Header Boden und Klima

RSS-Feed der Bay. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft abonnieren

So verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr. Unser RSS-Feed "Nachrichten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft" informiert Sie kostenlos über unsere aktuellen Beiträge.

Aufruf des RSS-Feeds

Randolf Schirmer
Griechische Buchen für Unterfranken? – LWF aktuell 126

Bei der Suche nach trockenverträglichen Herkünften heimischer Baumarten muss regionales Klima im natürlichen Verbreitungsgebiet besondere Berücksichtigung finden

Angesichts der Trockenschäden in niederschlagsarmen Gebieten Bayerns rücken Überlegungen zum Anbau von südlichen, an Trockenheit besser angepassten Herkünften heimischer Baumarten zunehmend in den Fokus. So wurden im Rahmen einer Exkursion der ANW Bayern die wichtigsten Waldgesellschaften des Rhodopengebirges im warm-trockenen Mazedonien erkundet. Und es zeigt sich wieder einmal: Für das- Wachstum unserer Waldbäume sind neben der genetischen Anpassung vor allem die kleinklimatischen und standörtlichen Bedingungen von herausragender Bedeutung.

Im September 2019 führte eine Exkursion der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) unter der Leitung von Prof. Manfred Schölch (HSWT Weihenstephan) und Franz Obermeier (BaySF-Betrieb Ruhpolding) in das klimatisch warm-trockene Nordgriechenland, wo unter dem Gesichtspunkt »Suche nach trockenverträglichen Herkünften heimischer Baumarten« die wichtigsten Waldgesellschaften des Rhodopengebirges in Ostmazedonien erkundet wurden (Abbildung 2). Herkünfte von Fichte und Buche dieser Klimaregion, die durch eine dreimonatige Sommertrockenheit gekennzeichnet ist, könnten aufgrund ihrer örtlichen Anpassung künftig besser geeignet sein als bislang bewährte heimische Herkünfte.

Klimavergleich Kitzingen – Xanthi

Buchenwald am HangZoombild vorhanden

Abb. 1: Wüchsiger, qualitativ wertvoller Buchenbestand in Erimanthos. (Foto: R. Schirmer)

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen lohnt sich ein Vergleich örtlicher Klimadaten. Exemplarisch wurden die Wetterdaten der letzten Jahre vom unterfränkischen Kitzingen denen der nordgriechischen Stadt Xanthi gegenübergestellt (Tabelle 1). In beiden Regionen treten vergleichbare Niederschläge auf. Nur im April/Mai und im August sind in Xanthi deutlichere Trockenphasen zu beobachten als in Kitzingen. Die etwa 5 °C höheren Jahresmitteltemperaturen in Mazedonien sind vor allem auf die höheren Spätsommer- und Herbsttemperaturen zu- rückzuführen.

Aufgrund der ausgeprägten Frühjahrstrockenheit und der hohen Temperaturen zum Ende der Vegetationsperiode dominieren in der Region um Xanthi hartlaubige immergrüne Baumarten wie Olive (Olea europea) und Steineiche (Quercus ilex) sowie Aleppo- (Pinus halepensis) und Kalabrische Kiefer (Pinus brutia). Aber nur 25 km nördlich von Xanthi wachsen in den Rhodopen nahe der bulgarischen Grenze ertragreiche Wälder wie in Mitteleuropa: Ab 1.100 m ü.NN stocken Buchenwälder vergleichbar der Bestände im Steigerwald (Abbildung 1). Über 1.400 m ü.NN sind großflächige Fichtenwälder mit Tanne wie im Bayerischen Wald zu finden (Abbildung 3).
 JahresniederschlagSommerniederschlag (Juni – August)Jahresmitteltemperatur
Kitzingen (188 m ü.NN)540 mm163 mm11,0 °C
Xanthi (81 m ü.NN)680 mm146 mm16,2 °C
Tabelle 1: Vergleich wichtiger Klimadaten für Kitzingen und Xanthi (Zeitraum 2015–2019)
Quellen: Wetterdienst.de sowie regionale Klimaaufzeichnungen der griechischen Forstverwaltung

Kitzingen ist niederschlagsärmer als die griechischen Rhodopen

Kartenausschnitt von Balkan und GriechenlandZoombild vorhanden

Abb. 2: Die Rhodopen sind ein stark bewaldetes Gebirge im Süden Bulgariens und im Norden Griechenlands. (Grafik: LWF)

Trotz der räumlichen Nähe dieser Fichten- und Buchenwälder zum warm-trockenen Xanthi bedarf es einer genaueren Betrachtung der Klimabedingungen, an die sich diese Wälder angepasst haben. Bekanntlich nehmen Niederschläge mit der Höhenlage deutlich zu und die Temperaturen gleichzeitig ab.

Das regionale Klimadatenmodell Euro-Cordex weist für diese Hochlagen der Rhodopen Jahresniederschläge höhenabhängig zwischen 1.000 und 1.300 mm aus. Der Niederschlag entspricht somit dem der Hochlagen des Bayerischen Waldes. Das gleiche Bild zeichnet sich bei den Jahresmitteltemperaturen ab: Sie liegen in den Kammlagen der Rhodopen bei etwa 4 °C. Am Dreisessel im Bayerischen Wald beträgt diese Temperatur 3 °C.

Bei der Suche nach alternativen Fichtenund Buchenherkünften in Nordgriechenland ist daher davon auszugehen, dass die dort stockenden Vorkommen an Klimabedingungen angepasst sind, die keineswegs jetzigen unterfränkischen Klimabedingungen entsprechen. Es sind keine »Trockenherkünfte«. Allein aufgrund ihrer südlichen Herkunft kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie als Ersatz für das deutlich wärmere und trockenere Unterfranken geeignet sind.

Rhodopen: Hotspots der Biodiversität

Diese Wälder sind wuchskräftig und zeigen nach Auskunft der griechischen Forstbehörde weder Trocken- noch Borkenkäferschäden. Da es sich um Populationen in den eiszeitlichen Refugialgebieten handelt, ist von einer hohen genetischen Vielfalt auszugehen. Die Täler der Rhodopen zählen zu den wichtigen Hotspots der Biodiversität in Südosteuropa. Die genetische Vielfalt dürfte jedoch nicht für alle Baumarten vergleichbar hoch sein:
  • Die Fichte befindet sich am südlichsten Rand ihrer natürlichen Verbreitung. Der Umfang ihrer genetischen Diversität könnte aufgrund der Anpassungsprozesse in dieser Randlage eingeschränkt sein.
  • Die Buchenvorkommen befinden sind im Hybridisierungsbereich von Fagus sylvatica, Fagus x moesiaca und Fagus orientalis. Für die Buchen ist daher von einer hohen genetischen Vielfalt auszugehen.
Hohe genetische Vielfalt kann die Voraussetzung für eine gute Anpassungsfähigkeit in Hinblick auf den Klimawandel sein. Es ist jedoch trotz der Beschreibung des Genoms einer Art nicht möglich, bestimmten Genvarianten spezifische Eigenschaften zuzuordnen. Moderne genetische Analyseverfahren ermöglichen bislang nur eine Beschreibung der Vielfalt des Genoms bezüglich sog. neutraler Genvarianten und ihrer Häufigkeiten. Der genetische Nachweis beispielsweise einer Trockenheitsresistenz ist noch nicht möglich. Herkünfte oder Einzelbäume hinsichtlich ihrer Verträglichkeit gegenüber Trockenheit aufgrund der Kenntnis ihrer genetischen Muster in dem beschriebenen Gebiet zu selektieren, ist daher derzeit eine Wunschvorstellung.

Das »Eiserne Gesetz des Standörtlichen«

Einzeln stehende große Fichte auf Freifläche, darum FichtenwaldZoombild vorhanden

Abb. 3: Solitärfichten und Fichtenbestände in den Rhodopen. (Foto: R. Schirmer)

Der Ansatz, heimische Buchenherkünfte durch »Trockenbuchen« oder Trockenvarianten anderer heimischer Baumarten aus trocken-warmen Klimaregionen zu ersetzen, muss daher stets vor dem Hintergrund des kleinräumigen Lokalklimas und der Wasserspeicherkapazität des Bodens der »Alternativherkunft« überprüft werden.

Nur Arten bzw. Herkünfte aus Regionen, deren Niederschlag und Temperatur heute so ist wie es in den letzten beiden Jahren in Unterfranken zu beobachten war, kommen als Alternative in Frage. In Xanthi war das Klima in den letzten Jahren vergleichbar wie in den Trockenregionen Unterfrankens. Buchen und Fichten kommen dort nicht vor. Kleinräumig entfernt in den Hochlagen sind die Klimabedingungen jedoch völlig anders. Dort wachsen Bestände unter Niederschlägen, die deutlich höher sind als in Unterfranken.

Auf konkreten Messungen beruhende Klimadaten sind für Waldgebiete in den südosteuropäischen Ländern meist nicht verfügbar. Oftmals finden sich vermeintliche »Trockenvarianten« auf besser wasserversorgten Kleinstandorten. In den Rhodopen waren bei der Exkursion zahlreiche Beispiele zu beobachten, wo sich Buchen auf schattigen Hängen und in besser wasserversorgten Gräben noch stellenweise unter die Buchenwaldgrenze in die submontanen, trocken-wärmeren Lagen vorschieben.

Die Waldböden der Rhodopen weisen außerdem ein hohes Wasserspeichervermögen auf und sind nicht zum Beispiel mit kroatischen Karstböden vergleichbar.

Griechische Schwarzkiefern erfolgsversprechender als griechische Fichten oder Buchen

Bei der Erkundung von Anbau-Alternativen für durch Trockenheit geschädigte Wälder in Bayern ist daher auf griechische Baumarten und Herkünfte zu fokussieren, die hinsichtlich ihrer Wärme- und Wasseransprüche zwischen den Fichtenund Buchenwäldern der hochmontanen Stufe und den genannten mediterranen Arten des planar-kollinen Bereichs vorkommen.
Es handelt sich hierbei um die in der submontanen Stufe von 800–1.100 m flächig auftretende Schwarzkiefer (Pinus nigra). Die beobachteten Herkünfte im Übergangsbereich von der Varietät Nigra zur Varietät Pallasiana sind wüchsig und zeigen nach eigener Beobachtung sowie Erfahrungen der griechischen Kollegen keinen Befall mit Schadpilzen.

Aus diesem Grund wurde vor zehn Jahren vom AWG ein deutschlandweiter Herkunftsversuch mit Schwarzkiefer angelegt, der in diesem Frühjahr ausgewertet wird. Die Ergebnisse sind Grundlage für die Überarbeitung der Herkunftsempfehlungen dieser Baumart.

Weitere Anbau-Alternativen: Mediterrane Eichenarten

Wäldchen aus EichenZoombild vorhanden

Abb. 4: Mediterraner Stockausschlagwald aus Trauben- und Zerreiche (Foto: R. Schirmer)

Unter 800 m ü.NN kommen flächig wärmeliebende Eichenmischwälder mit Flaumeiche, Traubeneiche, Zerreiche und Ungarischer Eiche vor. Viele dieser Bestände wurden in der Vergangenheit ausschließlich nieder- und mittelwaldartig genutzt. Sie weisen daher stockausschlagbedingt unbefriedigende Stammformen auf und spiegeln das Leistungspotenzial dieser Baumarten nicht zutreffend wider. Neben der Traubeneiche (Quercus petraea) wurden vor allem auch forstlich ansprechende Bestände mit Ungarischer Eiche (Quercus frainetto) besichtigt. Diese Art sollte unter bayerischen Klimabedingungen in wissenschaftlichen Anbauversuchen getestet werden.

Bei der Exkursion konnten Kontakte für die Saatgutbeschaffung in Griechenland geknüpft werden. Die griechische Forstverwaltung, in deren Eigentum sich fast alle Wälder befinden, erntet jedoch zurzeit kein Saatgut. Zur Einsparung von Kosten wird ausschließlich auf Naturverjüngung gesetzt.

Es wird eine Herausforderung für das AWG, Saatguternten von Baumarten und Herkünften, die im Klimawandel eine Zukunft haben, vor Ort zu initiieren. Herkunftsgesicherte, kontrollierte Ernten aus Beständen in einem geeigneten kleinräumigen Klima sind sowohl für die Aussagekraft von Herkunftsversuchen als auch für die Versorgung mit klimatolerantem Saatgut in Bayern unverzichtbar. Diese Aufgabe wird nur mit zusätzlichem Personal zu leisten sein.

Zusammenfassung

Auf einer Exkursion zum Thema »Trockenresistente Alternativbaumarten« in die nordgriechischen Rhodopen wurden zahlreiche Waldgesellschaften mit Fichten, Tannen, Buchen und Eichen erkundet. Die hohen Wuchsleistungen mancher Buchen- und Fichtenbestände in diesem warm-trockenen Klimaraum sind jedoch nicht nur auf die Herkunft, sondern auch auf besonders günstige kleinklimatische und standörtliche Bedingungen zurückzuführen.

Nordgriechische Fichten und Buchen sind daher nicht generell als trockenresistent einzustufen. Fichten- und Buchenvorkommen mit einer höheren Trockenheitstoleranz können nur in Herkunftsversuchen lokalisiert werden. Der Fokus sollte auf die trockenresistenten Herkünfte der Schwarzkiefer und der mediterranen Eichenarten, insbesondere der Ungarischen Eiche, gelegt werden. Ein noch ungelöstes Problem ist die Versorgung mit Saatgut von klimatoleranten Baumarten. Für herkunftsgesichertes Saatgut sind kontrollierte Ernten in den natürlichen Verbreitungsgebieten unverzichtbar.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autor