Dr. Isabel Mück
Traubeneichen-Reliktvorkommen: Anpassung im Klimawandel - LWF aktuell 131

Eichenarten (Quercus spp.) an südexponierten Trockenhängen sind und waren aufgrund ihrer schweren Zugänglichkeit und ihrer geringen Wuchshöhe für den kommerziellen Holzgewinn uninteressant und wurden somit oft nur extensiv bewirtschaftet. Bei der Auswahl der Traubeneichen-Bestände waren es genau solche Vorkommen, nach denen wir suchten: autochthone Bestände mit Reliktcharakter.

Reliktarten geben Auskunft über klimabedingte Anpassungen

Über das Erbgut solcher autochthonen Vorkommen – also Populationen, die über mehrere Generationen im selben Habitat ohne menschliches Zutun überlebt haben – sind Rückschlüsse auf klimabedingte Adaptionen möglich. Man kann davon ausgehen, dass sich Eichenbestände an solchen extremen Standorten lokal über mehrere Generationen an die extreme Trockenheit angepasst haben und daher wertvolle genetische Ressourcen liefern, um langfristig klimastabile Wälder zu erhalten bzw. zu schaffen. Für Eichenarten (Quercus spp.) konnte man nachweisen, dass während der letzten Eiszeit Individuen in sogenannten »südlichen Refugien« überdauert haben, welche sich auf der Iberischen, Italienischen und der Balkan-Halbinsel befunden haben. Wärmeres und feuchteres Klima ermöglichte 13.000 v. Chr. eine Rückwanderung der Eichen aus deren südlichen Refugien bis hin zu den zentraleuropäischen Bergketten (Alpen, Pyrenäen, Karpaten ca. 11.000 v. Chr.). Nach einer erneuten Kälteperiode (10–11.000 v. Chr.) setzten die Eichen ihre Rückwanderung dann fort und erreichten im frühen Holozän (10.000 v. Chr.) die Atlantikküste und etwas später auch Zentral- und Osteuropa. Die Rekolonisierung der Eichen nach der letzten Eiszeit spielt eine zentrale Rolle für die genetische Diversität und die geografischen Unterschiede der Bestände.

AQUAREL

Im Rahmen des Projekts AQUAREL (Anpassung von Quercus petraea an Reliktstandorte) sind seit 2019 insgesamt 53 autochthone Traubeneichenbestände mit Reliktcharakter und elf Vergleichsbestände (ohne Reliktcharakter) untersucht worden. Unsere Projektpartner der FVA in Freiburg haben Proben von 25 Beständen in Baden-Württemberg und 13 im Elsass beprobt. Weitere 15 Bestände wurden in Rheinland-Pfalz von der FAWF in Trippstadt und elf Eichenbestände in Bayern vom AWG beprobt. Bei 30 bis 48 Bäumen pro Bestand wurde Blatt- bzw. Knospenmaterial für genetische Untersuchungen gesammelt. Zunächst wurde die genetische Artbestimmung (Q. petraea, Q. robur, Q. pubescens) eines jeden einzelnen Baumes durchgeführt, da oft trotz morphologischer Bestimmungskriterien eine eindeutige Artzuweisung (auch aufgrund möglicher Hybridisierung) nicht sicher war. Die Artbestimmung ist unter anderem wichtig, da nur Traubeneichen sequenziert wurden. Damit sollten Kandidatengene gefunden werden, die beispielsweise dafür verantwortlich sind, Trockenheit zu ertragen.

DNA-Untersuchungen für die Klimaanpassung

Steiler, flachgründiger, ausgetrockneter Hand mit niedrig gewachsenen TraubeneichenZoombild vorhanden

Abb. 1: Typischer Traubeneichen­ Bestand an einem südex­ponierten Steilhang am Silberberg bei Wallenfels (Ofr.)

Anhand der Kern-DNA werden populationsgenetische Strukturen innerhalb der Populationen, aber auch zwischen den Populationen bestimmt. Mittels der Chloroplasten-DNA können die nacheiszeitlichen Rückwanderungswege der Eichen aus glazialen Refugien und deren Autochthonie verfolgt werden. Beides kann sich auf die genetische Diversität der Bestände auswirken, welche wiederum ausschlaggebend für die evolutive Anpassungsfähigkeit einer Population ist. Genetische Untersuchungen werden an den autochthonen, auf trockenen Standorten stockenden Beständen und an den nicht-autochthonen, auf frischen Standorten befindlichen Beständen durchgeführt. Verglichen werden diese Daten zudem mit bereits vorliegenden Ergebnissen von bewirtschafteten Eichenbeständen. Zielführend ist es zu bestimmen, ob Reliktpopulationen mit einer hohen Anpassungsfähigkeit aufgrund hoher genetischer Diversität als zukunftsorientierte Grundlage für Wälder im Klimawandel besonders geeignet sind. Daher ist ein entscheidender Teil des Projekts AQUAREL darauf ausgerichtet, den Reliktcharakter der untersuchten Traubeneichenpopulationen auch anhand biotischer Indikatoren (Käfer, Moose und Flechten) nachzuweisen. Erste Ergebnisse der Chloroplasten-DNA-Untersuchungen zeigen eine geringe Haplotypdiversität innerhalb der Bestände, was auf einen autochthonen Reliktcharakter der Eichenbestände hinweist. Die allgemeine genetische Diversität zwischen den Beständen ist hoch, womit die Grundlage für eine hohe Anpassungsfähigkeit gegeben ist.

Ausblick

Die endgültigen Ergebnisse der Kern- und Chloroplasten DNA-Untersuchungen aller beprobten Eichen werden weitere Erkenntnisse liefern. Zusammen mit den Untersuchungsergebnissen der Käferfauna-, Moos- und Flechtenflora erwarten wir, dass zu Projektende ein ganzheitliches Bild über den Reliktcharakter der untersuchten Eichenbestände und deren Mehrwert bezüglich des Erhalts und des Schaffens klimastabiler Wälder vorliegt.

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