Dr. Lothar Zimmermann und Dr. Stephan Raspe
Zweiter Jahrhundert-Sommer in Serie – LWF aktuell 123
Niederschlag – Temperatur – Bodenfeuchte
Der Sommer 2019 mit 19,0 °C (+3,1° Abweichung zu 1961–90) teilt sich mit 2015 den Platz des zweitwärmsten Sommers in Bayern, knapp vor 2018 (18,9 °C), wobei 2003 mit 20,1 °C noch unangefochten den 1. Platz hält. Damit haben wir vier der heißesten Sommer in 139 Jahren in den letzten 16 Jahren! Positiv ist dabei, dass er bayernweit mit 231 l/m² aber nur der siebzehnttrockenste Sommer (–27% zu 1961–90) war, wobei in Nordbayern die Trockenheit deutlich stärker ausgeprägt war als im Süden.
An den Messungen der Bodenfeuchte wird dies deutlich: Während die nordbayerischen Waldklimastationen (Würzburg, Flossenbürg, Riedenburg) schon Ende Juni den Trockenstress erreichten und bis Ende des Sommers und ihn auch, trotz gelegentlicher kurzer Anstiege durch einzelne Regenfälle, nicht mehr verließen, blieben die südbayerischen Stationen (Freising, Ebersberg, Höglwald und Mitterfels) über dem Trockenstressbereich. Bezogen auf die Sommermonate war 2019 mit rund 787 Stunden (+26%) der zweitsonnigste Sommer seit 1951, geringfügig noch vor 2018, nur 2003 gab es noch mehr Sonnenstunden.
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Abb. 1: Absolute Abweichung der Lufttemperatur vom langjährigen Mittel 1961– 1990 an den Waldklimastationen (Grafik: LWF)
Nach einem kühl-feuchten Mai legte der Juni richtig los. Er war deutlich zu warm, hatte überdurchschnittlich viel Sonnenschein und war meist zu trocken. Gewitter mit teils heftigen Begleiterscheinungen wie Hagel und Starkregen verbesserten örtlich die Wasserbilanz.
Pünktlich zum meteorologischen Sommeranfang versorgte ein Tiefdruckkomplex über den Britischen Inseln Süddeutschland mit sehr warmer subtropischer und teils schwülheißer Luft aus dem Mittelmeerraum. Diese Wetterlage hielt bis Monatsmitte an und bestand aus sonnenscheinreichen Phasen, die sich mit Tiefdruckgebieten abwechselten. Letztere hatten schauerartige Niederschläge sowie Gewitter im Gepäck, so dass es vielerorts zu Hagel und vereinzelt orkanartigen Böen kam.
Schon in der ersten Juniwoche war es heiß und es kam in weiten Teilen des Landes zu Gewittern mit Sturmböen (>75 km/h). Im Allgäu entstand am Pfingstmontag (10.6.) im Bereich des nördlichen Lechtals eine sogenannte Superzelle (s. Kasten). Diese Gewitterzelle zog auf einer östlichen Zugbahn über München und weiten Teilen Oberbayerns. Bis zu 6 cm dicke Hagelkörner beschädigten Hausfassaden, Dächer und Autos. In Kaufbeuren fielen innerhalb einer Stunde 25 l/m², in Utting am Ammersee sogar 27 l/m² (DWD 2019). Am Flughafen München wurde eine Orkanböe mit 120 km/h gemessen.
Auch nach der Monatsmitte hielt die sommerliche Witterung an. Die Gewitterschauer waren meist nicht flächendeckend und in einigen Regionen machte sich vermehrt Trockenheit bemerkbar. Die anhaltende Zufuhr subtropischer Warmluft in Verbindung mit nahezu ungehinderter Sonneneinstrahlung löste in der letzten Juniwoche die erste Hitzewelle des Jahres aus. Als Spitzenwert an den Waldklimastationen wurde in Altdorf am 26.Juni 36,7 °C gemessen, in Würzburg wurden 35,2 °C erreicht. Es fehlten die Niederschläge, so dass die Waldbrandgefahr rapide anstieg. Vor allem im nördlichen Bayern mangelte es an Niederschlag, während es südlich der Donau häufiger gewittrige Starkniederschläge gab.
Der Juni 2019 war mit 19,6 °C bayernweit der Zweitwärmste seit 1881, mit einer Temperaturabweichung von +4,7 °C gegenüber dem langjährigen Mittel 1961–90. In Bayern fielen mit 53,4 l/m² –52 % weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel. Damit war er der 4.trockenste Juni seit 1881. Und er war mit 310,5 Stunden auch der sonnenscheinreichste Juni (+56% zu 1961–90) seit 1951 (Beginn flächenhafter Messungen der Sonnenscheindauer).
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Abb. 2: Prozentuale Abweichung des Niederschlags vom langjährigen Mittel 1961– 1990 an den Waldklimastationen (Grafik: LWF)
Im Juli wechselten sich Hochs und Tiefs ab. Westliche Strömungen sorgten in den beiden ersten Dekaden für etwas kühlere Bedingungen, bis dann in der letzten Dekade mit einem Hoch sehr heiße Luft aus Nordafrika nach Bayern strömte. Diese heiße Luft wurde durch die jahreszeitlich astronomisch mögliche hohe Sonneneinstrahlung sowie durch die oft trockenen Böden zusätzlich erhitzt, so dass eine außergewöhnliche Hitzewelle einsetzte, die neue nationale Temperaturrekorde brachte.
Der Monatsanfang gestaltet sich zunächst wechselhaft bei angenehm warmer Witterung. Tiefs über Skandinavien sorgten immer wieder für feuchte Luftmassen. Sonnige Perioden wechselten sich mit Schauern und Gewitter ab. Am 1. Juli kam es in den Landkreisen Kelheim und Regensburg zu Hagel, in Schwaben wurden sogar Korndurchmesser bis 6 cm gemessen. Die oft konvektiv geprägten Niederschläge waren selten anhaltend und flächendeckend. Die Nächte verliefen meist frisch und das Thermometer zeigte oft einstellige Werte.
Zwei Wochen lang, beginnend von der letzten Junidekade, fiel zum Beispiel in Nürnburg und Bad Kissingen kein Niederschlag. Am Main blieb es in der ersten Juli-Woche regional komplett trocken und auch die Lufttemperatur ging nur leicht zurück. Die Waldbrandgefahr erreichte hier die höchste Gefahrenstufe. Im Stau der Alpen fielen dagegen größere Regenmengen. Am Ende der ersten Woche gab es dann einen Durchzug einer Kaltfront mit verbreitet Regen, so dass die Waldbrandgefahr erst einmal zurückging. Hochdruckeinfluss sorgte dann bis zur letzten Monatsdekade wieder für einen Temperaturanstieg. Vereinzelt gab es Gewitter mit lokalem Regen. Ähnlich wie im außergewöhnlich heißen Sommer 2018, so gab es auch heuer im letzten Juli-Drittel eine große Hitzewelle. Durch die Verlagerung des hohen Luftdruckes nach Osteuropa konnte im letzten Drittel die über Südwesteuropa lagernde Gluthitze nach Deutschland bzw. Bayern vordringen.
Von 1881 bis 2018 wurden in Deutschland insgesamt zehn Mal 40 °C erreicht oder überschritten, jetzt im Juli 2019 25 Mal in nur drei Tagen! Am 24. Juli verlor Kitzingen den Rekord als wärmster Ort Deutschlands, den es seit 2015 mit 40,3 °C gehalten hatte, an Lingen (Ems) mit 42,6 °C, wobei 14 DWD-Stationen in Deutschland Werte über 40,3 °C anzeigten. Seit dem 25. Juli ist Kahl a. Main mit 40,4 °C zum wärmsten Ort Bayerns geworden.
An der WKS Altdorf wurde am 25. Juli 36,4 °C erreicht, in Dinkelsbühl 37,0 °C und in Würzburg sogar 37,4 °C. Besonders im Norden, aber auch in Mittelfranken, führte die extreme Hitze in Kombination mit den sehr geringen Niederschlägen zu einer anhaltenden Trockenheit. Ausgenommen war nur das Alpenvorland, das immer wieder größere Regenmengen erhielt. In der letzten Juli-Woche brachten dann Tiefausläufer häufiger Regen und auch die extrem heißen Lufttemperaturen wandelten sich wieder zu normalen Sommertemperaturen. In den letzten Juli-Tagen sorgte eine Tiefdruckrinne über Deutschland für heftige Gewitter.
Zusätzlich zu den eher lokal aufgetretenen hohen Regenmengen der Gewitter rückte am 28. Juli der Alpenrand in den Fokus. Anders als in den übrigen Gebieten kam es hier zu großräumigen, schauerartig verstärkten Regenfällen, die über mehrere Stunden hinweg anhielten. Dabei kam innerhalb von meist nur zwölf Stunden einiges an Regen zusammen. Im ostbayerischen Alpenraum summierten sich dabei die Regenmengen vielerorts auf 80 bis über 130 mm, wodurch einige Gebirgsbäche und kleinere Flüsse stark anschwollen. Kreuth-Glashütte, südlich von Bad Tölz, meldete dabei am 28. mit 138,9 l/m² die bundesweit größte Tagessumme des Monats.
In den meisten anderen Gebieten fiel der Juli jedoch deutlich zu trocken aus (DWD 2019). Der Juli 2019 war mit 19,0 °C bayernweit der 12.wärmste seit 1881, mit einer Temperaturabweichung von 2,4 °C gegenüber dem langjährigen Mittel 1961–90. In Bayern fielen mit 82,2 l/m² –19% weniger als im langjährigen Mittel, damit war er der 28.trockenste. Er hatte mit 255,9 Stunden 16 % mehr Sonnenstunden als im langjährigen Mittel.
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Abb. 3: Entwicklung der Bodenwasservorräte im gesamten durchwurzelten Bodenraum in Prozent zur nutzbaren Feldkapazität (Grafik: LWF)
Auch der letzte Sommermonat setzte die zu warme, zu trockene und sehr sonnige Sommerwitterung fort. Hochdruckeinfluss wechselte sich mit dem Durchzug von Tiefs oder ihren Ausläufern ab. Niederschläge sorgten wieder für eine hohe räumliche Variabilität der Regenmengen, konnten aber die in weiten Teilen seit Monaten bestehende Trockenheit nicht beenden. In den ersten beiden Augustdekaden wechselten sich trockene, sehr warme Abschnitte häufig mit feuchten, kühleren ab.
Im letzten Monatsdrittel wurde es dann nochmals sommerlich heiß. Nach der großen Hitze Ende Juli kam es am Monatsanfang zum Witterungswechsel: Tiefs sorgten für Abkühlung. Bei heftigen Gewittern fielen beispielsweise am 2. August in Rettenberg-Kranzegg (Oberallgäu) in kurzer Zeit 87,5 l/m² (DWD 2019). Nach einem kurzen Zwischenhoch am 4. August lag dann kühle Atlantikluft mit warmer, teils heißer Subtropikluft »im Clinch«. Dabei führten starke, vertikale Luftbewegungen zu kräftigen Gewittern und Regenschauern. Im Umfeld der Luftmassengrenze schauert und gewittert es wiederholt heftig, sodass vor allem dort hohe Regenmengen in relativ kurzer Zeit auftreten.
Am 18. August lag nochmals eine Luftmassengrenze über Deutschland. Sie trennte heiße Luft im Südos- ten von kühler und sehr feuchter Luft im Nordwesten. An der Luftmassengrenze bildeten sich Gewitter. Ein Gewitter, das sich über der Pfalz zu einer Superzelle entwickelt hatte, zog ostwärts und verursachte über Unterfranken, besonders von Kahl bis Alzenau, schwere Schäden: Hagel lagerte sich bis zu einem halben Meter hoch in Gärten ab, sintflutartiger Regen sorgte in Minutenschnelle für Überflutungen und Orkanböen schlugen riesige Schneisen in den Wald. In Kahl am Main fielen innerhalb von 10 Minuten 13 l/m². Neben kurzzeitig auftretendem Starkregen wurden schwere bis hin zu orkanartigen Böen registriert. In Roth wurden 117 km/h vom Wetterdienst gemessen. An der Bundeswehrstation Kümmersbruck wurde gar eine Orkanböe von 151 km/h registriert (DWD 2019).
Auch der August stellte einen neuen Wärmerekord auf: Mit 18,4 °C waren es +2,4 Grad mehr zum langjährigen Mittel 1961– 90 und damit Platz 9 der wärmsten Augustmonate seit 1881. Bayernweit fielen 95,1 l/m², etwas unter dem Mittel von 1961–90 (–6%). Mit 220,6 Sonnenscheinstunden schien die Sonne 9 % länger als im langjährigen Mittel.
Tabelle 1: Mittlere Lufttemperatur und Niederschlagssumme an den Waldklimastationen sowie an der Wetterstation Taferlruck
Waldklimastationen | Höhe ü.NN [m] | Juni | | Juli | | August | |
---|
| | Temp. [°C] | NS [l/m²] | Temp. [°C] | NS [l/m²] | Temp. [°C] | NS [l/m²] |
Altdorf (ALT) | 406 | 20,2 | 43,3 | 19,2 | 86,3 | 18,2 | 36,6 |
Altötting (AOE) | 415 | 20,4 | 56,7 | — | — | — | — |
Bad Brückenau (BBR) | 812 | 17,3 | 57,1 | 16,5 | 28,4 | 16,7 | 54,7 |
Berchtesgaden (BER) | 1500 | 15,3 | 62,1 | 13,9 | 214,7 | 13,5 | 156,5 |
Dinkelsbühl (DIN) | 468 | 18,3 | 54,8 | 18,1 | 58,4 | 17,3 | 76,6 |
Ebersberg (EBE) | 540 | 18,9 | 59,2 | 18,1 | 105,4 | 17,9 | 98,8 |
Ebrach (EBR) | 410 | 18,8 | 33,3 | 18,4 | 35,7 | 17,5 | 81,6 |
Flossenbürg (FLO) | 840 | 18,4 | 32,0 | 16,9 | 84,5 | — | — |
Freising (FRE) | 508 | 19,7 | 80,0 | 19,1 | 61,6 | 18,4 | 103,2 |
Goldkronach (GOL) | 800 | 18,0 | 27,3 | 16,6 | 46,7 | 15,8 | 52,6 |
Höglwald (HOE) | 545 | 19,3 | 64,2 | 19,1 | 97,5 | 18,5 | 79,0 |
Kreuth (KRE) | 1100 | 17,3 | 66,2 | 16,1 | 236,2 | 15,6 | 174,4 |
Mitterfels (MIT) | 1025 | 17,5 | 40,7 | 16,0 | 78,8 | 15,3 | 96,3 |
Pfeffenhausen (PFE) | 492 | — | — | — | — | — | — |
Riedenburg (RIE) | 475 | 19,2 | 32,4 | 18,5 | 56,4 | 17,7 | 111,8 |
Rothenkirchen (ROK) | 670 | 18,0 | 26,8 | 16,8 | 19,2 | 16,8 | 43,2 |
Rothenbuch (ROT) | 470 | 18,6 | 46,9 | 18,4 | 15,2 | 18,4 | 26,9 |
Sonthofen (SON) | 1170 | 16,1 | 87,2 | 15,5 | 124,3 | 15,2 | 176,0 |
Taferlruck (TAF) | 770 | 17,4 | 44,0 | 15,8 | 55,5 | 15,3 | 75,9 |
Würzburg (WUE) | 330 | 19,6 | 43,2 | 19,8 | 41,6 | 19,2 | 25,2 |
Zerstörerische Gesellin: die Superzelle
Abb. 4: Entstehung einer Superzelle (Grafik: LWF)
Am 10. Juni prasselten zwischen Ammersee und München aus einer Superzelle bis zu 8 cm große Hagelkörner herab und sorgten für große Schäden. Am Abend des 18. August zog eine Superzelle von der Pfalz herkommend mit Hagel und Orkanböen von Kahl bis nach Alzenau eine Spur der Verwüstung. Aber was versteht man eigentlich unter einer Superzelle?
Eine Superzelle ist eine langlebige, große Gewitterwolke mit einem rotierenden Aufwindbereich. Superzellen erreichen an ihrerWolkenbasis Durchmesser von 20 bis zu 50 km, in der Grenzschicht zur Stratosphäre in circa 15 km Höhe sogar über 200 km. Ihre Lebenszeit beträgt meist wenige Stunden. Charakteristisch für eine Superzelle ist zum einen eine hochreichende Windscherung, d. h. ein Wechsel der horizontalen Windrichtung mit der Höhe, zum anderen ein starker, im Wolkeninneren rotierender Aufwindstrom. Dieser bewirkt einerseits, dass warme, feuchte Luft in Bodennähe in das Gewitter einströmt und im Aufwindbereich mit hoher Geschwindigkeit aufsteigt.
Andererseits befördert sie in mittleren Höhen Niederschlagströpfchen von der Vorder- zur Rückseite, so dass hier die Tröpfchen verdunsten. Dabei wird Wärme verbraucht und es entstehen Kaltluftkörper, die absinken (Rückseiten-Abwind). Aber auch auf der Vorderflanke des Unwetters wird Luft aus dem Amboss-Niveau in der Tropopause dynamisch zum Absinken gebracht und ein Vorderseiten- Abwind entsteht. Im Einzugsgebiet des Aufwinds, in dem die bodennahe Luft in extreme horizontale Rotation versetzt werden kann, können sich verheerende Tornados bilden.
Orkanböen (>120 km/h) können aber auch ohne Tornados durch heftige Fallböen (sog. »Downbursts«) in den Abwind-Bereichen entstehen. Durch die heftigen Auf- und Abwinde können sich sehr große Hagelkörner bilden, die entsprechende Verwüstungen anrichten können. Dazu kommen extreme Starkregen, die lokal für Überschwemmungen sorgen.
www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=103346&lv2=102248&lv3=102660
Literatur
- DWD (2018): Witterungsreport Express Monatlicher Klimastatus Deutschland Juni, Juli und August 2019. www.dwd.de/DE/leistungen/pbfb_verlag_monat_klimastatus/monat_klimastatus.html
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