LWF Wissen 86
Aspekte zu Vermehrungsgut und Genetik der Buche
von Randolf Schirmer, Muhidin Šeho, Barbara Fussi, Andreas Ludwig und Michael Luckas

Ein Buchenwald im Frühherbst

Abb. 1: Erntebestand »Höllbachschlag« im Nationalpark Bayerischer Wald (© M. Luckas)

Bei Buche als wichtigste heimische Laubbaumart kommt es entscheidend auf die Herkunft des verwendeten Vermehrungsguts an. Saatguterntebestände aus warm-trockenen Regionen werden an Bedeutung gewinnen. Bei dauerhaft ansteigenden Sommertemperaturen ist mit einem Nachlassen geeigneter Masten auf Grund von Trockenheit und Vitalitätsverlusten zu rechnen. Saatgutlagerung ist nur über kurze Zeiträume möglich. Neben Feldversuchen wird mittels ökologischer Nischenmodelle versucht, im Klimawandel besonders geeignete Herkünfte zu lokalisieren. Das Genom der Buche ist entschlüsselt, aber die Bestimmung adpativer Marker auf dem Genom, welche beispielsweise die Trockenheitsresistenz steuern, ist derzeit noch nicht möglich. Der Ausweisung von genetisch besonders wertvollen Beständen in Umsetzung des Generhaltungsprogramms kommt daher besondere Bedeutung zu.

Die Buche ist die dominierende Baumart der feucht­-gemäßigten Klimazonen Europas. In Gebieten mit zunehmendem Kontinentalklima verliert sie wegen mangelnder Frostresistenz und ausgeprägter Spätfrost­anfälligkeit ihre Konkurrenzkraft gegenüber Nadel­holzarten. Auch bei verstärkt auftretender Trockenheit erreicht sie den Randbereich ihres natürlichen Vor­kommens. In den letzten Trockensommern wurde ihr Vitalitätsverlust auf Grund ausbleibender Niederschlä­ge besonders sichtbar. Obwohl ihr großes Verbrei­tungsgebiet auf eine hohe Klimaplastizität schließen lässt, gehört die Buche bei steigenden Temperaturen und nachlassenden Niederschlägen in den standörtli­chen Randbereichen ihrer Verbreitung – wie zum Bei­spiel auf der Fränkischen Platte – zu den Verlierern im Klimawandel.

Saatgut und Vermehrung

Erntebestände
Gemäß Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) darf nur in amtlich zugelassenen und im Erntezulassungsregis­ter eingetragenen Buchenbeständen Saatgut für den Vertrieb geerntet werden. Fachleute der Forstverwal­tung wählen dafür Waldbestände aus, die die recht­lich geforderten Mindestkriterien erfüllen. Ein Alter von wenigstens 70 Jahren, eine Mindestbestandsgrö­ße und vor allem Kriterien wie überdurchschnittliche Stammform, Wuchsleistung und Vitalität der Buchen sind entscheidend für die Zulassung. Durch Weiterver­erbung dieser Eigenschaften wird sichergestellt, dass Waldbesitzer gut veranlagte und leistungsfähige Pflan­zen für ihren Wald erhalten.
Im Erntezulassungsregister (EZR) für Bayern, das am Bayerischen Amt für Waldgenetik (AWG) in Tei­sendorf geführt wird, sind 540 Saatguterntebestände mit einer baumartenbezogenen Fläche von 11.000 ha aufgeführt. Sie sind jeweils einem Gebiet mit annä­hernd einheitlichen ökologischen Bedingungen, dem sogenannten Herkunftsgebiet zugeordnet. Es handelt sich dabei um eine abgegrenzte Region, in der Saat­guterntebestände ähnliche phänotypische und gene­tische Merkmale aufweisen. Gesundheit, Stabilität und Leistungsvermögen der Wälder hängen entscheidend von der Wahl der richtigen Herkunft ab.
Für die Rotbuche sind in Bayern 12 Herkunftsgebiete ausgewiesen. Zur Saatguternte zugelassene Buchen­bestände sind in ganz Bayern zu finden, mit einem deutlichen Schwerpunkt im Spessart, der Fränkischen Platte und im Steigerwald. Ein besonders hochwer­tiger Buchensaatgutbestand in Hinblick auf Wuchs­- und Formeigenschaften ist aber auch im Gebiet des Nationalparks Bayerischer Wald zu finden (Abb. 1). In Versuchen konnte eine Überlegenheit seiner Nachkommenschaften im Vergleich zu Vermehrungsgut aus Erntebeständen anderer Herkünfte nachgewiesen werden.
Zwei Fotos: Links ein männliche, rechts ein weibliche BuchenblüteZoombild vorhanden

Abb. 2: Männliche Blüte (links); weibliche Blüte (rechts) (© M. Luckas)

Fruktifikation
Frühestens im Alter von 30 Jahren beginnen Buchen, zeitgleich mit dem Blattaustrieb ab Ende April zu blü­hen. Der Witterungsverlauf im Vorjahr entscheidet da­rüber, ob aus einer Knospe ein Trieb oder eine Blüte wird. Trockenheit und hohe Temperaturen im Früh­sommer können eine kräftige Blüte im Folgejahr verurs­achen. Buchen sind einhäusig – an einem Baum be­finden sich männliche und weibliche Blüten. (Abb. 2). Sie stehen getrennt in unscheinbaren Blütenständen an jungen Trieben. Die männlichen Staubblüten hän­gen in Form büschelartiger Kätzchen an einem 3 bis 5 cm langen Stiel. Die weiblichen Blüten hingegen sit­zen auf einem kurzen Stängel, meist zu zweit, aufrecht und geschützt von einer behaarten Umhüllung. Sie be­sitzen je einen Fruchtknoten mit drei Narben.
Samenreife und Ernte
Wie bei den meisten heimischen Waldbäumen erfolgt die Bestäubung auch bei der Buche durch Wind. Nach der Befruchtung der Samenanlagen entwickeln sich in einem stacheligen Fruchtbecher (Cupula) meist zwei dreikantige Nussfrüchte, die Bucheckern. Blüte und Fruktifikation finden allerdings nicht jedes Jahr statt, sondern in unterschiedlicher Intensität in nur unregel­mäßigen Abständen. Im Zeitraum 2010/21 traten sechs Jahre ohne Erntemöglichkeiten auf (Abb. 3).

Säulendiagramm zeigt das Saatguternteaufkommen

Abbildung 3: Entwicklung des Saatguternteaufkommens in Bayern im Zeitraum 2010 – 2021, aufgegliedert nach
Herkunftsgebieten Quelle: Bayer. Erntezulassungsregister

ein großes Netz liegt ausgebreitet auf dem WaldbodenZoombild vorhanden

Abb. 4: Netzernte im bayerischen Staatswald (© A. Ludwig)

Der Reifevorgang der Früchte wird durch eine zu­nehmende Braunfärbung angezeigt und ist Mitte bis Ende September abgeschlossen. Mit fortschreitender Austrocknung springt der Fruchtbecher auf und lässt bis in den November hinein die glänzend braunen Bucheckern fallen. Nur nach einer üppigen Blüte der herrschenden und vorherrschenden Bäume und einer Fruchtreife ohne Spätfrost, Trockenheit, Sturm oder Hagelschlag ist die Voraussetzung für eine erfolgrei­che Ernte gegeben. Alle 5 bis 8 Jahre können Buchen­bestände sehr stark im Sinne einer Vollmast fruktifi­zieren. Dieser Begriff stammt aus dem Mittelalter, als Schweine in den Wald getrieben wurden, um sie dort mit Waldfrüchten zu mästen. Bucheckern bestehen zu 23 % aus Eiweiß und zu 50 % aus Fett. Menschen sollten keine größeren Mengen an Bucheckern verzehren, da die Samenhaut den giftigen Inhaltsstoff Fagin enthält, der zu Vergiftungen führen kann (Schütt 1992).

Je nach Intensität der Mast können von einem Baum 5 bis 25 kg Saatgut geerntet werden. Großkronige So­litärbäume können sogar bis zu 50 kg Bucheckern tra­gen. Bei Vollmasten liegen unter einem Baum bis zu 500 Samen/m² (Amann 1956).

Für die professionelle Saatgutbereitstellung wer­den von Forstsaatgutbetrieben Erntenetze unter den Samenbäumen ausgelegt, um die Bucheckern zu sam­meln (Abb. 4).
Steckbrief Buchensamen
Fruchtbecher Meist mit 2 Bucheckern
1 kg Samenca. 5.000 Bucheckern
1 kg Samenca. 800 – 15.00 Sämlinge
Tausendkorngewicht ca. 190 – 220 g
Wenn nach den ersten Herbststürmen im Oktober die Masse an Bucheckern gefallen ist, können die Net­ze zusammengezogen und das Buchensaatgut mittels spezieller Reinigungsmaschinen von Laub und sonsti­gen Verunreinigungen getrennt werden. Da im Früh­herbst zuerst das Hohlkorn abfällt, sollten die Netze nicht zu früh ausgelegt werden.
In guten Erntejahren können in einem Bestand mehre­re Tonnen Bucheckern gewonnen werden. Die rekord­verdächtige Vollmast des Jahres 2011 führte bayernweit zu einem Ernteergebnis von etwa 53.000 kg gereinig­ten Saatguts. Aus Abbildung 3 wird deutlich, dass mehr als 50 % des in Bayern geernteten Buchensaat­guts in den beiden Herkunftsgebieten Fränkische Alb (810 18) und Alpenvorland (810 24) gewonnen wird.

Saatgutbehandlung und Anzucht

Saatgutqualität und Lagerung
Die Qualität des Saatguts hängt u. a. von der Blühinten­sität und den klimatischen Bedingungen während der Fruchtreife ab. Eine Ernte ist nur lohnend, wenn 70 bis 80 % der Samen beim Aufschneiden ein weißes Endos­perm aufweisen. Bei Vollmasten können bis zu 90 % der Bucheckern von hervorragender Qualität sein. Da­gegen ist in Sprengmastjahren der Hohlkornanteil auf­grund von Selbstbestäubung häufig so hoch, dass von einer Beerntung abgesehen werden muss. Bei Spreng-­ und Halbmasten sind die wenigen Bucheckern zudem häufig von Schädlingen befallen und daher stark in ih­rer Qualität beeinträchtigt.
Bucheckern liegen ausgebreitet in einer Halle, Traktor sät das Saatgut auf einem FeldZoombild vorhanden

Abb. 5: Stratifikation von Bucheckern (links) und Aussaat (rechts) im BaySF Baumschulbetrieb Laufen (© A. Ludwig)

Buchensaatgut entwickelt durch Akkumulation ver­schiedener Hormone eine natürliche Keimhemmung (Bärtels 1996), wodurch die Keimung bis zum folgen­den Frühjahr unterdrückt wird. Durch Stratifikation (Kalt­-Nass-­Behandlung) muss diese Keimhemmung spätestens vor der Aussaat überwunden werden. Hier­zu wird das Saatgut bei einer Feuchte von 28 bis 32 % mindestens 100 Tage bei einer Temperatur von 3 bis 5 °C gelagert (Abb. 5). Danach kann das für die un­mittelbar nachfolgende Frühjahrsaussaat vorgesehene Saatgut auf 20 bis 25 % Saatgutfeuchte getrocknet und bei – 3 °C zwischengelagert werden.

Um auch in Jahren ohne Erntemöglichkeiten aus­reichend Saatgut zur Verfügung zu haben, können Bucheckern bei optimaler Ausgangsqualität und Auf­bereitungsmethodik 3 bis 4 Jahre eingelagert werden. Niedriger Wassergehalt und geringe Lagertemperatur sind hierfür Voraussetzung. Das stratifizierte Saatgut wird daher auf 8 bis 10 % Feuchtegehalt getrocknet und in luftdicht verschlossenen PE­Säcken bei – 7 bis – 10 °C eingefroren. In Ausnahmefällen ist eine Lage­rung bis zu 5 Jahren möglich (Suzka 1974).
Lagerversuche haben gezeigt, dass Saatgut aus Vollmasten länger gelagert werden kann als solches aus Halb­ und Sprengmasten (Schubert, o. A.) In ei­nem Versuch wies 18 Jahre lang gelagertes Saatgut aus einer Vollmast noch 54 % Keimfähigkeit auf. Nicht unterschätzt werden darf die Erfahrung, dass länger gelagertes Saatgut im Tetrazoliumtest unter Laborbe­dingungen zwar noch über eine gute Keimfähigkeit verfügen kann, die Keimkraft zum Auflaufen unter Freilandbedingungen in der Baumschule jedoch stark nachgelassen hat. Ausfälle und geringes Sämlings­wachstum sind die Folge. Saaten aus langfristiger La­gerung laufen im Saatbeet dann sehr lückig auf.
Buchensaatgut steht wegen der unregelmäßig auf­tretenden Masten und der begrenzten Lagerdauer nur in beschränktem Umfang zur Verfügung. Freisaaten können daher im Wald aufgrund des hohen Saatgut­bedarfs von 200 – 300 kg/ha nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden und beschränken sich meist auf Vollmastjahre.

In Baumschulen kann bei Aussaatmengen von 100 – 150 g/m2 mit 800 bis 1.500 verkaufsfertigen Sämlingen je Kilogramm Saatgut gerechnet werden (Krüssmann 1997). Als Regelsortiment werden ein­ bis zweijähri­ge Pflanzen (1/0, 1/1 bzw. 2/0) in den Größenklassen 15/30, 30/50, 50/80 vom Waldbesitzer angefragt.

Herkunftsunterschiede entscheidend

Die Gattung Fagus wird anhand morphologischer Merkmale in die Arten Rotbuche (F. sylvatica) und in die in Kleinasien verbreitete Orientbuche (F. orientalis) abgegrenzt. Im Übergangsbereich beider Arten (Nordgriechenland, Südwestbulgarien, europäischer Teil der Türkei) tritt die Hybridform F. x moesiaca auf. In dieser Region kommt F. sylvatica vorwiegend in Berg lagen und F. orientalis in Tallagen und küsten­nahen Gebieten vor. Abbildung 6 zeigt die Herkunfts­unterschiede anhand unterschiedlicher genetischer Muster.

Diagramm: farblich abgegrenzte Bereiche zeigen genetische Vielfalt

Abbildung 6: Genetische Unterschiede zwischen bulgarischen (1-6), deutschen (7-16), einer türkischen (17) einer
griechischen (18), einer italienischen (19) und einer schwedischen (20) Buchenpopulation (© LWF)

Buchen zeigen aufgrund ihres großen natürlichen Ver­breitungsgebiets eine große Variabilität in ihren Leis­tungs­ und Qualitätsmerkmalen und in ihrer Toleranz gegenüber Spätfrost und Trockenheit. Bei der Pflan­zung hat daher nicht nur die Herkunft, sondern ggf. sogar der jeweilige Saatguterntebestand einen großen Einfluss auf den Anbauerfolg. Die räumliche Nähe ei­nes Saatguterntebestands zum Auspflanzungsort zeig­te sich in Anbauversuchen als weniger wichtig für den Anbauerfolg als die Verwendung von Vermehrungsgut aus vergleichbaren Höhenlagen (Kleinschmit 2008).

Bei den genetisch beeinflussten Eigenschaften ist zwi­schen herkunftsbezogenen und qualitätsbezogenen Merkmalen zu unterscheiden.
Wichtigste herkunftsgesteuerte Merkmale sind Aus­triebszeitpunkt und -­geschwindigkeit sowie der Vege­tationsabschluss. Sie sind Ausdruck der regionalen An­passung einer Herkunft. Werden Hochlagenherkünfte im Tiefland ausgepflanzt, treiben sie schneller aus als dort wachsende Herkünfte und sind somit stärker spätfrostgefährdet. Als Reaktion auf den Klimawandel ist daher ausschließlich ein begrenztes Verbringen von Tieflagenherkünften in etwas höhere Lagen ratsam.
Eine Buche mit rostbraunen BlätternZoombild vorhanden

Abb. 7: Genetisch veränderte Blattfarbe bei Blutbuche (© AWG)

Tieflagenherkünfte benötigen eine hohe Wärmesum­me und zeigen somit im Frühjahr einen verzögerten Austrieb, der sie vor Spätfrösten schützt. Tieflagen­herkünfte und südliche Herkünfte können die Vege­tationszeit besser ausnutzen. In Versuchen korrelierte das Wachstum positiv mit der Zeit des Vegetationsab­schlusses, aber nicht mit dem Vegetationsbeginn. Hochlagenprovenienzen beziehungsweise Herkünf­te aus dem nördlichen Randbereich der Verbreitung erwiesen sich als wuchsschwächer, sind aber win­terfrostresistenter (Rohmeder 1959). Sie treiben, wie Herkünfte aus südlicheren Lagen, schneller aus, wenn sie in Tieflagen oder nach Norden verbracht werden und sind somit stark spätfrostgefährdet. Die Herausfor­derung im Klimawandel wird sein, trockenheits­ und hitzetolerante Herkünfte zu finden, die jedoch trotz­dem noch eine ausreichende Frosthärte aufweisen.

In Trockenstressuntersuchungen verschiedener Buchen­herkünfte unter Laborbedingungen wurden erhebli­che Unterschiede in der Reaktion einzelner Herkünfte beobachtet. Zentralpolnische Herkünfte litten weniger unter Trockenheit als Herkünfte aus dem ostdeutschen Tiefland und Westpolen (Czajkowski 2006).
Provenienzen aus wintermildem Küstenklima wach­sen in kalten, subkontinentalen Regionen langsamer. Neben den herkunftsbezogenen Eigenschaften sind bei der Buche qualitätsbezogene Merkmale wie Dreh­wuchs, Zwieselbildung und Geradschaftigkeit in ho­hem Maß genetisch beeinflusst. Herkünfte aus höhe­ren Lagen erbrachten in Anbauversuchen tendenziell bessere Schaftformen als Tieflagenherkünfte . Bei den Varietäten der Buche sind die rötlich gefärbten Blät­ter der Blutbuche (Abb. 7) sowie die herabhängenden Äste der Trauerbuche Beispiele für spontan auftreten­de Mutationen.

Anpassung der Verwendungsempfehlungen im Klimawandel

Die Trockenheit der letzten Jahre führte bei Buchenbe­ständen zu Vitalitätsverlusten und Absterbeprozessen, obwohl die Buche in Bayern vielerorts klimatische Optimalbedingungen vorfindet. Die Ergebnisse eines internationalen Herkunftsversuchs zeigen auf süd­deutschen Versuchsflächen deutliche Unterschiede zwischen untersuchten Herkünften (Šeho et al. 2022). Bestimmte Herkünfte zeigen als »Generalisten« sowohl unter kalt-­trockenen (Fichtelberg/Fichtelgebirge) als auch unter warm­-trockenen (Kaiserstuhl/Freiburg) Klimabedingungen überdurchschnittliche Wuchsleis­tungen. Im Gegensatz dazu weisen »Spezialisten« nur unter kalt­trockenen, kontinentalen Bedingungen eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit und ein erhöh­tes Wachstum auf.
Neben Feldversuchen stellen nach Herkunftsregio­nen aufgesplittete Nischenmodelle eine neue Mög­lichkeit der Bewertung von Herkünften dar (Mellert et al. 2021a, b). Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Aufgliederung der Herkunftsregionen nach dem dort herrschenden klimatischen Selektionsdruck. Dadurch kann die potenzielle Umweltanpassung auf der Ebene des Ökotyps bewertet werden.
Die Gliederung der europäischen Buchenherkunfts­regionen erfolgt anhand der natürlichen Vegetation in 30 Einheiten (Abb. 8). Für diese Einheiten wird mit Methoden der Genetik, Baumphysiologie und Re­silienzforschung untersucht, ob es unter heimischen Herkünften besonders klimatolerante, d. h. angepasste und anpassungsfähige lokale Herkünfte gibt, für die in der Praxis auch verfügbare Saatguterntebestände vor­handen sind.

Liniediagramm zeigt ökologisches Optimum verschiedener Buchenherkünfte.

Abbildung 8: Nischenmodell für Buche (Mellert et al. 2021): Standortseignung (Favorability) unterschiedlicher Buchenherkünfte in Abhängigkeit von der Sommermitteltemperatur (© LWF)

Die Ergebnisse von forstgenetischen Feldversuchen und Modellierungen zeigen, dass ausgewählte Bu­chenherkünfte aus anderen Regionen Europas ge­eignet scheinen, um heimische Wälder mit an den Klimawandel angepasstem Saat­ und Pflanzgut anzu­reichern. Die aktualisierten Verwendungsempfehlun­gen sehen daher für besonders vom Klimawandel betroffene Herkunftsgebiete wie beispielsweise dem Oberrheingraben die Möglichkeit vor, im Rahmen von Praxisanbauversuchen Saatgut aus wärmeren Regio­nen (Nordostfrankreich, Burgund) testweise zu ver­wenden.

Genom entschlüsselt

Das Genom der Buche als wichtigste heimische Laub­baumart wurde bereits 2018 entschlüsselt (Mishra et al. 2018). Die vollständige DNA-­Sequenz ist 542 Megaba­sen lang und besteht aus 542.000.000 Einzelbaustei­nen, die auf 12 Chromosomen verteilt sind. Insgesamt wurden 130.000 Rotbuchen-­Gene identifiziert.

Neben dem Erbgut im Zellkern befinden sich auch in Chloroplasten und Mitochondrien weitere Erbinfor­mation. Die Sequenz dieses mitochondrialen Genoms wurde ebenfalls entschlüsselt (Mader et al. 2020). Zu einer einzigen DNA-­Sequenz zusammengesetzt, ergibt es eine Länge von 504.715 Basenpaaren.

Insgesamt wurden 58 Gene gefunden. Innerhalb die­ser Gene konnten vier für Fagus spezifische Genmar­ker (sog. SNPs, Single Nucleotide Polymorphisms) entwickelt werden. Dieses Markerset eignet sich zur Identifizierung der Gattung Fagus in DNA-­Proben aus Baumgeweben oder Holzprodukten.
Gene sind die Grundlage des Erscheinungsbildes eines Baumes. Je vielfältiger seine genetische Aus­stattung, desto reaktionsfähiger ist er angesichts sich ändernder Umweltfaktoren. Auf den Bestand bezogen sagt die genetische Vielfalt etwas über die Unterschie­de zwischen den Individuen aus und ist vergleichbar mit einem Werkzeugkoffer. Je mehr Werkzeuge zur Verfügung stehen, desto besser kann sich ein Bestand an neue Umweltbedingungen anpassen.
Genetische Muster und Rückwanderungswege
Die Buchenvorkommen in Europa lassen sich auf Grundlage der nacheiszeitlichen Rückwanderung in drei Hauptgenpools unterteilen. Es wird vermutet, dass die bayerischen Herkünfte vor allem aus dem nördlichen Balkan stammen. (Magri et al. 2006, Postolache et al. 2021).

Aufgrund der Ausbreitung des Pollens durch Wind und der großflächigen Vorkommen ist die genetische Differenzierung in Deutschland zwischen Regionen sehr gering. Innerhalb der Bestände ist jedoch eine hohe genetische Diversität festzustellen (Postolache et al. 2021). Daher ist bei der Pflanzung von Buchenbe­ständen die Verwendung von Saatgut aus möglichst vielen verschiedenen Beständen ratsam. Um die ge­netische Vielfalt im Saatgut zu erhöhen, eignet sich auch die gezielte Auswahl von vielen Plusbäumen und deren Zusammenstellung in möglichst großen Samen­plantagen.
Anpassungsrelevante Marker – Studien zu Trockenstresstoleranz und Phänologie
Die Lokalisierung anpassungsrelevanter Gene, die für hohe Trockenstressresistenz verantwortlich sind, wird vor dem Hintergrund des Klimawandels immer wichti­ger. Mittels dieser adaptiven Marker soll es in Zukunft gelingen, Saatgut von Buchenbeständen zu empfeh­len, das mit ausgeprägter Sommertrockenheit besser zurechtkommt. Über Genexpressions-­ oder Assoziati­onsstudien werden phänotypische Merkmale und Re­aktionen auf Stressbedingungen mit genetischen Mar­kern in Verbindung gebracht. Unterschiede in einem Trockenstressgen wurden zwischen Beständen von trockenen und feuchten Standorten in Bulgarien fest­gestellt (Fussi et al. 2014). Nur wenn bestimmte Gene und Genkombinationen gefunden werden, die ursäch­lich für die Trockenstresstoleranz verantwortlich sind, kann eine Auslesezüchtung in Kombination mit Feld­versuchen zu praxistauglichen Ergebnissen führen.
Die großräumige genetische Struktur der Buche zeigt, dass Bestände in hohem Maß über den Genfluss miteinander verbunden sind. Die Kombination aus Genfluss, der die Diversität innerhalb der Population aufrechterhält, und Selektion, die die adaptive Diffe­renzierung zwischen Populationen bedingt, sichert die Grundlage für eine hohe Anpassungsfähigkeit (Postolache et al. 2021).
Zusätzlich können Umwelteinflüsse Gene aktivieren oder deaktivieren. Sobald diese Genregulation vererbt wird, spricht man von Epigenetik. Ein Gen für eine be­stimmte Ausprägung eines Merkmals muss aber vor­handen sein. Es kommt auf das Zusammenspiel der Gene und deren Aktivitätszustand an, um in geeigneter Weise auf Umwelteinflüsse reagieren zu können. Vie­le der in einem Einzelbaum aufgebauten spezifischen Zustände der Gene werden im Zuge der Vererbung wieder gelöscht. Der Einfluss vererbter Muster der Genregulationen auf den Phänotyp und dessen Reak­tionsfähigkeit muss erst geklärt werden. Bei der Buche ist über diese Weitergabe der Stresserinnerung noch wenig bekannt. Es gibt jedoch Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass z. B. bestimmte Blattmerkmale (Spaltöffnungsgröße, Spaltöffnungsdichte, Blattmasse je Fläche) epigenetisch beeinflusst sein könnten (Petrik et al. 2022). So könnte ein Trockensommer im Fol­gejahr die Ausbildung von kleineren Spaltöffnungen, einer höheren Spaltöffnungsdichte und dickeren Blät­tern verursachen.

Generhaltung und genetisches Monitoring

Die Erhaltung forstlicher Genressourcen bei Buche erfolgt in Umsetzung des »Konzepts zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung forstlicher Genressourcen in Bayern« (ASP, 2015). Ziel ist die Sicherstellung der langfristigen Weitergabe der Erbinformationen an die Folgegenerationen. Die aktuellen Umweltveränderun­gen vollziehen sich so schnell, dass es zum Absterben von Buchenbeständen kommt und eine natürliche An­passung nicht mehr möglich ist. Daher muss die För­derung der Biodiversität vorrangig in durch Trocken­heit gefährdeten Regionen verstärkt werden, da sie die Grundlage der Anpassungsfähigkeit darstellt.
Die Ergebnisse zeigen eine hohe genetische Vielfalt innerhalb der untersuchten Bestände. Sie sind Grund­lage der Empfehlungen für Maßnahmen zur Sicherung des Genpools in den beiden südbayerischen Gener­haltungszonen, die 45 % der bayerischen Waldfläche repräsentieren. In den kommenden Jahren werden weitere Bestände in den drei nordbayerischen Gen­erhaltungszonen ausgewählt und untersucht. Neben der Erhaltung der Buche in Wirtschaftswäldern sollen zusätzlich besonders schützenswerte Einzelvorkom­men auf Sonderstandorten und in Naturwaldreserva­ten als Generhaltungsbestände ausgewiesen werden. Vorhandene Bestände sollen erhalten und besonders wertvolle Vorkommen repräsentativ beerntet und auf geeigneten Standorten neu etabliert werden.
Zu sehen ist die Monitoringfläche Adlgaß  Zoombild vorhanden

Abb. 9: Forstgenetische Monitoringfläche Adlgaß (© M. Šeho)

Die Sicherung von Waldbeständen unter sich schnell ändernden Umweltbedingungen ist ein wichtiger As­pekt nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Grundlage hierfür ist eine Langzeitbeobachtung der genetischen Variation. In wiederholten Inventuren wird dabei be­wertet, ob ein Waldbestand auf lange Sicht überleben, sich fortpflanzen und fortbestehen kann (Fussi et al. 2016). Das AWG hat hierfür ein Monitoringkonzept entwickelt, auf dessen Grundlage schädliche Ände­rungen der genetischen Anpassungsfähigkeit der Wälder frühzeitig erkannt werden. Grundlage hierfür sind Dauerbeobachtungsflächen unter verschiedene Umweltbedingungen im Kranzberger Forst/Freising sowie in einem Bergwaldbestand bei Adlgaß/Inzell (Abb. 9). Neben regelmäßigen genetischen Untersu­chungen werden phänologische Beobachtungen (Aus­triebsverlauf, Blüh­- und Fruktifikationsintensität) sowie Vitalitätseinschätzungen an ausgewählten Bäumen durchgeführt. Zusätzlich werden auf beiden Flächen Wetterdaten aufgezeichnet. Dadurch werden z. B. Spät­fröste, die sich negativ auf das Reproduktionsgesche­hen (z. B. Absterben der Blüten) auswirken, dokumen­tiert.

In beiden Dauerbeobachtungsbeständen herrscht ein intakter Genfluss. Die genetische Vielfalt der Eltern­bäume wird vollständig auf die Naturverjüngung über­tragen (Abb. 10).

Säulendiagramm zeigt genetische Vielfalt

Abbildung 10: Genetische Vielfaltswerte für drei Generationen der Dauerbeobachtungsfläche Adlgaß (© LWF)

Auf der Buchenfläche Adlgaß wird eine erhöhte ge­netische Vielfalt bei der Naturverjüngung beobachtet, da die Pflanzen aus mehreren Samenjahren stammen. Durch das forstgenetische Monitoring können zeitli­che und räumliche Veränderungen genetischer Para­meter in den beiden Beständen frühzeitig aufgezeigt und die Anpassungsfähigkeit von Waldbeständen wis­senschaftlich beurteilt werden.
Oberstes Ziel ist die langfristige Erhaltung der geneti­schen Information wertvoller Buchenbestände am Ort ihres Vorkommens. Die Bestände werden in sog. Gen­erhaltungszonen nach ökologischen und genetischen Kriterien vorausgewählt. Derzeit läuft dieser Prozess in potenziellen Erhaltungsbeständen südlich der Donau bis hin zum Alpenbereich. Genetische Analysen von zehn Beständen ermöglichen einen Überblick über die genetische Variabilität sowie die räumliche Vertei­lung der genetischen Muster.

Summary
For beech as the most important native broadleaf tree species, the origin of the propagation material used is crucial. Seed stands from warm-dry regions will gain in importance. With permanently rising summer temperatures, a decline of suitable masts due to drought and loss of vitality is to be expected. Seed storage is only possible for short periods. In addition to field trials, eco-logical niche models are being used to try to localise par-ticularly suitable provenances under climate change. The genome of beech has been decoded, but the determination of adaptive markers on the genome, which control drought resistance, for example, is not yet possible. The designation of genetically particularly valuable stands in implementation of the gene conservation programme is therefore of particular importance.

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