Als Hersteller von Tischlerplatten ist auch Moralt in Bad Tölz der Holzwerkstoffindustrie zuzurechnen. Allerdings verbraucht dieser Betrieb selbst kein Industrieholz. Unter dem Namen NATURinForm werden seit 2009 im fränkischen Redwitz a. d. Rodach Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe (WPC, wood-plastic-composites) produziert. Ein weiterer Hersteller für Thermoformholz (OWI) sitzt in Lohr am Main. Die Firma Hiendl in Bogen stellt Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe her.
Über Befragungen und Internetrecherchen wurde versucht, die Produktion und den Rohstoffbedarf der Holzwerkstoffindustrie in Bayern zu ermitteln.
Die gesamte eingesetzte Holzmenge in der Holzwerkstoffindustrie beläuft sich auf etwa 2,068 Millionen Fm (entspricht 833.000 t atro). Hinzugerechnet werden muss eine unbekannte Menge zur Herstellung von WPC-Holz und Thermoholz, die jedoch im Vergleich zu den im Zuge der Spanplattenherstellung verbrauchten Mengen deutlich geringer sein dürfte.
Die Holzwerkstoffhersteller setzen neben Frischholz vor allem Altholz und Sägenebenprodukte ein (Röder et al. 2008). Über den Rohstoffmix und dessen Zusammensetzung aus Frisch- oder Altholz sowie die verwendeten Sägenebenprodukte können bei der vorliegenden Datenlage keine Aussagen getroffen werden.
Röder et al. (2008) geben den Holzverbrauch der Holzwerkstoffindustrie für das Jahr 2006 mit 1,85 Millionen m³ an. Demnach ist der Verbrauch von 2006 bis 2010 um 12 % gestiegen.
Fazit und Trends
2010 lag nach Recherchen der LWF der Holzverbrauch der beiden Branchen zusammen bei etwa 3,7 Millionen Fm bzw. 1,5 Millionen t atro. Dies entspricht in etwa den Zahlen sowohl des Energieholzmarktberichtes 2005 (Bauer et al. 2006) als auch der Clusterstudie 2008 (Röder et al. 2008). Allerdings haben sich Änderungen bei den Daten der einzelnen Industriezweige ergeben.
Über den Verkauf in bzw. den Einkauf aus anderen Bundesländern oder dem Ausland liegen keine Informationen vor. Der VBP geht davon aus, dass die Gesamtmenge des in der in- und ausländischen Papier- und Zellstoffindustrie eingesetzten Rohholzes aus Bayern in einer Größenordnung von 1,96 Millionen Rm (rund 1,4 Millionen Fm) liegt (VBP 2012a). Dies entspricht im Wesentlichen den recherchierten Zahlen und der Menge des in Bayern bereitgestellten Industrieholzes. Da durch die Holzwerkstoffindustrie, wenn auch in geringerem Umfang, Waldindustrieholz nachgefragt wird, sind Zuflüsse aus angrenzenden Regionen notwendig, um den Bedarf zu decken.
Abbildung 40: Produktionsindex für Furnier-, Sperrholz, Holzfaser- und -spanplatten bzw. für Papier, Karton und Pappe in Deutschland von 2000 bis 2011 (Quelle: Statistisches Bundesamt 2012)
Die Papierindustrie sowohl in Deutschland als auch in Bayern steigerte von 2000 bis 2007 die Produktion kontinuierlich, musste jedoch im Zuge der Wirtschaftskrise die Herstellung drosseln, wie Abbildung 40 zeigt.
Mittlerweile ist jedoch eine Erholung festzustellen und das Vorkrisenniveau ist annähernd wieder erreicht bzw. laut Verbandsangaben in Bayern sogar überschritten:
Die deutsche Papierindustrie steigerte die Produktion seit 2005 um 3,7 % (2008) bzw. 2,7 % (2010).
Die Zunahme in Bayern fiel mit 7,8 % (2008 zu 2005) bzw. 11,5 % (2010 zu 2005) sogar noch höher aus. Allerdings haben sich die Umsätze noch nicht wieder vollständig erholt, wie der VBP (2012) darstellt.
Quelle
Rohholzbedarf der Papierindustrie
Erhebungsmethodik
Energieholzmarktbericht 2005 (Bauer et al. 2006, S. 49)
0,8 Millionen Tonnen atro
Verbandsangaben
Clusterstudie 2008 (Röder et al. 2008, S. 68)
1,92 Millionen Festmeter
Öffentliche Statistiken, eigene Erhebungen
Erhebung LWF für 2010
0,72 Millionen Tonnen atro bzw. 1,65 Millionen Festmeter
Abbildung 41: Preisindex für Furnier-, Sperrholz-, Holzfaser- und -spanplatten bzw. Papier, Karton und Pappe in Deutschland von 2000 bis 2011 (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Dass dieser Produktionserhöhung nur eine geringe Steigerung des Rohholzbedarfs folgt, lässt sich durch die gestiegenen Rohstoffpreise erklären. Wie Abbildung 42 zeigt, nahm seit 2006 der Preis für Nadelholzhackschnitzel stark zu, worauf die Papierindustrie den Einsatz von Altpapier als Rohstoff weiter ausbaute.
Dies erklärt, weshalb im Vergleich zu den Daten der Clusterstudie für das Jahr 2006 ein Minderbedarf an Holz von 0,24 Millionen Fm (circa 100.000 t) ermittelt wurde. In Bezug auf das Jahr 2005 liegt ein Rückgang des Rohholzbedarfs von 0,08 Millionen t atro vor.
Abbildung 41 zeigt, dass sich die Papierpreise nach einem Sinken ab dem Jahr 2005 wieder kurzfristig erholten, die konjunkturelle Lage im Jahr 2008/2009 aber wieder zu einem Rückgang führte. Das Jahr 2010 war durch eine Erholung gekennzeichnet, die derzeit anhält. Mit Blick auf die Rohstoffpreise (z.B. Hackschnitzel wie in Abbildung 42) wurde beobachtet, dass diese für die Papier- und Zellstoffbranche schneller stiegen als die Preise für ihre Endprodukte.
Abbildung 42: Preisindex für Hackschnitzel gemäß dem Güterverzeichnis des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland von 2000 bis 2011 (Quelle: Statistisches Bundesamt 2012c)
Durch einen Konsolidierungsprozess der Branche, der zu Übernahmeprozessen auf internationaler Ebene führte, haben sich Unternehmenszugehörigkeiten seit 2005 geändert. Durch den Kauf von Myllykoski durch den UPM-Konzern im Jahr 2011 sowie M-Real in Stockstadt durch Sappi 2008 hatte dies auch für Betriebe in Bayern Folgen.
In der Papier- und Zellstoffindustrie Bayerns fand eine Verlagerung bzw. ein Ausbau der Kapazitäten statt. So wurde ein Standort in Dachau aufgegeben und eine neue Maschine größerer Kapazität in Plattling in Betrieb genommen. Dies führte bis 2010 zu einem moderaten Anstieg der Produktionskapazitäten und somit des Rohstoffbedarfs. Ein kleinerer Hersteller für Pappwaren (Goetz in Brand/ Oberpfalz) wurde 2009 geschlossen. 2011 wurde am Standort Ettringen die dritte Papiermaschine stillgelegt und somit die Produktion gedrosselt (UPM 2011).
Dies deutet darauf hin, dass die Konsolidierung noch nicht abgeschlossen ist. Insbesondere die hohe Nachfrage nach Industrieholz und Sägenebenprodukten zur energetischen Nutzung und die demzufolge vermutlich weiter steigenden Rohstoffkosten sind treibende Kräfte in diesem Prozess. Im Übrigen steht die Papierindustrie in einem starken weltweiten Wettbewerb. Dies führt unter anderem dazu, dass global kein einzelner Marktteilnehmer die Produktpreise erhöhen kann, ohne Anteile am Handelsvolumen zu verlieren (Karikallio et al. 2011).
Entwicklung der Holzwerkstoffindustrie
Ein etwas schlechteres Bild der Branchenkonjunktur kann für die Holzwerkstoffindustrie gezeichnet werden. Die Preise für Spanplatten sind mit der Wirtschaftskrise und der rückläufigen Bautätigkeit stärker gesunken als die Preise für Papier und Pappe. Die Produktionsmenge von Holzwerkstoffplatten lag 2010 noch unter dem Niveau von 2005. Auch wenn sich die Spanplattenpreise mittlerweile wieder erholt haben, ist anhand der Herstellungsmenge noch keine Erholung für die Branche festzustellen. Auf die Umsätze wirken sich die gestiegenen Rohstoffkosten für z.B. Altholz (Abbildung 23) negativ aus, da diese im Vergleich zu den Erlösen für die Endprodukte der Branche stärker gestiegen sind.
Infolgedessen wurden z.B. in Baden–Württemberg (Pfleiderer/ Gschwend) und Thüringen (BHT Friesau) Standorte geschlossen. Die Produktionskapazitäten in Bayern wurden hingegen nicht heruntergefahren, jedoch veräußerte die Pfleiderer AG (Neumarkt/ Oberpfalz) Werke außerhalb Bayerns. Allerdings bemühte sich die Holzwerkstoffindustrie durch Substitution und Importe den Frischholzbedarf zu reduzieren (Pack 2007).
Der Rohholzbedarf der bayerischen Holzwerkstoffhersteller lag 2010 nach den aktuellen Erhebungen bei 2,068 Millionen Fm (etwa 0,83 Millionen t atro). Für 2005 ermittelten Bauer et al. (2006) eine Menge von 0,65 Millionen t atro, die Clusterstudie für das Jahr 2006 etwa 0,74 Millionen t atro (Röder et al. 2008).
Die Mehrmenge des aktuellen Berichtes kann auf Grund der Produktionszahlen nicht erklärt werden, vielmehr liegen methodische Unterschiede vor. Im Jahr 2005 wurde das Palettenklötzchenwerk in Unterbernbach nicht aufgeführt, so dass hier etwa 80.000 t atro Rohholzbedarf nicht berücksichtigt wurden. Ein weiterer Grund kann darin liegen, dass nicht alle Hersteller an der Befragung teilnahmen und daher die Produktionsmengen geschätzt werden mussten. Schließlich kann für den Unterschied auch das Umrechnungsverfahren von Raum- zu Gewichtsmaß ursächlich sein.