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Franz Brosinger
Fichte – ja gerne, aber mit Vernunft! – LWF Wissen 80

Die Wahl der Fichte zum Baum des Jahres 2017 bietet die Chance, die teils kontroversen Diskussionen über die Zukunft dieser Baumart und der Forstwirtschaft in unserem Land zu versachlichen. In Bayern ist die Fichte mit einem Anteil am Waldaufbau von derzeit 42 % die wichtigste Baumart. Ihr Anteil ist seit Jahren rückläufig und wird aufgrund des Klimawandels weiter zurückgehen.

Fichtenwald mit Tal und Berghang im Hintergrund (Foto: Michael Friedel)Zoombild vorhanden

Abb.1. Fichten im Gebirge (Foto: M. Friedel)

Für den Waldbau bedeutet dies jedoch keine völlige Abkehr von dieser Baumart. Bayern weist ein breites Standortspektrum auf, das auch künftig Möglichkeiten für den Anbau der Fichte bietet. Diese müssen vor allem nach dem zu erwartenden Anbaurisiko dieser Baumart beurteilt werden. Mit dem Standort informationssystem BaSIS steht der Bayerischen Forstverwaltung ein auf den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft beruhendes Beratungsinstrument zur Verfügung, das eine entsprechende Differenzierung zulässt.

So kann die Fichte in den kühlen und niederschlagsreichen Lagen weiterhin als führende Baumart empfohlen werden. In Bereichen mit mittlerem Anbaurisiko können Mischwälder mit Fichte das waldbauliche Ziel sein. Bei sehr hohem und hohem Risiko hingegen kommt lediglich eine Beimischung in sehr geringen bzw. geringen Anteilen oder mit verkürzter Umtriebszeit (Fichte auf Zeit) in Betracht. Auf dem Weg zum Mischwald sind die Waldbesitzer in Bayern, unter anderem auch dank der gezielten Beratung und Förderung durch die Bayerische Forstverwaltung, in den letzten Jahren bereits ein gutes Stück vorangekommen.

Im Hinblick auf das durch den Klimawandel voranschreitende Anbaurisiko muss der Waldumbau von Fichtenreinbeständen hin zu stabilen Mischwäldern mit klimatoleranten Baumarten weiter zügig vorangetrieben werden. Dabei können und sollten auch andere Nadelbaumarten Verwendung finden, wie zum Beispiel die heimische Baumart Tanne oder die eingebürgerte und zuwachsstarke Douglasie.

Fichte: Baum des Jahres 2017 – eine gute Wahl

Die »Gemeine Fichte« als Baum des Jahres 2017? Provokation oder längst überfällig? Zumindest gab die Wahl der Dr. Silvius Wodarz Stiftung Anlass für heftige Diskussionen; denn es geht dabei nicht nur um die wichtigste Baumart in Bayern, sondern in hohem Maße auch um die Akzeptanz der Waldbewirtschaftung und Holznutzung seitens unserer Gesellschaft und damit letztlich um die Zukunft der Forstwirtschaft in unserem Land.

Die Wahl der Fichte zum Baum des Jahres 2017 bietet die Möglichkeit, ihre heutige und künftige Rolle auf der Grundlage fundierter Erkenntnisse der Wissenschaft und Praxis zu erklären und zu beschreiben. Wir können die vielfach auf Gefühlen und Traditionen beruhenden Meinungen durch objektive Fakten ersetzen und bestehende Missverständnisse ausräumen. Ein wissenschaftsbasierter Blick auf die Fichte eröffnet aber auch die Chance, die Vorstellungen von Wald und Forstwirtschaft in unserem Land zu überdenken und weiter zu entwickeln.

Die beiden wichtigsten Fragen, die sich die für den Wald Verantwortlichen heute stellen müssen, lauten:

  • Was erwartet unsere Gesellschaft in der Zukunft vom Wald?
  • Aus welchen Baumarten sollen diese Wälder zusammengesetzt sein?
Die Antwort auf die erste Frage ist relativ einfach: Unsere Wälder sollen unsere Lebensgrundlagen und die Biodiversität erhalten, den Auswirkungen des Klimawandels standhalten und dessen Folgen mindern, den Bürgern als wertvoller Erholungsraum dienen, den umweltfreundlichen Rohstoff Holz liefern und selbstverständlich nicht zuletzt auch den Waldbesitzern und der Holzwirtschaft ihr Einkommen gewährleisten.

Wesentlich schwieriger zu beantworten ist jedoch die zweite Frage; denn Zusammensetzung und Aufbau unserer künftigen Wälder hängen von vielen Faktoren ab: dem künftigen Anbaurisiko der jeweiligen Baumarten, den Standortsbedingungen, den waldbaulichen Ausgangssituationen, den jagdlichen Verhältnissen und vor allem den Entscheidungen der einzelnen Waldbesitzer.

Die Fichte – nach wie vor die wichtigste Baumart Bayerns

Wie keine andere Baumart prägt die Fichte die Forst- und Holzwirtschaft Bayerns. Nach den Ergebnissen der Bundeswaldinventur 2012 (BWI III) nimmt sie 42 % der bayerischen Waldfläche ein (LWF 2014). Noch deutlicher ist ihre Dominanz beim Holzvorrat mit rund 50 %, beim Holzeinschlag erreicht sie sogar einen Anteil von 68 %. Sie ist das wirtschaftliche Rückgrat vieler Forstbetriebe und wichtigster Rohstoff für die heimische Sägeindustrie. Die starke Stellung des Clusters Forst und Holz in Bayern stützt sich ganz wesentlich auf diese Baumart. Ohne die Fichte wäre Bayern nicht Deutschlands Holzland Nummer eins.

Der relativ hohe Anteil der Fichte in Bayern hat mehrere Gründe:

  • Die Fichte kommt in Bayern natürlich vor.
  • Fichtenwälder bilden die Waldgesellschaften in den Hochlagen der Alpen und einiger Mittelgebirge sowie in Kaltluftsenken und auf Hochmoorrändern.
  • Darüber hinaus ist die Fichte mit nennenswerten Anteilen in Bergmischwäldern (Buche-Tanne-Fichte mit Bergahorn) und in Tannen-Fichtenwäldern beteiligt. Von dort reicht sie in tiefer gelegene Gebiete als Mischbaumart bis in Buchenwaldgesellschaften hinein
  • Der wesentliche Grund ist aber, dass unsere Vorfahren sie weit über ihr natürliches Vorkommensgebiet hinaus angebaut haben: Die übernutzten, durch Waldweide und Streunutzung devastierten Waldflächen wurden vor mehr als 200 Jahren mit schnellwachsenden Baumarten wie Fichte und Kiefer aufgeforstet.
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Nur so konnte der steigende Bedarf an Bau- und Brennholz im Zuge der beginnenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert gedeckt werden. Der Wiederaufbau der Wälder in der damaligen Zeit stellt rückblickend eine enorme Kulturleistung dar, von der wir heute noch profitieren. Obwohl man die mit der Fichte verbundenen Risiken schon früh erkannt hatte, wurde ihr Anbau vor allem wegen der hohen Produktivität und Robustheit dieser Baumart bis in die 1970er Jahre weiter forciert. Parallel führten auch steigende und überhöhte Wildbestände sowie eine negative Einstellung gegen »verdämmendes « Laubholz dazu, dass Mischbaumarten zurückgingen oder ganz verschwanden und auf großen Flächen Nadelholzreinbestände entstanden.

Eine Trendwende setzte ein, als unter anderem mit dem Inkrafttreten des Waldgesetzes für Bayern (BayWaldG) im Jahr 1975 die Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes in unserer Gesellschaft mehr und mehr in den Vordergrund rückten. Es entwickelte sich das Leitbild einer naturnahen Forstwirtschaft, stabile, strukturreiche und leistungsfähige Mischwälder wurden das waldbauliche Ziel auf allen hierfür geeigneten Standorten. Auch der Waldumbau von nicht standortgerechten Nadelholzreinbeständen hin zu laubbaumreichen Mischbeständen wurde bereits damals angestoßen. Massiv verstärkt hat sich dieser Umschwung durch die seit Anfang dieses Jahrtausends deutlich erkennbaren Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder: Die flachwurzelnde Fichte wird vermehrt Opfer von Stürmen, bei anhaltendenden Hitzeperioden setzen ihr Trockenheit und Borkenkäfer schwer zu.

Wie der Vergleich zwischen der Bundeswaldinventur I (1987) und der Bundeswaldinventur III (2012) zeigt, ging der Fichtenanteil in dieser Zeit von 47,6 % auf 41,9 % zurück; dies entspricht einer Fläche von rund 150.000 ha. Gleichzeitig stieg der Anteil der Laubbäume von 25,9 % auf heute 35,7 %. Dazu beigetragen haben – neben der nachhaltigen Waldbewirtschaftung des Staatswaldes – vor allem die intensive Beratung der privaten und körperschaftlichen Waldbesitzer durch die Bayerische Forstverwaltung sowie die finanzielle Förderung entsprechender waldbaulicher Maßnahmen in den letzten 40 Jahren. Die Veränderung unserer Wälder in den letzten Jahrzehnten ist aus waldbaulicher Sicht im Hinblick auf die notwendige Anpassung an den Klimawandel überaus positiv zu sehen. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung bleibt jedoch noch viel zu tun. Aufgrund der zu erwartenden Zunahme von Witterungsextremen werden die Gefährdungen für die Fichte zunehmen und die Grenzen ihrer Anbaueignung sich weiter verschieben. In großen Teilen Bayerns gibt es sowohl im Staatswald als auch im Privatwald noch zahlreiche Fichtenreinbestände, die in stabile, klimatolerante Mischwälder umgebaut werden müssen.

Klimawandel – das Anbaurisiko für Fichte steigt

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Abb.2: Entwicklung (2000, 2050, 2100) der Anbaurisikoklassen für die Fichte in Bayern (Quelle: BaSIS)

Mit dem Bayerischen Standortinformationssystem (BaSIS) hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) ein modernes, auf den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft beruhendes Beratungsinstrument erstellt. Es liefert wichtige Informationen für die Waldbewirtschaftung, insbesondere die Wahl standortgemäßer, zukunftsfähiger Baumarten, indem es deren klimatische Anbaurisiken aufzeigt.

Um einen Eindruck über die Anbaueignung der Fichte zu erhalten, empfiehlt sich ein Blick auf das Anbaurisiko dieser Baumart heute (Referenzjahr 2000) und in den Jahren 2050 und 2100. Das Anbaurisiko steigt kontinuierlich und wird vor allem in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts ein besorgniserregendes Ausmaß annehmen: Während für die Fichte im Jahr 2000 auf 63,5 % der Waldstandorte Bayerns ein sehr geringes oder geringes Anbaurisiko herrschte, ist dies im Jahr 2050 nur noch auf 32,2 % und im Jahr 2100 auf lediglich 16 % zu erwarten. Für 61 % der Standorte weist die Fichte dann laut dieses Prognoseinstruments ein sehr hohes Anbaurisiko auf. Hier ist ihr Anbau nur noch als Mischbaumart in sehr geringen Anteilen oder mit verkürzter Umtriebszeit (Fichte auf Zeit) zu empfehlen (Abbildung 2).

Die Entwicklung des Risikos und damit der Anpassungsbedarf unserer Wälder an den Klimawandel sind in den verschiedenen Regionen Bayerns naturgemäß sehr unterschiedlich. Unter den klimatischen Bedingungen in der Untermainebene war der Anbau der Fichte immer schon sehr risikobehaftet. Dementsprechend gering ist dort ihr Anteil am Waldaufbau. In den Alpen und in den höheren Lagen der ostbayerischen Grenzgebirge hingegen werden noch im Jahre 2100 Temperaturen und Niederschläge prognostiziert, die auf knapp zwei Drittel der Standorte ein sehr geringes und geringes Risiko für die Fichte erwarten lassen. Drastisch steigt das Risiko für den Anbau der Fichte bis Ende des Jahrhunderts allerdings in vielen Bereichen, in denen sie heute noch ein gutes Wachstum zeigt. So werden zum Beispiel im flächenmäßig bedeutsamen Tertiären Hügelland die Anbaurisikoklassen »hohes Risiko« und »sehr hohes Risiko« von 14,2 % auf 100 % steigen (Abbildung 3).

Das steigende Anbaurisiko und die daraus resultierende Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel werden zweifellos zu einem weiteren Rückgang der Fichte führen. Waldumbau bedeutet aber keinesfalls eine völlige Abkehr von dieser Baumart. Dies ist weder ökologisch noch ökonomisch erforderlich und zielführend. Denn Bayern weist ein breites Spektrum von Standortsbedingungen auf, das auch künftig Möglichkeiten für den Anbau dieser Baumart bietet.

In kühleren, niederschlagsreicheren Lagen (z. B. Mittelgebirge) wird das Anbaurisiko nur moderat steigen. Daher kann dort die Fichte weiterhin als führende Baumart empfohlen werden. In Gebieten mit erhöhtem und hohem Risiko kann sie eine wichtige Mischbaumart mit mehr oder weniger großen, nach Standort und Risiko differenzierten Anteilen sein. Selbst bei sehr hohem Anbaurisiko kann sie in sehr geringem Umfang bzw. als Zeitmischung beteiligt werden. Die Fichte kann und soll in Bayern daher auch künftig in Zeiten des Klimawandels einen Beitrag zu einer naturnahen und leistungsfähigen Forstwirtschaft und damit zur Erzeugung des umweltfreundlichen Rohstoffs Holz leisten.

Trotz Klimawandel – die Fichte, ein wichtiger Bestandteil unserer Wälder

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Abb.3: Entwicklung (2000, 2050, 2100) der Anbaurisikoklassen für die Fichte in verschiedenen Wuchsgebiten (Quelle: BaSIS)

Diese Einschätzung darf jedoch nicht dazu verleiten, nun sorglos mit der Fichte nach dem Motto »Eine Generation Fichte geht schon noch« zu verfahren. Im Gegenteil: Eine kritische Auseinandersetzung und eine differenzierte Betrachtungsweise beim Umgang mit dieser Baumart sind heute mehr denn je notwendig.

Denn die Verhältnisse werden nicht einfacher, sondern schwieriger. Die Verjüngung und Pflege von Fichtenbeständen sollten sich in erster Linie an der Ausgangssituation und nach ihren Zukunftsaussichten richten. Aufgrund der starken naturräumlichen Unterschiede sind regional differenzierte Strategien in Bayern notwendig:
  • In den höheren und mittleren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen werden künftig die Schwerpunkte des Fichtenvorkommens liegen. Grundsätzlich können hier die bewährten Behandlungsgrundsätze weiter angewendet werden, wobei der Erhalt und die Schaffung von Mischwäldern insbesondere mit Tanne und Buche eine größere Rolle spielen sollten als bisher. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass viele dieser Wälder Schutzwald nach dem BayWaldG sind. Deswegen und aufgrund der vielfach schwierigen topografischen Verhältnisse werden viele dieser Fichtenwälder jedoch auch künftig teilweise nur eingeschränkt bewirtschaftbar sein.
  • Für Bestände mittleren und jüngeren Alters auf aktuell gut wasserversorgten und wuchskräftigen Standorten können waldbauliche Übergangsstrategien mit verkürzter Umtriebszeit sinnvoll sein. Allerdings darf diese Möglichkeit nicht als Rechtfertigung für die Fortführung einer Reinbestandswirtschaft dienen. Denn nur durch gemischte Wälder kann langfristig die Ertragskraft der Böden erhalten und das Risiko gesenkt werden. Eine Verkürzung der Umtriebszeit sollte man daher nur in Verbindung mit einer zeitigen Einbringung stabilisierender Mischbaumarten ins Auge fassen. Die Verjüngung sollte so rechtzeitig begonnen werden, dass sich Schattbaumarten etablieren können, bevor der Altbestand Borkenkäfern oder Trockenheit zum Opfer fällt
  • In Gebieten mit derzeit geringem und künftig mittlerem Anbaurisiko sollten jüngere Fichtenbestände regelmäßig und intensiv gepflegt werden, damit sie eine möglichst hohe Stabilität aufweisen und ihre Zieldurchmesser möglichst früh erreichen. Ein rechtzeitiger Voranbau von Mischbaumarten darf aber nicht versäumt werden.
  • In Regionen mit heute guter Wuchsleistung, aber künftig deutlich höherem Risiko besteht ein relativ hoher Handlungsbedarf (z. B. Tertiäres Hügelland, tiefere Mittelgebirgslagen, Juraabdachung, Voralpenland). Vorhandene ältere Fichtenbestände sollten rasch und gezielt zu Mischbeständen mit mäßigen bis geringen Fichtenanteilen – differenziert nach der Wasserversorgung des jeweiligen Standorts – entwickelt werden.
  • In warm-trockenen Gebieten werden auch künftig Laubwälder dominieren. Die Fichte sollte dort sinnvollerweise nur in sehr begrenztem Umfang als Zeitmischung beteiligt werden. Bestände mit führender Fichte sollten rasch und konsequent in Wälder mit klimatoleranten Baumarten umgebaut werden.

Tanne, Douglasie und Co. – Alternativen zur Fichte

Eine Frau und ein Mann werden von einer jungen Frau, mit einem Computer in der Hand, beratenZoombild vorhanden

Abb.4: Gute Beratung ist außerordentlich wichtig. (Foto: F. Stahl)

Modellierungen zum künftigen Holzaufkommen (Cluster- Initiative Forst und Holz in Bayern 2015) zeigen eine weitere Verschiebung in Richtung Laubholz. Für die Fichte wird ein Rückgang von rund einem Viertel prognostiziert. Die stofflich orientierten Holzverbraucher beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge. Ob sie in diesem Umfang und in dieser zeitlichen Schiene so eintreten wird, ist schwer vorhersehbar, denn der tatsächliche Fichtenholzeinschlag wird erfahrungsgemäß durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, angefangen von dem Auftreten von Schadereignissen (Sturm, Käferkalamitäten oder Nassschnee) über den Holzpreis bis hin zur Bereitschaft der Waldbesitzer zum Waldumbau. Unstrittig ist jedoch der langfristige Trend einer Abnahme des Fichtenholzaufkommens in Bayern.

Eine leistungsfähige Forst- und Holzwirtschaft benötigt auch in Zukunft Nadelholz in angemessenem Umfang. Zurückgehende Anteile der Fichte sollten daher zum Teil von anderen Nadelbaumarten übernommen werden. Vor allem die Möglichkeiten der heimischen Nadelbaumart Tanne sowie der bewährten, eingebürgerten Douglasie können stärker ausgeschöpft werden als bisher. Dieser Weg erscheint erfolgsversprechender zu sein, als auf die Züchtung von trockenresistenten Fichten zu hoffen. Da aber auch alternative Nadelbaumarten nicht ohne Risiko sind, sollten diese nur in Mischbeständen und mit nicht zu hohen Anteilen eingebracht werden.

Für die fernere Zukunft bieten eventuell Nadelbaumarten aus Klimabereichen, wie sie für Bayern erwartet werden, gewisse Chancen. Um Risiken in ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht auszuschließen, sollte dies jedoch nur auf der Grundlage von fundierten Erfahrungen aus Anbauversuchen erfolgen. Hierzu laufen verschiedene Forschungsprojekte, vor allem an der LWF und am Bayerischen Amt für Forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP).

Der auf vielen Standorten erforderliche Waldumbau und die Erhöhung des Mischbaumartenanteils auch in Bereichen, in denen die Fichte weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird, erfordern vielfach aufwendige Pflanzmaßnahmen. Für die Sicherung dieser Investitionen, aber auch für das Gelingen einer natürlichen Verjüngung sind angepasste Schalenwildbestände eine wesentliche Voraussetzung. Die Wahl der Fichte zum Baum des Jahres kann daher nicht als eine Abkehr vom Waldumbau und als Begründung für überhöhte Schalenwildbestände interpretiert werden, im Gegenteil.

Ausblick

Die Fichte war lange Zeit der »Brotbaum der Forstwirtschaft « in Bayern und ist es in weiten Bereichen auch heute noch. Diese Rolle verliert sie jedoch im Zuge des Klimawandels immer mehr, vor allem dort, wo sie weit über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinaus angebaut wurde. Nach den aktuell vorliegenden, in zahlreichen Projekten erarbeiteten wissenschaftlichen Erkenntnissen wird das Anbaurisiko für diese Baumart weiter steigen. Dennoch kann und soll die Fichte auch künftig ein wichtiger Bestandteil der Wälder in Bayern sein.

Bei der Diskussion über die Zukunft der Fichte sollten wir nicht in Schwarz-Weiß-Malerei verfallen, sondern vernünftig und differenziert vorgehen. Dazu ist es vor allem notwendig, den Waldbesitzern gut verständliche Informationen und überzeugende Empfehlungen zu geben, damit sie eigenverantwortlich entscheiden können, auf welchen Standorten und in welchem Umfang sie die Fichte am Aufbau ihrer künftigen Wälder beteiligen. So kann die Fichte auch weiterhin »Brotbaum« bleiben – allerdings als eine Brotbaumart unter mehreren. Fichte – ja gerne, aber mit Vernunft !

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Weiterführende Informationen

Autor

  • Franz Brosinger