Lothar Zimmermann und Stefan Raspe
Gewittrig und heiß – Sommer in der Achterbahn – LWF aktuell 115
Der Sommer 2017 war ein richtig heißer, er lag gut 2 Grad über dem langjährigen Mittel bei normalem Regenangebot (+5 %) und mehr Sonnenschein als üblich (+15 %). Damit war er der fünftwärmste Sommer (nach 2003, 2015, 1994, 1983 und 1947) in Bayern, allerdings war er nur der 88.trockenste, d. h. bei 138 Sommern seit 1881 ziemlich feucht, so dass uns und dem Wald seine Hitze nicht recht bewusst wurde.
Laut Wetterdienst wiesen alle drei Sommermonate eine Durchschnittstemperatur von 18,2 °C auf, d. h. Juni gleichauf mit den Hochsommermonaten Juli und August. Gekennzeichnet war er von einem steten Wechsel zwischen heiß-trockenen sowie kühlen und feuchten Perioden, so dass die Wasserversorgung der Wälder durch ein starkes Auf und Ab gekennzeichnet war. Phasen mit Trockenstress kamen nur selten vor. In der Regel herrschte eine überwiegend günstige Wasserversorgung der Wälder vor.
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Abb. 1: Mittlere Abweichung der Lufttemperatur vom langjährigen Mittel 1961-1990 an den Waldklimastationen (Grafik: LWF)
Heuer war der Juni außergewöhnlich warm und sonnenscheinreich, da Hochdruckeinfluss Tiefdruckgebiete von Bayern fernhielt. Und er war der zweitwärmste Juni seit 1881, wieder ein neuer Wärmerekord. Die Waldbrandgefahr war vielfach sehr hoch. Nur für kurze Zeitabschnitte setzten sich kühlere Witterungsbedingungen durch. Meist jedoch kam mit südwestlichen Winden heiß-trockene Luft.
Zum Monatsbeginn herrschte schwül-heiße Luft vor, mit einzelnen Gewittern mit Hagel und Starkniederschlag im Bergland. Trocken und sonnig blieb es nur südlich der Donau. Bei einem Kaltfrontdurchgang fielen zum Pfingstwochenende die Gewitter lokal unwetterartig aus. Die Schafskälte war heuer früh dran; in der Nacht zum 8. Juni wurden Temperaturminima von nur ein paar Grad über dem Gefrierpunkt erreicht, im Bergland gab es in Tallagen leichten Bodenfrost (DWD 2017b).
Zum Wochenende nach Pfingsten wurde es wieder sommerlich warm. Niederschläge waren selten, so dass die Bodenfeuchte durch die hohe Transpiration der Bäume beansprucht wurde. Zur Monatsmitte gab es einen kurzen Temperaturrückgang, bevor wieder hochsommerliche Lufttemperaturen mit viel Sonnenschein erreicht wurden.
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Abb.2: Mittlere Abweichung des Niederschlags vom langjährigen Mittel 1961-1990 an den Waldklimastationen (Grafik: LWF)
Die Waldbrandgefahr war verbreitet sehr hoch. Vom 19. bis 25. Juni wurden landesweit die beiden höchsten Waldbrandstufen erreicht. Die Bodenfeuchte auf allen Waldklimastationen ging während des ganzen Monats kontinuierlich zurück. Zum Ende des Monats lag der Füllstand der Bodenwasserspeicher fast überall unter 50 % der nutzbaren Feldkapazität, an der WKS Freising sank die Bodenfeucht sogar bis fast auf die 40 %-Grenze, unterhalb derer die Bäume unter Trockenstress leiden.
Zum letzten Wochenende sorgte dann eine Kaltfront für ergiebige Niederschläge und Kühle, zum Teil auch als Hagelunwetter (München 27. Juni: Korndurchmesser bis 5 cm!). Die kühlere Witterungsperiode hielt bis Monatsende an. Insgesamt entspannte sich die Waldbrandlage und die Bodenfeuchtespeicher wurden wieder etwas aufgefüllt.
Die Lufttemperatur lag an den Waldklimastationen rund 3,5 Grad über dem langjährigen Mittel der Referenzperiode 1961–90. Gleichzeitig fiel fast ein Viertel weniger Niederschlag, es war mit 85 mm der 39.trockenste Juni, also nicht so exzeptionell wie bei der Wärme. Dafür schien die Sonne mit 273 Stunden rund ein Drittel mehr.
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Abb.3: Entwicklung der Bodenwasservorräte im gesamten durchwurzelten Bodenraum in Prozent zur nutzbaren Feldkapazität (Grafik: LWF)
Nach dem Juni war auch der Juli zu warm. Allerdings hatte er mehr Niederschlag im Gepäck. Bezeichnend war auch das Auf und Ab der Lufttemperatur. Tiefausläufer mit Regenschauern sorgten immer wieder für entspannte Bodenfeuchteverhältnisse. Das Tiefdrucksystem, das sich von Nordosteuropa bis nach Spanien erstreckte, verlagerte sich ostwärts, so dass die dahinter einströmende Luft sich unter Hochdruckeinfluss erwärmte. Dadurch wurde es in der ersten Juliwoche wieder sommerlich heiß. In der Folge gab es lokale Hitzegewitter. Durch den lokalen Charakter dieser Gewitter blieb die Waldbrandgefahr bis zum Ende der ersten Dekade hoch.
Danach sorgten Tiefausläufer für Regenfälle und Gewitter. Eine nordwestliche Luftströmung brachte herbstlich-kühle Luft mit sich. Zur Monatsmitte setzte sich Hochdruckeinfluss durch und die Lufttemperaturen stiegen wieder an und es blieb trocken. In der letzten Monatsdekade bestimmte ein Tief das Wettergeschehen, so dass sich Schauer und Gewitter mit sonnigen Perioden abwechselten. In Eisenberg im Allgäu wurde bei einem Hagelunwetter eine Decke von 60 cm Hagelkörner gemessen.
Während sich das Tief weiter ostwärts verlagerte, kam es zu heftigen und anhaltenden Regenfällen, gleichzeitig gingen die Lufttemperaturen spürbar zurück. Örtlich kam es zu Starkniederschlägen mit bis zu 70 Liter/Quadratmeter am Tag. Danach setzte wieder Hochdruckeinfluss ein und die Temperaturen stiegen wieder. In der ersten Juliwoche gingen die Bodenwasservorräte wieder an allen Waldklimastationen zurück, in Freising und Ebersberg wurde die Trockenstressgrenze von 40 % nutzbarer Feldkapazität (nFK) sogar leicht unterschritten.
Stärkere Gewitterniederschläge füllten jedoch anschließend die Bodenwasserspeicher kurzfristig wieder etwas auf, bevor erneut die starke Transpiration der Bäume zu einem deutlichen Rückgang der Füllstände der Bodenwasserspeicher führte. Bis zum 25. Juli ging daher die Bodenfeuchte an den Waldklimastationen Würzburg, Höglwald (bei Augsburg), Freising und Riedenburg auf bis zu nur noch 33 % der nFK zurück. In diesem Bereich ist sicher mit ersten Einschränkungen der Transpiration zu rechnen gewesen. Allerdings hielt diese Phase nicht lange an, denn ergiebige Niederschläge sorgten wieder für eine deutliche Entspannung.
Zum Monatsende hin lagen die Füllstände der Bodenwasserspeicher wieder überall z. T. deutlich über 50 % nFK, an der Waldklimastation Mitterfels im Bayerischen Wald sogar nahe 100 %. Auch im Juli war es wieder zu warm, aber nicht so außergewöhnlich wie im Vormonat, es war "nur" eine Abweichung von 1,6 Grad zum langjährigen Temperaturmittel 1961–90 (Rang 26 seit 1881). Niederschlag gab es reichlich, es fielen an den Waldklimastationen 51 % mehr als im langjährigen Mittel, nur gebietsweise blieb es trocken. Damit war es recht feucht (Rang 93 unter den Julis seit 1881, vom trockenen Ende her gesehen). Die Sonne schien mit 215 Stunden etwas weniger als üblich (–3 %). Wie schon im Vormonat gab es ein Auf und Ab der Wärme.
Der August war wie schon der Juni und Juli zuvor zu warm. Hochsommerliche Witterung trifft sich mit kühleren Tiefausläufern, was schwere Gewitter, Sturmböen und örtlich ungewöhnlich viel Niederschlag mit sich brachte. Herausragendes Ereignis war ein Gewittersturm im Raum Passau und im Bayerischen Wald.
Zu Monatsanfang war es noch sommerlich heiß mit Spitzenwerten über 30 °C und viel Sonnenschein. Heftige Schauer und Gewitter, verbunden mit Starkniederschlägen und stellenweise mit Hagel, sorgten dann für eine Abkühlung, besonders in Oberbayern, wo es schon zu einem kleineren Gewittersturm mit Sturm- und Orkanböen kam: Feldafing am Starnberger See war wegen umgestürzter Bäume vorübergehend nicht erreichbar. Der heißeste Ort im August in ganz Deutschland war am 1. August Reit im Winkl mit 36,1 °C, obwohl es in 685 m u. NN Höhe liegt und damit dort einen neuen Augustrekord seit 1945 darstellte (DWD 2017).
In der ersten Dekade herrschte dann eine Südwestströmung mit schwül-heißer Luft vor. Gewitter mit Sturmböen tobten in der Nacht zum 10. August in der zwischen Sigl und Kodritz im Landkreis Amberg-Sulzbach wurden mehr als 500 Bäume auf einer Strecke von 250 m entwurzelt (DWD 2017a). Zu Beginn der zweiten Dekade zog dann ein Tief von Südwesten bis in den Alpenraum. Damit endete der Zustrom schwül-heißer Luft und mit einer Nordströmung kam herbstlich anmutende Luft zu uns, mit Regen, Schauern und Gewitter im Gepäck.
Vor Maria Himmelfahrt baute sich kurzfristig ein Hoch auf und brachte "Heiße Tage" (> 30 °C Temperaturmaximum). Am 18. August sorgte eine von Nordwest nach Südost ziehende Kaltfront mit heftigen Gewittern zunächst in Rothenburg ob der Tauber sowie im Landkreis Amberg für bis 5 cm dicke Hagelkörner. Entlang einer nordostwärts verlaufenden Welle entwickelten sich schwere Gewitter, die örtlich von Hagel, Starkregen und Sturmböen begleitet wurden.
In den Landkreisen Passau und Freyung- Grafenau erreichte dieser Gewittersturm dann in seinen Böen Orkanstärke. An der DWD Klimastation Fürstenzell südlich von Passau wurde eine Böe mit 136 km/h sowie eine Niederschlagsmenge von 39 Liter/Quadratmeter in 20 Minuten gemessen. Die Folge waren schwere Verwüstungen in den Wäldern wie auch in der Infrastruktur (Kasten). Zu Beginn der letzten Dekade setzte sich wieder Hochdruckeinfluss mit sommerlichen Temperaturen durch. Schauer und Gewitter gab es vereinzelt zumeist im Süden. Zu Monatsende brachte eine Kaltfront Abkühlung und ergiebige Niederschläge (DWD 2017b).
Nachdem es in der ersten Augustwoche meist trocken und warm blieb, sorgte eine entsprechende Transpiration der Wälder für einen entsprechenden Rückgang der Bodenwasserspeicherfüllstände. Bevor jedoch die Trockenstressgrenze erreicht wurde, sorgten ausreichende Niederschläge immer wieder für die nötige Auffüllung. Nur an der Waldklimastation Würzburg ging die Bodenfeuchte wieder auf unter 40 % nFK zurück und blieb bis Monatsende auch darunter.
Der August 2017 war wie seine beiden Vorgänger ein richtiger Sommermonat. Bei der Wärme lag er 2,0 Grad über dem langjährigen Mittel. Gleichzeitig fiel wieder ausreichend Regen zwischen oder auch während den heißen Tagen, so dass an den Waldklimastationen ungefähr das Mittel 1961–90 erreicht wurde. Die hochsommerliche Witterung drückte sich in einer erhöhten Sonnenscheindauer aus, hier waren es 14 % mehr Stunden als normal. Die hohe Zufuhr an Wärme, Strahlungsenergie und Feuchte bildete dann mit dem Durchzug von Tiefausläufern mit kälterer Luft eine oft explosive Mischung: In zahlreichen schweren Gewittern mit teilweise Sturm- und Orkanböen entlud sich diese Energie und sorgte besonders in den Wäldern für große Schaden durch Windbruch und -wurf.
Abb.4: Mittlere Lufttemperaturen und Niederschlagssumme an den Waldklimastationen sowie an der Wetterstation Taferlruck (Grafik: LWF)
Gewittersturm "Kolle"
Am Abend des 18. August 2017 richteten schwere Gewitter in den Landkreisen Passau und Freyung-Grafenau schwere Verwüstungen in den Wäldern wie auch in der Infrastruktur an. Betroffen waren circa 40.000 ha Waldfläche mit geschätzten 2 Mio. m3 Schadholz. Nach ersten Schätzungen liegt die Schadenssumme bei den Waldschäden bis zu 100 Mio. €, hinzukommen noch einmal rund 40 Mio. € für Schaden an Straßen, Häusern und anderen Einrichtungen. Die Gewitterfront entstand als Kaltfrontausläufer aus dem sehr umfangreichen Tiefdruckgebiet KOLLE, das weite Teile Nord- bzw. Nordwesteuropas überdeckte und dessen Einfluss bis nach Mitteleuropa reichte.
Schon früh warnte der Deutsche Wetterdienst vor Gewittern mit teils schweren Sturmböen (bis 120 km/h), unterschätzte jedoch, dass nördlich von Passau die Gewitterböen Orkanstärke (bis 137 km/h) erreichten. Im Vergleich mit Winterstürmen mit ihrer deutlich größeren räumlichen Ausdehnungen und höheren Schadensmengen (z. B. Februar 1990 Vivian/Wiebke 23 Mio. Fm Sturmholz) konzentriert sich bei einem Gewittersturm der Schaden auf eine viel kleinere Fläche, so dass proportional hier die Schadensintensität hoher war.
Gewitter entstehen durch eine hochreichende Konvektion, verbunden mit Wolkenbildung, wenn beispielsweise kalte Luft auf feuchtwarme Luft trifft und die Schichtung der Atmosphäre damit labil wird, so dass bodennahe feuchte Luft gehoben wird. Die bei der Kondensation in höheren kälteren Luftschichten freigesetzte Wärme erhöht den Auftrieb nochmals und an den Rändern der Gewitterzellen kommt es zu starken Fallwinden.
Für die Frage, inwieweit der Klimawandel für eine Zunahme von Gewitterstürmen und ihrer Intensität geführt hat, muss auf Daten der Labilisierung der Atmosphäre, sogenannte Konvektionsindizes, zurückgegriffen werden, da lange Zeitzeihen mit einer flächendeckenden Erfassung von Gewitterstürmen aufgrund auch ihrer Kleingläubigkeit nicht vorliegen. Diese Konvektionsindizes geben aber nur das Potenzial der Atmosphäre für hochreichende Konvektion wieder. Sie lassen keine direkten Aussagen über die tatsächliche Entstehung von Gewitterstürmen zu.
Sowohl für Deutschland als auch für die meisten Regionen Mitteleuropas wird jedoch beschrieben, dass die Stabilität der Atmosphäre in den vergangenen Jahrzehnten erheblich abgenommen hat. Statistische Analysen langjähriger Zeitreihen belegen, dass vor allem Konvektionsindizes, die bodennahe Temperatur- und Feuchtewerte berücksichtigen, in den vergangenen drei Jahrzehnten statistisch signifikante Zunahmen der Konvektionsbereitschaft aufweisen. Mit der weiteren Temperaturzunahme im Klimawandel und einer dadurch höheren Aufnahmekapazität der Atmosphäre dürfte auch die Häufigkeit von Gewitterstürmen zunehmen.
[i]Lothar Zimmermann[/i]
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