Dr. Lothar Zimmermann und Dr. Stephan Raspe
Witterung 2016: "Normal" und doch extrem - LWF aktuell 113
Neben "Durchschnittlichem" kennzeichnen auch Sturzfluten, Trockenheit und winterliche Waldbrände das Jahr 2016
Abb.1: Jahresanomalien der Lufttemperatur (Grafik: DWD)
Mit einer Jahresmitteltemperatur von 8,9 °C lag es 1,4 Grad über dem langjährigen Mittel 1961–90. Bei Niederschlag (–2 %) und Sonnenscheindauer (+1 %) lagen die Werte allerdings fast im langjährigen Klimamittel. Trotz dieser unspektakulären Jahreswerte wies der Jahresverlauf der Witterung doch einige Extreme auf
Sehr milder Winter
Abb.2: Monatliche Niederschlags-, Sonnenschein-dauer- und Temperatur-abweichungen (Grafik: LWF)
Aufgrund der Niederschlagsarmut war bis Ende Dezember der Bodenwasserspeicher an vielen Waldklimastationen noch nicht wiederaufgefüllt. Im Januar betrug die Abweichung der Lufttemperatur vom Mittel an den Waldklimastationen +1,7 Grad (Abbildung 2). Beim Niederschlag fielen mehr als 50 % Prozent über dem Soll, wobei sich das Plus südlich der Donau konzentrierte.
Abb.3: Entwicklung der Bodenwasservorräte (Grafik: LWF)
Auch im Februar gab es wieder deutlich mehr Niederschlag als normal (+44 %). Daher blieben die Bodenwasserspeicher insbesondere unter Laubwald gut gefüllt. Die Sonne blieb rund 30 % unter dem Soll. Wegen der milden Witterung hielt sich auch in den höheren Lagen die Schneedecke nur in geringem Umfang. Neu gefallene Schneemengen tauten meist wieder schnell weg.
Durch den extrem warmen Dezember, den sehr milden Februar und den Umstand, dass sich im Januar die winterliche Witterung mehr oder weniger auf eine Woche konzentrierte, war der Winter 2015/2016 (mit 1974/1975) mit seiner Durchschnittstemperatur von 3,7 °C der zweitwärmste in der 135-jährigen Wetterdienstzeitreihe in Bayern (nach dem Winter 2007/2008). Er wich 3,6 Grad vom langjährigen Mittel 1961–90 ab. Zum Start des Frühjahrs war die Wasserversorgung der Wälder aber angesichts der Niederschlagsverhältnisse optimal.
Durchschnittliches Frühjahr mit Spätfrost
Abb.4: Prozentuale Abweichung der monatlichen Durchmesserentwicklung, an den Waldklimastationen, vom jährlichen Mittel. (Grafik: LWF)
Der Monatsauftakt gestaltete sich winterlich. Im März waren die Abweichungen vom langjährigen Mittel bei Lufttemperatur und Sonnenscheindauer nicht allzu groß. Gleichzeitig fiel fast ein Fünftel weniger Niederschlag als normal. Die Wasserspeicher der Waldböden waren dennoch fast überall weiter vollständig gefüllt. Zum Monatsende stiegen sie sogar zum Teil deutlich über die Feldkapazität an, so dass mit einer entsprechenden Grundwasserspende gerechnet werden konnte.
Der April wurde dann wieder seinem Namen gerecht. Es herrschte ein monatstypischer Mix aus sommerlichen Temperaturen, frostigen Nächten, Schauern mit Graupel und Schneeregen sowie kurzen Gewittern und geschlossenen Schneedecken. Das Monatsmittel der Lufttemperatur wich nicht groß vom langjährigen Mittel ab, aber hier glichen sich sehr warme und sehr kalte Perioden aus.
Die Waldbäume erwachten zum Teil aus ihrem »Winterschlaf« und begannen mit dem Laubaustrieb. Für die Buchen an den Waldklimastationen im Tiefland begann die Vegetationszeit gut eine Woche früher als normalerweise. In der letzten Monatsdekade führte arktische Polarluft zu einem markanten Kaltlufteinbruch mit Schneefall und Graupelschauer. Bei Buchen kam es dadurch teilweise zu Spätfrostschäden.
Insgesamt fiel rund 15 % weniger Niederschlag. Dennoch blieben die Wasserspeicher der Waldböden weitgehend gefüllt, da die Vegetation noch relativ wenig Wasser verbrauchte. Den Mai prägten drei große Kaltlufteinbrüche. Häufige Temperaturwechsel sind typisch für diesen Frühlingsmonat. Über den ganzen Monat gesehen war aber weder bei der Lufttemperatur noch beim Niederschlag die Abweichung vom langjährigen Mittel spektakulär.
Im Gegensatz zum Mai 2015 konnte von einer Frühjahrstrockenheit im Jahr 2016 nicht die Rede sein. Die Bodenwasserspeicher blieben weiter gut gefüllt. Die Eisheiligen machten zu ihrem Ende hin ihrem Namen alle Ehre, oft gab es im Mai aber auch sommerliche Wärme. Die Vegetationsentwicklung verlief daher insgesamt eher normal. Die Zunahme der Baumdurchmesser blieb jedoch bei Fichten, Buchen und Eichen an den Waldklimastationen (WKS) mit wöchentlicher Durchmessererfassung um bis zu 60 % hinter dem normalen Zuwachs zurück (Abbildung 4).
Nur die Kiefern an der WKS Altdorf wiesen eine um fast 80 % stärkeren Durchmesserzunahme auf. In vielen Gebieten Süddeutschlands war Pfingsten 2016 kälter als das extrem warme Weihnachten 2015. Besonders der letzte Kaltlufteinbruch nach Fronleichnam hatte es in sich: Heftige Gewitter mit Sturm, Starkregen und Hagel richteten örtlich in der letzten Maidekade durch Sturzfluten schwere Schäden an.
Sturzfluten und spätsommerliche Trockenheit
Abb.5: Bei Kiefern auf der WKS Altdorf war eine überdurchschnittliche Durchmesserentwicklung abzulesen. (Foto: Archiv LWF)
Anfang Juni sorgten hochreichende, stationäre Gewitterzellen lokal für extremen Starkregen. Eine Flutwelle, ausgelöst durch einen extremen gewittrigen Regen mit über 180 l/m² in 48 Stunden, forderte am 2. Juni bei Simbach am Inn sieben Menschenleben. Ungewöhnlich war die lange Dauer der auslösenden Wetterlage »Tief Mitteleuropa«. So fiel der Juni etwas zu nass (+7 %) aus.
Obwohl der Sonnenschein wegen der vielen Tiefdruckgebiete mit ihren Wolken unterdurchschnittlich ausfiel, war es insgesamt doch etwas wärmer als normal (+1,1 Grad). Die Bodenwasserspeicher waren an allen Waldklimastationen mit Bodenfeuchtemessungen gut gefüllt. Dennoch blieb die Durchmesserzunahme auch in diesem Monat hinter dem langjährigen Mittel zurück, außer bei den Kiefern in Altdorf und den Fichten im Höglwald bei Augsburg.
Im Juli wich die Lufttemperatur an den Waldklimastationen um +1,5 Grad vom Soll ab und es fiel 22 % mehr Niederschlag. Die Wasserspeicher der Waldböden blieben nahezu überall gut gefüllt. Fichten, Buchen und Eichen an den Waldklimastationen zeigten normales bis starkes Dickenwachstum. Nur die Kiefern an der WKS Altdorf legten weniger stark zu. Im August wechselten sich Hochdruckgebiete mit Tiefausläufern ab.
Gegen Ende des Monats brachten eine südwestliche Strömung und Hochdruckeinfluss heißes und sonniges Sommerwetter. Wie die beiden ersten Sommermonate war auch der August zu warm mit einer markanten Hitzewelle zum Monatsende. Heiße Luft aus Spanien führte zu einer Hitzewelle mit Lufttemperaturen über 30 °C. In Kitzingen wurde am 27. und 28. August vom Deutschen Wetterdienst als höchste Temperatur in Bayern jeweils ein Wert von 35,8 °C gemessen.
In diesem Monat kam es zu einer Zweiteilung der Bodenfeuchte an den Waldklimastationen. Während es in den Mittelgebirgen (WKS Flossenbürg und Mitterfels) und in der Münchner Schotterebene (WKS Ebersberg) weiter feucht blieb, gingen die Bodenwasservorräte unter Laubwald an den Waldklimastationen in Freising, Riedenburg und Würzburg bis in den Trockenstressbereich zurück. Die Zunahme der Baumdurchmesser blieb jedoch auf fast allen Waldklimastationen hinter der normalen Entwicklung um bis zu 80 % zurück.
Hochsommer im September
Abb.6: Der heiße Sommer 2015 macht im Herbst 2016 eine außergewöhnliche Buchenmast möglich. (Foto: ASP)
Diese Hitzeperiode mit ihren vielen »heißen Tagen« stellte eine klimatologische Besonderheit dar und sorgte auch für viel Sonnenschein (+35 %). Niederschlag fiel ausreichend, der durch intensive Ereignisse zur Monatsmitte dann aber doch landesweit das Soll erreichte. Allerdings reichte die Spanne in einer Nordwest-Südost-Diagonalen von –75 % in Unterfranken bis +75 % südlich von Passau.
Besonders in Unterfranken hielt damit der Trockenstressbereich im Waldboden bis in den September hinein an, verstärkt durch Temperaturspitzenwerte teilweise über 30 °C. Positiv reagierte das Baumwachstum auf die Wärme. Die Durchmesserzunahme lag an allen Messstationen über dem langjährigen Mittelwert. Der Oktober fiel als erster Monat im Jahr 2016 wieder etwas zu kalt (–1,3°) aus. Die herbstliche Blattverfärbung von Buche und Stieleiche verzögerte sich wegen der warmen Witterung um mehrere Tage.
Beim Niederschlag fehlten 15 % zum Soll. Beim Sonnenschein zeichnete ein Defizit von 31 % ein trübes Bild von diesem Oktober. Im Verlauf des Monats änderten sich die Bodenfeuchteverhältnisse kaum noch. Auf schon im September trockenen Standorten blieben die Füllstände der Bodenwasserspeicher weiterhin unter 40 % der nutzbaren Feldkapazität. An Fichtenstandorten wie an der WKS Höglwald sorgte die hier weiterlaufende Transpiration für eine kontinuierliche Abnahme der Bodenfeuchte. Hier blieb auch, genauso wie bei der Kiefer an der WKS Altdorf, weiterhin die Durchmesserzunahme höher als normal, während sie an den anderen Messstationen deutlich geringer war.
Am Ende der Vegetationsperiode ergab sich außer für die Kiefern an der WKS Altdorf und die Fichten an der WKS Höglwald ein geringeres Dickenwachstum für Fichten, Eichen und besonders für die Buchen. Ob dies noch mit dem vorangegangenen Hitzesommer 2015 in Verbindung gebracht werden kann, bedarf weiterer Untersuchungen. Zumindest für die Buche dürfte jedoch auch die ausgeprägte Mast von Bedeutung gewesen sein.
Der November war witterungsmäßig ein wechselhafter Monat mit einem kurzen winterlichen Intermezzo, ansonsten aber wegen der häufigen Südwestlagen mit teils spätsommerlichem Wetter, besonders im Alpenbereich verstärkt durch Föhneinfluss, meist mild. Dadurch lag er nahe beim statistischen Mittel, bei der Lufttemperatur knapp (–0,2 Grad) darunter, beim Niederschlag sogar fast punktgenau beim Soll. Die Sonne schien 9 % mehr als gewöhnlich. Im Verlauf des Monats füllten sich die Bodenwasservorräte an allen Waldklimastationen langsam wieder auf.